Motörhead


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25px Dieser Artikel behandelt die Band Motörhead. Für ihr gleichnamiges Album siehe Motörhead (Album), für den gleichnamigen Asteroiden siehe (250840) Motörhead.
Motörhead
Allgemeine Informationen
Genre(s) Hard Rock, Heavy Metal
Gründung 1975
Website www.imotorhead.com
Gründungsmitglieder
Ian „Lemmy“ Kilmister
Larry Wallis (bis 1976)
Lucas Fox (bis 1975)
Aktuelle Besetzung
Gesang, E-Bass
Ian „Lemmy“ Kilmister
Philip „Wizzö“ Campbell (seit 1983)
Schlagzeug
Mikkey Dee (seit 1992)
Ehemalige Mitglieder
Schlagzeug
Phil „Philthy Animal“ Taylor (1976–1984, 1987–1992; † 2015)
Schlagzeug
Pete Gill (1984–1987)
E-Gitarre
„Fast“ Eddie Clarke (1976–1982)
E-Gitarre
Brian Robertson (1982–1983)
E-Gitarre
Michael „Würzel“ Burston (1983–1995; † 2011)

Motörhead den Freiheitsdrang mit, aus ihrer Gegenwart sogen sie den Anarchismus und Nihilismus des Punk auf, verquirlten ihn mit der maschinellen Kälte des Heavy Metal und konterkarierten diesen mit der Lebenslust urwüchsigen Rock’n’Rolls.“<ref>Jörg Scheller: Eine Legende trinkt Limo. Treffen mit Motörhead-Sänger Lemmy Kilmister. In: tagesspiegel.de. 25. Juli 2014, abgerufen am 3. September 2014.</ref>

Die Gruppe selber und besonders Bandgründer Lemmy Kilmister betrachtet die Gruppe allerdings nicht als Metal-Band.<ref name="earcandy">Ronnie: Motorhead. Interview with Lemmy 6-20-2000. Ear Candy Mag, 20. Juni 2000, abgerufen am 16. September 2010 (english).</ref> In einem Interview mit dem Rolling Stone anlässlich der Veröffentlichung des 2004er-Albums Inferno äußerte Kilmister, dass es Zeit sei, für die Musik eine neue Kategorie zu schaffen: „Motörhead Music“.<ref>Brown/Kilmister: Motörhead: In The Studio. S. 222.</ref> In anderen Interviews weist er darauf hin, dass er sich dem Punk stets mehr verbunden fühlte als dem Metal, Motörhead habe mehr mit The Damned als mit Black Sabbath gemeinsam, und keine Gemeinsamkeiten mit Judas Priest;<ref name="earcandy" /><ref name="classicrock">Jeb Wright: Better Motorhead Than Dead: An Interview with Lemmy Kilmister. Classic Rock Revisited, archiviert vom Original am 2. Februar 2008, abgerufen am 16. September 2010 (english).</ref> für ihn sind Bands wie Black Sabbath und Judas Priest Metal, schnellere Bands wie die der New Wave of British Heavy Metal (NWoBHM) und Metallica klingen für ihn mehr nach Punk als nach Metal.<ref name="classicrock" /> Punks seien interessanter und wütender, Metaller verlören ihre Wut schnell, wenn Geld im Spiel sei, und Metal habe seinen revolutionären Geist verloren, als er in die Arenen kam, wo Punks niemals gespielt hätten.<ref name="classicrock" /> Die Band selbst bezeichnet ihren Stil als Rock ’n’ Roll<ref name="earcandy" /><ref name="classicrock" /> und beruft sich damit auf das Lebensgefühl, die Thematiken und die Songstruktur des 1950er-Genres betreffende Traditionen, was besonders bei Liedern wie Angel City, Going to Brazil, Don’t Waste Your Time und Coverversionen wie Blue Suede Shoes und Hoochie Coochie Man deutlich wird. Allerdings ist dies nicht als Motörheads Hauptgenre zu bezeichnen, da die Band auch andere Stile bedient oder von ihnen beeinflusst ist. Einige Stücke sind dem Hard Rock zuzuordnen, so ist You Better Run mit Bad to the Bone von George Thorogood vergleichbar, auf das auch die Textzeile “I’m iron & steel, I’m bad to the bone” anspielt. Titel wie R.A.M.O.N.E.S., ein Lied über die US-amerikanische Band Ramones, sind wiederum eindeutig dem Punk zuzuordnen, die Band trat unter anderem mit The Damned auf,<ref name="earcandy" /> und Lemmy hatte Kontakte zur frühen Punk-Subkultur, unter anderem zu Sid Vicious und Wendy O. Williams.

