Lorbeerkirsche


aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Wechseln zu: Navigation, Suche
Lorbeerkirsche
Lorbeerkirschstrauch zur Blütezeit

Lorbeerkirschstrauch zur Blütezeit

Systematik
Ordnung: Rosenartige (Rosales)
Familie: Rosengewächse (Rosaceae)
Unterfamilie: Spiraeoideae
Tribus: Steinobstgewächse (Amygdaleae)
Gattung: Prunus
Art: Lorbeerkirsche
Wissenschaftlicher Name
Prunus laurocerasus
L.

Die Lorbeerkirsche (Prunus laurocerasus, Syn.: Laurocerasus officinalis), auch Pontische Lorbeerkirsche<ref name="FloraWeb" /> und populär Kirschlorbeer genannt, ist eine Pflanzenart aus der Familie der Rosengewächse (Rosaceae). Sie stammt ursprünglich aus Kleinasien.<ref name="UnicsHannover" /> Ihren Trivialnamen erhielt diese Pflanzenart aufgrund ihrer kirschartigen Steinfrüchte und wegen der lorbeerähnlichen Blätter. Ihre Sorten werden als weitgehend frostharte Ziersträucher in Parks und Gärten verwendet. 2013 wurde sie Giftpflanze des Jahres.

Beschreibung

Datei:Lorbeerkirschblueten.jpg
Blütenstände mit Knospen und geöffneten Blüten
Datei:Prunus laurocerasus macrophylla.jpg
Früchte der Sorte 'Macrophylla'

Die Lorbeerkirsche ist ein immergrüner Strauch oder Baum, der Wuchshöhen bis zu 7 Metern erreicht. In strengen Wintern mit Temperaturen im Bereich von −20 °C erfrieren alle Blätter und ein großer Teil der Äste. In den meisten Fällen treibt die Pflanze wieder neu aus. Die 8 bis 15 Zentimeter langen Laubblätter ähneln in ihrer Form dem Echten Lorbeer (Laurus nobilis), worauf die inkorrekte Bezeichnung als „Kirschlorbeer“ zurückgeht.

Die Blütezeit reicht von April bis Juni. Viele angenehm duftende Blüten stehen in einem endständigen, traubigen Blütenstand zusammen. Die zwittrigen Blüten sind radiärsymmetrisch und fünfzählig mit doppelter Blütenhülle. Die kugeligen Früchte sind anfangs grün und bei Reife schwarz.

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 144 oder 170-180.<ref name="Oberdorfer2001" />

Ökologie

Am oberen Ende des Blattstiels sitzen meist zwei, selten drei, rote, extraflorale Nektarien, an denen Zuckersaft abgegeben wird. Wie schon seit längerem vermutet, handelt es sich dabei um „Polizistenfutter“ für Ameisen. Die Nektarproduktion in den Drüsen ist in den ersten Wochen nach dem Knospenaustrieb besonders groß und zieht größere Mengen der Ameise Formica obscuripes an, die die jetzt noch kleinen schädlichen Raupen oder Blattläuse angreifen.

Nutzung

Lorbeerkirsch-Sorten werden als weitgehend frostharte Ziersträucher in Parks und Gärten verwendet. Abgesehen von kleinwüchsigen Sorten ist das Gehölz aufgrund seiner Wuchsfreudigkeit ohne regelmäßigen Schnitt ungeeignet für kleine Gärten, da es in kurzer Zeit einen großen Standraum belegen und sich zudem durch Selbstaussaat bei günstigen Standortbedingungen schnell zu einer Art „Unkraut“ entwickeln kann. Dies ist besonders problematisch, wenn sich die Pflanze im Unterholz der Wälder ausbreitet und so die einheimische natürliche Vegetation verdrängt.<ref name="UnicsHannover" /> Darum ist die Lorbeerkirsche in vielen Gegenden auf der Schwarzen Liste der Neophyten aufgeführt und sollte außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebiets nicht mehr angepflanzt werden. Lorbeerkirsch-Pflanzen gedeihen auch auf unwirtlichen Plätzen. Sie wird sowohl solitär oder als Heckenpflanze verwendet.

Neben der Nutzung als Zierpflanze hat die Lorbeerkirsche inzwischen auch eine wichtige Funktion in der Restaurierung und Präparation erlangt. Seit Beginn des 21. Jahrhunderts dienen die Blätter mit einem möglichst hohen Anteil an Blausäure dem Aufweichen oder Geschmeidigmachen organischer Materialien – ohne dabei Wasserschäden zu verursachen. Beispielsweise kann man getrocknete Insekten wieder beweglich bekommen, wenn man sie einige Tage über den zerschnittenen Blättern in einem geschlossenen Gefäß aufbewahrt (Blätter täglich austauschen und direkten Kontakt vermeiden). Auch lange gefaltete Stoffe, wie man sie aus Gräbern kennt, lassen sich mit dieser Methode wieder geschmeidig machen. Wiederentdeckt wurde die Methode in den 1990er Jahren von Klaus Wechsler (Überseemuseum).

