Open Source
Open Source bzw. quelloffen wird als Begriff für Software verwendet, deren Quelltext offenliegt und frei verfügbar ist. Im engeren Sinne steht Open Source Software (OSS) für Software die die Definition der Open Source Initiative (OSI) erfüllt, beispielsweise darüber das diese Software einer OSI anerkannten Open-Source-Softwarelizenz unterliegt.<ref>Open Source Licenses bei der Open Source Initiative (englisch)</ref> Im weiteren nicht nur auf Software bezogenem Sinne, steht "Open Source" für frei verfügbares Wissen und Information im Allgemeinen und hat dadurch die Gründung neuer "Open"-Bewegungen inspiriert, beispielsweise Open Content, Open Source Hardware und Open Access.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Open Source hat viele Ursprünge und Vorläufer, beispielsweise die DIY-Bewegung, die Hacker-Bewegung der 1960/70er und die Freie-Software-Bewegung der 1980ern, die der unmittelbare Vorläufer wurde.
Beeinflusst durch den 1997 publizierten Essay Die Kathedrale und der Basar von Eric S. Raymond, entschied Netscape im Jahr 1998 angesichts der wachsenden Dominanz von Microsoft am Browser-Markt, den Quelltext des wirtschaftlich nicht mehr verwertbaren Netscape Navigators freizugeben (aus dieser Freigabe entstand später das Mozilla-Projekt).<ref>MOUNTAIN VIEW, Calif., April 1 /PRNewswire/ -- Netscape Communications and open source developers are celebrating the first anniversary, March 31, 1999, of the release of Netscape’s browser source code to mozilla.org (englisch) Netscape Communications. 31. März 1999. Abgerufen am 10. Januar 2013: „ die GNU GPL verpflichtet, den Quellcode auf weitere Anfrage bereitzustellen. Ohne eine Begrenzung des Preises für den Quellcode wäre es ihnen möglich einen Preis festzulegen, der für jedermann zu hoch zu bezahlen wäre ‑ wie eine Milliarde Euro ‑ und somit vorgeben den Quellcode freizugeben, obwohl sie ihn in Wahrheit verbergen. Darum müssen wir in diesem Fall den Preis für den Quellcode begrenzen, um die Freiheit der Nutzer zu gewährleisten.“</ref><ref>Is it legal to sell GPL software? "Please note that "as much as you wish" only applies to the executable form of the software, not its source code." by Marco Fioretti on Techrepublic.com, 19. Nov 2013 (englisch)</ref> Der Begriff Open-Source-Software sollte auch eine Überlegenheit des kollaborativen, "offenen" Entwicklungsprozesses (siehe The Cathedral and the Bazaar von Eric Steven Raymond) hervorheben.
Seit der Einführung der konkurrierenden Bezeichnung Open Source kritisiert die FSF, dass auch diese Bezeichnung Verwirrung stiften kann. Der Begriff Open Source assoziiert die Verfügbarkeit des Quelltextes, sagt aber nichts über die gewährten Verwendungsrechte und Nutzungsfreiheiten aus. Ein Beispiel für eine solche Begriffsverwirrung ist PGP Corporations aktuelle Version ihres Kryptographieprogramms PGP: diese wird als Open Source angepriesen, da der Quellcode betrachtet werden kann, jedoch unterliegt dieser keiner Open-Source-Lizenz. Weitergabe und Veränderung dieses Quellcodes sind verboten, so dass das Programm nicht unter die Open-Source-Definition fällt. GNU Privacy Guard ist als Reaktion darauf entstanden, die den Open-Source-Anforderungen durch ihre GPL Lizenzierung gerecht wird.
Umgekehrt wird die von der FSF als "frei" angesehene GNU FDL<ref>Freie Dokumentationslizenzen“ Stand: 2012</ref> als nicht "Open" und "Frei" kritisiert. Bei der GNU FDL ist eine problematische Besonderheit, dass sie die Möglichkeit bietet, die Modifikation bestimmter Abschnitte zu verbieten, also das Recht auf freie Weiterverwendung beschränkt. Die GNU FDL erfüllt somit eine grundlegende Anforderung der Open-Source-Definition, der Freie-Software-Definition sowie der Debian Free Software Guidelines für Software nicht.<ref>Allgemeiner Beschluss: Warum die »GNU Free Documentation License« nicht für Debian-Main geeignet ist auf debian.org (2006)</ref>
Um den Konflikt zwischen Freie Software und Open-Source-Software zu umgehen und die Gemeinsamkeiten der Open-Source- und Freie-Software-Bewegung zu betonen,<ref>FLOSS and FOSS on gnu.org (englisch)</ref> wurden die Begriffe FOSS und FLOSS (Free/Libre and Open Source Software) vorgeschlagen, die auch eine relevante Verbreitung erlangten.