Musikalische Bedeutung

Motörhead wird zu den Wegbereitern des Speed Metal gezählt.<ref name="brown" /><ref> Robert Walser: Running with the Devil: Power, Gender and Madness in Heavy Metal Music. Wesleyan University Press, 1993, ISBN 978-0-8195-6260-9, S. 14.</ref> Das Billboard Magazine weist auf den weitreichenden Einfluss von Motörhead hin und schreibt, dass der „überwältigende, laute und schnelle Heavy Metal [der Band] einer der wegweisendsten Stile der späten 1970er war“, die Musik der Band sei kein Punk-Rock, vielmehr war sie die erste Metal-Band, die „dessen Energien gebündelt und damit den Grundstein für spätere Genres“ des Heavy Metal legte.<ref name="brown" /><ref name="allmusic">Stephen Thomas Erlewine: Motörhead Biography. Allmusic, abgerufen am 22. September 2010 (english).</ref> So werden Lieder wie Overkill oder Bomber als Basis für den Thrash Metal angesehen.<ref name="berelian" /> Dem 1979er-Album Overkill wird eine bedeutende Rolle für die Entwicklung der New Wave of British Heavy Metal zugesprochen<ref>Ian Christe: Sound of the Beast. S. 41.</ref>, das 1980er-Album Ace of Spades wird als eines der wichtigsten Alben der Rock-Geschichte bezeichnet.<ref name="rhenz" /> Des Weiteren bereitete Motörhead mit der Kombination aus schnellem Tempo und Doublebass-Technik, die erstmals auf Overkill (1979) zu hören war, den Weg für spätere Schlagzeugtechniken wie den Blastbeat.<ref>Cope: Black Sabbath and the Rise of Heavy Metal Music. S. 99.</ref>

Über alle Subgenres des Metals sind Musiker und Bands von Motörhead beeinflusst. Bereits Ende der 1970er-Jahre spielten Gruppen wie die Tygers of Pan Tang Coverversionen der Band<ref>Ian Christe: Sound of the Beast. S. 32.</ref>, und die Black-Metal-Pioniere Venom und Bathory ließen sich neben anderen Bands wie Black Sabbath auch von Motörhead inspirieren.<ref> Michael Moynihan, Didrik Søderlind: Lords of Chaos. Erweiterte und überarbeitete Ausgabe. Index Verlag, 2007, ISBN 978-3-936878-00-4, S. 28.</ref><ref>Vorlage:Internetquelle/Wartung/Zugriffsdatum nicht im ISO-FormatLuxi Lahtinen: BATHORY – An Epic Interview With Quorthon. Metal Rules Webzine, 2001, abgerufen am 13. Oktober 2010 (english).</ref> Motörhead gehörte zu den Haupteinflüssen der Anfang der 1980er-Jahre aufkommenden Metal-Szene in den USA. Lars Ulrich, Schlagzeuger von Metallica, begleitete Motörhead auf deren 1981er-USA-Tournee und war Leiter des US-amerikanischen Motörhead-Fanklubs.<ref> Lemmy Kilmister mit Janiss Garza: White Line Fever – Die Autobiographie. I.P. Verlag Jeske/Mader, Berlin 2004, ISBN 3-931624-25-0, S. 134.</ref> Jeff Becerra, Sänger der US-amerikanischen Death-Metal-Pioniere Possessed, verwies darauf, dass der Anspruch von Possessed gewesen sei, „so schnell und so laut zu spielen … wie Motörhead“.<ref>Ian Christe: Sound of the Beast. S. 113.</ref> Die ebenfalls zu den Pionieren dieser Musikrichtung zählenden Bands Master und Death Strike von Paul Speckmann zählen Motörhead ebenfalls zu ihren Einflüssen.<ref>Luxi Lahtinen: MASTER – Paul Speckmann.</ref> Auch die Kanadier Voivod zeigten sich auf ihrem 1984er-Debüt War and Pain hörbar unter dem Einfluss der Musik von Motörhead.<ref>Ian Christe: Sound of the Beast. S. 198.</ref> Die Mitte der 1980er-Jahre in den USA aufkommende Metalcore-Bewegung bezieht sich ebenso auf Motörhead<ref>Ian Christe: Sound of the Beast. S. 181.</ref> wie die 1990er-Crust-Bewegung. Der Einfluss der Band reicht bis in die heutige Zeit. Fenriz von der norwegischen Band Darkthrone verwies darauf, dass er sich bei dem in den 2000ern vollzogenen Stilwechsel von den frühen Veröffentlichungen von Motörhead inspirieren ließ<ref>Vorlage:Internetquelle/Wartung/Zugriffsdatum nicht im ISO-FormatVorlage:Internetquelle/Wartung/Datum nicht im ISO-FormatRance: Darkthrone – Fenriz. Global Domonation Webzine, 15. Juli 2005, abgerufen am 13. Oktober 2010 (english).</ref> und nannte die von Motörhead praktizierte Verbindung von Heavy Metal und Punk „Metalpunk“.<ref>Anthony Morgan: New Wave of Black Heavy Metal – Fenriz pays tribute to the golden eighties era with Darkthrone's twelfth album F. O. A. D. 2007, abgerufen am 16. September 2010 (english).</ref>