Sorten (Auswahl)

Sorte Wachstum Höhe Breite Blatt Eigenschaften
'Caucasica' stark bis 4 m 1,50 m 14×5 cm winterhart
'Cherry Brandy' stark 1 m 3 m 11×6 cm sehr winterhart
'Diana' mittelstark 2 m 2 m 10×7 cm bronzeroter Austrieb
'Etna' ('Anbri') mittelstark 2 m 2 m 12×5 cm bronzeroter Austrieb
'Genolia' stark 3–4 m 0,80 m schmal extrem winterhart, sehr gut für schmale Hecken
'Green Survival' sehr stark 2–3 m 2–3 m 15×6 cm
'Herbergii' stark 2–3 m 2 m 12×5 cm sehr winterhart
'Leander' stark 2 m 2 m 15×3 cm
'Low’n Green' schwach 50 cm 1–2 m kerzenartig
'Mano' mittelstark 1–2 m 2 m 10×5 cm
'Macrophylla' sehr stark 3–4 m
'Miky' stark 2 m 2 m 12×2 cm
'Mischeana' sehr stark 1–3 m 2–3 m 12×5 cm
'Mount Vernon' sehr gering 35 cm 1 m 11×4 cm
'Novita' sehr stark 2–3 m 2–3 m 15×7 cm ähnlich Rotundifolia, besser frosthart
'Otto Luyken' mittelstark 1 m 1–2 m 11×3 cm frosthart, benannt nach Otto Luyken
'Paradise' stark 1–2 m 2–3 m 12×5 cm
'Reynvaanii' sehr stark 2 m 2 m 14×5 cm
'Rotundifolia' sehr stark 2–3 m 2–3 m 15×7 cm frostgefährdet
'Rudolf Billeter' sehr stark 2–3 m 2–3 m 11×3 cm
'Schipka Holland' stark 2 m 2–3 m 11×5 cm
'Schipkaensis' stark 2 m 2 m 11×4 cm
'Schipkaensis Macropylla' stark 2 m 2 m 16×7 cm sehr winterhart
'Van Nes' mittelstark 1–2 m 2 m 11×5 cm
'Zabeliana' mittelstark 1–2 m 2–3 m 12×3 cm

Giftigkeit

Frische, reife Früchte schmecken süß mit bitterem Nachgeschmack. In der Türkei wird die Lorbeerkirsche wegen der Früchte kultiviert. Diese werden dort als Trockenfrüchte verzehrt. Das Fruchtfleisch kann zu Marmelade oder Gelee verwertet werden.<ref name="UnicsHannover" /><ref name="Dericks-Tan2009">Vollbrecht Dericks-Tan: Auf den Spuren der Wildfrüchte in Europa. Abadi-Verlag, 2009, ISBN 978-3-00-021129-4, S. 270–271.</ref> Die Samen enthalten – wie bei fast allen Früchten der Gattung Prunus – Prunasin, ein cyanogenes Glykosid.<ref name="buch-MbM211w450IC-519">Müfit Bahadir: Springer Umweltlexikon. Springer-Verlag, 2000, ISBN 9783642569982, S. 519. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche</ref> Im Magen entwickeln zerkaute Samen die giftige Blausäure, unzerkaut geschluckte Samen sind ungefährlich. Nach Aufnahme von Blättern oder bis zu 10 zerkauten Samen kann es zu Übelkeit, Erbrechen, Tachykardie und Krämpfen kommen. Bei mehr als 10 zerkauten Samen können Herz- und Atemstillstand eintreten.<ref name="Reichl2009">Franz-Xaver Reichl: Taschenatlas Toxikologie. Thieme-Verlag, 2009, ISBN 978-3-13-108973-1, S. 272–273.</ref> Beim Kochen aber werden die Blausäureverbindungen zerstört. Blätter und Samen enthalten mehr Prunasin als das Fruchtfleisch. Die Informationszentrale gegen Vergiftungen stuft alle Pflanzenteile als giftig ein.<ref>Informationszentrale gegen Vergiftungen 2008: Informationszentrale gegen Vergiftungen: Lorbeerkirsche. In: gizbonn.de. Abgerufen am 31. Dezember 2014.</ref>

Krankheiten & Frostschäden

Auch wenn die Lorbeerkirsche als pflegeleichte und heimisch gut akklimatisierte Pflanze gilt, sind insbesondere drei Krankheiten oftmals zu beobachten: Echter Mehltau, falscher Mehltau und Schrotschusskrankheit. Da es sich bei diesen drei Erkrankungen um einen Pilzbefall handelt, ist oftmals eine Behandlung mit einem entsprechenden Fungizid unumgänglich.

Auch wenn die Lorbeerkirsche als immergrüne Heckenpflanze und prinzipiell winterhart gilt, sind gerade in den letzten Jahren immer wieder Schäden nach den Wintern zu beobachten. Entgegen der weit verbreiteten Meinung ist allerdings nicht die Kälte die Ursache für ein Erfrieren der Pflanzen, sondern in der Regel ist Wassermangel die Ursache. Die Lorbeerkirsche verdunstet gerade bei schnell ansteigenden Temperaturen viel Wasser über die Blattflächen. Wenn vorher strenge Kälte dafür gesorgt hat, dass der Boden tief durchgefroren ist, kann die Pflanze nicht ausreichend Wasser aus dem Boden beziehen, um den Wasserbedarf zu decken. Die daraus resultierenden braunen Blätter sind ein klares Zeichen für diesen Wassermangel. Entsprechende Wässerung und ein Rückschnitt der braunen Blätter / Bereiche kann Abhilfe schaffen.<ref name="baumschule-newgarden">[1]</ref>

Literatur

  •  L. Roth, M. Daunderer, K. Kormann: Giftpflanzen – Pflanzengifte. Nikol, Hamburg 2006.

Einzelnachweise

<references> <ref name="FloraWeb">Pontische Lorbeer-Kirsche. In: FloraWeb.de.</ref> <ref name="UnicsHannover">Steckbrief Prunus laurocerasus PDF.</ref> <ref name="Oberdorfer2001">Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 8. Auflage. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3131-5. Seite 572.</ref> </references>

Siehe auch

Weblinks

Commons Commons: Lorbeerkirsche (Prunus laurocerasus) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary Wiktionary: Lorbeerkirsche – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen