Istanbul


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Istanbul
Wappen von Istanbul

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Basisdaten
Provinz (il): İstanbul
Koordinaten: 28,960277777778|primary dim=10000 globe= name= region=TR-34 type=city
  }}
Höhe: 40 m
Fläche: 5.461 km²
Einwohner: 14.377.018<ref name="Infobox Ort in der Türkei.EinwohnerOrt">Türkisches Institut für Statistik, abgerufen 24. September 2015</ref> (2014)
Bevölkerungsdichte: 2.633 Einwohner je km²
Telefonvorwahl: (+90) 212 (europäischer Teil)
(+90) 216 (asiatischer Teil)
Postleitzahl: 34 xxx
Kfz-Kennzeichen: 34
Struktur und Verwaltung (Stand: 2014)
Gliederung: 39 Stadtteile
Bürgermeister: Kadir Topbaş (AKP)
Webpräsenz:
Datei:Istanbul - Beyoglu amb el Bòsfor al fons.JPG
Istanbul wird durch den Bosporus in einen europäischen und einen asiatischen Teil getrennt; Aufnahme vom Galataturm aus
Datei:Istanbul2010.jpg
Die historische Halbinsel und UNESCO-Weltkulturerbe (Luftbild)
Datei:Istanbul Hagia Sophia Sultanahmed.JPG
Die Hagia Sophia (rechts), erbaut als Kirche, dann umgewandelt in eine Moschee und jetzt Museum. Links daneben die Sultan-Ahmed-Moschee
Datei:Halic.png
Luftaufnahme des Goldenen Horns – Halic Istanbul<ref name="struktur">Istanbul Istanbul aus der Luft</ref>
Datei:Istanbul skyline at night.jpg
Blick auf Istanbul bei Nacht.

Istanbul (türkisch İstanbul), früher Konstantinopel, ist die bevölkerungsreichste Stadt der Türkei und deren Zentrum für Kultur, Handel, Finanzen und Medien. Mit rund 14,37 Millionen Einwohnern nahm sie 2014 den 23. Platz unter den größten Metropolregionen der Welt ein. Mit jährlich mehr als 11 Millionen Touristen aus dem Ausland zählt Istanbul überdies zu den zehn meistbesuchten Städten der Welt.<ref>ForgSight.com Meistbesuchte Städte der Welt: London auf Platz eins, Angaben nach MasterCard Global Destination Cities Index; Artikel vom 15. Juni 2015, abgerufen am 13. August 2015</ref>

Die Stadt liegt am Nordufer des Marmarameeres auf beiden Seiten des Bosporus, also sowohl im europäischen Thrakien als auch im asiatischen Anatolien. Aufgrund ihrer weltweit einzigartigen Transitlage zwischen zwei Kontinenten und zwei Meeresgebieten, dem Schwarzen und dem Mittelmeer, verzeichnet sie einen bedeutenden Schiffsverkehr und verfügt über zwei große Flughäfen sowie zwei zentrale Kopf- und zahlreiche Fernbusbahnhöfe. Istanbul ist daher einer der wichtigsten Knotenpunkte für Verkehr und Logistik auf internationaler wie nationaler Ebene.

Im Jahr 660 v. Chr. unter dem Namen Byzantion gegründet, kann die Stadt auf eine 2600-jährige Geschichte zurückblicken. Fast 1600 Jahre lang diente sie nacheinander dem Römischen, dem Byzantinischen und dem Osmanischen Reich als Hauptstadt. Als Sitz des ökumenischen Patriarchen und - bis 1924 - des osmanischen Kalifats war Istanbul zudem jahrhundertelang ein bedeutendes Zentrum des orthodoxen Christentums und des sunnitischen Islams.

Das Stadtbild ist von Bauten der griechisch-römischen Antike, des mittelalterlichen Byzanz sowie der neuzeitlichen und modernen Türkei geprägt. Paläste gehören ebenso dazu wie zahlreiche Moscheen, Cemevleri, Kirchen und Synagogen. Aufgrund ihrer Einzigartigkeit wurde die historische Altstadt von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. 2010 war Istanbul Kulturhauptstadt Europas.

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Hauptartikel: Geographie von Istanbul

Istanbul liegt im Westen der Türkei und umschließt den Bosporus. Das Goldene Horn, eine nach Westen verlaufende Bosporusbucht, trennt den europäischen Teil in einen südlichen und nördlichen Bereich. Der südliche Teil ist eine zwischen Marmarameer und Goldenem Horn liegende Halbinsel mit dem historischen Kern der Stadt. Nördlich davon liegen die an das historische Galata und Pera anschließenden Stadtteile. Sowohl nach Westen als auch nach Norden und Osten wächst die Metropole weit über die historischen Stadtteile hinaus. Im Südosten liegen die zu Istanbul gehörenden Prinzeninseln.

Das Stadtgebiet besitzt eine Ausdehnung von etwa 50 km in Nord-Süd-Richtung und rund 100 km in Ost-West-Richtung. Das Verwaltungsgebiet der Metropolregion ist mit der Provinz Istanbul identisch und hat eine Fläche von 5.343,02 km², von denen aber nur 1.830,92 (34,2 %) zur eigentlichen Stadt gehören. Der Rest mit 3.512,1 km² (65,8 %) bestand 2009 aus Vorstädten und Gebieten mit ländlicher Siedlungsstruktur.<ref name="ibb">Der Verwaltungsbereich In: www.ibb.gov.tr. İstanbul Büyükşehir Belediyesi, abgerufen am 15. Juli 2009. (englisch)</ref>

Geologie

Istanbul liegt nördlich der Nordanatolischen Verwerfung, die sich vom nördlichen Anatolien bis zum Marmarameer erstreckt. Die Anatolische Platte schiebt sich hier westwärts an der nördlichen Eurasischen Platte vorbei. Entlang der dadurch entstandenen Transformstörung ereigneten sich allein zwischen 1711 und 1894 66 größere Beben.

Bekannt ist das Beben von 447, bei dem 57 Türme der Landmauer einstürzten, und jenes von 559, bei dem Teile der Kuppel der Hagia Sophia wenige Jahre nach der Fertigstellung in die Kirche stürzten. Eines der schwersten Beben, verbunden mit einer gigantischen Flutwelle, die über die Seemauern der Stadt einbrach, ereignete sich 1509. Dabei wurden schätzungsweise 5.000 bis 13.000 Menschen getötet sowie 109 Moscheen und 1.070 Häuser zerstört.<ref>The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Brill, Leiden. Bd. 4, S. 238 („Istanbul“).</ref> Zudem wurde die in Istanbul liegende Flotte vernichtet. Das nächste starke Beben folgte 1557. 1690 und 1719 richteten Beben beträchtliche Schäden an den Land- und Seemauern an. Gedenkinschriften, die an den Stadttoren nach der Wiederherstellung durch Sultan Ahmed III. angebracht wurden, künden davon. Am 22. Mai 1766 wurde das Bethaus der Fatih-Moschee weitgehend zerstört.<ref>Heinz Jürgen Sauermost, Wolf-Christian von der Mülbe: Istanbuler Moscheen. München 1981, S. 221.</ref> 1894 stürzten bei einem Beben weite Teile des Gedeckten Basars ein, dessen breiteste Straße erst nach dieser Katastrophe entstanden ist. Diesem Beben fielen auch die meisten Mosaiken der Hagia Sophia zum Opfer.