Musik und Texte

Datei:Motörhead - Ace of Spades (Intro) a.png
Intro (Takte 1–4), Hauptriff (Takte 5–8) und Strophenbegleitung (Takte 9–12) aus Ace of Spades.12px Hörbeispiel?/i

Die Musik von Motörhead wird als Kombination aus schnellem Schlagzeugspiel, „matschigem“ Bass, Lautstärke und einem Gesang, der traditionelle Gesangstechniken mit Shouting kombiniert, bezeichnet.<ref>Cope: Black Sabbath and the Rise of Heavy Metal Music, S. 98.</ref> Die frühen Veröffentlichungen zeigten sich stark von Rock ’n’ Roll und Punk beeinflusst. So ist das Debütalbum Motörhead (1977) von 12-taktigen Gitarrenriffs und Doppelgriffen nach Art von Rock-Musikern wie Chuck Berry geprägt.<ref>Cope: Black Sabbath and the Rise of Heavy Metal Music, S. 96.</ref> Mit der Veröffentlichung von Overkill (1979) definierte Motörhead seinen Stil durch stark verzerrte, um einen Halbton tiefer gestimmte Gitarren,<ref name="elflein195">Dietmar Elflein: Schwermetallanalysen: Die musikalische Sprache des Heavy Metal, S. 195.</ref> den verstärkten Einsatz der Doublebass-Schlagzeugtechnik verbunden mit schnellen Sechzehntel-Rhythmen nach dem Vorbild von Gruppen wie Deep Purple neu.<ref>Cope: Black Sabbath and the Rise of Heavy Metal Music, S. 102f.</ref> Die Musik basierte weitgehend auf zwei statt auf drei Akkorden.<ref>Steve Waksman: This Ain’t the Summer of Love, S. 168.</ref> Als eher untypisch für Motörhead wird das Album Another Perfect Day angesehen, das wegen der Mitwirkung von Gitarrist Brian Robertson (ehemals Thin Lizzy) raffiniertere und extravagantere Melodien als andere Veröffentlichungen der Gruppe bietet.<ref name="berelian" />

Als typisch für Motörhead wird der Klang des E-Bass bezeichnet, der weitestgehend die zweite Gitarre ersetzt.<ref name="elflein180">Dietmar Elflein: Schwermetallanalysen: Die musikalische Sprache des Heavy Metal, S. 180.</ref> Beim Spielen wird durchgehend eine Leersaite angeschlagen, die in Kombination mit gegriffenen Saiten einen Klang erzeugen, der den E-Bass die Rolle der Rhythmusgitarre übernehmen lässt.<ref name="elflein195" /> Ein weiteres stilistisches Merkmal ist dabei, dass viele Lieder mit einem markanten Bassriff eröffnet werden. Dies ist beispielsweise der Fall bei Motörhead, Stone Dead Forever, Ace of Spades und Overnight Sensation. Die Klangfarbe der Gitarren wird als stark verzerrt beschrieben und verzichtet außer bei Soli auf klangformende Effekte wie Wah Wahs. Dadurch ist die Klangfarbe der Musik von Motörhead deutlich basslastiger als die vergleichbarer Bands wie AC/DC.<ref name="elflein180" /> Der Schlagzeugklang ist unverzerrt und erzeugt durch eine Wall of Sound eine klangliche „Konzertsituation“.<ref name="elflein180" /> Ausgangspunkt des Schlagzeugspiels ist stets ein Backbeat.<ref name="elflein195" /> Der raue Gesang von Lemmy Kilmister hat seinen Ursprung im Shouting, wie es im traditionellen Blues verwendet wurde.<ref name="elflein182">Dietmar Elflein: Schwermetallanalysen: Die musikalische Sprache des Heavy Metal, S. 182.</ref> Obwohl die Stimmlage Kilmisters als Tenor anzusehen ist, wirkt sie durch die gutturalen Elemente tiefer.<ref name="elflein182" />

