Mose


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25px Dieser Artikel behandelt die biblische Person des Mose. Zu weiteren Bedeutungen siehe Mose (Begriffsklärung) bzw. Moses (Begriffsklärung).
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Peter Anton von Verschaffelt: Statue des Mose von Michelangelo in San Pietro in Vincoli (1737).
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Michelangelo: Statue des Mose in San Pietro in Vincoli (2014)

Mose(s) (hebräisch ‏מֹשֶׁהMošeh, modernes Hebräisch Mosche; griechisch Μωυσῆς, Μωσῆς Mō(y)sēs; arabisch ‏مُوسَىMūsā) ist die Zentralfigur im Pentateuch. Nach biblischer Überlieferung führte der Prophet Mose als von Gott Beauftragter das Volk der Israeliten auf einer vierzig Jahre währenden Wanderung aus der ägyptischen Sklaverei in das kanaanäische Land.

Bis in die Zeit der Aufklärung galt Mose als historische Person und Verfasser der Bücher des Pentateuch (1. bis 5. Buch Mose die Bücher Genesis, Exodus, Levitikus, Numeri und Deuteronomium) sowie des Psalms 90. Diese Auffassung ist in der biblischen Wissenschaft weitgehend aufgegeben.

Die Mosegeschichte

Die Erzählungen um Mose sind im Alten Testament eng mit den Traditionen des Auszuges aus Ägypten, der Gesetzgebung während der Wanderung durch die Wüste und dem Aufenthalt der Israeliten in Kadesch-Barnea verbunden. Sie sind über weite Teile der Bücher Mose verstreut und gehören nach der traditionellen Urkundenhypothese verschiedenen Überlieferungsschichten an, die vorwiegend zwischen dem 10. und dem 6. Jahrhundert v. Chr. datiert werden.

Geburt, Aussetzung und Errettung

Die Erzählung der Geburt des Mose befindet sich in dem Passus Ex 2,1-10 EU, der keine Personennamen enthält und Moses Eltern dem Stamm Levi zurechnet. Der Stammbaum des Mose wird in Ex 6,14-27 EU angegeben. Dieser Passus wird der priesterschriftlichen Redaktion zugerechnet<ref name="njb62">Vgl. NJB zu Ex 6,2-7.7.</ref> und nennt Amram als Vater, dessen Tante<ref>„Cousine“ nach der Septuaginta, vgl.: Ex 6,20 LXX</ref> Jochebed als Mutter und Aaron als Bruder Mose (6,20; vgl. 4,17 EU), die Schwester der beiden hieß Mirjam.<ref>Num 26,59: Die Frau Amrams hieß Jochebed; sie war die Tochter Levis, die dem Levi noch in Ägypten geboren wurde. Sie gebar dem Amram Aaron und Mose sowie deren Schwester Mirjam.</ref> Der Erzählung in Ex 2,1-10 zufolge sei Mose nach seiner Geburt am Ufer des Nils ausgesetzt worden, die Tochter des Pharao habe ihn gefunden und eine hebräische Frau – die leibliche Mutter des Kindes – als Amme bestellen lassen. Nach der Stillzeit habe die Tochter des Pharao das Kind als Sohn genommen und ihm den Namen Mose gegeben.

In dem biblischen Bericht von der Geburt Mose ist das gleiche Motiv der Aussetzung und Errettung des „Heldenkindes“, „Königskindes“ oder jedenfalls „Schicksalkindes“ erkannt worden, das in allen Mythologien des Altertums mit je anderen Merkmalen vorkommt und dessen bekannteste Beispiele die Kindheitsgeschichten von Romulus und Remus, Oedipus, Sargon von Akkad und Kyros II. sind. Die Aussetzung des Kindes, die in diesen Mythen oft mit einem kultischen Vergehen oder mit einem Unheilsorakel in Verbindung steht, ist im Fall von Mose in den Rahmen der vom Pharao angeordneten Tötung der männlichen Kinder der Israeliten (Ex 1,15f EU) eingefügt und stellt einen Versuch dar, das Kind zu retten – wie es auch in anderen Legenden des antiken Nahen Osten der Fall ist.<ref name="redford">Donald Redford, The Litterary Motiv of the Exposed Child (cf. Ex. ii. 1-10), Numen, 14, 1967, 209–228 (zit. in: J. K. Hoffmeier, Ancient Israel in Egypt, S. 136).</ref> Von einem Unheilsorakel in Verbindung mit der Geburt des Mose berichten jedoch das Targum Pseudo Jonathan<ref>TgPsJon zu Ex 1-6. Englische Übersetzung durch J. W. Etheridge: http://www.targum.info/pj/pjex1-6.htm.</ref> und – davon wahrscheinlich abhängig – Flavius Josephus (Ant II, 205<ref name="ant201">Ant 201-237 (en).</ref>).

Von mehreren Exegeten ist die Auffassung vertreten worden, dass die aus neuassyrischen Texten (um das 8. Jahrhundert vor Chr.) bekannte Legende von Sargon von Akkad die Vorlage oder die „nächste Parallele“ von Ex 1-10 sei.<ref>Vgl. M. Noth, Das zweite Buch Mose. Exodus, ATD 5, 1958; John Van Seters, The Life of Moses, Philadelphia: 1994 (zit. in: J. K. Hoffmeier, Ancient Israel in Egypt, S. 137); W. H. Schmidt, Exodus ..., S. 34; E. Otto, Mose und das Gesetz, in: ders. (Hrsg.), Mose, S. 50ff.</ref><ref name="redford" /> Die Ähnlichkeiten sind vor allem darin gesehen worden, dass in beiden Fällen das Kind in einem wasserdichten Röhrichtkästchen in dem Fluss gefunden wird und dass der Retter es adoptiert (Zeilen 5-9):