Geologen prognostizieren ein weiteres Beben ab Stärke 7,0 bis 2025. Die verheerenden Beben vom August 1999 bei Kocaeli mit mehr als 17.000 Toten und im Winter 2002 in der Provinz Afyon sollen Vorboten gewesen sein.

Stadtgliederung

Datei:Istanbul-Stadtteile.jpg
Stadtteile von Istanbul
Datei:Istanbul Karaköy Galata.JPG
Stadtviertel Karaköy mit dem Galataturm
Datei:Blaue-moschee.jpg
Sultan-Ahmed-Moschee mit Parkgelände
Datei:Istanbul Taksim Baugrube.JPG
Baugrube und historische Bausubstanz nahe dem Taksim-Platz in der westlichen Altstadt

Das Verwaltungsgebiet der Großstadtkommune (Büyükşehir Belediyesi) Istanbul gliedert sich in 39 Stadtteile. Davon entfallen 25 auf den europäischen Teil und 14 auf den asiatischen.

Das alte, im Süden der europäischen Seite gelegene Stadtzentrum des einstigen Konstantinopel mit den Stadtteilen Eminönü und Fatih wird durch das Goldene Horn von den nördlicher gelegenen, jüngeren Stadtteilen getrennt und im Westen von der Theodosianischen Landmauer begrenzt. Westlich der Mauer liegt der Stadtteil Eyüp und dahinter und entlang des Marmarameeres liegen neue Wohn- und Gewerbegebiete, die inzwischen sogar bis über den Flughafen hinaus weit nach Westen reichen.

Alt-Istanbul im Stadtteil Fatih wird vor allem von den Großmoscheen und einer ehemaligen Kirche geprägt. Um die römische Kontinuität zu betonen, kam im 10. Jahrhundert die Vorstellung auf, Konstantinopel würde wie Rom auf sieben Hügeln ruhen. Obwohl diese Vorstellung ein Konstrukt späterer Zeit und topographisch kaum haltbar (Die „Hügel“ sind zwischen 40 und 70 m hoch, zum Vergleich: Das Valens-Aquädukt misst 61 m in der Höhe) ist, findet sich die Sieben-Hügel-Teilung in der Literatur wieder. Auf dem ersten Stadthügel liegt demzufolge die Hagia Sophia und knapp dahinter die Sultan-Ahmed-Moschee, auf dem zweiten die Nuruosmaniye-Moschee, auf dem dritten die Süleymaniye-Moschee, auf dem vierten die Fatih-Moschee Sultan Mehmeds II., auf dem fünften die Sultan-Selim-Moschee, auf dem sechsten die Mihrimah-Sultan-Moschee und auf dem siebenten, nicht vom Goldenen Horn einsehbaren Stadthügel, die Haseki-Hürrem-Sultan-Moschee. Zum Stadtbild von Fatih gehören ebenfalls die in osmanischer Tradition gebauten Holzhäuser.

Nördlich des Goldenen Horns befinden sich die europäisch geprägten Stadtteile Beyoğlu und Beşiktaş, wo sich der letzte Sultanspalast, der Çırağan-Palast, befindet, gefolgt von einer Kette ehemaliger Dörfer wie Ortaköy, Bebek und Sarıyer am Ufer des Bosporus. Hier errichteten wohlhabende Istanbuler bis Anfang des 20. Jahrhunderts luxuriöse Holzvillen, Yalı genannt, die als Sommerwohnsitze dienten.

Die auf der asiatischen Seite liegenden Stadtteile Kadıköy und Üsküdar waren ursprünglich selbstständige Städte. Heute sind sie vor allem Wohn- und Geschäftsviertel, in denen etwa ein Drittel der Istanbuler Bevölkerung wohnt. Hieran anschließend wurden entlang dem Bosporus und dem Marmarameer sowie ins asiatische Hinterland hinein Dörfer und Stadtteile großflächig ausgebaut und neu erschlossen. In Beykoz liegen wie am gegenüber liegenden Bosporusufer viele osmanische Yalıs.

Bedingt durch das starke Bevölkerungswachstum machen den größten Teil der Stadtfläche heute die im Hinterland entstandenen Stadtteile wie Bağcılar, Bahçelievler, Küçükçekmece, Sultangazi im europäischen Teil, Maltepe, Pendik und Sultanbeyli im asiatischen Teil aus. Sie wurden teilweise als Gecekondular (‚über Nacht errichtet‘) errichtet und erst nach Jahren oder Jahrzehnten an die städtische Infrastruktur angeschlossen. Ein Drittel der neu zugezogenen Istanbuler lebt in solchen informellen Siedlungen oder Elendsvierteln. Seit den 1980er Jahren sind unter enormer Anteilnahme der Öffentlichkeit einige der Gecekondus von der Stadt abgerissen worden. Der weitaus größere Teil hat sich dagegen zu infrastrukturell vollwertigen Stadtvierteln entwickeln können. Istanbul ist die einzige Metropole eines Schwellenlandes, die keine flächendeckenden Elendsviertel besitzt. Gehobene Büro- und Wohnviertel entstehen unter anderem im Norden auf Höhe der zweiten Bosporusbrücke oberhalb von Bebek in den Vierteln Levent, Etiler und Maslak. Aber auch im Westen in Bakirköy und Başakşehir und im Osten auf der asiatischen Seite gibt es gehobene Büro- und Wohnviertel.

Klima

Die Stadt hat aufgrund ihrer Lage zwischen Mittelmeer und Schwarzem Meer ein mildes, feuchtes Seeklima. Die durchschnittliche Jahrestemperatur liegt bei 14 °C. Die wärmsten Monate sind Juli und August mit durchschnittlich über 22 °C, die kältesten Januar und Februar mit etwas über 5 °C. Die Sommertemperaturen können während der Hitzeperioden, die oft mehrere Tage andauern und von Juni bis August auftreten, bis über 30 °C im Schatten erreichen. Der Winter ist kühl bis kalt und wie die anderen Jahreszeiten wechselhaft. Es gibt frühlingshafte Sonnentage, aber auch Regen und Kälteeinbrüche und häufig Schneefälle. Die durchschnittliche jährliche Niederschlagsmenge liegt bei 850 Millimeter. Die meisten Niederschläge fallen in den Monaten November und Dezember mit durchschnittlich 110 und 124 mm, die geringsten Niederschläge werden für die Monate Mai, Juni und Juli mit je 36, 37 und 39 mm im Mittel verzeichnet. Heftige Niederschläge und Überschwemmungen treten in allen Jahreszeiten auf. Demnach wird in Istanbul am häufigsten der Nordwind Meltem beobachtet, der besonders im Sommer mit höheren Geschwindigkeiten verbunden ist und meist maritime, gut durchmischte und saubere Meeresluft bringt. Das zweite Maximum ist der Südwind Scirocco, der oft kennzeichnend für Hochdruckwetterlagen kontinentaler Luftmassen ist, was je nach Jahreszeit zu sehr heißen beziehungsweise sehr kalten Tagen führen kann.

