Māori


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25px Dieser Artikel behandelt das Volk der Māori, zur gleichnamigen Sprache siehe Maorische Sprache.

Als Māori, in Deutsch/Englisch Maori geschrieben, wird das indigene Volk Neuseelands bezeichnet. Ihre ursprünglich aus der pazifischen Inselwelt stammenden Vorfahren haben vermutlich im 13. Jahrhundert<ref name="patric_1" />, und damit etwa 300 Jahre vor den europäischen Seefahrern, in mehreren Wellen von Polynesien aus das zuvor unbewohnte Neuseeland als erste Einwanderer besiedelt. Ihre Sprache wird Te Reo Māori genannt. Stand 2014 betrug der Anteil der Māori in der neuseeländischen Bevölkerung 14,9 %.<ref name="nzprof_1" />

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Flagge von Tino Rangatiratanga, einer Māori-Unabhängigkeitsbewegung
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Tukukino, ein Stammesführer des Hauraki-Distrikts, circa 1880 (Gemälde von Gottfried Lindauer)
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Tanenui-a-rangi, ein modernes Wharenui auf dem Campus der Universität Auckland, wo es als Veranstaltungsraum insbesondere für das Studium der Maorikultur und -sprache benutzt wird.

Bedeutung

Das Wort „Māori“ wird mit Betonung auf dem a ausgesprochen, das o wird sehr kurz und manchmal kaum mehr hörbar gesprochen. Das Wort bleibt im Plural ohne s. In der Sprache der Māori bedeutet das Wort „normal“ oder „natürlich“. In Legenden und Mythen bezeichnet das Wort sterbliche Menschen im Gegensatz zu Geistern und unsterblichen Wesen. Das Wort hat Verwandtschaften in vielen anderen polynesischen Sprachen, so in der Hawaiischen Sprache 'Maoli', der Sprache Tahitis 'Maohi', mit ähnlichen Bedeutungen. Im zeitgenössischen Englisch bedeutet das Wort eher „ursprünglich“, „eingeboren“ oder „einheimisch“.

Neben der Bezeichnung „Māori“ bezeichnen sich die Māori selbst auch als Tangata whenua, wörtlich „Menschen des Landes“, und betonen hiermit ihr Gefühl der Verbundenheit mit ihrem Land.

Vor 1974 war die gesetzliche Definition einer Māori-Person durch ihre Abstammung festgelegt. Dies war wichtig beispielsweise in Bezug auf das Wahlrecht.<ref name="atkins_1" /> Der Māori Affairs Amendment Act 1974 änderte diese Definition hin zu einer kulturellen Selbstbestimmung, was bedeutet: Māori ist, wer sich als Māori identifiziert. Um beispielsweise spezielle Fördergelder zu erhalten, ist es allerdings weiterhin erforderlich, wenigstens in Teilen Māori-stämmig zu sein, allerdings gibt es keinen vorgeschriebenen Mindestanteil an „Māori-Blut“.<ref name="mcinto_1" /> Dies kann durchaus zu Diskussionen führen; so entzündete sich im Jahr 2003 eine Kontroverse an der Nominierung von Christian Cullen für das New Zealand Māori Rugby Union Team, weil er nur zu 1/64 Māori-Vorfahren habe.<ref name="bbcspo_1" /> Im Allgemeinen erleben insbesondere die Māori selbst ihre Identität als nicht genetisch festgelegt, sondern als eine Frage der kulturellen Identität.

„Nichtdestruktiv-aggressive Gesellschaft“

Der Sozialpsychologe Erich Fromm analysierte im Rahmen seiner Arbeit Anatomie der menschlichen Destruktivität anhand ethnographischer Aufzeichnungen 30 vorstaatliche Völker auf ihre Gewaltbereitschaft, darunter auch die Māori. Er ordnete sie abschließend den „Nichtdestruktiv-aggressiven Gesellschaften“ zu, deren Kulturen durch einen Gemeinschaftssinn mit ausgeprägter Individualität (Status, Erfolg, Rivalität), eine zielgerichtete Kindererziehung, reglementierte Umgangsformen, Vorrechte für die Männer, und vor allem männliche Aggressionsneigung – jedoch ohne destruktive Tendenzen (Zerstörungswut, Grausamkeit, Mordgier u. ä.) – gekennzeichnet sind.<ref>Erich Fromm: Anatomie der menschlichen Destruktivität. Aus dem Amerikanischen von Liselotte u. Ernst Mickel, 86. - 100. Tsd. Ausgabe, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1977, ISBN 3-499-17052-3, S. 191–192.</ref> (siehe auch: „Krieg und Frieden“ in vorstaatlichen Gesellschaften)