„Meine Mutter, eine Hohepriesterin, wurde mit mir schwanger. Insgeheim gebar sie mich. Sie legte mich in ein Schilfkästchen. Mit Bitumen dichtete sie meine Behausung ab. Sie setzte mich am Fluß aus, der (mich) nicht überspülte. Akki, der Wasserschöpfer, zog mich heraus, als er seinen Wassereimer eintauchte. Akki, der Wasserschöpfer, zog mich als sein Adoptivkind groß.“<ref>Aus E. Otto, Mose und das Gesetz, in: ders. (Hrsg.), Mose, S. 53.</ref>

Andere Autoren haben Analogien mit einer aus späten Texten der griechisch-römischen Zeit bekannten Version der Horuslegende gesehen, nach der Horus gemäß dem Osirismythos durch seine Mutter Isis geschützt vor Seth in Chemmis aufgezogen wird oder für eine frühe Entstehung des Kerns der Erzählung in ägyptischem Kontext plädiert, die ihren Niederschlag in der Verwendung von ägyptischen Wörtern in der Perikope der Geburt Mose – insbesondere in Ex 2,3 EU<ref>‏תֵּבַת‎, tēbath – „Kästchen“, äg.: dbʒt; ‏גֹּמֶא‎, gōmæ – „Schilfrohr“, „Binse“, äg.: ḳmʒ bzw. ḳmy; ‏סוּף‎, sūph, – „Schilf“ (vgl. „Schilfmeer“), äg.: twfy; ‏יְאֹר‎, ye᾿ōr – der ägyptische Name für „Nil“, itrw.</ref> – und nicht in der Entlehnung von Motiven der ägyptischen Mythologie habe.<ref>J. K. Hoffmeier, Ancient Israel in Egypt, S. 138–140.</ref>

Der Name Mose

Die in der Geburtserzählung vorgenommene volksetymologische Namensableitung, die sich auf die hebräische Wurzel mšh („ziehen“<ref>Ich habe ihn aus dem Wasser gezogenEx 2,10 EU</ref>) bezieht, ist fehlerhaft. So versuchten antike Autoren den Namen Mose mit der altägyptischen Entsprechung mu-wedja („Wasser-unversehrt“) in Verbindung zu bringen. Aus historischer Sicht sind jene Hypothesen jedoch unbelegt. Nach neueren Untersuchungen ist der Name Mose mit der altägyptischen Wurzel „mesi/mesa/mes“<ref><hiero>ms-s-B3</hiero></ref> („gebären“) verwandt, die in zahlreichen Personennamen oft in Verbindung mit einem Gottesnamen belegt ist, beispielsweise steht Ramses II. (Rˁ msj sw - Ra-mesi-su) für Ramses oder Ramose („Re ist der, der ihn geboren hat“ bzw. „der von Re geborene“), Thutmosis (Ḏḥwtj msj sw - Djehuti mes, übersetzt: „Thot ist der, der ihn geboren hat“).<ref>Manfred Görg: Mose – Name und Namensträger. In: E. Otto (Hrsg.), Mose, S. 24ff; Herbert Donner: Geschichte des Volkes Israel 4.1. S. 125–126.</ref>

Eines der Probleme, die sich aus dieser Erklärung ergeben, ist die masoretische Schreibung des Namens Mose mit dem Zischlaut š (‏שׁ‎) statt s (‏ס‎). Letzterer wird sonst für die Umschreibung des ägyptischen Lautes š in der Hebräischen Bibel regelmäßig verwendet.<ref>Zum Beispiel in der Schreibung des Namens (Pi-)Ramesse mit ‏רַעַמְסֵס‎, Raʿamsēs in Ex 1,11 OT u.v.a.</ref> Einige Autoren haben anhand dieser Schreibung, die unter anderem analog zu der keilschriftlichen Umschreibung von „Ramses“ ist, einen frühen „Eingang“ des Namens Mose in die hebräische Tradition vermutet. Nach anderen könnte aber die spätere Deutung nach dem hebräischen mšh („ziehen“) in Ex 2,10 für diese Schreibung Rechnung tragen.<ref>M. Görg, Mose – Name und Namensträger, in E. Otto (Hrsg.), Mose, S. 23ff. Dort zitiert: E. A. Knauf, Midian, ADPV, 1988.</ref>

Flucht nach Midian und Sendung

In Ex 2,11-22 EU wird von der Flucht Mose nach Midian erzählt, die Mose ergriffen habe, nachdem er einen ägyptischen Aufseher getötet habe, weil dieser einen „Hebräer“ (er)schlug. Dort habe ihm „der Priester von Midian“, dessen Name Reguel nach 2,18 EU und Jitro nach 18,2 EU lautete, seine Tochter Zippora zur Frau gegeben. Angeleitet von der Episode des brennenden Dornenbusches im Berg Horeb, dem „Berg Gottes“, wird in Ex 3,1 EU-4,17 EU von der Offenbarung JHWHs an Mose und von dem ihm auferlegten Auftrag, nach Ägypten zurückzukehren und das Volk Israel von der Knechtschaft zu befreien, berichtet: JHWH habe sich im Horeb als „der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs“ zu erkennen gegeben (3,6 EU) und Mose damit beauftragt, „die Ältesten Israels“ zu versammeln, um die Befreiung aus Ägypten und den Auszug in das „Land der Kanaaniter“ zu verkündigen (3,16f EU). Mose trat damit als Verkünder des Namens vom Gott JHWH auf. In der Vergangenheit hatte JHWH nie seinen Namen genannt (Ex 6,6 EU-Ex 6,8 EU). Dem Pharao soll Mose die Aufforderung stellen, die „Hebräer“ drei Tage lang in der Wüste dem eigenen Gott opfern zu lassen.