Istanbul
Klimadiagramm
JFMAMJJASOND
 
 
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15
9
 
 
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11
5
Temperatur in °CNiederschlag in mm
Quelle: Staatliches Meteorologisches Amt der Türkischen Republik, Daten: 1929–2000<ref>Staatliches Meteorologisches Amt der Türkischen Republik: Klimainformationen Istanbul. World Meteorological Organization, abgerufen am 8. Juni 2012.</ref>, Daten: 1970–2011<ref>Staatliches Meteorologisches Amt der Türkischen Republik: Jährlicher Gesamtniederschlag von Istanbul. Staatliches Meteorologisches Amt der Türkischen Republik, abgerufen am 20. Juni 2012.</ref>; weather.com<ref>weather.com: Monatliche Klimastatistiken für Istanbul. Abgerufen am 1. Juli 2009.</ref>;<ref>wetterkontor.de</ref>
Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Istanbul
Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
Max. Temperatur (°C) 8,7 9,1 11,2 16,5 21,4 26,0 28,4 28,5 25,0 20,1 15,3 11,1 Ø 18,5
Min. Temperatur (°C) 2,9 2,8 3,9 7,7 12,0 16,0 18,5 18,7 15,5 12,0 8,5 5,3 Ø 10,4
Niederschlag (mm) 100,9 80,9 69,6 45,4 35,5 37,5 39,0 46,3 62,9 100,7 108,6 124,7 Σ 852
Sonnenstunden (h/d) 2,6 3,3 4,4 6,6 8,9 10,8 11,7 11,3 8,5 6,2 4,6 2,3 Ø 6,8
Regentage (d) 17,7 15,3 13,6 10,3 7,8 5,3 3,6 4,0 6,1 10,3 12,9 16,9 Σ 123,8
Wassertemperatur (°C) 8 8 8 11 15 20 22 23 21 19 15 11 Ø 15,1
Luftfeuchtigkeit (%) 80 79 76 73 74 71 70 70 74 78 80 80 Ø 75,4
T
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3,9
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7,7
21,4
12,0
26,0
16,0
28,4
18,5
28,5
18,7
25,0
15,5
20,1
12,0
15,3
8,5
11,1
5,3
Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
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100,9
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45,4
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37,5
39,0
46,3
62,9
100,7
108,6
124,7
  Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
Quelle: Staatliches Meteorologisches Amt der Türkischen Republik, Daten: 1929–2000<ref>Staatliches Meteorologisches Amt der Türkischen Republik: Klimainformationen Istanbul. World Meteorological Organization, abgerufen am 8. Juni 2012.</ref>, Daten: 1970–2011<ref>Staatliches Meteorologisches Amt der Türkischen Republik: Jährlicher Gesamtniederschlag von Istanbul. Staatliches Meteorologisches Amt der Türkischen Republik, abgerufen am 20. Juni 2012.</ref>; weather.com<ref>weather.com: Monatliche Klimastatistiken für Istanbul. Abgerufen am 1. Juli 2009.</ref>;<ref>wetterkontor.de</ref>

Flora und Fauna

In Istanbul finden sich Pflanzen, die der Flora der Stadt einen vorwiegend mitteleuropäischen und zugleich mediterranen Charakter verleihen, besonders auf den Prinzeninseln. So finden sich auf Çamlıca oder Sarıyer im Norden unter anderem Stieleichen, Buchen und Kastanien, auf den Prinzeninseln im Süden kleine Pinienwälder und Kermes-Eichen. Anzutreffen sind dort und in den südlichen Teilen der Stadt Zedern-Wacholder, Pistazien, Zypressen, Kretische Zistrose, Schlehdorn und Mäusedornarten. Die großen Wälder, die die Stadt im europäischen und asiatischen Teil im Norden umgeben, haben einen mitteleuropäischen Charakter. So kommen im Belgrader Wald (Belgrad Ormanı) verschiedene Eichenarten vor, darunter die Traubeneiche und die Ungarische Eiche, zudem Hainbuchen, Hänge- und Moor-Birken, Türkenbundlilien, Wald-Bingelkraut, Großes Hexenkraut und Zweiblättriger Blaustern.<ref>Aygün und Max Kasparek: Türkei. Reiseführer Natur. München 1990, S. 22.</ref><ref name="mymerhaba.com">Belgrader Wald. auf: mymerhaba.com</ref>

Mit ungefähr 2.500 verschiedenen natürlich vorkommenden Pflanzenarten stellen Provinz und Stadt Istanbul, deren Gesamtfläche nur 5.343,02 km² beträgt, ganze europäische Länder, wie das Vereinigte Königreich in den Schatten. Istanbul alleine beherbergt etwa ein Viertel von mehr als zehntausend dokumentierten Pflanzenarten, die in der Türkei vorkommen. Einige dieser Pflanzen sind endemisch.<ref name="www.thy.com">„Monthly Magazine of Turkish Airlines SkyLife – April 2008 „Spring in Istanbul’s forests“, Artikel: Mehmet Tokcan, Fotos: Aykut İnce</ref>

Laut der Generaldirektion für Forstwirtschaft („Orman Genel Müdürlüğü“) sind 44 % der Provinz Istanbul von Wäldern bedeckt.<ref name="www.thy.com" /> Für eine Großstadt existiert hier eine reiche Tierwelt.<ref name="amk23">Aygün und Max Kasparek: Türkei. Reiseführer Natur. München 1990, S. 23.</ref> Das salzreichere Wasser des Marmarameeres vermischt sich mit dem salzärmeren des Schwarzen Meeres am Südausgang des Bosporus am stärksten, was einen relativen Fischreichtum zur Folge hat. Charakteristisch ist hier die Sardelle, aber auch Delfine lassen sich gelegentlich beobachten, seitdem durch den Bau von Kläranlagen die Wasserqualität von Bosporus und Marmarameer gestiegen ist. Die Wälder beherbergen über 71 Vogel- und 18 Säugetierarten. Es besteht ein Jagdverbot. In den Wäldern sind daher Wildschweine, Wölfe, Goldschakale, Füchse, Rothirsche, Damhirsche und Rehe verbreitet.<ref name="mymerhaba.com" />

Die Stadt ist Ziel von Vogelfreunden aus aller Welt, die den alljährlichen Vogelzug beobachten wollen. Etwa 500.000 Weißstörche und damit der Großteil der europäischen Population überfliegen von Ende Juli bis Mitte September den Bosporus in zwei Wellen.<ref>NABU – Storchenzug, abgerufen am 10. Juli 2009.</ref> Der Höhepunkt der Schwarzstorchwanderung ist Ende September. Auch den Greifvogelzug kann man an günstigen Tagen mit bis zu tausend Vögeln täglich beobachten. Dazu zählen Wespenbussard, Schreiadler, Schelladler, Sperber und weitere Bussardarten. Seltener lassen sich Schmutzgeier, Kaiseradler, Zwergadler, Schlangenadler und Weihen beobachten, obwohl von letzteren alle europäischen Arten durchziehen.