Kritik und Probleme
Eric S. Raymond beschreibt in seinem Buch Die Kathedrale und der Basar eine Entwicklungsmethode (den Basar), durch die Open-Source-Projekte selbstständig ohne zentrale Entität von der Gemeinschaft verwaltet werden können. Ob diese Entwicklungsmethode tatsächlich so Anwendung findet oder überhaupt praktisch umgesetzt werden kann, ist aber umstritten.<ref>Chuck Connell: Open Source Projects Manage Themselves? Dream on. (englisch) Stand: Juni 2008</ref> Beispielsweise folgt der Linux-Kernel, eines des großen OSS-Erfolgsprojekte, mit Linus Torvalds an der Spitze eher einem zentralisierten Benevolent Dictator for Life Entwicklungsmodell (Kathedrale in Raymond'scher Terminologie). Ähnliche Führungsstrukturen sind mit Richard Stallman an der Spitze der FSF/GNU-Projekt und auch bei der Mozilla Foundation<ref>Roles auf Mozilla.org "The ultimate decision-maker(s) are trusted members of the community who have the final say in the case of disputes. This is a model followed by many successful open source projects, although most of those communities only have one person in this role, and they are sometimes called the "benevolent dictator". Mozilla has evolved to have two people in this role - Brendan Eich has the final say in any technical dispute and Mitchell Baker has the final say in any non-technical dispute." (englisch)</ref> zu finden. Als Gegenbeispiele werden die Community getriebenen Projekte Apache Hadoop und OpenStack angeführt.<ref>Matt Asay: Open Source's Cult Of Personality Is Dying—Thankfully (englisch) readwrite.com. 2. Mai 2014. Abgerufen am 18. Juni 2015.</ref>
Der Informatiker Niklaus Wirth äußert sich kritisch zur technischen Qualität komplexer Open-Source-Projekte: Die Open-Source-Bewegung ignoriere und behindere die Vorstellung, komplexe Softwaresysteme basierend auf streng hierarchischen Modulen aufzubauen. Entwickler sollten den Quelltext der von ihnen verwendeten Module nicht kennen. Sie sollten rein auf die Spezifikationen der Schnittstellen der Module vertrauen. Wenn, wie bei Open-Source, der Quelltext der Module vorhanden ist, führe das automatisch zu einer schlechteren Spezifikation der Schnittstellen, da ja das Verhalten der Module im Quelltext nachlesbar ist.<ref>Niklaus Wirth: Geek of the Week. simple-talk.com, 2. Juli 2009, abgerufen am 16. Dezember 2009 (englisch): „Besides all the good things, the open source movement ignores and actually hinders the perception of one of the most important ideas in designing complex systems, namely their partitioning in modules, and their formation as an orderly hierarchy of modules.“ Richard Morris: </ref>
Die FSF,<ref>Wir sprechen von Freier Software – ein Statement der Free Software Foundation Europe</ref><ref>Warum Freie Software besser ist als Open Source“ Stand: 2007, Statement des GNU-Projekts</ref> und insbesondere deren Gründer Richard Stallman, kritisiert prinzipiell an der Open-Source-Bewegung, dass sie sozialethische Aspekte außen vor lässt und sich lediglich auf technische und wirtschaftliche Fragestellungen konzentriert. So werde die Grundidee von freier Software nach Stallmans Meinung vernachlässigt.<ref>Richard Stallman: Warum Open Source das Ziel von Freie Software verfehlt Stand: 2010</ref> Die FSF kritisiert auch die von Teilen<ref>Streit um die neue GPL von Oliver Diedrich auf heise.de (2006)</ref><ref>Torvalds on Tivoisation (englisch)</ref> der Open-Source-Bewegung tolerierte Firmenpraxis, die Weiterentwicklungen von bestehender Open-Source-Software so weit an eigene (Hardware-)Systeme anzupassen, dass sie praktisch nicht mehr anders verwendet werden können, z. B. Tivoisierung oder unlesbar gemachter Quelltext. Die Weiterentwicklung steht dann zwar immer noch unter einer Open-Source-Lizenz, kann von der Gemeinschaft aber nicht mehr genutzt werden; eine Situation, welche die FSF über die GPLv3 zu verhindern versucht.
Das Ideal des Open Source, der freie Austausch und die beliebige Weiterverwendung von Quelltext, ist in der Realität durch u.a. Lizenzprobleme eingeschränkt. Besonders problematisch ist dies durch die inzwischen auf eine kaum überschaubare Anzahl angewachsene (und weiter wachsende) Menge an Softwarelizenzen und Versionsvarianten, ein als "License proliferation" bekanntes Problem.<ref>"FLOSS License Proliferation: Still a problem" von David A. Wheeler (englisch)</ref><ref>Ed Burnette: Google says no to license proliferation. 2. November 2006. Archiviert vom Original am 24. Februar 2007. Abgerufen am 11. September 2010.</ref><ref>Greg Stein: Standing Against License Proliferation. 28. Mai 2009. Archiviert vom Original am 1. Juni 2008. Abgerufen am 11. September 2010.</ref> Auch anerkannte Open-Source-Lizenzen sind häufig nicht miteinander kompatibel und was damit eine Software-Weiterverwendung in manchen Kontexten verhindert.<ref>MPL 1.1 FAQ - Historical Use Only. Mozilla Foundation. 1. Februar 2012. Abgerufen am 26. Februar 2012.</ref><ref>Philippe LAURENT: The GPLv3 and compatibility issues (pdf) In: European Open source Lawyers Event 2008. University of Namur – Belgium. 24. September 2008. Abgerufen am 30. Mai 2015: „Copyleft is the main source of compatibility problems“</ref><ref name="gpl2gpl3comp">Frequently Asked Questions about the GNU Licenses – Is GPLv3 compatible with GPLv2?. gnu.org. Abgerufen am 3. Juni 2014: „No. Some of the requirements in GPLv3, such as the requirement to provide Installation Information, do not exist in GPLv2. As a result, the licenses are not compatible: if you tried to combine code released under both these licenses, you would violate section 6 of GPLv2. However, if code is released under GPL “version 2 or later,” that is compatible with GPLv3 because GPLv3 is one of the options it permits.“</ref> Deswegen wird dazu geraten keine eigenerstellten oder exotische Open-Source-Lizenz zu verwenden, deren rechtliche und praktische Probleme man unter Umständen nicht überschaut, sondern auf eine erprobte, anerkannte und weitverbreitete freie Lizenz (und Lizenzkombinationen) wie die GPL, die LGPL oder die BSD-Lizenz zurückzugreifen. Besonders die Freizügigen Lizenzen zeichnen sich durch eine sehr gute Lizenzkompatibilität aus.<ref>Marcus D. Hanwell: Should I use a permissive license? Copyleft? Or something in the middle?. opensource.com. 28. Januar 2014. Abgerufen am 30. Mai 2015: „Permissive licensing simplifies things One reason the business world, and more and more developers [...], favor permissive licenses is in the simplicity of reuse. The license usually only pertains to the source code that is licensed and makes no attempt to infer any conditions upon any other component, and because of this there is no need to define what constitutes a derived work. I have also never seen a license compatibility chart for permissive licenses; it seems that they are all compatible.“</ref><ref>Licence Compatibility and Interoperability. In: Open-Source Software - Develop, share, and reuse open source software for public administrations. joinup.ec.europa.eu. Abgerufen am 30. Mai 2015: „The licences for distributing free or open source software (FOSS) are divided in two families: permissive and copyleft. Permissive licences (BSD, MIT, X11, Apache, Zope) are generally compatible and interoperable with most other licences, tolerating to merge, combine or improve the covered code and to re-distribute it under many licences (including non-free or “proprietary”).“</ref>
Siehe auch
- Linux-Klausel
- Proprietäre Software
- Wissensgesellschaft bzw. Informationsgesellschaft
- Open-Source-Software in öffentlichen Einrichtungen
- Open-Source-Film
- Open-Source-Computerspiele
- Open-Source-Marketing
- Bitcoin (Open-Source-Währung)
Literatur
Das Linux-Magazin, ISSN 1432-640X
- Siehe auch Literatur über Freie und Open-Source-Software.
Weblinks
- Dossier der Bundeszentrale für politische Bildung zu Open Source
- Fragen & Antworten zu Open Source Software aus der Sicht des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik
- Open Source Softwareprojekte zwischen Passion und Kalkül Discussion Paper Universität Stuttgart, 2015
- Kompetenzzentrum Open Source der Bundesstelle für Informationstechnik
- Open Source in der Schweiz und Bildungspolitik
- Linkkatalog zum Thema Open Source bei DMOZ
- Fazit-Forschungsbericht „Open Source Software und IT-Sicherheit“
- Open Source Licensing für kommerzielle Software
- Fraunhofer IAO Studie: Open Source Software – Einsatzpotenziale und Wirtschaftlichkeit
Einzelnachweise
<references />