Dieser erste Bericht von der Berufung wird als eine Mischung von jahwistischen und elohistischen Quellen betrachtet. Als Priesterschrift gelten die Wiederholungen der Offenbarung JHWHs und der Sendung Mose, die losgelöst vom Gottesberg und Midian in Ex 6,2-13 EU und in 6,28 EU-7,7 EU enthalten sind.<ref name="njb62" /><ref>Vgl. NJB zu Ex 3,1-4.31.</ref>

Das Motiv der Flucht ins fremde Land und der verheißungsvollen Rückkehr hat in vielen Legenden des Nahen Osten eine Entsprechung und wurde vielfach auch auf die Biographie etlicher historischer Persönlichkeiten des 2. und des 1. Jahrtausends angewandt (z. B. Hattusili, Assurhaddon, Nabonid u. a.). Eines der bekanntesten Beispiele, in dem enge Parallelen mit der Geschichte Mose gesehen worden sind, ist die ägyptische Geschichte von Sinuhe, in der der Protagonist aus Furcht vor dem neuen Pharao in die Fremde flieht, bei Beduinen Gastfreundschaft findet, die Tochter eines syrischen Herrschers heiratet und abschließend nach Ägypten zurückkehrt.<ref>Vgl. J. K. Hoffmeier, Ancient Israel in Egypt, S. 143f.</ref>

Auszug aus Ägypten und Wanderung durch die Wüste

(Siehe auch Hauptartikel: Auszug aus Ägypten)

Die Aufforderung Mose, die Israeliten in die Wüste ziehen zu lassen, damit sie „ein Fest feiern können“, habe der Pharao abgelehnt, bis die letzte der wegen dieser Ablehnung über Ägypten gesandten Plagen – der Tod aller ägyptischen Erstgeborenen – gekommen sei (Ex 7,14 EU-11,29 EU; 12,29-34 EU). Der darauffolgende Bericht in Ex 12,37ff EU vom Aufbruch der Israeliten bricht mit der Ausführung der Vorschriften für das Passafest und anderer Gesetze (12,43 EU-13,16 EU) ab und wird in 13,17ff EU wieder aufgenommen. Es folgen die Erzählungen des Meerwunders am Schilfmeer in Ex 14 EU, die die Wüstenwanderung (15,22 EU-18,27 EU) einleiten; die Einsetzung durch Mose von „Richter“ über die Stämme Israels (18,13-27 EU) und – in 19 EU-40 EU – die vorwiegend aus der Priesterschrift stammenden Ausführungen um den Bundesschluss am Berg Sinai (24 EU) mit der Erteilung des Dekalogs (20,1-21 EU; vgl. Lev 19,1-37 EU) und der sonstige Auflistung der Gesetze.

Das Motiv des Rückfalls in den Götzendienst, der Unzufriedenheit der Israeliten und der Revolte gegen die Autorität Mose taucht in mehreren Episoden innerhalb der Erzählungen vom Auszug aus Ägypten, der Wanderung durch die Wüste und dem Aufenthalt in Kadesch-Barnea auf. So in den Episoden der Teilung des Roten Meeres (Ex 14,10-14 EU), der Wasserwunder (15,22-26 EU; 17,1-7 EU und Num 20,1-13 EU), der Wachteln und des Manna (Ex 16 EU), in denen Notlage und Unzufriedenheit durch wundersame Ereignisse und Handlungen überwunden werden. Eine der bekanntesten dieser Begebenheiten ist die Geschichte des goldenen Kalbs (Ex 32,1-6;15-29 EU): Auf Druck des Volkes hin und Aarons Anweisung haben die Israeliten allerhand Schmuck und Gold geschmolzen und sich ein goldenes Kalb als göttliches Bild erschaffen. Als Strafe für diese Tat habe Mose befohlen, diejenigen, die JHWH untreu gewesen waren, zu töten: Dieser Befehl sei von den Leviten vollzogen worden, die dabei um die 3000 Mann erschlagen haben sollen (32,25-28 EU). Von einer weiteren Rebellion gegen Mose wird in (Num 16,35 EU) berichtet. Demnach hätten sich 250 Leviten unter der Führung Korachs, Datans und Abirams gegen Mose aufgelehnt und seien dafür mit dem Tod bestraft worden (Num 16,35 EU). Auch Moses Schwester Mirjam habe ihre Anzweifelung der Autorität Mose durch göttliche Bestrafung mit Aussatz büßen müssen, bevor sie reuig wieder davon genesen sei (Num 12 EU).

Der Tod des Mose

Nach Dtn 34 EU sei Mose mit 120 Jahren auf dem Berg Nebo in Ostjordanland gestorben, nachdem er von diesem Berg aus das Land jenseits des Jordans erblickt hatte: In dieses Land habe er wie alle anderen Israeliten seiner Generation nicht eintreten dürfen (vgl. Num 14 EU; 20,12 EU; Dtn 4,21f EU). Mose sei „gegenüber Bet-Pegor“ an einem unbekannten Ort beigesetzt worden.

Der Theologe und Archäologe Ernst Sellin stellte anfangs des 20. Jahrhunderts die These auf, Mose sei als „Märtyrer“ von den Israeliten getötet worden. Im späteren 20. Jahrhundert hat die These eines kollektiven Mordes an Mose vereinzelt bei Autoren wie Sigmund Freud (vgl. unten: Mose und der Ursprung der Religion bei Sigmund Freud) und René Girard<ref>Vgl. R. Girard, Der Sündenbock, Benziger, Zürich: 1988, S. 128.253 f.</ref> ein Echo gefunden. Von einem durch Josua und Kaleb vollbrachten Mord an Mose war auch J. W. Goethe in einer frühen Schrift ausgegangen.<ref>Israel in der Wüste; Text online in der Seite: http://www.wissen-im-netz.info/literatur/goethe/diwan/14.htm.</ref>