Datei:Mosques in Istanbul at dusk.jpg
Möwen auf einem Dach; im Hintergrund zwei osmanische Großmoscheen

Wie in vielen anderen Großstädten ist die Vogelwelt vor allem durch die Stadttaube, die wohl im 19. Jahrhundert aus Algerien oder Tunesien eingeführte Palmtaube<ref name="amk23" /> und durch Möwen vertreten. Auf manchen Innenstadtplätzen, etwa vor der Beyazıt-Moschee oder vor der Yeni-Moschee, leben große Populationen. Seltener trifft man auf andere Taubenarten sowie auf Haussperling, Graureiher und den Schwarzen Milan. Häufiger hingegen sind Alpensegler, Girlitz, Samtkopf-Grasmücke, Kormoran und Mittelmeer-Sturmtaucher.

Streunende Katzen sind im Stadtbild allgegenwärtig. Sie leben teilweise einzeln, teilweise auch in großen Gruppen zusammen. Sie ernähren sich von Abfällen, werden aber auch häufig von Menschen gefüttert. In geringerem Maße sind außerdem halbwilde Hunde anzutreffen.

Umweltprobleme

Das Wachstum der Stadt, die hohe Industrie- und Verkehrsdichte führen zu erheblichen Umweltproblemen. Gegen die Luftverschmutzung wurden durch den Einsatz von Erdgas Erfolge erzielt, ähnliches gilt für das Müllproblem. Dennoch werden Luft und Wasser durch die zahlreichen Fabriken, Kraftfahrzeuge und privaten Haushalte weiterhin belastet. Besondere Umweltprobleme ergeben sich zudem aus dem Verkehrslärm sowie aus der oft direkten Nachbarschaft von ärmeren Wohngebieten und Industrieanlagen.<ref>Umweltverschmutzung in Istanbul, abgerufen am 9. Juli 2009. (PDF; türkisch; 85 kB)</ref>

Überschwemmungen bringen immer wieder Müll in die Kanalisation und führen dabei zu deren Verstopfung und erhöhen gleichzeitig die Gefahr von Infektionskrankheiten. Die Ursache zahlreicher Probleme liegt in der Infrastruktur, die mit dem enormen Bevölkerungswachstum seit den 1980er Jahren nicht Schritt halten konnte.<ref>Flutwelle reißt mehr als 20 Menschen in den Tod, Welt Online, 9. September 2009.</ref>

Den Weltentwicklungsindikatoren der Weltbank für 2012 zufolge ist Istanbul, was die Schwefeldioxid-Luftverschmutzung angeht, die Stadt mit den siebtschlechtesten Werten auf dem Globus.<ref>Today’s Zaman: World Bank says air pollution a problem in İstanbul, Ankara(dt: Weltbank sagt Luftverschmutzung ist ein Problem in Istanbul, Ankara), abgerufen am 17. Mai, 2012, (englisch)</ref>

Geschichte

Hauptartikel: Geschichte Istanbuls

Byzantion

Um 660 v. Chr. gründeten dorische Griechen aus Megara, Argos und Korinth Byzantion, eine Kolonie am europäischen Ufer des Bosporus. Die günstige geographische Lage ermöglichte der Siedlung bald, ein bedeutendes Handelszentrum zu werden. Ende des 6. Jahrhunderts geriet sie in die Auseinandersetzungen zwischen dem Perserreich und den griechischen Poleis, dann in die innergriechischen Konflikte.

513 v. Chr. eroberte der persische König Darius I. die Stadt, 478 wurde sie für zwei Jahre von Sparta besetzt. Danach wählte Byzantion die Demokratie als Regierungsform und schloss sich unter dem Druck Athens dem Attisch-Delischen Seebund an (bis 356). 340/339 widerstand die Stadt der Belagerung durch den makedonischen König Philipp II. Nach dem Zerfall des Makedonenreichs stellte sich die Stadt zunehmend auf die Seite des expandierenden Römerreichs und wurde 196 v. Chr. römischer Bundesgenosse. Diesen Sonderstatus büßte Byzantion erst unter Kaiser Vespasian ein. 196 ließ Septimius Severus die Stadt zur Strafe für die Unterstützung seines Gegners Pescennius Niger zerstören, doch wurde sie wieder aufgebaut. 258 wurde sie von Goten geplündert.

324 vereinigte Konstantin I. beide Teile des Römischen Reiches und am 11. Mai 330 taufte er die neue Hauptstadt auf den Namen Nova Roma (Neu-Rom). Sie wurde jedoch bekannter unter dem Namen Konstantinopel.<ref>Timothy E. Gregory: A History of Byzantium. 2. Auflage. 2010, S. 61 f.</ref> Ihre Fläche verfünffachte sich binnen weniger Jahrzehnte. Westlich der von Konstantin errichteten Stadtmauer ließ Theodosius II. ab 412 eine noch heute erhaltene Mauer errichten, womit die Stadtfläche von sechs auf zwölf Quadratkilometer anwuchs. Aquädukte versorgten die inzwischen größte Stadt des Mittelmeerraums mit Wasser, Getreide wurde an große Teile der Bevölkerung ausgegeben.<ref>G. I. Bratianu: La question de l’approvisionnement de Constantinople é l’époque byzantine et ottomane. In: Byzantion 5 (1929/30) 83–107 und J. L. Teall: The Grain Supply of the Byzantine Empire, Dumbarton Oaks Papers 13 (1959) 88–139.</ref>

Konstantinopel – Kostantiniyye – Istanbul

Byzanz

Datei:Constantinople mediaeval map.jpg
Konstantinopel im Mittelalter; italienische Darstellung von 1422

Nochmals unter Kaiser Justinian I. (527–565) wurde Konstantinopel prächtig ausgebaut (Hagia Sophia). Die Stadt war die mit Abstand reichste und größte Stadt Europas und des Mittelmeerraums und widerstand den beiden Belagerungen durch Araber in den Jahren 674–678 sowie 717/18 erfolgreich. Unter dem Druck der Seldschuken, die ab Mitte des 11. Jahrhunderts Kleinasien eroberten, verlor die Stadt zeitweise ihr östliches Hinterland. In dieser Situation erhielten die italienischen Städte, allen voran Venedig und Genua, Handelsprivilegien und ausgedehnte Wohnquartiere am Südufer des Goldenen Horns; die Genuesen ab 1267 in Pera am Nordufer. Zudem war 1054 die kirchliche Einheit zwischen der Römisch-Katholischen Kirche und der Orthodoxen Kirche zerbrochen. 1171 ließ Kaiser Manuel I. die Venezianer verhaften und ihr Eigentum konfiszieren. Venedig nutzte den Vierten Kreuzzug zur Rache, und 1204 eroberten Kreuzritter Konstantinopel. Die Stadt wurde geplündert, zahlreiche Einwohner wurden ermordet und Kunstwerke von unschätzbarem Wert gingen verloren. Auf rund 100.000 Einwohner reduziert, war die Stadt von 1204 bis 1261 die Hauptstadt des Lateinischen Kaiserreichs. 1261 gelang es Kaiser Michael VIII., Konstantinopel zurückzuerobern, doch hatte er sich noch zwei Jahrzehnte abermaligen Eroberungsplänen zu widersetzen. Die Stadt war seit dieser Zeit aber nicht mehr als das Zentrum einer Regionalmacht, deren Hinterland ab 1354 sukzessive von den Osmanen erobert wurde. Um 1400 bestand das Reich nur noch aus Konstantinopel mit seinem direkten Umland und kleinen Restgebieten im Norden (Thessaloniki) und Süden (Morea) Griechenlands. Noch einmal 1422 hielt die Stadt einer Belagerung durch Murad II. stand.

Osmanisches Reich

Datei:Siege constantinople bnf fr2691.jpg
Die Eroberung Konstantinopels aus einer französischen Chronik des 15. Jahrhunderts

Am 5. April 1453 begann die letzte Belagerung durch osmanische Streitkräfte unter Sultan Mehmed II. Am Morgen des 29. Mai wurde die „seit langem verfallene Stadt“<ref>Wolf-Dieter Hütteroth: Die Türkei. Wissenschaftliche Länderkunden Bd. 21. Darmstadt 1982, S. 480.</ref> besetzt. Konstantinopel – nun offiziell meist Kostantiniyye oder manchmal auch İstanbul genannt – wurde nach Bursa und Adrianopel (Edirne) zur neuen osmanischen Hauptstadt. Die teilweise zerstörte und entvölkerte Stadt wurde planvoll wieder besiedelt und aufgebaut. Die Macht des Reichs erreichte ihren Höhepunkt unter Sultan Süleyman I. (1520–1566), dessen Architekt Sinan das Stadtbild mit zahlreichen Moscheen, Brücken, Palästen und Brunnen prägte. Mit dem fortschreitenden Verfall des osmanischen Einflusses in der Region und der Verkleinerung des Reiches bis Anfang des 20. Jahrhunderts litt auch die kosmopolitische Bedeutung Konstantinopels.<ref>Konstantinopel in Meyers Konversations-Lexikon. 1888. Band 10, S. 10.28, abgerufen am 10. Juli 2009.</ref>

Datei:Konstantinopel 1910.png
Konstantinopel um 1910

Die Schwäche des Reiches nach dem Balkankrieg 1912/1913 führte den europäischen Mächten und Russland die Gefahr eines Machtvakuums in den strategisch bedeutenden Meerengen vor Augen und warf die orientalische Frage nach Kontrolle über die Meerengen und Aufteilung des Reiches in Interessensphären auf. Der Sultan und die Jungtürken suchten die Unterstützung des Deutschen Reiches.

Datei:The Guns of HMS Caesar 1919 - Off Constantinople, looking towards the Golden Horn Art.IWMART2460.jpg
Ein englisches Kriegsschiff mit Blick aufs Goldene Horn. Alliierte Besatzung Istanbuls 1918

Den Zugriff der Entente auf Konstantinopel konnte das Osmanische Reich im Ersten Weltkrieg auf Seiten der Mittelmächte 1915 in der Schlacht von Gallipoli verhindern. Dennoch war der Krieg verloren. Französische und britische Truppen besetzten ab dem 13. November 1918 die Metropole. Im Friedensvertrag von Sèvres vom 10. August 1920 wurde das Osmanische Reich unter den alliierten Siegermächten aufgeteilt und musste darüber hinaus gewaltige Gebietsverluste hinnehmen. Konstantinopel mit den Meerengen Bosporus und Dardanellen blieb fünf Jahre lang von den Alliierten besetzt. Griechenland forderte in Erinnerung an das als griechisch beanspruchte Byzanz die „Rückgabe“ Konstantinopels, das es zu seiner Hauptstadt machen wollte.

Unter Mustafa Kemal, genannt Atatürk, begann 1919 der türkische Befreiungskrieg, an dessen Ende die letzten Einheiten der alliierten Truppen am 23. September 1923 die Stadt verließen. Konstantinopel verlor in diesem Jahr seinen Status als Regierungssitz an Ankara, womit sich die neue Republik von der Tradition der Osmanen abgrenzen wollte.

Türkische Republik

Datei:Liberation of Istanbul on October 6, 1923.jpg
Einmarsch der von Mustafa Kemal geführten türkischen Truppen in Istanbul, 6. Oktober 1922

Schon während des Ersten Weltkriegs begann die Vertreibung der ersten der beiden großen christlichen Minderheiten, der Armenier. Nichtmuslime hatten bis etwa 1890 die Bevölkerungsmehrheit gestellt, ab diesem Zeitpunkt setzte eine stete Zuwanderung in die Stadt ein, deren Einwohnerzahl wenige Jahre später die Millionengrenze überschritt.<ref>Sȩnda Kara: Leitbilder und Handlungsgrundlagen des modernen Städtebaus in der Türkei. Von der osmanischen zur türkischen Stadt, LIT Verlag Münster, 2006, S. 87.</ref> Armenier waren seit dem 17. Jahrhundert verstärkt zugezogen, so dass um 1850 über 220.000 in Konstantinopel lebten. Damit stellten sie vielleicht ein Viertel bis ein Drittel der Bevölkerung. Die Alliierten suchten im Ersten Weltkrieg ihre Unterstützung. Am 24. April 1915, zwei Monate nach Beginn der Kämpfe um die Dardanellen, die zwischen dem 19. Februar 1915 und dem 9. Januar 1916 stattfanden, ließ die Regierung erstmals armenische Zivilisten aus Konstantinopel deportieren. Offiziell waren es 235, wahrscheinlich mehr als 400 der zu dieser Zeit noch 77.835 Armenier, die in der Hauptstadt lebten.<ref>Wolfgang Gust (Hrsg.): Der Völkermord an den Armeniern 1915/16. Dokumente aus dem Politischen Archiv des deutschen Auswärtigen Amtes, zu Klampen Verlag, Springe 2005, S. 519 (Rezension). Dazu Der Botschafter in Konstantinopel (Wangenheim) an den Reichskanzler (Bethmann Hollweg), Aktennotiz des Auswärtigen Amtes vom 5. Juni 1915.</ref> Der Völkermord an den Armeniern fand überwiegend in Anatolien statt; die Armenier Istanbuls blieben bis 1923 weitestgehend verschont.

Die genaue Einwohnerzahl der Stadt ist kaum mehr zu ermitteln. Sie lag um 1920 zwischen 800.000 und 1,5 Millionen,<ref>Sȩnda Kara: Leitbilder und Handlungsgrundlagen des modernen Städtebaus in der Türkei. Von der osmanischen zur türkischen Stadt, LIT Verlag Münster, 2006, S. 86.</ref> Deutlich ist nur, dass nach vier Jahrzehnten starken Bevölkerungswachstums die Einwohnerzahl geradezu einbrach. 1927 zählte man nur noch 691.000 Einwohner; während die nicht-muslimische Bevölkerung 1914 bei etwa 450.000 gelegen hatte, zählte sie 1927 nur noch 240.000. Damit stellte sie allerdings auch zu dieser Zeit noch fast ein Drittel der Bevölkerung.

84 % der Bevölkerung lebten zu dieser Zeit in Städten mit weniger als 10.000 Einwohnern, was bei der langsam einsetzenden Landflucht ein enormes Potential für die Zuwanderung nach Istanbul barg, das sich ab den 1950er Jahren zu entfalten begann.<ref>Sȩnda Kara: Leitbilder und Handlungsgrundlagen des modernen Städtebaus in der Türkei. Von der osmanischen zur türkischen Stadt, LIT Verlag Münster, 2006, S. 147.</ref> Während die Griechen, wohl etwa 1,2 Millionen, Anatolien verlassen mussten, durften alle Griechen, die am 30. Oktober 1918 in der Hauptstadt gewohnt hatten, dort bleiben. Doch trotz dieser Sondervereinbarung aus dem Jahr 1926 verließen weitere Griechen die Stadt; ein extremer Mangel an Handwerkern trat ein. 1942 wurden die Nichtmuslime zu einer besonderen Vermögenssteuer herangezogen (Varlık Vergisi), 1955 wurde nahezu die gesamte orthodoxe Bevölkerung beim Pogrom von Istanbul aus der Stadt vertrieben. Von den rund 110.000 Griechen blieben rund 2.500 in Istanbul.<ref>The Turks of Western Thrace, Human Rights Watch 11/1 (1999), S. 2.</ref> Heute leben rund 60.000 Armenier und 2.500 Griechen in der Stadt.

Istanbul wuchs ab den 1950er Jahren rapide, sie zog und zieht bis heute zahlreiche Menschen aus Anatolien an. Seit den 90er Jahren kommen zahlreiche Osteuropäer in die Metropole. Es entstanden groß angelegte Bauprojekte; sie konnten mit dem rapiden Bevölkerungswachstum kaum Schritt halten. Zudem nahmen sie auf vorhandene Strukturen wenig Rücksicht. Istanbul dehnte sich weit in das Umland aus; zahlreiche Dörfer und Städte des Umlands zählen inzwischen zur Metropole.

1994 wurde der jetzige Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan als Kandidat der islamistischen Refah Partisi (RP) (Wohlfahrtspartei) Bürgermeister. Der jetzige Bürgermeister Kadir Topbaş ist Mitglied der islamisch-konservativen Adalet ve Kalkınma Partisi (AKP). Im November 2003 wurde die Stadt von einer Serie schwerer Anschläge erschüttert. Der Anschlag in einem Internet-Café am 9. Februar 2006 kostete einen Menschen das Leben, sechs Menschen wurden vier Tage später durch einen Anschlag in einem Supermarkt verletzt.<ref>Chronik: Bombenanschläge in der Türkei, in: Handelsblatt, 28. August 2006</ref>

Am 28. Mai 2013 begannen am Taksim-Platz Demonstrationen. Sie begannen als Proteste gegen ein geplantes Einkaufszentrum bzw. gegen das Abholzen des Gezi-Parks; nach einem brutalen Polizeieinsatz am 31. Mai 2013 wandelten sie sich zu Protesten gegen die Regierung Erdogan und Erdogans Regierungsstil (→ Proteste in der Türkei 2013).

Entwicklung des Namens

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Istanbuls unterschiedliche Namen auf osmanischen Poststempeln von 1880 bis 1925

Der ursprünglich altgriechische Name der Stadt, Βυζάντιον Byzantion (lateinisch Byzantium), geht auf den legendären Gründer der Stadt, Byzas, zurück, der aus Megara in Attika stammte. Er war einem Orakelspruch der Pythia gefolgt. Zu Ehren des römischen Kaisers Constantinus, der Byzantion zur Hauptstadt ausbauen ließ, wurde die Stadt im Jahr 324<ref name="Geschichte Istanbuls">Klaus Kreiser: Geschichte Istanbuls. Von der Antike bis zur Gegenwart. C.H. Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-58781-8, S. 14.</ref> in Constantinopolis (latinisiert; altgr. Κωνσταντινούπολις Konstantinoupolis ‚Stadt des Constantin‘) umbenannt. Auf Constantinopolis gehen die deutsche Form Konstantinopel und zahlreiche weitere Namensformen zurück. Auf Arabisch wurde Konstantinopel al-Qustantīniyya / ‏القسطنطينية‎ genannt, im Armenischen Gostantnubolis und im Hebräischen Kuschta (‏קושטא‎). In vielen slawischen Sprachen hieß die Stadt Cari(n)grad (‚Stadt des Kaisers‘).

Bis 1930 gab es keine fortdauernde und eindeutige offizielle Namensform. In osmanischen Urkunden, Inschriften etc. wurde die Stadt in der Regel mit ihrer vom Arabischen abgeleiteten Namensform Kostantiniyye / ‏قسطنطينيه‎ bezeichnet. Man findet aber auch şehir-i azima (‚die großartige Stadt‘), die französisierten Formen Constantinople und Stamboul sowie ab dem 19. Jahrhundert vermehrt die Bezeichnung Dersaâdet / ‏در سعادت‎ / Der-i Saʿādet / „Pforte der Glückseligkeit“. Weitere Bezeichnungen waren etwa darü’s-saltanat-ı aliyye, asitane-i aliyye und darü’l-hilafetü ’l aliye und pâyitaht, Ehrenvoller Thron / ‏پایتخت‎ im Sinne von Residenz.

