Mayonnaise
Mayonnaise [majɔˈnɛːzə; -ˈneːzə; -ˈnɛːs (österr.)], umgangssprachlich auch als Mayo bzw. Majo bezeichnet, ist eine dickflüssige, kalt hergestellte Sauce auf der Basis von Eigelb und Öl. Die Grundlage liefert eine Emulsion von Öl und Zitronensaft bzw. Essig, wobei das Lecithin aus dem Eigelb als Emulgator dient. Der durchschnittliche Verbrauch von als Mayonnaise deklarierter Ware liegt in Deutschland und der Schweiz bei rund 1 Kilogramm pro Jahr und Person.
Inhaltsverzeichnis
Herkunft
Verbreitet ist die Auffassung, dass die Mayonnaise ihren Ursprung auf den Balearen hat und ihr Name sich von der menorquinischen Hafenstadt Mahón ableitet. Am 28. Juni 1756 kapitulierte dort die britische Besatzung der Festung St. Philipe vor angreifenden französischen Truppen unter der Führung des Herzogs von Richelieu. Zur Feier des französischen Sieges sei eine kaltgerührte Sauce kreiert worden, die damals in der französischen Küche noch gänzlich unbekannt war. Richelieu habe das Rezept in Frankreich eingeführt, und von dort sei die Mayonnaise weltweit verbreitet worden. Eine Variante der Theorie besagt, dass Mahonnese während der Belagerung aus der Not heraus zubereitet wurde. Laut dem Etymologischen Wörterbuch der deutschen Sprache ist diese Herkunft nicht sehr wahrscheinlich. Vermutet wird stattdessen eine sprachliche Ableitung aus dem französischen Verb mailler – zu Deutsch: schlagen –, da die Mayonnaise geschlagen wird.
Einer anderen Anschauung zufolge ist die Mayonnaise aus der katalanischen Aioli hervorgegangen, die durch Mörsern hergestellt wird. Nach ihrem Grundrezept wird fein zerstoßener Knoblauch mit Öl zu einer Emulsion aufgeschlagen und anschließend mit Salz abgeschmeckt. Aioli wurde bereits im Jahr 1024 erstmals schriftlich erwähnt.
Im Jahr 1845 wurde Mayonnaise wie folgt beschrieben:
„Für 6–7 Personen verrührt man 5 Eigelb mit ½ Teelöffel Salz und dem Saft einer größeren halben Zitrone. Wenn alles gut verrührt ist, gibt man bei fortgesetztem Rühren tropfenweise ½ Liter Olivenöl hinein. Man schlägt die Masse am besten auf Eis mit dem Schaumbesen, bis sie ganz dick ist, was mindestens 1 Stunde dauert. Zuletzt fügt man 1 Messerspitze weißen Pfeffer und ½ Teelöffel feinsten englischen Senf hinzu.“
Herstellung
Man verrührt das Eigelb mit Salz, Pfeffer, je nach Rezept Senf, etwas Flüssigkeit (Wasser, Zitronensaft, Essig). Denn neben dem Eigelb wirkt auch der Senf als Emulgator, da Schalenbestandteile der Senfsaat im Senf an Grenzflächen stabilisierend wirken können (Partikelemulsionen). Unter starkem Rühren wird anschließend Öl zugegeben.
Industriell hergestellte Mayonnaise wird zumindest im deutschsprachigen Raum fast ausschließlich aus pasteurisierten Eibestandteilen hergestellt.