Nach Auffassung Sellins sei bei den Propheten eine – hauptsächlich bei Hosea, Deuterojesaja und Deuterosacharja zu entnehmen, aber auch bei allen anderen Propheten wahrnehmbar – „Mosetradition“ lebendig gewesen, die weitgehend unabhängig von der deuteronomischen und priesterschriftlichen Überlieferungen des Pentateuch war und im Wesentlichen mit dem ältesten der jahwistischen und elohistischen Quellen übereinstimmte.<ref>E. Sellin, Mose, S. 6.</ref> Diese Tradition sei größtenteils von der Verwerfung des blutigen Opferkults und von dem Verständnis der Gottesgebote als Gebote der Liebe und des Rechts geprägt gewesen. Ein beständiger Teil dieser Mosetradition sei ferner der Märtyrertod des Mose gewesen.<ref>E. Sellin, Mose, S. 7.</ref> Sellin stützte seine These des Märtyrertods auf eine Reihe von Anspielungen, die er den Büchern der Propheten entnommen hatte. Ausschlaggebend war für ihn die eigene Auslegung einiger Stellen bei Hosea (5,1 EU; 9,7-14 EU<ref>E. Sellin, Mose, S. 49.</ref> und 12,14 EU-13,1 EU<ref>E. Sellin, Mose, S. 51.</ref>), die nach Sellin auf die Episode von Schittim in Num 25 EU anspielen, in der Mose befohlen haben soll, diejenige der Israeliten zu pfählen, die zu dem Götzendienst für Baal Peor abgefallen waren. In Num 25 ist von einer Ausführung dieses Befehls nicht die Rede, sondern von einer „Plage“, die 24.000 Mann das Leben kostete. Diese „Plage“ sei durch die Tötung eines Mannes beendet worden, welcher sich in sein Zelt zusammen mit „der Midianiterin“<ref>Vgl. den hebr. Text in Num 25,6 OT.</ref> begeben hatte. Für Sellin war das der verstümmelte und unkenntlich gemachte Bericht der Tötung des Mose: In Schittim – aber die Episode hätte auch in Kadesch-Barnea beheimatet gewesen sein können <ref>E. Sellin, Mose, S. 137.</ref> – sei Mose als Schuldopfer für die Sünden des Volkes getötet worden.<ref>E. Sellin, Mose, S. 43-52.</ref>

Sellin zufolge waren auch die in Deuterojesaja enthaltenen Lieder von dem leidenden Gottesknecht (Jes 42,1-10 EU; 49,1-13 EU; 50,4-9 EU und 52,13 EU-53,12 EU) von dem individuellen Schicksal des Mose inspiriert, selbst wenn diese Stücke nicht auf die Anspielungen auf den Märtyrertod Mose zu reduzieren waren.<ref>E. Sellin, Mose, S. 81-113.</ref> Ebenfalls als Anspielungen auf die Tötung Mose legte Sellin einige Passagen im 2. Teil des Buchs Sacharja aus: das sogenannte „Hirtenbüchlein“ in Sach 11,4-17 EU (vgl. Jes 63,11 EU), das „Schwerterlied“ in 13,7ff EU und die Klage in 12,10 EU.<ref>E. Sellin, Mose, S. 116–125.</ref>

Mose in der hellenistischen Geschichtsschreibung

Etliche Autoren der griechisch-römischen Antike erwähnen Mose in Verbindung mit dem Auszug aus Ägypten (vgl. →Auszug aus Ägypten). In fast allen dieser Texte kommen die Motive der Pest bzw. der Vertreibung von „Aussätzigen“ (Juden oder Ägypter) vor: Diese wählen Mose als ihr Oberhaupt, der ihnen eine neue Religion gab und sie ins kanaanäische Land führte. Dabei handelt es sich fast immer um verleumderische Erzählungen, in denen mit wenigen Ausnahmen – wie zum Beispiel bei Hekataios von Abdera und Strabo<ref>Fragmente der Aigyptiaka bei Diodor, Bibl. Hist. 40,3; Geographica XVI,35 (englische Übersetzung bei LacusCurtius). Vgl. J. Assmann, Moses der Ägypter, S. 61.65f.</ref> – die neue Religion Moses als Gottlosigkeit, Umkehrung der „richtigen“ Religion oder gar als Lehre des Hasses beschrieben wird. Die Regelmäßigkeit, mit der diese Motive in den griechischen und römischen Dokumenten der Geschichtsschreibung auftauchen, hat zwar die Vermutung nahegelegt, dass diesen Texten nicht immer unabhängige Überlieferungen zugrunde liegen. Nach manchen Interpreten ist dennoch offenkundig, dass viele dieser Erzählungen auf sehr alte, mündlich tradierte Legenden zurückgreifen.<ref>Vgl. J. Assmann, Moses der Ägypter, S. 60. Dort zitiert: Raymond Weill, La fin du moyen empire egyptien, Paris: 1918.</ref>

Die Darstellung der Person des Mose weist in diesen Berichten einige Abweichungen auf. Die vermeintliche Erwähnung des Mose als altägyptischer Priester aus Heliopolis in den Aegyptiaca von Manetho wurde erst nachträglich ergänzt und ist nicht Manethos verschollenem Originalwerk zuzurechnen. Bei zahlreichen anderen Autoren, die nur den Namen Mose angeben, gilt er als Ägypter.<ref name="assmann6063">Vgl. J. Assmann, Moses der Ägypter, S. 60-63.</ref> Nach Chairemon war er ein Schriftgelehrter, und sein ägyptischer Name sei Tisithen gewesen.<ref>Zitiert in Flavius Josephus, Ap. 1,291 (1,288ff (en)).</ref> In Pompeius Trogus' Historiæ Philippicæ kommt Mose als Sohn des Joseph vor und soll die ägyptischen Kultobjekte gestohlen haben. Nach Tacitus sei er einfach einer der Vertriebenen gewesen.<ref>Hist 5,3 (en).</ref>

Von jüdischen Autoren wurden zusätzliche Episoden von dem Leben des Mose überliefert. So berichteten Flavius Josephus<ref>Ant II, 238-253 J. AJ 2.238 (en.).</ref> und Artapanos<ref>Über die Juden, indirekt von Eusebius Praep. euang. 9,27,7-10 zitiert (englische Übersetzung des Fragments: http://ccat.sas.upenn.edu/humm/Resources/OT/Artapanus.html (Memento vom 2. Mai 2007 im Internet Archive)).</ref> von einem Krieg, den Mose gegen die Äthiopier geführt habe. Josephus berichtet, dass der kurze Krieg mit der Heirat zwischen Mose und der Tochter des äthiopischen Königs beendet worden sei (Ant II, 251-253), während Artapanos von einem zehnjährigen Krieg berichtet, im Zuge dessen Mose die Stadt Hermopolis gegründet, den Ibis geheiligt, und den Äthiopiern die Beschneidung beigebracht haben soll. Diese Überlieferung scheint unabhängig von der Notiz der kuschitischen Frau des Mose zu sein, die in Num 12,1 EU erwähnt wird.<ref>Vgl. AJ, Bd. IB, S. 110 Anm. 3.</ref>