Datei:Islambol 1203.jpg
Der Name Islambol / ‏إسلامبول‎ auf einer Münze von 1203 H. (1788/89 im gregorianischen Kalender)<ref>Osmanisches Museum Europa, Erlaubnis vom 23. März 2007</ref>
Datei:Istanbul 1521.png
Aus dem Feldzugstagebuch Süleyman I., 1521:
„, abgerufen am 2. April 2015.</ref> Die 34 ist keine zufällige Linienbezeichnung, sondern eine besondere Zahl für Istanbul, da sie die Kreiszahl der Stadt ist (die man bei Autokennzeichen und auch Postleitzahlen nutzt).<ref name="istanbululasim">ulasimturkiye.com, abgerufen am 30. Juni 2009.</ref>

Den Warentransport übernehmen Lastkraftwagen. Ab und zu sieht man noch einen Lastenträger (Hamal), besonders auf den Treppen der Einkaufsstraßen zwischen dem Großen Basar und der Galatabrücke.

Schienenverkehr
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Çağdaş Tramvay
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Station Levent der Istanbuler Metro
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Der „Tünel“ am Talbahnhof Karaköy

Die S-Bahn-Stammstrecke (Banliyö tren) der türkischen Staatsbahn (TCDD) verbindet in einem 13,6 km langen Tunnel Europa mit Asien im Marmaray-Eisenbahntunnel im Vier-Minuten-Takt<ref>http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.marmaray-bahnstrecke-ein-supertunnel-unter-dem-bosporus.9a078d17-944f-4fad-b807-2f41735f21d3.html</ref>. Westlich und östlich des Tunnels befinden sich die Strecken in einem Modernisierungsprozess, der 2015 abgeschlossen ist, was den Betrieb vollständig unterbricht. Bis 2013 führten die nicht verknüpften S-Bahn-Linien B1 und B2 auf beiden Seiten des Bosporus am Marmarameer entlang und verbanden die dort gelegenen Küstenorte mit den Innenstadtbahnhöfen Sirkeci auf der europäischen (Streckenlänge 30 km) und Haydarpaşa auf der asiatischen Seite (Streckenlänge 44 km). Am 4. Januar 1871 wurde auf europäischer Seite die Strecke von Küçükçekmece nach Yedikule eröffnet. Sie wurde 1872 von Küçükçekmece nach Halkalı und von Yedikule zum Endbahnhof Sirkeci verlängert. Die asiatische Strecke ging am 22. September 1872 auf dem Abschnitt Pendik – Feneryolu in Betrieb. 1873 wurde sie stadtauswärts nach Gebze und stadteinwärts bis zum Endbahnhof Haydarpaşa verlängert. Die Metro mit den Linien M1 bis M4, Hafif Metro (Linie T4), die Straßenbahnlinien T1 und T3, sowie die Standseilbahn Füniküler Kabataş–Taksim (F1) werden von der İstanbul Ulaşım betrieben. Betreiber der Nostaljik Tramvay und des Tünel ist jedoch die İETT.

S-Bahn
Hauptartikel: S-Bahn Istanbul
Metro
Hauptartikel: Metro Istanbul
Hafif Metro
Hauptartikel: T4 (Hafif Metro Istanbul)
Standseilbahnen

Die Tünel-Bahn zwischen Karaköy und dem Tünel-Platz im auf dem Hügel gelegenen Stadtteil Beyoğlu ist eine 574 Meter lange unterirdische Standseilbahn ohne Linienbezeichnung, die am 12. Januar 1875 eröffnet wurde. Sie ist die drittälteste U-Bahn der Welt.

Die Standseilbahnlinie F1 führt vom am Bosporus gelegenen Kabataş zum Taksim-Platz hinauf. Diese unterirdisch verlaufende Standseilbahn wurde am 30. Juni 2006 eröffnet und verbindet die etwa einen halben Kilometer voneinander entfernten Endpunkte in 110 Sekunden.

Straßenbahnen

Es existieren drei Straßenbahnlinien im Großraum Istanbul. Davon werden zwei von der İstanbul Ulaşım betrieben.

Die Straßenbahnlinie T1 führt quer durch das historische Istanbul (Streckenlänge knapp 20 Kilometer). Die Eröffnung fand am 13. Juni 1992 auf dem Abschnitt Beyazıt – Yusufpaşa statt. In mehreren Abschnitten wurde die Strecke bis in den Stadtteil Zeytinburnu verlängert (31. Januar 1994). Die Verlängerung vom Bahnhof Sirkeci nach Eminönü (20. April 1996) und dann weiter nach Kabataş brachte auch den Anschluss über die neue Galatabrücke an die Stadtteile nördlich des Goldenen Horns. Seit dem 4. Februar 2011 fährt die Linie T1 von Zeytinburnu weiter nach Bağcılar; dadurch wurde die ehemalige Linie T2 von Zeytinburnu nach Bağcılar aufgelöst.

Datei:Kadiköymodadtrassenbahn.jpg
Triebwagen 202 ist ein T57, ex Tw 102 aus Jena

Die Straßenbahnlinie T3 ist eine Museumsstraßenbahn zwischen Kadıköy und Moda im asiatischen Teil der Stadt. Sie wurde am 1. November 2003 eröffnet. Es handelt sich um eine nur in einer Richtung betriebene, 2,6 Kilometer lange Ringstrecke, die einen eindrucksvollen Parcours durch den hügeligen und mit engen Straßen durchzogenen Stadtteil verfolgt. Die Strecke wird mit verschiedenen Gotha- (T57, T59) und Rekowagen (TZ 70) bedient, die fast durchweg von der Straßenbahn Jena stammen. Auf den Fahrzeugen ist die Linienbezeichnung 20 zu lesen (dies ist jedoch keine gültige Linienbezeichnung).

Die Nostaljik Tramvay ist eine 1,6 Kilometer lange, historische Straßenbahn ohne konkrete Linienbezeichnung, die in der ehemaligen Pera-Straße und heutigen İstiklal Caddesi im Stadtteil Beyoğlu zwischen dem Tünel-Platz und dem Taksim-Platz verkehrt. Die mit historischen Fahrzeugen durchgeführte Linie wurde am 12. April 1990 eröffnet und wird seitdem von der İETT betrieben.

Schiffsverkehr

Ein reger Schiffsverkehr herrscht zwischen den europäischen und den asiatischen Stadtteilen. Autofähren und Passagierschiffe queren den Bosporus in dichtem Taktverkehr. Die wichtigsten Fähranleger sind in Bakırköy, Eminönü, Karaköy und Besiktaş auf europäischer sowie in Beykoz, Kadıköy, Kartal, Maltepe und Üsküdar auf asiatischer Seite. Täglich verkehren Fähren zwischen den drei Prinzeninseln Büyükada, Heybeliada und Kınalıada und dem Viertel Bostancı im Stadtteil Kadıköy. Die Fähren werden von der Gesellschaft İstanbul Deniz Otobüsleri A.Ş. betrieben.

Medien

Datei:Istanbul -Hürriyet- 2000 by RaBoe 02.jpg
Die Zentrale der überregionalen Tageszeitung Hürriyet in Güneşli im Stadtteil Bağcılar

In Istanbul erscheinen alle 34 landesweit ausgerichteten Tageszeitungen der national zentrierten Presse:<ref>Nejdet Atabek: Proceedings of the 2nd International Symposium Communication in the Millennium. Anadolu Üniversitesi, Eskişehir 2004, The Problems of Local Newspapers and their Solutions, S. 941–954, S. 944. Online (PDF; 319 kB) abgerufen am 20. Juli 2009.</ref> Darüber hinaus sind 14 Stadtteilzeitungen staatlich registriert.<ref>http://www.byegm.gov.tr/TURKBASINI/turkbasini/gazete.htm</ref>

Istanbul ist Sitz globaler Fernseh- und Radionetzwerke wie der Nachrichtensender NTV, die Fernsehsender Samanyolu TV und ATV sowie das Radio TRT-Istanbul.

Über tausend Film- und Serienproduktionen, darunter die Serie Kurtlar Vadisi und die Fortsetzung der Serie Kurtlar Vadisi Pusu, wurden bisher in der Bosporus-Metropole gedreht. Viele Unterhaltungssendungen und Talkshows werden in der Stadt aufgezeichnet.

Öffentliche Einrichtungen

Von den 190 Krankenhäusern in Istanbul gehören 52 zur vierten Versorgungsstufe. Das 1852 gegründete Deutsche Krankenhaus (türk. Alman Hastanesi) in Hasanpaşa im Stadtteil Kadıköy gehört zu den ältesten Krankenhäusern Istanbuls.<ref>Die Zahl der Krankenhäuser in der Türkei beträgt 1191, abgerufen am 7. Juli 2009. (türkisch)</ref>

Das Polizeipräsidium (İstanbul Emniyet Müdürlüğü, kurz İEM) besteht seit 1932. Es ist zuständig für die gesamte Provinz Istanbul. Der Hauptsitz der Polizei befindet sich im Stadtteil Fatih. Das Polizeipräsidium Istanbul beschäftigte 2009 rund 26.800 Beamte. Polizeipräsident ist Hüseyin Çapkın.<ref>Emniyet Genel Müdürlüğü: Die Zahl der Polizisten und Straftaten, abgerufen am 9. Juli 2009. (türkisch)</ref>

Bildung und Forschung

Datei:Mk Istanbul Technische Universität.jpg
Technische Universität Istanbul

2009 beherbergte Istanbul 4.350 Schulen, in die 2.991.320 Schüler gingen.<ref>Istanbul in Zahlen, abgerufen am 11. Juli 2009. (türkisch)</ref> Die bedeutendsten Universitäten sind die im Jahre 1933 gegründete Universität Istanbul, deren Wurzeln bis ins Jahr 1453 reichen, die 1944 begründete Technische Universität Istanbul, die aus einer 1773 gegründeten Ingenieurschule hervorging,<ref>Kemal Beydilli: Türk Bilim ve Matbaacılık Tarihine Mühendishâne, Mühensdishâne Matbaası ve Kütüphânesi (1776–1826). İstanbul 1995, 21 ff.</ref> die englischsprachige Bosporus-Universität, die Marmara-Universität, die 1911 eröffnete Technische Universität Yıldız und die 1996 neu eröffnete Fatih-Universität.

Weitere Hochschulen sind die Bahçeşehir-Universität, die Beykent-Universität, die Marinekriegsschule (Deniz Harp Okulu), die Doğuş-Universität, die Galatasaray-Universität, die Haliç-Universität, die Luftwaffenschule (Hava Harp Okulu), die Işık-Universität, die Istanbul-Bilgi-Universität, die Istanbul-Kültür-Universität, die Istanbul-Ticaret-Universität, die Kadir-Has-Universität, die Koç-Universität, die Maltepe-Universität, die Mimar-Sinan-Universität für bildende Künste, die Okan-Universität, die Sabancı-Universität und die Yeditepe-Universität.

Im Stadtteil Beykoz entsteht derzeit die Deutsch-Türkische Universität.

Allgemeinbildende weiterführende Schulen sind die staatliche und private türkischsprachige Schule, das Galatasaray-Gymnasium in Beyoğlu, das fremdsprachige staatliche Gymnasium, die İstanbul Lisesi in Fatih, weitere fremdsprachige private Gymnasien wie das österreichische St. Georgs-Kolleg und die Deutsche Schule Istanbul in Beyoğlu und die Anadolu Liseleri (Anatoliengymnasien), die ursprünglich für die aus dem Ausland heimgekehrten türkischen Kinder eingerichtet wurde, wie zum Beispiel die Üsküdar Anadolu Lisesi mit Deutsch als erster Fremdsprache und Fachunterricht auf Deutsch.

Wichtige Istanbuler Forschungsinstitute sind das Marmara-Forschungszentrum (TÜBİTAK Marmara Araştırma Merkezi – TÜBİTAK MAM) in Gebze, die mit rund 650 Forscherinnen und Forschern die größte außeruniversitäre Forschungsstätte in der Türkei ist. Es umfasst die Institute für Informationstechnologien, Energie-, Nahrungsmittel-, Chemie- und Umwelt- und Materialforschung, sowie Erd- und Meereswissenschaften. An das Forschungszentrum ist außerdem ein Technologiepark angeschlossen.

Söhne und Töchter der Stadt

Istanbul war Geburtsort zahlreicher prominenter Persönlichkeiten. Die bekanntesten sind unter anderem der Politiker und Ministerpräsident der Türkei Recep Tayyip Erdoğan, der Politiker Bülent Ecevit, der Vorstandsvorsitzende der Daimler AG Dieter Zetsche, der Journalist und Chefredakteur Abdi İpekçi, die Fußballspieler Emre Belözoğlu und Nihat Kahveci, der Schriftsteller Orhan Pamuk, die Sänger Serdar Ortaç und Mustafa Sandal, die Schauspieler Mehmet Ali Erbil und Cem Yılmaz und der Gründer von Galatasaray Istanbul, Ali Sami Yen.

Literatur

Weblinks

Commons Commons: Istanbul – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary Wiktionary: Istanbul – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikivoyage Wikivoyage: Istanbul – Reiseführer

Einzelnachweise

<references />

24px Dieser Artikel wurde am 5. Juli 2009 in dieser Version in die Liste der lesenswerten Artikel aufgenommen.