Ratko Mladić


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Ratko Mladić </ref>

Fahndung, Verhaftung und Proteste

Zahlreiche Pressemitteilungen meldeten am 21. Februar 2006, dass Mladić in Belgrad verhaftet und EUFOR-Einheiten in der nordostbosnischen Stadt Tuzla zur Überstellung an das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag übergeben worden sei oder dass darüber zumindest verhandelt werde. Dies wurde von allen Seiten dementiert, aber die Chefanklägerin in Den Haag, Carla Del Ponte, vermutete weiterhin, dass die serbischen Behörden seinen Aufenthaltsort kannten, und mahnte seine baldige Verhaftung an. Die Festnahmen von Mladić und Radovan Karadžić galten als Grundvoraussetzungen für ein Assoziierungsabkommen der Europäischen Union mit Serbien.

Mladić konnte ab dem 7. April 2006 nicht mehr frei über sein Vermögen verfügen. Das Parlament von Serbien-Montenegro hatte dazu ein Gesetz zum Einfrieren der Bankkonten und anderer Besitztümer aller flüchtigen angeklagten Kriegsverbrecher verabschiedet. Das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag hatte die Zusage des serbischen Regierungschefs Vojislav Koštunica, dass Mladić bis Ende April ausgeliefert werde, was aber nicht eingehalten wurde.

Im Dezember 2007 wurde durch den serbischen Sonderstaatsanwalt für Kriegsverbrechen, Vladimir Vukčević, erstmals offiziell eingeräumt, dass sich Mladić aller Wahrscheinlichkeit nach in Serbien aufhalte.<ref>Belgrad gibt zu: Mladic in Serbien, Die Presse, 6. Dezember 2007</ref> Ende des Monats bestätigte er, dass sich Mladić in Serbien befinde. Die serbische Regierung dementierte diese Äußerungen; die Behörden seien Mladić nicht auf der Spur.<ref>Verwirrspiel um Mladics Versteck, www.tagesschau.sf.tv, 26. Dezember 2007</ref>

Vertreter der Serbischen Sicherheitlichen Nachrichtenagentur (BIA) und der Militärisch-Sicherheitlichen Agentur (VBA) teilten auf einer Pressekonferenz am 12. Oktober 2009 mit, sie würden alle verfügbaren Ressourcen zur Jagd auf die zwei flüchtigen Haager Angeklagten, Ratko Mladić und Goran Hadžić, einsetzen.<ref>Intensive Jagd nach Mladic Und Hadzic, Radio Srbija, 12. Oktober 2009</ref>

Der zuständige Belgrader Staatsanwalt Vladimir Vukčević räumte im Oktober 2010 ein, dass es „ein Leck bei den serbischen Ermittlungsbehörden“ gebe: Geplante Verhaftungen seien den Flüchtigen rechtzeitig verraten worden, der Informant sei aber nicht ermittelbar gewesen.<ref> General auf der Flucht. In: Der Spiegel. Nr. 43, 2010, S. 95 (online).</ref>

Im selben Monat verzehnfachte die serbische Regierung ihre Belohnung für die Ergreifung Mladićs auf 10 Millionen Euro. Als Grund führte sie „Serbiens klaren politischen Willen“ an, „die letzte verbleibende Hürde auf dem Weg in die EU zu beseitigen“.<ref>Serbien verzehnfacht Belohnung für Ergreifung von Mladic, NZZ Online, 28. Oktober 2010</ref>

Am 26. Mai 2011 wurde Mladić schließlich in Lazarevo in Serbien verhaftet.<ref name="SPON_26052011" /><ref>Ratko Mladic in Serbien gefasst in: sueddeutsche.de vom 26. Mai 2011. Abgerufen am 26. Mai 2011.</ref> Seine Identität wurde mittels einer DNA-Analyse festgestellt.<ref name="ORFDNA">Sender: DNA-Probe bestätigt Identität. In: Österreichischer Rundfunk. 26. Mai 2011, abgerufen am 26. Mai 2011 (deutsch).</ref> Staatspräsident Tadić drückte bei der Bekanntgabe der Festnahme seine Hoffnung aus, dass diese die EU-Beitrittsverhandlungen beschleunigen werde.<ref>Zeit Online: Mutmaßlicher Kriegsverbrecher Mladić verhaftet, 26. Mai 2011.</ref> Ein Belgrader Gericht genehmigte am 27. Mai Mladićs Überstellung nach Den Haag binnen einer Woche.<ref>Zeit Online: Mladić darf ans UN-Tribunal ausgeliefert werden, 27. Mai 2011, abgerufen am 28. Mai 2011.</ref>

In Belgrad gingen Tausende auf die Straße, um gegen die Verhaftung und Auslieferung Mladićs zu demonstrieren. Sie nannten ihn einen serbischen Helden. Die Demonstrationen endeten in gewalttätigen Ausschreitungen.<ref>Festnahmen nach Protesten von Mladic-Anhängern in Serbien</ref>

Am 31. Mai 2011 wurde Mladić gestattet, das Grab seiner 1994 verstorbenen Tochter Ana in Belgrad unter hohen Sicherheitsvorkehrungen zu besuchen. Sie soll sich laut offiziellen Angaben im Alter von 23 Jahren aufgrund von Depressionen, die durch Mladićs Handlungen während des Bürgerkriegs verstärkt wurden, mit seiner Waffe erschossen haben. Mladić bestreitet diese Version und geht von einer Ermordung aus.<ref>Mladic besucht Grab seiner Tochter, www.focus.de, 31. Mai 2011</ref>

Am selben Tag wurde Ratko Mladić an das Haager Tribunal überstellt, nachdem die serbische Justiz einen Berufungsantrag der Verteidigung gegen die Überstellung nach Den Haag abgelehnt hatte.<ref>Ratko Mladic auf dem Weg zum Tribunal. news.ch. 31. Mai 2011. Abgerufen am 31. Mai 2011.</ref>

Prozess

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Das Gebäude des Internationalen Strafgerichtshofes für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag

Am 3. Juni 2011 stand Mladić erstmals vor dem UN-Tribunal. Es hatte Anklage in elf Punkten gegen ihn erhoben, darunter Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des Bosnienkriegs von 1992 bis 1995. Der Prozessauftakt wurde auf den 4. Juli 2011 festgelegt.<ref>tagesschau.de: Mladić erstmals vor UN-Tribunal: "Ich bin ein schwerkranker Mann", 3. Juni 2011, abgerufen am 3. Juni 2011.</ref> Mladić gab nur seine Personalien bekannt, wobei auch sein Geburtsjahr bekannt wurde, über das lange spekuliert worden war. Er gab an, schwer krank zu sein und dass er die 37-seitige Anklageschrift noch nicht durchgelesen habe. Nach Aussage seines Anwalts Miloš Šaljić soll er in den 16 Jahren auf der Flucht drei Hirnschläge und zwei Herzinfarkte erlitten haben, sowie 2009 wegen Lymphdrüsenkrebs behandelt worden sein.<ref>faz.de: Ratko Mladić vor dem UN-Tribunal: „Habe keine Muslime umgebracht“, 3. Juni 2011, abgerufen am 3. Juni 2011.</ref>

Serbien kündigte an, für die Verteidigung von Mladić keine finanziellen Mittel bereitzustellen. Die Republika Srpska in Bosnien-Herzegowina hingegen stellte 50.000 Euro zur Verfügung. Als Pflichtverteidiger wurde Aleksandar Aleksić vorgestellt.<ref name="ORFJuli">Prozess Anfang Juli fortgesetzt. ORF. 3. Juni 2011. Abgerufen am 3. Juni 2011.</ref>

Am 4. Juli 2011, dem zweiten Prozesstag, wurde Mladić vom vorsitzenden Richter Alphons Orie des Saales verwiesen, weil er durch Zwischenrufe die Anhörung mehrmals gestört hatte. In seinem Namen plädierte der Richter am Ende der Anhörung für unschuldig, wie es üblich ist, wenn der Angeklagte sich nicht äußern kann oder will.<ref>welt.de: Eklat in Den Haag – Richter verweist Mladic des Saals, 4. Juli 2011, abgerufen am 4. Juli 2011.</ref><ref>schwarzwaelder-bote.de: Der wahre Ratko Mladic, 5. Juli 2011, abgerufen am 5. Juli 2011.</ref> Zuvor war Mladić verwehrt worden, seinen langjährigen Anwalt Miloš Šaljić als Verteidiger zu wählen. Eigentlich hatte er aus diesem Grund den Anhörungstermin boykottieren wollen, erschien dann aber doch.<ref>focus.de: Ratko Mladic rastet in Den Haag aus, 4. Juli 2011, abgerufen am 5. Juli 2011.</ref><ref>google.de: Richter wirft störrischen Mladic aus dem Gerichtssaal, 4. Juli 2011, abgerufen am 5. Juli 2011.</ref>

Der Prozess vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal wurde am 16. Mai 2012 wiederaufgenommen, <ref>Mladic-Prozess beginnt vor UN-Kriegsverbrechertribunal bei welt.de, 16. Mai 2012 (abgerufen am 16. Mai 2012).</ref> nachdem ein halbes Jahr zuvor noch der medizinische Dienst des UNO-Untersuchungsgefängnisses erklärt hatte, dass Mladić nicht in der gesundheitlichen Verfassung sei, dem Prozess beizuwohnen.<ref name="ORFkrank">Mladic laut Tribunalsärzten zu krank für Anhörung vor Gericht. In: ORF. 10. November 2011, abgerufen am 10. November 2011 (deutsch).</ref> Im Falle einer Verurteilung droht ihm eine lebenslange Haftstrafe.<ref>Müller, Reinhard: Prozess gegen Ratko Mladic: Die letzte Runde ist eingeläutet bei welt.de, 16. Mai 2012 (abgerufen am 16. Mai 2012).</ref> Am 17. Mai 2012 wurde der Prozess wegen „Unregelmäßigkeiten“ auf unbestimmte Zeit vertagt. Der vorsitzende Richter Orie begründete den Schritt damit, dass die Anklage der Verteidigung Dokumente vorenthalten und damit deren Vorbereitung auf den Prozess behindert habe.<ref>Justiz: Beweisaufnahme im Prozess gegen Mladic auf unbestimmte Zeit vertagt bei welt.de, 17. Mai 2012 (abgerufen am 17. Mai 2012).</ref>

Am 9. Juli 2012 begannen die Kreuzverhöre der Zeugen der Anklage durch Mladićs Verteidiger Branko Lukić. Während Mladić in den ersten drei Tagen einen guten gesundheitlichen Eindruck machte, musste der Prozess am 12. Juli – dem Jahrestag des Massakers von Srebrenica – aufgrund eines plötzlichen Schwächeanfalls unterbrochen werden. Am 13. Juli erklärten die untersuchenden Ärzte, dass medizinisch einer Fortsetzung des Prozesses in der folgenden Woche nichts im Weg stehe.<ref>Mladic in Krankenhaus eingeliefert – Prozess unterbrochen bei focus.de, 12. Juli 2012 (abgerufen am 13. Juli 2012).</ref> Der Prozess wurde entsprechend fortgesetzt.

Am 19. Mai 2014 begann die Verteidigung mit dem Aufrufen ihrer Zeugen.<ref>BBC.com: BBC News - Ratko Mladic war crime defence begins, 19. Mai 2014, abgerufen am 17. Juli 2014.</ref>

Siehe auch

Weblinks

Commons Commons: Ratko Mladić – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten und Quellen

<references />