Geschichte der Māori

Herkunft der Māori

Hauptartikel: Hawaiki
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Tāwhiao (bis 1894), der zweite König der Māori

Neuseeland war eine der letzten Gegenden der Erde, die von Menschen besiedelt wurden. Archäologische und linguistische Forschungen führten bislang zu der Annahme, dass Neuseeland wahrscheinlich in mehreren Wellen besiedelt wurde, ausgehend von Ost-Polynesien zwischen 800 und 1300 n. Chr. Bei neueren Radiokohlenstoffdatierungen von Knochen der pazifischen Ratte, die nur als Begleitung von Menschen nach Neuseeland gelangen konnte, konnten aber nur Spuren gefunden werden, die nach 1280 datierten.<ref name="patric_1" />

Māori berichten in ihren mündlichen Überlieferungen von diesen Immigrationswellen und beschreiben und benennen das jeweilige waka, seetüchtige Auslegerkanus. Verschiedene Stämme der Māori beziehen sich auf entsprechende Kanus und nennen nicht nur ihren Stamm, sondern auch ihr Kanu, wenn sie sich vorstellen. Ursprungsland ist in der Mythologie der Māori die Insel Hawaiki, von der bisher nicht geklärt ist, ob diese existiert, und wenn ja, welchen Namen sie heute trägt.

Kontakt mit Europäern vor 1840

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Erster Kontakt mit Māori 1642 in der Mörderbucht, heute Golden Bay

Die Besiedelung Neuseelands durch Europäer begann vergleichsweise spät. Der neuseeländische Historiker Michael King beschreibt in seinem Buch The Penguin History Of New Zealand das Volk der Māori als „die letzte große Gemeinschaft der Erde, die unberührt und unbeeinflusst von der Außenwelt lebte“. Erste europäische Erforscher einschließlich Abel Tasman, der 1642 Neuseeland erreichte, oder Kapitän James Cook, dessen erster Besuch 1769 stattfand, beschrieben Begegnungen mit Māori. Diese frühen Berichte beschreiben die Māori als ein grimmiges und kämpferisches Kriegervolk. Kämpferische Auseinandersetzungen zwischen den Stämmen waren in dieser Zeit häufig, und die Besiegten wurden manchmal versklavt oder verzehrt.

Ab den 1780er Jahren trafen dann Māori auf europäische Robben- und Walfänger, manche heuerten gar auf diesen Schiffen an. Zunehmenden Einfluss auf die Māori hatten zu der Zeit auch Flüchtlinge aus den australischen Strafkolonien.

Um 1830 wurde die Anzahl der Pākehā, also der Europäer in Neuseeland, auf zirka 2.000 geschätzt. Der Status der Neuankömmlinge zu dieser Zeit variierte von Sklaven bis zu hochrangigen Beratern, von Gefängnisinsassen bis hin zu jenen, die der europäischen Kultur freiwillig den Rücken kehrten und sich als Māori identifizierten. Letztere waren an der Zahl nicht unbeträchtlich und wurden als Pākehā Māori bezeichnet.<ref name="bently_1" /> Sie waren bei den Māori durchaus geschätzt für ihr Wissen und ihre handwerklichen Fähigkeiten, aber auch im Waffenbau. Frederick Edward Maning (1811–1883),<ref name="nzetc_1" /> ein früher Siedler und Schriftsteller, schrieb zwei Bücher über das Leben der Siedler und der Pākehā Māori, die heute als Klassiker der neuseeländischen Literatur gelten, wenn sie auch an historischer Detailgenauigkeit nicht gemessen werden können.<ref name="maning_1" />

Die Musketenkriege

Hauptartikel: Musketenkriege
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Tāmati Wāka Nene, eine wichtige Figur der Neuseelandkriege, mit typischen Tätowierungen (ca. 1870)

Während dieser Zeit hatten viele Stämme engen Kontakt zu den Europäern und deren Waffentechnologie, insbesondere Musketen. Dies führte zu einem militärischen Ungleichgewicht zwischen den Stämmen und zu zahlreichen kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen diversen Stämmen, die als die Musketenkriege in die Geschichte Neuseelands eingegangen sind. Da diese Gefechte mitunter sehr blutig geführt wurden, nahm die Zahl der Māori nicht unerheblich ab, wenn auch die genaue Opferzahl kaum ermittelbar scheint. Außerdem führten die Musketenkriege zu verschiedenen erzwungenen Wanderungsbewegungen einzelner flüchtiger Stämme mit Verschiebungen derer traditionellen Siedlungsgebiete.

Zuvor unbekannte europäische Krankheiten kosteten weitere Māori das Leben. Die Schätzungen schwanken zwischen 10 und 50 Prozent. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde gar angenommen, die Māori könnten am Ende als Volk ganz verschwunden sein.

Mit dem zunehmenden Einfluss von Missionaren, der Besiedlung in den 1830er Jahren und einer gewissen Gesetzlosigkeit geriet die britische Krone zunehmend unter den Druck zu intervenieren.

Die Neuseelandkriege nach 1840

Hauptartikel: Neuseelandkriege

Der Vertrag von Waitangi, der im Jahre 1840 unterzeichnet wurde, besagte, dass die Māori-Stämme ungetrübten Besitz von Land, Wäldern, Fischgründen und anderen taonga haben sollten. Im Verlauf der Jahre danach bis 1872 kam es zu mehreren kriegerischen Auseinandersetzungen als Folge von Unklarheiten dieses Vertrags. Heute regelt das Waitangi Tribunal Unstimmigkeiten.

Beginn des Aufschwungs

Die vorhergesagte Abnahme der Māori-Population trat nicht ein. Wenn auch in nicht unerheblichem Umfang Māori und Europäer heirateten und sich also durchmischten, behielten doch viele ihre kulturelle Identität. Es gibt deshalb zahlreiche Auslegungen einer „Definition“, wer Māori ist und wer nicht. Insofern gibt es keine eindeutig homogene gesellschaftliche Gruppierung namens Māori.

Ab dem Ende des späten 19. Jahrhunderts gab es erfolgreiche Māori-Politiker wie James Carroll, Apirana Ngata, Te Rangi Hīroa und Maui Pomare. Diese Gruppe, bekannt als Young Māori Party, verfolgte das Ziel, ihr Volk nach den Bedrohungen im 19. Jahrhundert wiederzubeleben. Dies meinte nicht eine Abgrenzung, sondern durchaus die Übernahme westlichen Wissens und Werte wie in der Medizin oder Ausbildung, aber auf der anderen Seite die unbedingte Förderung der traditionellen Kultur wie die der Künste. Apirana Ngata war ein großer Förderer von traditionellem Handwerk wie dem Schnitzen oder dem Tanz, dem Kapa Haka. Er entwickelte zudem ein Programm zur Landentwicklung und verhalf vielen Stämmen dazu, ihr Land zurückzugewinnen.

Māori im Zweiten Weltkrieg

Die neuseeländische Regierung beschloss eine Ausnahme für Māori, die nicht wie andere Bürger während des Zweiten Weltkriegs zum Militär eingezogen wurden, aber viele Māori meldeten sich freiwillig und formten das 28. oder Māori-Bataillon, das auf Kreta, in Nordafrika und Italien eingesetzt wurde. Insgesamt nahmen etwa 17.000 Māori an Kriegshandlungen teil.