Die Fragestellung um die Figur des Mose

Die Deutung der Figur des Mose und die Versuche, sie historisch zu verorten, haben über die letzten Jahrhunderte nicht nur Exegeten beschäftigt, sondern auch Historiker, Literaten, Philosophen, Ägyptologen usw. Im 20. Jahrhundert haben Exegeten und vor allem Bibelhistoriker vorwiegend die Funktion und die Rolle des Mose in der Entstehung Israels und seiner Religion in den Mittelpunkt der Fragestellung gerückt. Dagegen ist ein Verständnis des Mose als "mythologisches Konstrukt" weitgehend aufgegeben worden. Eine solche Auffassung war noch bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts vertreten worden, u.a. durch Autoren wie de Wette, Winckler, Jensen.<ref>Vgl. H. Donner, Geschichte des Volkes Israel, I, S. 126.</ref>

Über die Rolle des Mose

In der neueren historischen Forschung wurde Mose vorwiegend als Volks- oder Religionsgründer, als Gesetzgeber oder Reformator aufgefasst.<ref>Vgl. H. Donner, Geschichte des Volkes Israel, I, S. 126–128.</ref> Für Martin Noth war jedoch das Verständnis des Mose als Gesetzgeber und Religionsstifter an die „deuteronomisch-deuteronomistische Literatur“ gebunden, und zwar hauptsächlich an die Episode des Bundeschlusses am Sinai.<ref>M. Noth, Geschichte Israels, S. 127.</ref> Die Erzählungen des Pentateuch seien aber das Ergebnis einer nachträglichen „Angleichung“, die unter anderem die Figur des Mose in alle Episoden vom Auszug aus Ägypten bis zur Ankunft in Palästina mitaufgenommen habe – auch in Erzählstoffe also, die ursprünglich nichts mit Mose zu tun hatten. Somit sei mit Bezug auf den historischen Gehalt keine der im Pentateuch enthaltenen Episoden besonders hervorzuheben. Noth zufolge sei jedoch die Notiz von dem jenseits des Jordans gelegenen Grab Mose (Dtn 34,5.6a.8 EU) diejenige, die am ehesten einen historischen Kern besitze: Demzufolge gehöre Mose „in den Zusammenhang der Vorbereitung der Landnahme der mittelpalästinischen Stämme“ hinein.<ref>M. Noth, Geschichte Israels, S. 128 mit Anm. 2; dort zitiert: ders. Überlieferungsgeschichte des Pentateuch, 1948, 172 ff.</ref>

Mose und der Ursprung der Religion bei Sigmund Freud

In seinem letzten Werk Der Mann Moses und die monotheistische Religion (1939) stellte Sigmund Freud neben der These, Mose sei ein Ägypter gewesen, weitreichende Hypothesen über den Ursprung des „jüdischen“ Monotheismus und das Wesen des Judentums auf. Die in diesem Buch vorgeführten Überlegungen wurden von Freud selbst als „Konstrukt“ bezeichnet. Sie basierten aber auf dem damals neuesten Stand der ägyptologischen (James H. Breasted u. a.) und der alttestamentlichen Forschung (Eduard Meyer, Ernst Sellin u. a.). Mose wird als Ägypter dargestellt, vielleicht Statthalter des Distrikts Gosen im Nildelta, aber jedenfalls als Anhänger Echnatons. Als solcher habe er nach dem Scheitern von dessen Reform die monotheistische Atonreligion den „Juden“ auferlegt und sie aus Ägypten geführt. Dies erkläre die Bildlosigkeit, die Geistigkeit und die Ideale der Gerechtigkeit, welche die spätere (nachexilische) Religion Israels prägten, sowie die Auffassung, von Gott auserwählt und den anderen Völkern überlegen zu sein. Dabei handle es sich um Hauptmerkmale des Judentums, welche spätere antijüdische Vorstellungen mitverursacht hätten.

Freud zufolge wurde Moses von den Israeliten ermordet. Dieser Mord sei der Gründungsakt der nachfolgenden religiösen und gesellschaftlichen Ordnung. Diese These wiederholt den bereits in Totem und Tabu formulierten „Vatermord“ als Entwicklungsmoment der Religion. Die Vollstreckung dieses Mords habe „Zwangscharakter“ gehabt. Nach der Ermordung des Mose habe allmählich die israelitische Religion die wesentlichen Merkmale der anderen kanaanäischen Religionen übernommen. Erst einige Jahrhunderte später sei die „Mosereligion“ die Religion Israels geworden, und zwar durch das Wirken der Propheten. Analog zu den Vorgängen der individuellen Psychologie habe dabei zuerst eine Verdrängung stattgefunden, die ihren unbewussten Ausdruck in dem Schuldgefühl und in der Thematisierung der israelischen Geschichte als zeitlicher Folge von Bestrafungen durch Gott gehabt habe. Später in der Geschichte habe sich langsam die „Wiederkehr des Verdrängten“ vollzogen, indem sich die „Vaterreligion“ etablierte.<ref>Vgl.: S. Freud, Der Mann Moses, insbes.: S. 106-133 (Zusammenfassung und Wiederholung).</ref>