Chemische und physikalische Aspekte
Die Grenzflächenspannung eines Öl-Wasser-Gemenges beträgt ca. 23 mN/m. Damit eine stabile Emulsion entsteht, muss die Grenzflächenspannung durch die Zugabe von Emulgatoren, z. B. in Form von Eigelb, herabgesetzt werden. Dass es dennoch notwendig ist, das Öl zunächst nur tropfenweise unter ständigem Rühren hinzuzufügen, hat seinen Grund im Aufbau der Mayonnaise und in der Natur des Emulgators. Lecithin begünstigt wegen seines HLB-Wertes eine Wasser-in-Öl-Emulsion (W/O). Soll Mayonnaise jedoch die gewünschte Konsistenz haben, muss sich eine Öl-in-Wasser-Emulsion (O/W) bilden. Würde man aber die Bestandteile von Mayonnaise auf einmal zusammenmischen, entstünde aufgrund der Eigenschaft des Lecithins eine W/O-Emulsion. Um eine Phasenumkehr zu vermeiden, ist es wichtig, den als disperse Phase veranlagten Teil in einem großen Volumenüberschuss in ein Gemisch zu geben. Im Falle der Mayonnaise kommt also viel Wasser (etwa aus dem Essig) auf wenig Öl (einige Tropfen). So kann das Lecithin entgegen seiner Neigung eine stabile O/W-Emulsion erzeugen. Der Trick besteht nun weiter darin, die bereits vorhandenen dispersen Öltropfen weiter mit Öl „zu füllen“. Ab einem bestimmten Volumenanteil ist aber auch eine so hergestellte O/W-Emulsion nicht mehr stabil und bricht.
Bei den im Ei enthaltenen Ölen handelt es sich hauptsächlich um Triglyceride, welche überwiegend aus Wasserstoff- und Kohlenstoffatomen bestehen. Damit sich diese mit Wasser vermischen können, werden zusätzliche Emulgatoren benötigt, die sowohl auf Wasser als auch auf die Triglyceride anziehend wirken und schwache Bindungen eingehen. Mayonnaise kann durch Beigabe geeigneter Emulgatoren einen Ölanteil von bis zu 80 % erreichen. Emulgatoren verhindern über die elektrostatische Bindung auch, dass das Öl wieder größere Tropfen bildet: die Emulsion bleibt bestehen. Säuren wie Zitronen- oder Essigsäure verstärken diesen Effekt.
Damit die Mayonnaise genügend dickflüssig wird, muss sie kräftig geschlagen werden. Dadurch werden die Öltropfen der Emulsion immer weiter zerteilt. Wenn die Mayonnaise zu dick geworden ist, kann man Flüssigkeiten wie Wasser, Essig oder Zitronensaft zugeben, um die Emulsion wieder aufzulockern. Hierdurch wird die disperse Phase verdünnt und die Viskosität reduziert. Die Menge des Öls, die man je Ei zugeben darf, um Mayonnaise herzustellen, variiert sehr stark je nach Rezeptur. Üblich sind maximal 0,1 bis 0,2 Liter Öl je Eigelb, um ein Gerinnen des Eis zu verhindern. Die Gefahr dazu besteht, weil das Ei nicht ausreichend Wasser enthält, um das Öl in einer Wasserphase zu binden. Durch Hinzufügen von Wasser kann man also eine größere Menge Mayonnaise mit einem einzelnen Ei herstellen. Durch Zugabe von 2 bis 3 Teelöffeln Wasser je Tasse Öl lassen sich mit einem einzelnen Ei bis zu 24 Liter Mayonnaise herstellen, da das Eigelb eine große Menge an Netzmittel enthält.<ref>Hervé This: Rätsel der Kochkunst. Piper, Springer, 1993–1997, ISBN 978-3-492-23458-0.</ref>
Die industrielle Herstellung von Mayonnaise erfolgt fast ausnahmslos unter Einsatz hochtouriger Homogenisiermaschinen, sogenannter Kombinatoren. Vor allem finden Zahnkranzdispergiermaschinen und Kolloidmühlen Verwendung, die nach dem Rotor-Stator-Prinzip arbeiten. Die Rohemulsion wird durch das Rotor-Stator-System der Maschine gepumpt, wobei durch Druck bzw. heftige Strömungen Scherkräfte entstehen, deren Stärke die Festigkeit der Öltropfen übertreffen, sodass diese in feinste Teilchen zerrissen und gleichmäßig in der Emulsion verteilt werden.
