Octenidin


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Strukturformel
Strukturformel von Octenidin
Allgemeines
Freiname Octenidin
Andere Namen
  • N-Octyl-1-[10-(4-octyliminopyridin-1-yl)decyl]pyridin-4-imin (IUPAC)
  • N,N′-(Decan-1,10-diyldi-1(4H)-pyridyl-4-yliden)bis(octylammonium)dichlorid
  • Octenidinum (Latein)
Summenformel C36H62N4
CAS-Nummer
PubChem 51167
ATC-Code
Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse

Antiseptikum

Eigenschaften
Molare Masse 550,90 g·mol−1
Schmelzpunkt

215-217 °C (Dihydrochlorid)<ref name="Römpp">Eintrag zu Octenidin-dihydrochlorid. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 19. Juni 2014.</ref>

Sicherheitshinweise
Bitte die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung <ref name="NV">Diese Substanz wurde in Bezug auf ihre Gefährlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.</ref>
keine Einstufung verfügbar
H- und P-Sätze H: siehe oben
P: siehe oben
Toxikologische Daten
  • 800 mg·kg−1 (LD50Ratteoral, Dihydrochlorid)<ref name="Römpp" />
  • 10 mg·kg−1 (LD50Rattei.v., Dihydrochlorid)<ref name="Römpp" />
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Octenidindihydrochlorid (Octenidin) ist ein unspezifischer antimikrobieller, kationenaktiver Wirkstoff aus der chemischen Gruppe der Bispyridine mit einer breiten Wirkung gegen Bakterien, Pilze und behüllte Viren. Octenidinhaltige Produkte werden topisch zur Desinfektion von Haut und Schleimhäuten zur Wunddesinfektion sowie zur MRSA Dekontamination eingesetzt.<ref>Wallhäußers Praxis der Sterilisation, Antiseptik und Konservierung. ISBN 978-3-13-141121-1)</ref><ref>N. O. Hübner u. a.: Skin Pharmacol Physiol. 23, 2010, S. 244–258.</ref><ref>T. Koburger u. a. in: J Antimicrob Chemother. 65, 2010, S. 1712–1719.</ref><ref>RKI Empfehlung zur Prävention und Kontrolle von Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus-Stämmen (MRSA) in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen. Bundesgesundheitsbl – Gesundheitsforsch – Gesundheitsschutz 2014, 57, S. 696–732; http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Kommission/Downloads/MRSA_Rili.pdf?__blob=publicationFile</ref><ref>N. O. Hübner u. a. in: GMS Krankenhaushygiene International. 2009, 4(2).</ref>

Einsatzbereich

Octenidindihydrochlorid wird meist in Kombination mit Phenoxyethanol (octenisept®) zur Desinfektion von Haut- und Schleimhautwunden, sowie zur antiseptischen Behandlung der Schleimhaut der Mundhöhle und des Uro- und Anogenitalbereichs, z.B. vor Operationen im Anal- und Genitalbereich und zur Vorbereitung des Legens eines Harnblasen-Katheters verwendet.

Wirkungsspektrum

Octenidindihydrochlorid wirkt bakterizid sowohl gegen grampositive als auch -negative Bakterien, viruzid gegen lipophile (behüllte) Viren wie die Herpes-simplex-Viren und das Hepatitis-B-Virus. Außerdem wirkt es fungizid, aber nicht sporizid.

Vorteile/Nachteile

Vorteile

  • Geruchlos
  • Farblos
  • Schmerzfreie Anwendung
  • Breites Wirkungsspektrum
  • Remanenzwirkung
  • Schneller Wirkungseintritt<ref>T. Koburger u. a. in: J Antimicrob Chemother. 65, 2010, S. 1712–1719.</ref>
  • Keine Resistenzentwicklung<ref>Z. Al-Doori u. a. in: Journal of Antimicrobial Chemotherapy. 59, 2007, S. 1280–1282.</ref>
  • Gute Gewebeverträglichkeit<ref>G. Müller, A. Kramer: in: Journal of Antimicrobial Chemotherapy. 61, 2008, S. 1281–1287.</ref>
  • Keine systemischen Nebenwirkungen aufgrund fehlender Resorption<ref>J. Stahl u. a. in: Int Wound J. 7, 2010, S. 62–69.</ref><ref>Stahl u. a. in: BMC Veterinary Research. 7, 2011, S. 44.</ref>
  • Keine Inaktivierung durch Eiweiß
  • Anwendung während der Schwangerschaft und Stillzeit<ref>Briese u. a. in: Arch Gynecol Obstet. 283, 2011, S. 585–590.</ref><ref>Mikic A Novakov, S. Stojic in: Arch Gynecol Obstet. 292(2), 2015, S. 371–376.</ref>
  • Anwendung bei Neu- und Frühgeborenen<ref>RKI: Empfehlung zur Prävention nosokomialer Infektionen bei neonatologischen Intensivpflegepatienten mit einem Geburtsgewicht unter 1500 g. Bundesgesundheitsbl – Gesundheitsforsch – Gesundheitsschutz 2007, 50, 1265–1303. </ref>

Nachteile

  • Knorpeltoxizität (darf genauso wie Polyhexanid nicht auf Knorpelgewebe und im Innenohr bzw. in Nähe des Trommelfells angewendet werden)
  • Kontraindiziert für die Spülung der Bauchhöhle und Harnblase
  • Befristete Anwendung, nicht zur Daueranwendung

Hinweise

Bei gleichzeitiger Anwendung von PVP-Iod-basierten Antiseptika kann es im Grenzbereich zu bräunlich bis violetten Hautverfärbungen kommen.

Bei der Versorgung von Stichwunden etwa im Handbereich – sowie generell bei der Behandlung von Wundkavitäten mit Octenidin – ist darauf zu achten, dass das Präparat nicht unter Druck (z.B. über eine Knopfkanüle) appliziert wird und frei abfließen kann (z.B mit Hilfe einer Drainage), da es ansonsten zu massiven Ödemen und Gewebeschädigungen kommen kann, die möglicherweise chirurgisch saniert werden müssen.<ref>Rote Hand Brief (PDF; 171 kB).</ref>

Handelsnamen

octenisept® (mit Phenoxyethanol), octeniderm® (mit 1-Propanol und 2-Propanol), octenisept® Wundgel, octenidol® Mundspüllösung, octenilin® Wundgel, octenilin® Wundspüllösung, octenisan® Waschlotion, octenisan® Waschhandschuhe, octenisan® Waschhaube, octenisan® Nasengel

Einzelnachweise

<references />

Gesundheitshinweis Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt keine Arztdiagnose. Bitte hierzu diese Hinweise zu Gesundheitsthemen beachten!