Motörhead adaptierte seit Bandgründung Elemente der Biker-Szene. Während zeitgenössische Gruppen wie Judas Priest die Verbindung durch das Tragen von Lederkleidung mit Nieten und Ketten dokumentierten, äußerte sich die Verbindung bei Motörhead durch die Adaption des Ethos des Verlierers in den Liedtexten. Durch diese eher einfache und bescheidene Sichtweise erschien Motörhead bodenständiger als andere Bands und sicherte sich so die Sympathien der Punk-Bewegung der späten 1970er-Jahre.<ref>Steve Waksman: This Ain’t the Summer of Love, S. 155.</ref>

Lemmy Kilmister schreibt den überwiegenden Teil der Liedtexte, die Themen sind breit gefächert. So wird das Titellied des Debütalbums Motörhead als Rock-’n’-Roll-Ode an die Droge Amphetamin bezeichnet.<ref>Steve Waksman: This Ain’t the Summer of Love, S. 159.</ref> Als weiteres Thema findet sich in Liedtexten wie Born to Lose das Image des Verlierers und Outlaws. Aber auch das Textkonzept gesamter Alben wie Ace of Spades beruht auf diesem Thema.<ref>Steve Waksman: This Ain’t the Summer of Love, S. 154.</ref> Auch Kilmisters Faszination für Militärgeschichte spiegelt sich in den Texten wider. So handelt Bomber vom Einsatz einer Bomber-Besatzung im Zweiten Weltkrieg, 1916 thematisiert die Schlacht an der Somme im Ersten Weltkrieg<ref>Kilmister/Garza: White Line Fever, S. 209.</ref> und Marching off to War handelt von der als solchen empfundenen Sinnlosigkeit des Krieges. Kritik brachten Kilmister einige seiner Texte über Frauen wie Jailbait oder I’m So Bad ein, die als sexistisch und frauenverachtend angesehen wurden.<ref>Kilmister/Garza: White Line Fever, S. 208.</ref> In einigen Texten übt Kilmister Kritik an Missständen in der Gesellschaft und besonders an Religionen ((Don’t Need) Religion, God Was Never on Your Side). Ein besonderer Liedtext ist (We Are) The Roadcrew, den Kilmister zu Ehren der Roadies von Motörhead schrieb.<ref>Kilmister/Garza: White Line Fever, S. 124f.</ref>

Diskografie

Hauptartikel: Motörhead/Diskografie
Datei:Motorhead singles.jpg
Singles von Motörhead

Da die Rechte der frühen Motörhead-Alben nicht bei der Band liegen, werden diese Alben immer wieder in verschiedenen Formaten herausgebracht. Neben diesen offiziellen Alben gibt es noch diverse Bootlegs und dutzende Best-of-Alben. Hier sind nur die Studioalben aufgelistet.

Literatur

  •  Holger Stratmann (Hrsg.): RockHard Enzyklopädie. 700 der interessantesten Rockbands aus den letzten 30 Jahren. Rock Hard Verlag, Dortmund 1998, ISBN 3-9805171-0-1, S. 264–266.
  •  Lemmy Kilmister mit Janiss Garza: White Line Fever – Die Autobiographie. I.P. Verlag Jeske/Mader, Berlin 2004, ISBN 3-931624-25-0.
  •  Jake Brown with Lemmy Kilmister: Motörhead: In The Studio. John Blake Publishing, 2010, ISBN 978-1-84454-978-8.
  • Verschiedene Autoren: Motörhead. Sonderausgabe der Zeitschrift Rock Hard. Rock Hard Verlag, Dortmund 2011. ISSN 2190-7285
  •  Steve Waksman: This Ain’t the Summer of Love: Conflict and Crossover in Heavy Metal and Punk. University of California Press, 2009, ISBN 978-0-520-25310-0, Chapter 4: Metal, Punk and Motörhead: The Genesis of Crossover, S. 146–171.
  •  Andrew L. Cope: Black Sabbath and the Rise of Heavy Metal Music. Ashgate Publishing, 2010, ISBN 978-0-7546-6881-7.
  •  Dietmar Elflein: Schwermetallanalysen: Die musikalische Sprache des Heavy Metal. transcript Verlag, Bielefeld 2010, ISBN 978-3-8376-1576-0.
  •  Mick Stevenson: The Motörhead Collector's Guide. Cherry Red Books, 2011, ISBN 978-1-901447-27-9.

Weblinks

Commons Commons: Motörhead – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

<references />

24px Dieser Artikel wurde am 1. Dezember 2011 in dieser Version in die Liste der exzellenten Artikel aufgenommen.