Seit den 1960er Jahren

Seit den 1960er Jahren erlebte die Kultur der Māori dann einen umfassenden Aufschwung. Die Regierung erkannte endgültig die Māori als politische Kraft an. Das Waitangi Tribunal wurde 1975 installiert, eine Instanz, bei der Māori ihre Rechtsansprüche, die sich aus dem Vertrag von Waitangi ergeben, anmelden können. Allerdings kann dieses Tribunal nur Empfehlungen aussprechen, die für die Regierung nicht bindend sind. Immerhin haben Māori beispielsweise grundsätzliche Ansprüche auf Fischen und Waldwirtschaft erfolgreich geltend machen können. Als Folge des Tribunals wurden zudem zahlreichen Iwi Entschädigungsgelder insbesondere für die Landenteignungen bezahlt, die nach Schätzung der Māori aber nur 1 % bis 2,5 % des Schadens abdeckten.

Im Juni 2008 einigten sich die Regierung Neuseelands und ein Maori-Kollektiv aus sieben Stämmen nach über 20 Jahren Verhandlungszeit auf eine umfassende Entschädigung für die Ureinwohner. Dem Kollektiv, das rund 100.000 Maori im Zentrum des Landes repräsentiert, wurden 176.000 Hektar kommerzielle Waldfläche und die Einnahmen aus deren Bewirtschaftung zugesprochen. Den Gesamtwert der Wiedergutmachung bezifferte die Regierung auf 500 Millionen Neuseeland-Dollar (etwa 243 Millionen Euro). Durch den Vertrag wurden die sieben Stämme zu den größten Waldbesitzern Neuseelands.<ref name="ntvmee_1" />

Im Jahr 1994 zeigte der Film Once Were Warriors (Die letzte Kriegerin), auf der Grundlage eines Romans aus dem Jahr 1991, einem breiten Publikum die Misere des Māori-Lebens insbesondere in städtischen Umgebungen auf. Es war der Film mit den höchsten Einspielzahlen dieser Zeit und erhielt international viele Auszeichnungen. Manche Māori befürchteten allerdings, dass dieser Film zu einem Bild führen könnte, das den Māori-Mann als generell gewalttätig erscheinen lässt.

Die maorische Sprache

Nach dem Zweiten Weltkrieg ging in vielen Gegenden Neuseelands Te Reo Māori, die Sprache der Māori, als Alltagssprache verloren. Heute sind viele Māori mittleren Alters ihrer ursprünglichen Sprache nicht mehr mächtig. Seit den 1970er Jahren unterrichten deshalb viele Schulen die Kultur und Sprache der Māori, und in den Kindergärten entstanden sog. kōhanga reo (Sprachnester), in denen mit den Kindern ausschließlich Māori gesprochen wird. Im Jahr 2004 startete Māori Television, ein staatlich finanzierter Fernsehsender, der seine Sendungen möglichst in Māori ausstrahlt, wenn auch mit englischen Untertiteln.

Te Reo Māori ist heute Amtssprache in Neuseeland. Deshalb sind offizielle Webseiten in beiden Sprachen vorgehalten, und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes sollten wenigstens in Ansätzen der Sprache mächtig sein, was sich aber bislang so nicht durchsetzen lässt. Die Volkszählung im Jahre 2006 ergab, dass 4,1 % aller Neuseeländer Te Reo Māori sprechen können.<ref name="statnz_1" />

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Tradition und Kunsthandwerk

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Kupe bekämpft zwei Seeungeheuer

Bis zur Ankunft der Europäer lebten die neuseeländischen Gruppen vom Fischfang, der Jagd und dem Sammeln von Wildpflanzen (dabei besonders von Farnwurzeln) und dem Anbau von Süßkartoffeln.<ref>David Maybury-Lewis (Hrsg.): National Geographic Atlas der Völker – Kulturen, Traditionen, Alltag. Amerikanische Originalausgabe: Peoples of the World., National Geographic Deutschland, Hamburg 2002, ISBN 3-934385-85-0. S. 69.</ref> Das erste knappe Jahrhundert der Māori wird auch als „Moajäger-Periode“ bezeichnet, da der im 14. Jahrhundert ausgerottete große endemische Laufvogel anfangs die Nahrungsgrundlage darstellte. Danach wurden Feldbau und Fischfang zur Subsistenzbasis.<ref>Waldemar Stöhr: Lexikon der Völker und Kulturen. Westermann, Braunschweig 1972, ISBN 3-499-16160-5. S. 97–98.</ref>

Māori sind berühmt für ihre kunsthandwerklichen Fertigkeiten – insbesondere Holz- und Pounamu-(Nephrit-)schnitzereien, beispielsweise der Hei-tiki. Traditionen bestehen ebenfalls auf dem Gebiet der Rhetorik, des Gesanges und Tanzes (Haka), bekannt geworden ist auch das Poi, Jongliergesten, mit denen die Frauen tanzen und um die Gunst der Männer werben. Eine alte Tradition der Māori ist das Tā moko (Tätowierung).

Traditionelle Religion

Hauptartikel: Polynesische Religion

In der Sprache der Māori existiert kein eigenständiges Wort für Religion, denn in ihrer Weltsicht gab es keinen Unterschied zwischen einer diesseitigen und einer jenseitigen Welt. Es ist erstaunlich, dass man ausgerechnet im riesigen pazifischen Ozean von einer im Wesentlichen einheitlichen polynesischen Religion sprechen kann, zu der auch die traditionellen Glaubensvorstellungen der Māori zählen.<ref name="TRE">Annette Bierbach, Horst Cain: Polynesien, erschienen in: Horst Balz et al. (Hrsg.): Theologische Realenzyklopädie, Band 27: „Politik/Politologie - Publizistik/Presse“. Walter de Gruyter, Berlin, New York 1997, ISBN 978-3-11-019098-4. S. Horst Balz et al. (Hrsg.): Theologische Realenzyklopädie, Band 27: „Politik/Politologie - Publizistik/Presse“. Walter de Gruyter, Berlin, New York 1997, ISBN 978-3-11-019098-4.</ref>

Die ersten Besiedler Neuseelands und die mythischen Vorfahren des einfachen Volkes werden nach den Überlieferungen Manahune (etwa: die Experten des Mana) genannt. Von ihnen stammt eine animistische Weltsicht von der (göttlichen) Beseeltheit der ganzen Welt mit verschiedenen Geistwesen und Schutzgöttern (Aiki). Bereits aus dieser Zeit stammen die Mythen von den Kulturheroen „Maui“ (der Schalk) und „Tiki“ (der erste Mensch), die wesentlich an der Entstehung des Lebens, der Fruchtbarkeit und der menschlichen Kultur (insbesondere des Fischfangs) beteiligt waren.<ref name="Erckenbrecht">Corinna Erckenbrecht: Traditionelle Religionen Ozeaniens. Einführung in die Religionen Ozeaniens, im ’’Harenberg Lexikon der Religionen’’, S. 938–951. Harenberg-Verlagsgruppe, Dortmund 2002, abgerufen am 14. Oktober 2015.</ref>

Wie in allen polynesischen Religionen hatte der Ahnenkult eine große Bedeutung, die Auffassung vom Menschen war zweigeteilt in Körper und Seele,<ref name="TRE" /> und die polytheistische, stark hierarchisch gegliederte Götterwelt spiegelte die Gesellschaftsschichten des vorstaatlichen Häuptlingstums in Sklaven, einfache Manahune und Ariki (Oberpriester und Oberhäuptling) wider. Auch auf Neuseeland ist ein Verständnis der traditionellen Gesellschaft ohne grundsätzliche Einbeziehung dieser transzendenten Grundhaltung nicht möglich.<ref name="Erckenbrecht" /> Die zentralen Begriffe sind auch hier Mana und Tapu. Von den Ahnen erbte der Māori nicht nur die göttliche Kraft Mana, sondern sie nahmen durch Zeichen oder Träume unmittelbaren Einfluss auf das Leben des Einzelnen und verkörperten zugleich das Stammland, das die Lebenden mit den Toten verband.<ref>Mihály Hoppál: Das Buch der Schamanen. Europa und Asien. Econ Ullstein List, München 2002, ISBN 3-550-07557-X. S. 427 f.</ref> Wie für so viele Fähigkeiten und Künste gab es auch für die Religion neben dem Ariki und den Propheten (tula oder taura) verschiedene sachverständige Experten, die Tohunga genannt wurden.<ref>S.A. Tokarew: Die Religion in der Geschichte der Völker. Dietz Verlag, Berlin 1968. S. 112 f.</ref> In der Kunst der Māori fallen die Manaia-Wesen auf, anthropozoomorphe Figuren mit Vogel- und Reptilköpfen. Ähnliche Figuren finden sich auch auf der Osterinsel, wo die Verehrung der Vogelmenschen zentraler Bestandteil eines Kultes ist.

Die Göttervorstellungen der Māori (→ Rangi und Papa) beruhen zwar auf einem gemeinpolynesischen Schöpfungsmythos, müssen jedoch darüber hinaus für sich gesehen werden.<ref name="Erckenbrecht" /> Auf Neuseeland gilt Tane als Gott der Bäume und Wälder, von denen angenommen wurde, dass sie durch die Kraft ihres Wachstums den Himmel von der Erde hatten lösen können. Ein weiterer (männlicher) Gott war Tangaroa (Tangaloa, Ta’aroa), der Herrscher über das Meer, der auf einigen Inseln Polynesiens als oberster Schöpfergott und Ahnherr der Adelsgeschlechter verehrt wurde. In Zusammenhang mit ihm steht die Überlieferung von dem Weltei: Einst entschlüpfte Tangaroa einem eiförmigen Gebilde, wobei der obere Rand der zerbrochenen Eischale heute den Himmel, der untere Rand die Erde bildet.

Wie überall in Polynesien setzte bereits kurz nach den britischen Forschungsreisen im 18. Jahrhundert eine intensive christliche Missionstätigkeit ein. Kennzeichnend für sie war dabei die Strenge, mit der sie jegliche synkretistischen „Verknüpfungsversuche“ von traditionellem Glauben und Christentum unterbanden.<ref>Hermann Mückler: Mission in Ozeanien. Auflage, Verlag, Ort Jahr, ISBN . S. 44–46.</ref> Dennoch entstanden solche Bewegungen im 19. Jh., die versuchten, aus Elementen der traditionellen und christlichen Religion „neue polynesische Religionen“ zu schaffen, so etwa Pai Mārire ab 1864 oder Ratana ab 1918.<ref name="Erckenbrecht" /> Die eher christlich geprägte Ratana-Kirche erfreut sich auch heute noch großer Beliebtheit bei den Eingeborenen, die mehrheitlich Christen sind. Die alten Götter (bzw. die Elemente, für die sie stehen), die religiösen Mythen sowie mana und tapu sind trotz der Christianisierung noch im Denken der Menschen verhaftet.<ref name="Erckenbrecht" />

Māori heute

Die mehr als 565.000 derer, die sich als Māori identifizieren, machten 2006 14,6 % der neuseeländischen Bevölkerung aus, mit deutlichen regionalen Unterschieden.<ref name="statnz_2" /> Als Māori gilt, wer sich mit der Kultur der Māori identifiziert, unabhängig von Māori-Vorfahren oder deren Anzahl. Der Anteil derer mit zumindest teilweise Māori-Vorfahren liegt mit knapp 644.000 tatsächlich höher. Die Anzahl derer, die sich als Māori identifizieren, steigt allerdings. Dies wird mit dem gestiegenen Stellenwert des Maoritums in der neuseeländischen Gesellschaft erklärt, aber auch mit einigen den Māori eingeräumten Privilegien, wie z.B. Besonderheiten im Wahlrecht und stärkerer Ausbildungsförderung.

Auch wenn die Situation der Māori weithin als gut beschrieben wird (was sie im Vergleich zu anderen indigenen Völkern auch ist), so gibt es jedoch auch nach wie vor schwerwiegende Probleme innerhalb der Māori-Gemeinschaft selber. Das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen der Māori liegt deutlich unter dem Gesamt-Neuseelands, in der sozialen Unterschicht sind die Māori überproportional vertreten und 39,5 % aller Māori über 15 Jahren haben keinen Schulabschluss im Vergleich zu 25 % der neuseeländischen Gesamtbevölkerung.<ref name="statnz_3" />

Die Lebenserwartung ist weiterhin deutlich geringer als bei Nicht-Māori, auch wenn sie sich bis heute schon wesentlich verbessert hat. So betrug die durchschnittliche Lebenserwartung im Jahr 1900 32 Jahre, 1946 für Männer 48,8 Jahre und für Frauen 48 Jahre. 2003 betrug sie für männliche Māori 67 und für weibliche 72 Jahre (Vergleich: Nicht-Māori-Männer 75 und -Frauen 81 Jahre).<ref name="duriem_1" />

Bekannte Persönlichkeiten unter den Māori sind die Fußballnationalspielerin und WM-Teilnehmerin Abby Erceg sowie die Star-Wars-Darsteller Temuera Morrison und Daniel Logan. Die Opernsängerin Kiri Te Kanawa hat einen Māori-Vater und eine irische Mutter.

Siehe auch

Weblinks

Commons Commons: Māori – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

<references> <ref name="patric_1">  Edited by Patrick V. Kirch: Dating the late prehistoric dispersal of Polynesians to New Zealand using the commensal Pacific rat. In: The National Academy of Sciences (Hrsg.): PNAS. Volume 105, Nr. 22, Washington 3. Juni 2008 (Online, abgerufen am 3. Mai 2013). </ref> <ref name="nzprof_1"> New Zealand in Profile 2014. Statistics New Zealand, abgerufen am 5. Juni 2014 (PDF (3,5 MB), english). </ref> <ref name="atkins_1">  Neill Atkinson: Adventures in Democracy – A History of the Vote in New Zealand. Otago University Press, Dunedin 2003, ISBN 1-877276-58-8. </ref> <ref name="mcinto_1">  Tracey McIntosh: Maori Identities – Fixed, Fluid, Forced. In: James H. Liu, Tim McCreanor, Tracey McIntosh, Teresia Teaiwa (Hrsg.): New Zealand Identities – Departures and Destinations. Victoria University Press, Wellington 2005, ISBN 0-86473-517-0, S. 45. </ref> <ref name="bbcspo_1"> Rugby Union – Uncovering the Maori mystery. BBC Sport, 5. Juni 2003, abgerufen am 3. Mai 2013 (HTML, english). </ref> <ref name="bently_1">  Trevor Bentley: Pakeha Maori – The Extraordinary Story of the Europeans Who Lived As Maori in Early New Zealand. Penguin Books, Auckland 1999, ISBN 0-14-028540-7, S. 132-133. </ref> <ref name="nzetc_1"> Frederick Edward Maning – 5 July 1812–1883. New Zealand Electronic Text Collection (NZETC), abgerufen am 3. Mai 2013 (HTML, english). </ref> <ref name="maning_1">  Frederick Edward Maning: Old New Zealand – History of the War in the North of New Zealand against the Chief Heke. 1863 (Zusammenstellungen von Erzählungen und Berichten, die Originalwebseite des Buches in PDF-Form war nicht mehr verfügbar, hier der Link auf die WaybackMachine vom 4. Februar 2007, Online (PDF; 2 MB) (Memento vom 4. Februar 2007 im Internet Archive)). </ref> <ref name="ntvmee_1"> Nach 150 Jahren Diskriminierung – Maori erhalten Entschädigung. N-TV, 25. Juni 2008, archiviert vom Original am 26. Juni 2008, abgerufen am 3. Mai 2013 (HTML, deutsch, Originalwebseite nicht mehr verfügbar, Link auf WaybackMachine vom 26. Juni 2006). </ref> <ref name="statnz_1"> QuickStats About Culture and Identity – Languages spoken. Statistics New Zealand, abgerufen am 3. Mai 2013 (HTML, english). </ref> <ref name="statnz_2"> QuickStats About New Zealand – Ethnic groups, birthplace and languages spoken. Statistics New Zealand, abgerufen am 3. Mai 2013 (HTML, english). </ref> <ref name="statnz_3"> QuickStats About New Zealand – Education. Statistics New Zealand, abgerufen am 3. Mai 2013 (HTML, english). </ref> <ref name="duriem_1">  Mason Durie: Ngā Kāhui Pou - Launching Māori Futures. Huia Publishers, Wellington 2003, ISBN 1-877283-98-3, S. 143. </ref> </references>