Marzipan


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Aus Marzipan geformte Früchte

Marzipan (das oder der<ref>Eintrag im Duden</ref>) ist eine Süßware aus gemahlenen Mandeln, Zucker und – je nach Herkunft – beigefügten Aromastoffen. Die aus blanchierten und geschälten Mandeln und Zucker hergestellte Masse wird als Marzipanrohmasse bezeichnet; das Verhältnis von Rohmasse und weiterem zugesetztem Zucker bestimmt die Qualität des Marzipans. Weltbekannt sind das Lübecker Marzipan, das Mazapán de Toledo und das Königsberger Marzipan. Hochburgen für die Marzipanproduktion sind Toledo (Spanien), Aix-en-Provence (Frankreich) und Lübeck (Deutschland).

Etymologie

Die Herkunft des Wortes Marzipan ist bis heute umstritten. Sicher ist nur, dass das Wort im 16. Jahrhundert aus dem italienischen marzapane entlehnt wurde. Zur weiteren Etymologie gab und gibt es zahlreiche Spekulationen und Hypothesen, darunter Herleitungen aus dem lateinischen Marci panis („Markusbrot“), dem persischen marzbān oder märzäpan („Markgraf“ – vgl. auch den arab. Eigennamen ‚Mortaza‘) oder dem griechischen maza oder massa („Mehlbrei“). In Spanien weist der Volksmund auf den Anblick der Grundmasse zur Herstellung des Turron de Jijona und Mazapan als Massa de Pan, mithin auf einen Brotteig.

Einer im Jahr 1904 publizierten Theorie zufolge leitet sich marzapane aus dem venezianischen matapan ab, einer venezianischen Münze, die erstmals 1193 geprägt wurde. Diese wiederum soll sich vom arabischen mautaban nach dem Verb wataba („stillsitzen“) ableiten, was „einer, der seinen Platz nicht verlässt“ bedeutet. Dies soll wiederum zur Zeit der Kreuzzüge zum einen der Spottname für einen König gewesen sein, der untätig auf seinem Thron saß und seine Feinde nicht bekriegte, zum anderen auch für eine byzantinische Münze, die auf einer Seite eine auf dem Thron sitzende Christusgestalt zeigte. Diese Theorie stützt sich auf das nur in einer einzigen syrischen Quelle überlieferte nachklassisch-lateinische Wort marzapanus, das dort eine Zehntsteuer bezeichnet. Auf der Insel Zypern bezeichnete es demnach ganz speziell eine Schachtel, die den zehnten Teil eines Malters (altes Getreidemaß) beinhaltete. Im 14. Jahrhundert wurde schließlich der Name nicht mehr für die Schachtel, sondern für den Inhalt, Marzipan, verwendet.<ref>A. Kluyver: Marzipan. In: Zeitschrift für deutsche Wortforschung 6, 1904. S. 59–68.</ref> Aus phonetischen Gründen ist diese Theorie jedoch problematisch, auch erscheint der Bedeutungswandel recht unwahrscheinlich.

Einer anderen Theorie zufolge leitet sich marzapane vielmehr letztlich von der birmanischen Stadt Martaban ab, die für dort hergestellte Keramiktöpfe bekannt war und ist, in denen verschiedene Gewürzwaren und Süßigkeiten aufbewahrt und verkauft wurden. Im Persischen, Arabischen und Urdu wurde das Toponym martaban zum Begriff für Krüge und wurde im Spätmittelalter in dieser und ähnlichen Bedeutungen auch in verschiedene romanische Sprachen entlehnt; eine Bedeutungsübertragung vom Gefäß auf den Inhalt käme so als Erklärung für den Namen der Süßigkeit in Betracht.

Geschichte

Kulturhistoriker sind sich weitgehend einig, dass Marzipan seinen Ursprung im Orient hat, auch wenn es einer lokalen Legende nach 1407 in Lübeck entstanden sein soll. Dort soll nach einer Hungersnot dieses „Brot“ erfunden worden sein, als es in der Stadt nur noch Zucker und Mandeln gab. Gleiches wird jedoch unter anderem auch 1409 aus Königsberg berichtet. Die Legende ist wenig plausibel, da Mandeln und Zucker im Mittelalter sehr wertvoll waren und jederzeit gegen größere Mengen Brot oder Fisch hätten getauscht werden können. Marzipan wurde vermutlich in Persien, dem heutigen Iran zuerst hergestellt. Es kam im Mittelalter mit den Arabern nach Europa, durch Spanien, wo es eigentlich erst populär wurde. Der „Marzipan de Toledo“ ist auch heute noch einer der bekanntesten weltweit. In Venedig wurde es im 13. Jahrhundert als Marzapane erwähnt. Im 14. Jahrhundert war Marzipan beim gehobenen europäischen Adel als Konfekt sehr beliebt. Es wurde zunächst wie andere Süßwaren von Apothekern hergestellt. In dieser Zeit wurde der aus Mandeln, Zucker und Rosenwasser hergestellte Süßteig als Arzneimittel gegen Verstopfungen, Blähungen sowie als Potenzmittel verkauft. Zur Zeit des Barock entdeckten die Zuckerbäcker Marzipan als Modelliermasse für kunstvolle Schaustücke. 1514 verbot die Stadt Venedig das Vergolden von Marzipan als übertriebenen Luxus. Laut Mercks Warenlexikon von 1920 findet sich die Bezeichnung Marzipan in Lübecker Zunftrollen um 1530.<ref>Marzipan. In: Adolf Beythien, Ernst Dressler (Hrsg.): Merck’s Warenlexikon für Handel, Industrie und Gewerbe. 7. Auflage. Gloeckner, Leipzig 1920. (Nachdruck: Manuscriptum, Recklinghausen 1996. ISBN 3-933497-13-2)</ref> „Als die Rübenzuckerproduktion in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die entsprechende Rohstoffbasis bot, begann die Verbürgerlichung des Marzipans. Die Mandeln wurden aus Übersee geliefert, man verarbeitete sie frisch, und so waren schon 1820 das Lübecker und das Königsberger Marzipan berühmt, weil die Konditoren die günstige Lage in den Hafenstädten nutzten.“<ref>Hannsferdinand Döbler: Kultur- und Sittengeschichte der Welt. Kochkünste und Tafelfreuden, Bertelsmann Verlag, Gütersloh 1972, S. 341.</ref>

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Marzipanschweine werden als Glücksbringer verschenkt

1806 gründeten unabhängig voneinander zwei Konditoren die ersten Marzipanmanufakturen im deutschsprachigen Raum. In Reval (heute Tallinn/Estland) der Schweizer Konditor Lorenz Cawietzel und in Lübeck Johann Georg Niederegger. Heute besteht zwischen Lübeck und Tallinn Uneinigkeit darüber, auf wen genau die Erfindung des Marzipans zurückgeht. Da beide Städte Mitglied der Hanse waren und somit ein regelmäßiger Austausch von Handwerkern und Kaufleuten stattfand, wird sich die letztendliche Herkunft wahrscheinlich nicht mehr genau klären lassen.

In fränkischen Städten wie Nürnberg wurde Marzipan im 17. und 18. Jahrhundert zu Weihnachten in Modeln aus Holz, Zinn oder Ton gegeben, um so Formen und Figuren zu erhalten. Häufig waren biblische Motive, aber auch Wappen, später Bauern, Handwerker, Herzen oder Rauten. Die Nürnberger Patrizier ließen ihre Familienwappen aus Marzipan fertigen, die sie an Bekannte verschenkten.

Herstellung

Die Herstellung von verkaufsfertigem Marzipan aus Marzipanrohmasse erfolgt nach deutschem Lebensmittelrecht durch Ankneten mit Puderzucker im Verhältnis von maximal 1:1 (Qualitätsstufe 50/50). Die Marzipanqualität ist umso höher, je niedriger der Zuckergehalt ist. Es wird hierbei auch oftmals das Enzym Invertase eingearbeitet. Dieses verbessert die Frischhaltung durch Abbau des Rübenzuckers zu Invertzucker.

Neben deutschem Marzipan spielt international auch französisches Marzipan (le massepain), das etwas anders hergestellt wird, eine wichtige Rolle. In Frankreich wird zur Herstellung Zuckersirup verwendet, der zusammen mit zerstoßenen Mandeln erhitzt wird, bis eine zähflüssige Masse entsteht. Das Resultat ist eine feinere Marzipanrohmasse von hellerer Farbe und mit weniger Eigengeschmack.<ref name="oxford">Alan Davidson, The Oxford Companion to Food, 2. Aufl. New York 2001, Artikel Marzipan</ref>

Produkte aus Marzipan werden in vielen Formen und Produkten angeboten, wie beispielsweise Marzipanfrüchte, Marzipanbrot, Mozartkugeln und Dominosteine. In Bäckerei und Konditorei finden sich vielfältige Produkte, wie Mandelhörnchen, Marzipanschnecken oder Pralinen mit unterschiedlichen Füllungen. Verzierte Torten erfreuen sich zu besonderen Anlässen großer Beliebtheit und werden mit dünnem Marzipan gedeckt und mit Marzipanfrüchten, -blumen oder -figuren verziert.

Marzipan besitzt eine sehr hohe Energiedichte – 100 g Marzipan (50/50) haben 2035 kJ (486 kcal).<ref name="Souci"> Deutsche Forschungsanstalt für Lebensmittelchemie, Garching (Hrsg.): Lebensmitteltabelle für die Praxis. Der kleine Souci · Fachmann · Kraut. 4 Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-8047-2541-6, S. 410.</ref>

Marzipanrohmasse

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Türkisches Marzipan im Schaufenster von Caferzade, Istanbul

Marzipanrohmasse besteht aus zwei Teilen gemahlenen Mandeln und einem Teil Zucker, die unter Rühren erhitzt (fachsprachlich: „abgeröstet“) wurden, um den Wassergehalt zu verringern.

Fließschema<ref name="holtz"> Friedrich Holtz u. a.: Lehrbuch der Konditorei. 5. Auflage. Trauner, Linz 2009, ISBN 978-3-85499-367-4, S. 151.</ref>:

  1. Auslese der Mandeln, Reinigung und Schälung. Die Mandeln werden mit heißem Wasser (98 °C) überbrüht und in einem Schäler mit Gummiwalzen geschält.
  2. Mischen und Reiben. Zuerst werden die Mandeln mit dem Zuckeranteil grob zerrieben, dann zwischen Porzellanwalzen fein gewalzt. Dabei darf die Masse sich nicht zu stark erhitzen, da sonst das Mandelöl austreten würde.
  3. Abrösten. Bei der traditionellen Herstellung findet die „Abröstung“ über Dampf in offenen Kesseln bei Temperaturen zwischen 90 und 95 °C statt, bei der modernen Herstellung in geschlossenen Systemen mit etwa 105 °C.
  4. Abkühlen und Verpacken. Durch Zufuhr von keimfreier Luft wird die Masse abgekühlt, dann portioniert und vakuumverpackt.

Die (optionale) Zugabe von Invertzuckersirup vor dem Abrösten bewirkt eine leichte Karamelisierung. Rosenwasser kann zur Geschmacksabrundung zugesetzt werden. Die genaue Zusammensetzung, der Anteil von Süß- und Bittermandeln, der Zuckergehalt, die Zusatzstoffe variieren von Hersteller zu Hersteller und sind in der Regel Betriebsgeheimnis.

Die „Leitsätze für Ölsamen und daraus hergestellte Massen und Süßwaren“ des Deutschen Lebensmittelbuchs geben die allgemeine Verkehrsauffassung von der Beschaffenheit von Marzipanrohmasse wieder. Demgemäß wird Marzipanrohmasse aus blanchierten/geschälten Mandeln hergestellt und erfüllt folgende Voraussetzungen.<ref>Deutsches Lebensmittelbuch, Leitsätze für Ölsamen und daraus hergestellte Massen und Süßwaren vom 17./18. September 1991, Abschnitt II B, Nr. 1</ref>

  • Sie enthält höchstens 17 % Wasser,
  • Der Anteil des zugesetzten Zuckers beträgt höchstens 35 %, bezogen auf die Marzipanrohmasse mit 17 % Feuchtigkeitsgehalt,
  • Der Mandelölgehalt beträgt mindestens 28 %, bezogen auf die Marzipanrohmasse mit 17 % Feuchtigkeitsgehalt,
  • Der Gesamtgehalt an blanchierten/geschälten bitteren Mandeln darf bis zu 12 % des Mandelgewichtes betragen (bei der Sorte MI, siehe unten zu Handelssorten).
  • Eine Kenntlichmachung des Anteils bitterer Mandeln ist nicht erforderlich.
  • Entbitterte bittere Mandeln sowie Bergmandeln dürfen nicht verwendet werden.

Es gibt folgende Handelssorten für Marzipanrohmasse:

  • M00 (M-Null-Null): Aus ausgesuchten Mandeln aus Mittelmeerländern, die einen natürlichen Bittermandelanteil von 2–3 % enthalten
  • M0 (M-Null): Bis zu 5 % an zugesetzten Bittermandeln
  • MI (M-Eins): Bis zu 12 % an zugesetzten Bittermandeln sowie Bruchmandeln
  • MF: Mit Fruchtzucker
  • MFS: Mit Sorbit

Qualitäten

  • „Niederegger Marzipan“ besteht zu 100 % aus Marzipanrohmasse (100/0).
  • „Lübecker Edelmarzipan“ ist eine geschützte Herkunftsbezeichnung (g.g.A.) und darf nur von Marzipanerzeugnissen getragen werden, die in Lübeck oder bestimmten Orten in der Umgebung hergestellt wurden. Es enthält mindestens 90 % Marzipanrohmasse und maximal 10 % Zuckerzusatz (90/10).
  • „Gütemarzipan“ enthält mindestens 80 % Marzipanrohmasse und maximal 20 % Zuckerzusatz (80/20).
  • „Gewöhnliches“ Edelmarzipan, zu dem auch das gleichfalls geschützte „Lübecker Marzipan“ zählt, enthält mindestens 70 % Marzipanrohmasse und maximal 30 % Zuckerzusatz (70/30).
  • „Gewöhnliches“ Marzipan schließlich enthält nur noch mindestens 50 % Marzipanrohmasse, dafür maximal 50 % Zuckerzusatz (50/50).
  • Königsberger Marzipan“ ist lediglich eine Gattungsbezeichnung. Es darf überall hergestellt werden. Typisch ist das Abflämmen der Oberfläche; daher weist es einen charakteristischen gelblich-bräunlichen Farbton auf. Dem klassischen Königsberger Marzipan wird beim Anwirken Rosenwasser hinzugefügt; mit Fondant gefüllt ist es als Konfekt erhältlich.
  • In Spanien ist „Marzipan aus Toledo“ eine geschützte Herkunftsbezeichnung, die sich auf die Provinz Toledo bezieht.
  • In Italien ist die Marzipanherstellung typisch für Apulien und Sizilien.

Verwandte Produkte

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Mozartkugeln mit Füllung aus grünem Pistazienmarzipan
  • Persipan ist marzipanähnlich und wird aus Pfirsich- und Aprikosenkernen hergestellt. Es wird hauptsächlich als Füllung für gebackene Produkte, jedoch nicht in Pralinen verwendet. Eine Ausnahme stellen die zumeist in der Weihnachtszeit erhältlichen Dominosteine dar.
  • Grünes Marzipan wird mit 4 bis 8 % Pistazien hergestellt. Beispielsweise wird diese Rohmasse in Mozartkugeln verarbeitet.
  • Resipan war in der DDR hergestelltes Persipan, bei dem wegen Rohstoffknappheit Maisgrieß mit Zucker und Aroma und später wegen Engpässen beim Mais auch Kartoffelgrieß mit Zucker und Aroma zum Nakapan verarbeitet wurde.
  • Legupan war in der DDR ein Marzipanersatzstoff, hergestellt aus Erbsenbrei und Zucker. Legupan hatte eine grünliche Farbe.
  • Calisson: Konfekt aus der Provence in Form eines Weberschiffchens, mit Mandeln und kandierten Melonen und Orangen
  • Halva (oder Helva): Aus Sesamsamen
  • Nougat: Statt Mandeln werden geröstete Nüsse, meistens Haselnüsse, verwendet
  • Turrón aus Xixona: Spanische Verwandte des Marzipans und Nougats (nicht zu verwechseln mit dem Turrón aus Alicante). Sie bestehen aus Mandelmasse, Zucker und weiteren Zutaten wie Honig, Eiklar oder Zitronenschalen.
  • Bündner Pfirsichsteine, eine Spezialität der Stadt Chur

Film

  • Marzipan – Süße Versuchung. Dokumentarfilm, Deutschland, 2011, 43:30 Min., Buch und Regie: Andreas Gräfenstein, Produktion: NDR, arte, Reihe: Kulinarische Genüsse, Erstsendung: 8. Dezember 2006 bei arte, Inhaltsangabe von arte

Weblinks

Commons Commons: Marzipan – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

Einzelnachweise

<references />