Varianten
Man unterscheidet folgende Arten von Mayonnaise:
- (Einfache echte) Mayonnaise
- Sie soll nach den „Europäischen Beurteilungsmerkmalen für Mayonnaise – Code of Practice“ der europäischen Hersteller einen Mindestfettgehalt von 70 Prozent haben. Hergestellt wird sie mit Eigelb als Emulgator; der Anteil an Eigelb soll mindestens 5 Prozent betragen.<ref>Code of Practice for Mayonnaise</ref>
- Delikatess-Mayonnaise
- Den Zusatz „Delikatess“ darf eine Mayonnaise dann tragen, wenn sie durch bestimmte Merkmale den Wert von herkömmlichen Mayonnaisen übertrifft. Dies kann z. B. ein deutlich höherer Eigelbanteil oder die Verwendung eines hochwertigen Pflanzenöles sein, etwa eines solchen mit besonders hohem Anteil an ein- oder mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Ein mögliches Kriterium kann auch ein besonders kleiner Durchmesser der Öltröpfchen in der O/W-Emulsion oder die Verwendung von Frischei anstatt pasteurisiertem Ei sein. Allein ein Fettgehalt von 80 % ist allerdings nicht ausreichend für die Deklarierung eines Produkts als „Delikatess“-Mayonnaise.
- Salatmayonnaise
- Bei ihr genügt nach den Leitsätzen der deutschen Feinkostindustrie ein Mindestfettgehalt von 50 Prozent. Anders als bei Mayonnaise dürfen für Salatmayonnaise auch den Ei-Anteil ganz oder teilweise ersetzende Milch- oder Pflanzeneiweiße verwendet werden. Als Emulgatoren können auch aus Soja-, Sonnenblumen- und Rapsöl gewonnene Lecithine (E 322) dienen. Des Weiteren sind Verdickungsmittel wie Weizenmehl, Stärke, Gelatine zugelassen. Die meisten Produkte enthalten als Verdickungsmittel Xanthan (E 415). Saucen auf der Basis von Pflanzeneiweiß werden umgangssprachlich auch "vegane Mayonnaise" genannt.
Ableitungen
Name | Beschreibung |
---|---|
Aioli | möglicherweise die Urform der Mayonnaise, hier wird Knoblauch als Emulgator verwendet |
Gloucestersauce | mit englischem Senf und Worcestershiresauce gewürzt, mit saurer Sahne verrührt und mit Fenchelkraut abgeschmeckt |
Sauce Alicante | mit geriebener Orangenschale und Paprika oder Cayenne-Pfeffer abgeschmeckt und mit gekochtem Ei verrührt |
Sauce andalouse | mit Tomatenmark und Paprikafrüchten abgeschmeckt |
Sauce Chantilly | mit Zitronensaft gewürzt und mit Schlagsahne aufgelockert; mit gleichem Namen wird auch eine klassische Abwandlung der Sauce hollandaise bezeichnet |
Sauce gribiche | aus gekochtem und passiertem Eigelb zubereitet, mit Senf, Gewürzgurke, Kapern, Petersilie, Estragon, Schnittlauch sowie gekochtem und gehacktem Eiweiß vermischt |
Sauce italienne froide (Kalte italienische Sauce) | mit passiertem Kalbshirn und Zitronensaft abgeschmeckt |
Mayonnaise à la russe (Mayonnaise russischer Art) | mit Estragonessig und Meerrettich abgeschmeckt und mit erstarrendem Gelee schaumig geschlagen |
Sauce mousquetaire (Musketiersauce) | mit einer Schalotten-Weißwein-Reduktion, Schnittlauch und Cayennepfeffer abgeschmeckt |
Sauce Remoulade | mit Senf, Sardellenessenz, Kapern, Gewürzgurke und Kräutern (Kerbel, Estragon) abgeschmeckt |
Sauce suédoise (Schwedische Sauce) | mit Apfelmus und Meerrettich abgeschmeckt |
Rouille | Traditionelle südfranz. Sauce aus Knoblauch, Pfefferschoten, Fischleber und Safran. Heute gibt es auch eine mayonnaiseähnliche Variation mit Ei. |
Sauce tartare (Tatarensauce) | aus gekochtem und passiertem Eigelb zubereitet und mit Schnittlauch vermischt |
Sauce verte (Grüne Sauce) | mit vielerlei fein gehackten Kräutern vermischt |
Sauce Vincent | mit pürierten Kräutern und Worcestershiresauce abgeschmeckt |
Literatur
- Christian Langer: Charakterisierung und Klassifizierung von Feinkostprodukten. Oecotrophologische Diplomarbeit, Bonn 2008. Download von der Website des Verbands der Hersteller kulinarischer Lebensmittel e. V.
Weblinks
Einzelnachweise
<references />