Kloster Volkenroda
Kloster Volkenroda | ||||||
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Westseite der Klosterkirche von Volkenroda Westseite der Klosterkirche von Volkenroda | ||||||
Lage | Thüringen in Deutschland | |||||
Koordinaten: | 10,567777777778|primary | dim= | globe= | name= | region=DE-TH | type=landmark
}} |
Ordnungsnummer nach Janauschek |
49 | |||||
Gründungsjahr | 1131 | |||||
Jahr der Auflösung/ Aufhebung |
1540 | |||||
Mutterkloster | Kloster Kamp | |||||
Primarabtei | Kloster Morimond | |||||
Tochterklöster |
1133: Kloster Waldsassen |
Das Kloster Volkenroda ist ein ehemaliges Zisterzienserkloster im Ortsteil Volkenroda der Gemeinde Körner in Thüringen.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Auf den Grundmauern einer ehemaligen Pfalzburg gründeten 1131 in Volkenroda Zisterziensermönche aus Altenkamp die erste Zisterzienserabtei in Thüringen.<ref> Herbert von Hintzenstern: Gebaut wie für die Ewigkeit Klosteranlagen in Thüringen Kulturzeugnisse aus alter Zeit Verlagshaus Thüringen, 1996, ISBN 3-89683-104-6, S.53</ref> 1150 konnte die Klosterkirche geweiht werden.
Bei der Gründung wurde das Kloster schon mit beträchtlichem Landbesitz ausgestattet und es entstanden landwirtschaftliche Betriebe. Die Haupteinnahmen des Klosters beruhten auf Privilegien und der Gewährung des Ablass. Die damit verbundenen Wallfahrten und zahlreiche Schenkungen ermöglichten den gezielten Zukauf von Grund und Boden. Das Kloster erwarb auch in der Reichsstadt Mühlhausen einen Freihof, damit entledigte man sich von den Zollgebühren an den Mühlhäuser Grenzen und beim Benutzen der Stadttore. Volkenroda wurde bald zu einem der reichsten und angesehensten Klöster in Thüringen.
Von dem Kloster gingen vier weitere Gründungen aus - die Tochterklöster der Abtei waren Kloster Waldsassen (1133), Kloster Reifenstein (1162), Kloster Loccum (1163) und dass in der Niederlausitz gelegene Kloster Dobrilugk (1165).
Als der Thüringer Erbfolgekrieg (1247–1264) seinen Höhepunkt erreichte veranlasste der damalige Klosterabt zur Sicherheit des Klosters die Errichtung einer Ringmauer mit Türmen und Toren sowie die Verteidigung der Befestigungsanlagen durch angeworbene Söldner.
Gegen Ende des 15. Jahrhunderts lebte im Kloster Volkenroda eine hohe Zahl an Mönchen und Konversen (60/100).<ref name="Heil1907">Hugo Keil: Geschichte des Klosters und Amtes Volkenroda. In: Aus den Coburg-gothaischen Landen. Nr. 5, 1907, S. 21.</ref> Doch durch Machtmissbrauch und schlechte Politik der Äbte kam es zum Niedergang des Klosters.
Bereits vor Ausbruch des Bauernkrieges spitzte sich die Lage um das Kloster Volkenroda zu. Der Klosterabt fühlte sich 1517 durch eine Entsendung von herzoglich sächsischen Schützen im Vorteil und ließ bei einer günstigen Gelegenheit in den umliegenden Dörfern mehrere rebellische Bauern „ausheben“ - er wollte zur Abschreckung ein Exempel an den Bauern vollziehen und plante einen Schauprozess. Die Empörung über dieses Vorgehen löste einen ersten Sturm auf das Kloster aus, den die wenigen Soldaten nur mit Mühe abwehren konnten. Die Gefangenen wurden unverurteilt in Freiheit gesetzt.
Im Verlauf des Bauernkrieges wurde das Kloster Volkenroda in den Morgenstunden des 27. April 1525 von 100 aufständischen Mühlhäuser Bauern angegriffen und durch Brandstiftung teilweise zerstört. Die Bauern vernichteten nach örtlicher Überlieferung die wertvolle Klosterbibliothek und zahlreiche religiöse Kunstwerke sowie die Reliquiensammlung. Am Abend waren die Truhen und Vorratskammern, Stallungen und Keller geleert, auch die nahen Wirtschaftshöfe des Klosters bei Körner und Mehlra wurden eingenommen. Der Gesamtschaden, so vom Klosterabt am 5. Mai an der sächsischen Herzog berichtet, betrug nach erster Schätzung um 20.000 Gulden. Ein Hauptgrund für diesen Gewaltausbruch fand sich in der besonderen Stellung des Klosters vor der Einführung der Reformation. Sowohl Land-, als auch Stadtbevölkerung hegten Groll gegen das Kloster, weil es zuletzt in immer stärkerem Maße als Bedrücker und nicht Förderer der Armen wahrgenommen wurde. Die Abgabenlast der angrenzenden Orte war enorm gewachsen, das Ausbleiben von Ernten oder durch Viehseuchen verhinderte Übergabe von Naturalabgaben wurde nicht mehr hingenommen und die Schuld unerbittlich eingefordert. Das Kloster hatte auch in der Stadt Mühlhausen Höfe erworben, um dort durch Handel weitere Vorteile zu gewinnen. Die Mönche begannen sogar, das eingespielte Preisreglement für Naturalprodukte zu ihren Gunsten zu beeinflussen, bald bestimmten sie über den Fischhandel und schenkten selbstgebrautes Bier aus. Ihr Tun und Handeln in der Stadt wurde nicht von der weltlichen Gerichtsbarkeit verfolgt. Gerüchte und Beweise über den unmoralischen Lebenswandel erzürnten auch die Mühlhäuser Geistlichen, vor allen Thomas Müntzer und Heinrich Pfeiffer. Eine direkte Teilnahme Müntzers in Volkenroda gilt heute als unwahrscheinlich, da weder der Abt, noch andere Vertreter des Klosters Müntzer in ihren Berichten erwähnen.<ref name="MHLBeitr19">Sven Tode: Die Zerstörung des Klosters Volkenroda im Bauernkrieg 1525. In: Mühlhäuser Museen (Hrsg.): Mühlhäuser Beiträge. 19, Mühlhausen/Thüringen 1999, S. 79–84.</ref>
Nach dem Sturm auf das Kloster entstanden bald Geschichten und Legenden über ermordete Mönche und das Außmaß der verübten Gewalttaten. Die übermittelten Belege der tatsächlichen Schäden wurden auf etwa 7500 Gulden verrechnet. Lange blieb auch unbeachtet, dass die Mönche bereits vor dem Überfall einen Teil ihrer Vorräte und wichtige Dokumente in den herzoglichen Gutshof nach Schwerstedt verbracht hatten. Darunter befanden sich auch die Listen der Abgaben und Steuern.<ref name="MHLBeitr19" />
Nach der Niederwerfung des Bauernaufstandes kehrte ein Teil der Mönche in das Kloster zurück, einige Mönche waren zum protestantischen Glauben übergetreten und wurden als Prediger oder Schullehrer tätig, ein kleiner Teil wechselte in andere Klöster über, die die ersten Anstürme der Reformation überdauert hatten. Das Kloster Volkenroda wurde um 1540 aufgelöst, der größere Teil des Besitzes wurde von der Reichsstadt Mühlhausen erworben und als Landgüter an Adelige und Patrizier verpachtet. Das Klostergelände und der Klosterwald blieben im Besitz der sächsischen Fürsten. Im Dreißigjährigen Krieg erlitt Volkenroda 1641 weitere Zerstörungen, dies betraf die noch stehenden Wohngebäude des Klosters. Im 17. und 18. Jahrhundert verfiel die Anlage mehr und mehr. 1802 wurden Teile der Kirche wiedererrichtet. Nach der staatlichen Neuordnung in der Weimarer Republik wurden die Klosterbauten als Wohngebäude genutzt. Die Klosterkirche war bis 1968 evangelische Kirche des Dorfes, bevor sie wegen Baufälligkeit geschlossen wurde. Die ehemalige ringförmige Klostermauer aus Bruchsteinen und ein Steintor von 1574 sind erhalten geblieben.
Wiederaufbau zum Kultur- und Bildungszentrum
Anfang der 1990er standen in Volkenroda außer den Klosterruinen nur noch ein paar Häuser. Die Mühlhäuser Denkmalpfleger übernahmen noch 1990 erste Anläufe, die stark geschädigte Anlage zu retten. Für alle noch in Teilen erhaltenen Gebäude: Klosterkirche, Konventgebäude, Ringmauer mit Torturm, Fachwerkhof, Kornhaus wurden die erkennbaren Schadbilder aufgenommen und in einer Dringlichkeitsliste bewertet. Die 1991 bereitgestellte Nothilfe von einer Mio. DM wurde vordringlich zur Rettung der Klosterkirche verwendet, die sich als Schwerpunkt der Sanierung darstellte. Der Gesamtumfang der erforderlichen Mittel zur Klostersanierung wurde zu diesem Zeitpunkt auf 20 Mio DM. eingeschätzt. Von der Kirche - einst eine dreischiffige Basilika, sind nur Chor- und Querhaus erhalten geblieben. Der Wunsch, durch Grabungen und Methoden der Bauforschung weitere Erkenntnisse zur Baugeschichte der Klosterkirche zu gewinnen musste zunächst abgelehnt werden.<ref name="MHLBeitr15">Ines Gliemann, Martin Sünder: Baudenkmale im Kreis Mühlhausen. Die Klosteranlage Volkenroda. In: Mühlhäuser Museen (Hrsg.): Mühlhäuser Beiträge. 15, Mühlhausen/Thüringen 1992, S. 45–50.</ref> Im Jahr 1993 wurde der Förderverein Wiederaufbau Kloster Volkenroda e. V. gegründet, dessen Ziel die Wiederbelebung der klösterlichen Tradition ist. Ab 1994 übernahm die Jesus-Bruderschaft aus dem Kloster Gnadenthal in Hünfelden die Gebäude und richtete dort eine Kommunität ein.
Das Kloster Volkenroda wurde 1996 von der Europäischen Union als „schützenswertes Kulturerbe von europäischem Rang“ ausgezeichnet. In der Klosteranlage wurde ein Europäisches Jugendbildungszentrum und ein Gästehaus eingerichtet.
Christus-Pavillon
Im Jahr 2001 wurde der Christus-Pavillon der evangelischen und katholischen Kirche von der EXPO 2000 in Hannover nach Volkenroda umgesetzt. Er übernahm die Funktion des nicht mehr bestehenden Langschiffs der Klosterkirche.
Kulturelles und kirchliches Leben
- In Volkenroda finden täglich Gottesdienste, Eucharistie und Gebetszeiten statt. Einige Gottesdienste werden mit besonderen Akzenten versehen: Konzertgottesdienste, Themensonntage, Osternacht, Valentinstag und Bikergottesdienst.
- Das Kloster Volkenroda ist auch ein regionales Kulturzentrum mit vielfältigem Veranstaltungsprogramm.
- Der Christus-Pavillon ist Schauplatz für unterschiedliche Veranstaltungen wie Konzerte, Workshops, Lesungen und Freilichtkino. Jährlich findet dort ein großer Konzertabend mit dem Bad Hersfelder Festspielchor statt.
- Der Pilgerweg Loccum–Volkenroda verbindet seit 2002 Volkenroda mit dem westlich von Hannover gelegenen Tochterkloster Loccum.
- Eine neue Attraktion ist die im Dezember 2006 errichtete, über vier Meter hohe Weihnachtspyramide.
- Seit 2009 stehen auf dem Dorfplatz im Kloster die „Container der Hoffnung“. In kleinen Videosequenzen erzählen darin Leute, denen wir auch auf der Straße begegnen könnten, wie sich in Ihrem Leben Angst und Zweifel in Hoffnung verwandelt haben.
- Mit der Via Porta wurde am 2. Mai 2010 in Volkenroda ein weiterer Pilgerweg eröffnet, der das Kloster mit dem Zisterzienserinnenkloster Waldsassen verbindet.
Klostergut
Land- und Forstwirtschaft gehörten zu den Lebensgrundlagen des Klosters. In Anlehnung an diese Tradition wurde seit 1994 das Klostergut als Schulbauernhof eingerichtet. Am ersten Samstag im Monat findet dort ein Bauernmarkt statt, der das Dorf belebt.
Literatur
- J.H. Möller: Geschichte des Klosters Volkenroda. 1862/63, S. 100. (Reprint bei Verlag Rockstuhl 2003)
- Johann Heinrich Möller: Die Erwerbungen und Besitzungen des Klosters Volkenroda. In: Zeitschrift für Thüringische Geschichte und Alterthumskunde. Bd. VI., Jena. (2011 als Reprint im Verlag Rockstuhl in gekürzter Ausgabe erschienen)
- Katharina Freudenberg; Kloster Volkenroda als Ort evangelischer Bildung; Verlag IKS Garamond; ISBN 978-3-941854-83-3
- Ulrike Köhler, Michael Mohrmann, Constantin Beyer; Volkenroda: Kloster - Ehemalige Zisterzienserabtei; Verlag Schnell & Steiner 3. Aufl. 2005; ISBN 3-7954-5931-1
- Margot Käßmann, Dieter Ameling; Der Christus-Pavillon: Von der Expo 2000 zum Kloster Volkenroda; Verlag Stahleisen 2001; ISBN 3-514-00670-9
- Dorothea Stäbler. Geschmack der Vergangenheit 2011; Buch
Einzelnachweise
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