Mose als Figur der Geschichte

Zahlreiche Historiker und Ägyptologen haben versucht, Mose mit aus ägyptischen Quellen bekannten Figuren zu identifizieren. Einer der Vorschläge, der große Resonanz hatte, ist die auf E. A. Knauf zurückgehende Gleichsetzung Mose mit Bay (auch Beja oder Baja), einem Würdenträger der 19. Dynastie, der unter Sethos II. amtiert und bei der Inthronisation von dessen Nachfolger Siptah eine wichtige Rolle gespielt haben soll.<ref>Vgl. M. Görg, Mose – Name und Namensträger, in E. Otto (Hrsg.), Mose, S. 32-37. Dort zitiert: E. A. Knauf, Midian, ADPV, 1988.</ref> Sein Titel ist als „Großer Schatzmeister des ganzen Landes“ überliefert, und er soll unter Sethos auch die Funktion des Kanzlers ausgeübt haben. Nach den Interpreten könne der Name Bʒ-jj, „By“ oder „Beja“ ein semitischer Name sein, wahrscheinlich eine Zusammensetzung mit dem Gottesnamen Ja(hwe), dessen Form be-ja („in JHWH (ist mein Trost)“, De Moor) oder ein Analogon des hebräischen Personennamens ‏אֲבִיָּה‎ (abī-ja, „JHWH (ist) mein Vater“) gewesen sein könnte.<ref>Vgl. M. Görg, Mose – Name und Namensträger, in E. Otto (Hrsg.), Mose, 33; dort zitiert: J. C. De Moor, The Rise of Yahwism, Leuven: 1997.</ref> Neben diesem Namen soll Beja auch einen Hofnamen getragen haben, dessen erster Teil „Ramses“ war (Rʿw-mśj-św-hʿ-m-ntrw). Dieser Beja ist ferner mit dem in der Stele von Elephantine als „Irsu“ – vielleicht ein Spottname – genannten Anführer der Asiaten identifiziert worden, die in der Zeit von Ramses III. gegen die ägyptische Herrschaft einen Aufstand versuchten und aus dem Land vertrieben wurden.<ref>M. Görg, Mose – Name und Namensträger, in E. Otto (Hrsg.), Mose, S. 37.</ref> Die Entsprechungen der Notizen über Beja-Ramses-Irsu mit den Moseüberlieferungen seien in einigen Texten des Exodus zu suchen, die Mose als „Groß im Land Ägypten“ angeben (Ex 11,3b EU) und von einer „Plünderung“ der Ägypter von Seiten der ausziehenden Israeliten berichten (Ex 12,35.36b EU).<ref>Vgl. H. Donner, Geschichte des Volkes Israel, I, S. 128.</ref>

Als Persönlichkeit der ägyptischen Geschichte, die die biblische Beschreibung des Mose beeinflusst haben kann, ist ein „königlicher Butler“ oder „erster Truchsess des Königs“ semitischer Herkunft in Erwägung gezogen worden, der in Dokumenten aus der Zeit von Ramses II. und Ramses III. mit dem ägyptischen Namen Ramsesemperre (Rʿw-mśj-św-m-pr-Rʿ, „Ramses im Haus des Ra“) vorkommt und hauptsächlich diplomatische Funktionen gehabt haben soll. Von ihm werden auch Baschan als Herkunftsort, Jwpʿ als Vatersnamen,<ref>Vgl. die hebräische Wurzel ‏יפע‎, ypʿ, „leuchten (lassen)“.</ref> und die Bezeichnung Bn-’zn überliefert, die als „Sohn der Gehorsamkeit“ als Ehrentitel oder als Bezeichnung einer Stammesangehörigkeit<ref>Vgl. den hebräischen Personennamen Ozni (‏אָזְנִי‎).</ref> interpretiert worden ist. Als Diplomat soll Ramsesemperre die ägyptischen Interessen gegenüber den Schasu oder in deren Stammesgebieten vertreten haben.<ref>Vgl. M. Görg, Mose – Name und Namensträger, in E. Otto (Hrsg.), Mose, S. 38-41.</ref>

Der Ägyptologe Rolf Krauss stellte die Hypothese auf, die biblische Mosegeschichte könnte nach dem Vorbild der Geschichte von Amun-Masesa um 500 vor Chr. verfasst sein. Amun-Masesa (13. Jahrhundert vor Chr.) war wahrscheinlich ein Sohn des Pharao Merenptah, für den er einen Krieg gegen Aufständische führte. Seine Biographie weise Parallelen zu der Biographie Moses auf.<ref>R. Krauss, Das Moses Rätsel.</ref>

Kontrovers diskutiert wird eine von mehreren Wissenschaftlern<ref>Jan Assmann. Moses the Egyptian, The Memory of Egypt in Western Monotheism. Cambridge, Massachusetts. Harvard University Press. 1997 s. 150</ref><ref>Donald B. Redford, Egypt, Canaan, and Israel in Ancient Times. Princeton University Press. 1992</ref> vertretene These, die die biblische Exoduserzählung mit der archäologisch nachweisbaren Herrschaft von Pharao Ahmose I. [Jˁḥ ms(j.w)] in Verbindung bringt.<ref>Zusammenfassung von Ansätzen die biblischen Erzählungen mit archäologischen Daten in Übereinstimmung zu bringen - Pharao Ahmose I. und der biblische Moses, abgerufen am 29. Dezember 2012</ref><ref>Israel Finkelstein, Neil Asher Silberman: Keine Posaunen vor Jericho. Die archäologische Wahrheit über die Bibel</ref> Faktisch existieren Ähnlichkeiten zwischen dem Exodus und der archäologisch belegten Vertreibung der Hyksos aus Ägypten durch Pharao Ahmose I. Während der Regierungszeit Ahmoses I. ereignete sich eine Naturkatastrophe, die auf der Unwetterstele beschrieben wird. Die Beschreibung dieser Naturkatastrophe erinnert stark an die Beschreibung der biblischen zehn Plagen. Das Papyrus Ipuwer enthält eine weitere Beschreibung dieser Naturkatastrophe, es gibt aber in der jetzigen ägyptischen Chronologie [2014] Ungereimtheiten in der Datierung, die Unwetterstele wird etwa 100 Jahre später datiert als das Papyrus Ipuwer.

Die These von der pharaonischen Herkunft des Moses wird durch Magnoli/Foresti anhand seiner Attribute fundiert.<ref>Klaus Magnoli/Franka Foresti: Mose – Stab und Schlange, Norderstedt 2009, ISBN 978-3-8391-3462-7</ref> Als Kandidaten sehen sie Amun-Masesa oder Ramses VIII.

Der gehörnte Mose

Die Darstellung des Mose mit Hörnern in manchen älteren christlichen Kunstwerken der Westkirche (z. B. die Skulptur von Michelangelo in San Pietro in Vincoli) geht auf die Übersetzung des hebräischen Verbs „qāran“ (‏קָרַן‎) in der Vulgata mit cornuta („gehörnt“) statt coronata („strahlend“) zurück. In dem masoretischen Text von Ex 34,29 EU wird von Mose geschrieben:

כִּי קָרַן עוֹר פָּנָיו‎,

was in allen alten und neuen Übersetzungen – mit der Ausnahme der Vulgata und der Aquila-Version – sinngemäß mit „dass sein Antlitz strahlte“ übersetzt wird. Dieses Strahlen als Zeichen des göttlichen Glanzes flößte den Israeliten Furcht ein. Der Schleier, den Mose nach seiner Rede über sein Angesicht legte, kennzeichnet die Trennung von seiner Verkündigung in der Vollmacht Gottes und dem Alltag als Person und Führer des Volkes (Ex 34,30.33.35 EU).<ref>Der gehörnte Mose in der Kunst</ref><ref>Der gehörnte Mose</ref>

Mose in den abrahamitischen Religionen

Ausgehend von den verschiedenen Darstellungen im Alten Testament hat das Bild des Mose ein lang andauerndes Echo in allen von der Hebräischen Bibel hervorgegangenen oder beeinflussten Religionen – sowie in der theologischen Reflexion innerhalb derselben – gefunden. Eine bedeutende Rolle spielte in der kontroversen Diskussion die auf Mose bezogene, über ihn hinausgehende Verheißung im Buch Deuteronomium 18,15 und 18,18, die Israel einen Propheten aus seiner Mitte ankündigt mit den Worten:

Einen Propheten wie dich will ich ihnen mitten unter ihren Brüdern erstehen lassen. Ich will ihm meine Worte in den Mund legen und er wird ihnen alles sagen, was ich ihm auftrage.<ref>Deuteronomium, Kapitel 18</ref>

Im Alten Testament

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Mose wird in der hebräischen Bibel insgesamt 767 mal erwähnt, größtenteils im Rahmen der Überlieferungen von dem Auszug aus Ägypten und der Wüstenwanderung (647 mal in den Büchern 2. bis 5. Mose), und 80 mal im Neuen Testament.<ref>Zahlen nach der Software-Konkordanz Tnach Ver. 5,2 (http://www.koenigsmuenster.de/rsk/index.shtml).</ref> Das Bündel von Themen, die die biblische Tradition mit Mose verbindet, hat seine Schwerpunkte in der Tradition des Mose als direkter Empfänger der Offenbarung Gottes, als Befreier des israelitischen Volkes aus der Sklaverei und Führer auf seiner Wanderung ins verheißene Land, als Prophet und Heilsfigur und als Vermittler der Worte Gottes und des Gesetzes.<ref>Vgl.: G. Fischer, Das Mosebild der Hebräischen Bibel, in E. Otto (Hrsg.), Mose, S. 84-120.</ref>

In der christlichen und jüdischen Theologie

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In der modernen Theologie des Christentums ist weitgehend unbestritten, dass die biblische Darstellung des Mose stark redaktionell erweitert worden sei. Auch die Historizität der Persönlichkeit und ihre Verbindung mit dem Auszug aus Ägypten wird von Wissenschaftlern betroffener Fachdisziplinen unterschiedlich bewertet. Orthodoxe Juden und verschiedene christliche Konfessionen halten seine führende Rolle beim Auszug wie bei der Vermittlung des JHWH-Glaubens für historisch. Sie erachten entsprechend die teilweise sehr stark ausgestalteten Mosetraditionen als zuverlässige Erinnerungen an eine bedeutende geschichtliche Persönlichkeit.

Die katholische Kirche und die Orthodoxie verehren Mose als Patriarchen des Alten Testaments und Heiligen. Bestimmte Kirchen sind ihm geweiht (z. B. die Šuplja crkva in Kroatien).

Gedenktage:<ref>4. September im Ökumenischen Heiligenlexikon</ref>

Manche Juden und Christen sehen in Mose dagegen eine Symbolfigur, die wesentlich die Israeliten und das jüdische Volk zu einer Einheit formte, den Kultus und die zu beachtenden Gebote begründete und den Weg zum wahren Gottesglauben wies. Für diese Christen und Juden spielt die Historizität Moses keine wesentliche Rolle, soweit sie nicht überhaupt geleugnet wird, sondern er ist eine Figur, aus der Kraft für den Glauben geschöpft werden kann.

Als Identitätsstifter ist Mose neben den Erzvätern Abraham und Jakob sowie dem König David eine der wichtigsten Figuren nicht nur für das religiöse, sondern auch für das nationale Selbstverständnis der Juden.

Im Islam

Hauptartikel: Moses im Islam

Für den islamischen Glauben ist Mose (Mūsā) neben Abraham (Ibrāhīm), Jesus (ʿĪsā) und Mohammed ein bedeutender Prophet Gottes und wird im Koran als Empfänger „des Buches“ bezeichnet (Sure 2, 53.87; Sure 28, 43. Vgl.: Die schriftliche Tora im Islam). Einer Legende zufolge sei der Stock des Mose nach der Eroberung von Mekka durch die Osmanen in der Kaʿba gefunden worden.

Die biblischen Episoden der Mosegeschichte und des Exodus werden im Koran wiederholt erwähnt. So sind in der Sure 2 (49-71) etliche Erzählungen und Anekdoten vorhanden, die auf die Gesetzgebung, auf den Bundesschluss am Sinai und auf die Ungehorsamkeit der Israeliten anspielen. Von dem Misstrauen der Israeliten Mose und „seinem Gott“ gegenüber und von deren Bestrafung ist auch in der Sure 5 (20-26) die Rede. In der Sure 20 befinden sich die Erzählungen von der Geburt (39-40), von der Flucht nach Midian (40), der Offenbarung Gottes und der Sendung des Mose (9-37; 42-48), die auch in der Sure 28 (3-35) vorkommen. Die über Ägypten gesandten Plagen kommen nur in der Sure 7 (133-135) vor – ohne den Tod der Erstgeborenen. Am häufigsten wiederkehrend ist das Motiv der Konfrontation Mose mit den ägyptischen Magiern, die von der Bestrafung des Pharao und der Ägypter durch das Wunder am Schilfmeer gefolgt wird (Sure 7, 103-136; 10, 75-92; 20, 57-79; 28, 36-40; 43, 46-56). Von den übrigen Episoden der Wüstenwanderung kommen im Koran die Wunder vom Manna und den Wachteln (Sure 2, 57), das Wasserwunder (2, 60) und der Verfall der Israeliten in den Götzendienst in Zusammenhang mit der Begegnung Mose mit Gott (Sure 7, 138-156; 20, 83-98) vor.

Mose in der Kunst- und Musikgeschichte

Datei:Carl Gottlieb Peschel Mose Collection Cos Moses.jpg
„Mose und die Zehn Gebote“ vom Nazarener Carl Gottlieb Peschel, Bleistiftzeichnung auf Papier

Kunstgeschichte

Michelangelo schuf zu Beginn des 16. Jahrhunderts in der Kirche San Pietro in Vincoli die Gestalt des Mose, die als eines seiner bekanntesten bildhauerischen Werke einzuordnen ist.

Musikgeschichte

Franz Lachner stellte die biblische Figur des Moses in den Mittelpunkt eines Oratoriums (op. 45, 1833). Max Bruch schuf 1893/94 das Oratorium Moses (op.67). Arnold Schönberg stellte die Figur des Mose in seinem Opernfragment Moses und Aron dar. Das Libretto geht ebenfalls auf den jüdischen Komponisten zurück. Die Handlung orientiert sich am zweiten Buch Mose.

Im 1985 geschaffenen Rock-Oratorium von Tobias Seyb und Richard Geppert begegnet Moses ebenso wie im Pop-Oratorium Die 10 Gebote des Jahres 2010 von Dieter Falk.

Abkürzungen

  • ADPV: Abhandlungen des Deutschen Palästina-Vereins
  • AJ: Étienne Nodet (Text, Übers. und Komm.), Flavius Josèphe. Les Antiquités juives (I-IX), Vol. I-IV, Les Édition du Cerf, Paris: 1990, 1995, 2001, 2005
  • ATD: Das Alte Testament Deutsch
  • NJB: Neue Jerusalemer Bibel, Herder, Freiburg im Breisgau, 1985

Einzelnachweise

<references />

Literatur

Zur Frage nach dem historischen Mose

  • Herbert Donner, Geschichte des Volkes Israel und seiner Nachbarn in Grundzügen (Grundrisse zum Alten Testament, Band 4/1), Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2007, ISBN 3-525-51679-7 (Kurzfassung bei www.fvtheol.unizh.ch: PDF-441 KB)
  • Sigmund Freud, Der Mann Moses und die monotheistische Religion (de Lange, Amsterdam: 1939), Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main: 1975, (14. Aufl.) 2006. ISBN 3-596-26300-X
  • Meik Gerhards, Über die Herkunft der Frau des Mose, in: Vetus Testamentum. Brill, Leiden 55.2005, 162–175. ISSN 0042-4935
  • Martin Noth, Geschichte Israels, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen: 1956
  • Hartmut Gese, Vom Sinai zum Zion. Alttestamentliche Beiträge zur biblischen Theologie (Beiträge zur evangelischen Theologie; 64), München 1974 ISBN 3-459-00866-0
  • Eckart Otto (Hrsg.), Mose. Ägypten und das Alte Testament, Verlag Katholisches Bibelwerk, Stuttgart: 2000, ISBN 3-460-04891-3
  • Eckart Otto, Moses – Geschichte und Legende, C.H. Beck, München: 2006. ISBN 3-406-53600-X
  • Rudolf Smend, Mose als geschichtliche Gestalt. in: R.Smend: Bibel, Theologie, Universität. Kleine Vandenhoeck-Reihe. Bd 1582. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1997, 5-20.
  • Peter van der Veen, Biblische Archäologie am Scheideweg? Hänssler, Holzgerlingen: 2002, 2004. ISBN 3-7751-3851-X

Zur Wirkungsgeschichte

  • Jan Assmann, Moses der Ägypter Hanser, München 2000, 2001. ISBN 3-446-19302-2
  • Jan Assmann, Die Mosaische Unterscheidung Hanser, München 2003. ISBN 3-446-20367-2
  • Sigmund Freud, Der Moses des Michelangelo (1914). Insel, Frankfurt am Main 1964.
  • John G. Gager, Moses in Greco-Roman Paganism (SBLMS 16), Abingdon, Nashville/New York: 1972 ISBN 1-58983-216-7
  • Martin Buber, Moses, Verlag Lambert Schneider, Heidelberg: 2. Auflage 1952 (Erste Auflage hebräisch)
  • Friedrich Schiller, Die Sendung Moses, Leipzig: 1772–1801, 1934; Hamburger Kulturverlag, Hamburg: 1960; Verlag für Ganzheitliche Forschung: Viöl 1998; (Repr.) Neckargemünd: 2001; (Online: http://www.wissen-im-netz.info/literatur/schiller/prosa/13.htm)
  • Ernst Sellin, Mose und seine Bedeutung für die israelitisch-jüdische Religionsgeschichte, A. Deichersche Verlagsbuchhandlung Dr. Werner Scholl, Leipzig: 1922

Sonstige Literatur

Literarische und musikalische Aufarbeitungen

Verfilmungen

Weblinks

Commons Commons: Mose – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien