Reim


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25px Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Reim (Begriffsklärung) aufgeführt.

Der Reim ist im weiteren Sinne eine Verbindung von Wörtern mit ähnlichem Klang. Im engeren Sinne ist der Reim der Gleichklang eines betonten Vokals und der ihm folgenden Laute. Dieser Laut kann je nach Dichtungstradition am Anfang des Wortes (Anlaut), in der Mitte oder am Ende stehen. Beispiel: lauf – sauf; laufen – saufen; Laufender – Saufender. In der linguistisch orientierten Lyriktheorie werden Reime als phonologische Überstrukturierung aufgefasst.

Das mittelhochdeutsche Wort rim ist entlehnt aus dem Französischen: Das Substantiv rime für Reim stellt eine Rückbildung des Verbs rimer für „in Reihen ordnen, reimen“ dar (fränkisch und althochdeutsch rim „Reihe“). Die englische Schreibweise rhyme beruht darauf, dass zu Zeiten der Einführung des Modernen Englisch fälschlicherweise eine Verbindung zum griechischen rhythmos angenommen wurde.

Geschichte

Der Begriff „Reim“ bezeichnete bis ins 17. Jahrhundert den ganzen gereimten Vers. Martin Opitz (1597–1639), Dichter des Barock und Verfasser der ersten deutschsprachigen Poetik, begründete die heutige Definition: „Ein reim ist eine vber einstimmung des lautes der syllaben vnd wörter zue ende zweyer oder mehrer verse /welche wir nach der art die wir vns fürgeschrieben haben zusammen setzen.“<ref>Martin Opitz: Buch von der deutschen Poeterei - digitalisiert</ref> Die ursprüngliche Bedeutung hat sich aber noch in Ausdrücken wie Kinderreim und Kehrreim erhalten.

In China wurde der Reim bereits zwischen dem 10. und dem 7. Jahrhundert v. Chr. verwendet, was durch das Buch der Lieder, die älteste Sammlung von Gedichten und die größte aus vorchristlicher Zeit, bezeugt ist.

Die heidnische und christliche Dichtung der Spätantike im germanischen Sprachraum ist geprägt durch den Stabreim. Der Endreim wurde vermutlich über die christlich-lateinische Hymnendichtung eingeführt. Das alte Testament kennt den Reim aber ebenso wenig wie die Dichter der griechischen und römischen Antike, die den Gleichklang der Laute als unschön ablehnten.

Der Koran, der im 7. Jahrhundert entstand, ist in Reimprosa abgefasst. Diese literarische Form, die durch Endreime am Satzende oder an syntaktischen Einschnitten ohne Bindung an ein Versmaß getragen wird, war damals auf der arabischen Halbinsel sehr verbreitet.

Die geistliche und weltliche lateinische Dichtung des europäischen Mittelalters ist entweder akzentuierend und reimend, oder sie erscheint reimlos und quantitierend, d. h. es werden die antiken Metren verwendet, vor allem der Hexameter. Eine Ausnahme bildet der leoninische Vers, der die Quantitäten mit dem Reim verband.

Als erste in Endreimen abgefasste deutsche (althochdeutsche) Schriftdichtung gilt das Evangelienbuch Otfrids von Weißenburg (um 870). Seit dem 12. Jahrhundert tritt der Reim den Siegeszug in der Dichtung aller europäischen Volkssprachen an, und er behält seine vorherrschende Stellung, bis diese sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts stark abschwächt. Die moderne Lyrik verzichtet häufig auf die klassischen poetischen Mittel von Reim und Versmaß und verwendet den freien Vers, der im 19. Jahrhundert in Frankreich als vers libre entwickelt wurde. Durch den völligen Verzicht auf die Regeln der Metrik nähert sich der freie Vers der Prosa an.

Versuche deutscher Dichter im 18. Jahrhundert, den Reim durch den Blankvers und antike Metren zu ersetzen (Klopstock, Voss, Goethe, Schiller, Hölderlin), bleiben eine – wenn auch sehr bedeutsame – Episode.

Sehr lebendig ist der Reim auch noch im 21. Jahrhundert innerhalb der Rap-Poetry und beim Spoken Word, wo er auf vielfältigste Weise und bei weitem nicht nur auf den Endreim beschränkt als Stilmittel verwandt wird.

Funktion

Eine Funktion des Reims im Gedicht ist es, zusätzlich zu der metrischen Struktur der Silben, eine Struktur der Reime zu eröffnen, und damit diese beiden Perzeptionsebenen zu einer übergeordneten komplexeren Ebene in Beziehung zu setzen. Reim dient also nicht bloß der 'Gliederung', sondern die Reimstruktur bildet eine eigene ästhetische Dimension der Lyrik.

Lyrik hat eine musikalische Dimension. Der Gleichlaut ist vergleichbar mit einem phonetischen Idiom, das die Rückkehr zu bzw. das Ausgehen von einem Referenzpunkt (s. Kadenz) ermöglicht. Er schmeichelt dem Ohr und wirkt nach dem ästhetischen Prinzip der Einheit in der Vielfalt vor allem dann überzeugend, wenn die Reimwörter in ihrer Bedeutung und ihren Konnotationen weit auseinander liegen. Als Echo des Gedankens haben reimende Wörter oft für die Sinngebung der Dichtung ein besonderes Gewicht. Karl Kraus vertrat die Ansicht, dass ein Reim umso höher zu bewerten sei, je mehr Widerstand er zu überwinden hätte, sei es, dass ein einsilbiges Wort auf ein mehrsilbiges reimt oder die beiden Reimwörter aus verschiedenen sprachlichen Sphären stammen<ref>http://www.lyrikmond.de/gedichte-schreiben/reimwiderstand.php Die Lehre vom Reimwiderstand nach Karl Kraus</ref>.

Gereimtes bleibt zudem besser im Gedächtnis haften, daher haben Sprichwörter, Wetterregeln, Merkverse, Werbesprüche und dergleichen oft die Form des Reims. So hat das Reimen von Botschaften auch einen pragmatischen Nutzen, z. B. bei den Wandersängern des Mittelalters und der Renaissance zur Übermittlung von Nachrichten.

Der Endreim markiert das Ende der Zeile und setzt die einzelnen Zeilen zueinander in Beziehung. Diese Funktion ist besonders wichtig in französischen Gedichten, in denen der Vers nur durch die Silbenzahl (z.B. im Alexandriner zwölf oder dreizehn Silben) bestimmt wird.

Reimformen

Reime können nach ihrer Silbenzahl, der Stellung im Vers, ihrer phonologischen und morphologisch-lexikalischen Struktur und ihrem Reimschema beschrieben werden. Regelmäßige Reimschemata deuten in Zusammenhang mit bestimmten Versformen auf festgelegte lyrische Strophenformen hin. Bertolt Brechts Gedicht Erinnerung an die Marie A. mag als Beispiel dienen:

<poem>

„Und über uns im schönen Sommerhimmel War eine Wolke, die ich lange sah Sie war sehr weiß und ungeheuer oben Und als ich aufsah, war sie nimmer da.“

</poem>

Das Reimpaar „sah/da“ beispielsweise ist einsilbig (Silbenzahl), endreimend (Stellung im Vers), rein (phonologisch) und reimt nur jede zweite Zeile (Reimschema). Morphologisch-lexikalisch weist es keine Besonderheiten auf. Formal steht Brechts Gedicht damit der Volksliedstrophe nah.

Reime nach der Silbenzahl

Hauptartikel: Kadenz (Verslehre) und Katalexe

Männlich oder stumpf, einsilbig

Die Zeile endet auf einer betonten Silbe.<poem>

„Es stand vor eines Hauses Tor Ein Esel mit gespitztem Ohr.“

</poem>

Weiblich oder klingend, zweisilbig

Beide Zeilen enden auf reimenden Silben, die erste ist betont, die zweite unbetont.

<poem>

„Womit man denn bezwecken wollte, dass sich der Esel ärgern sollte.“

Wilhelm Busch
</poem>

Gleitend oder reich, dreisilbig

Beide Zeilen reimen auf drei Silben, deren erste betont ist.

<poem>

„Wunderschön Prächtige, Große und Mächtige

</poem>

Erweitert, vielsilbig

Der erweiterte Reim (auch: Doppel-, Mehrfach- oder Combo-Reim) reimt mehr als drei Silben.<poem>

„Den Straßenfeger mit Geselle plagt die Szenerie
jedoch ein Neger mit Gazelle zagt im Regen nie

</poem>

In Strophenformen, bei denen sich alternierend männliche und weibliche Reime abwechseln, spricht man auch vom Reimgeschlecht des jeweiligen Verses.

Reime nach der Stellung im Vers

Endreim

Übereinstimmung ab der letzten betonten Silbe der Zeile <poem>

„Ich trällere Triolen – Mich soll der Teufel holen.“

</poem>

Anfangsreim

Beim Anfangsreim (auch: Eingangsreim) reimen die ersten Wörter zweier Verse.<poem>

Zeilen, die sich hinten reimen, nennt man darum ein Gedicht. Feilen muss man da nicht lange. Kennt man eine andre Form?“

Michael Schönen
</poem>

Binnenreim

Der Binnenreim<ref>Zum Binnenreim zählen auch die Reimformen Schlagreim, Mittelreim, Mittenreim, Inreim, Übergehender Reim, Überschlagender Reim und der Zäsurreim. Das Beispiel stammt von Natias Neutert: Die Grillen, rezitiert und publiziert beim Ringelnatz-Sommer, Wurzen 2009. Vgl. www.kultur-in-wurzen.de/index.php?site=artikel&sub=detail&insert2=Pressespiegel&mandant_id=&id=486&PHPSESSID=03bfe86e739731e5e86bb31759938a3b</ref><ref>Weitere Beispiele für diese Form des Binnenreims finden sich hier.</ref> ist ein Reim, bei welchem die sich reimenden Wörter im Versinnern stehen.<poem>

„Zwei Grillen lebten in Ostberlin,
die wollten auf die Antillen ziehn.“

Natias Neutert: Die Grillen
</poem>

Ausgangsreim

Die sich reimenden Worte befinden sich jeweils am Ende verschiedener Verse. Der Ausgangsreim ist nicht mit dem Endreim zu verwechseln, da es bei dem Begriff 'Ausgangsreim' auf die Position des Worts im Vers, bei dem Begriff 'Endreim' auf die Position des sich reimenden Wortteils im Wort ankommt.

Schlagreim

Hauptartikel: Schlagreim

Der Schlagreim ist ein Binnenreim, bei dem sich zwei aufeinander folgende Wörter innerhalb eines Verses reimen.

<poem>

„Als ob es tausend Stäbe gäbe

</poem>

Echoreim

Hauptartikel: Echoreim und Echogedicht
Eine Version des Schlagreims. Er tritt im Echogedicht auf und besteht gewöhnlich aus Fragen, die in witzig-verblüffender Weise beantwortet werden. In einer weitergehenden Definition kann der Echoreim auch alle unregelmäßig wiederkehrenden Endreime in einem Gedicht kennzeichnen.

„Ach, was bleibt mir nun noch offen? Hoffen!“

Mittelreim

Ein Binnenreim, bei dem sich Wörter im Inneren von zwei aufeinanderfolgenden Versen reimen.

<poem>

„Ein dicker Hund schiss auf den Hof. Ich fand es lustig und fand’s doof.“

</poem>

Mittenreim

Ein Binnenreim, bei dem sich Versende und Inneres des vorhergehenden oder folgenden Verses reimen. <poem>

„Sei allem Abschied voran, als wäre er hinter dir, wie der Winter, der eben geht.“

</poem>

Übergehender Reim

Ein Binnenreim, bei dem Versende des einen und Anfang des folgenden Verses reimen. <poem>

„Da sprach ich zu Gunter: munter die Kunst, ernst das Leben.“

</poem>

Inreim

Ein Binnenreim, bei dem sich Versende und ein Wort aus demselben Vers reimen.

<poem>

„Eine starke, schwarze Barke Segelt trauervoll dahin.“

Heinrich Heine in Childe Harold
</poem>

Überschlagender Reim

Ein Binnenreim, bei dem sich Anfang und Ende eines Verses reimen.

<poem>

Dann pfeif’ ich eins, verschwinde und vergehe irgendwann, ich hatte eine schöne Zeit und einen hübschen Mann.“

</poem>

Zäsurreim

Hauptartikel: Zäsurreim

Ein Binnenreim mit Reimbindung des durch eine Zäsur entstandenen ersten Versabschnitts (der nicht Versmitte zu sein braucht) mit dem Versende. Auch: Reim zwischen Wörtern vor der Zäsur zweier Verse.

<poem>

„Uns ist in alten mæren wunders vil geseit von helden lobebæren, von grôzer arebeit“

Aus dem Nibelungenlied
</poem>

Pausenreim

Beim Pausenreim steht das Reimwort nach einem reimlosen Vers am Anfang des nächsten Verses. Der reimtragende Vers erscheint deshalb reimlos und erweckt den Eindruck der Pause. <poem>

„Sieh jene Kraniche in großem Bogen! Die Wolken, welche ihnen beigegeben Zogen mit ihnen schon, als sie entflogen.“

Bertolt Brecht in Terzinen über die Liebe
</poem>

Reime nach phonologischer Struktur

Die Begriffe rührender, äquivoker (gleichlautender), erweiterter (Mehrfachreim) und Vorreim werden in der Fachliteratur unterschiedlich geführt und überschneiden sich zum Teil erheblich in ihren Bedeutungen. Der Vorreim (3.3.4) wird hier als Reim geführt, bei dem reimende oder assonierende Vorsilben oder Satzpartikel mitklingen, während der rührende Reim (3.3.6) den Anlaut der Reimsilbe mitreimt. Der rührende Reim ist dem Vorreim damit untergeordnet. Beide können ein-, zwei- oder mehrsilbig sein. Äquivoke (gleichlautende) Reime klingen homophon (3.3.7). Der Begriff erweiterter Reim (3.1.4) wird hier nur silbenzählend verwendet (für Verse, in denen mehr als drei Silben reimen).

Erweiterter Reim

Der 'erweiterte Reim' ist ein Überbegriff für alle Formen des Reims, bei denen die Übereinstimmung der Reimwörter über den, für den Endreim maßgeblichen Teil ab der letzten betonten Silbe, hinausgeht. (Vgl. reicher Reim, rührender Reim, identischer Reim, grammatischer Reim, Schüttelreim)

Reicher Reim

Die sich reimenden Wörter stimmen schon ab dem vorletzten betonten Vokal überein. Zum Beispiel: 'überleben - drüber heben'.

Reiner Reim

In einem reinen Reim stimmt die hörbare Lautfolge der Reimsilben genau überein.

<poem>

„Soviel ihr auch fleht Ich bitte euch: Geht!

</poem>

Unreiner Reim

Beim unreinen Reim stimmt die hörbare Lautfolge der Reimsilben annähernd überein, Abweichungen treten in Klangfärbung und Betonung auf. Unreine Reime werden oft durch ähnliche klingende Konsonanten (d auf t) oder mit Umlauten gebildet (ä oder ö wird mit dem Selbstlaut e gereimt, auch der Umlaut ü mit dem Vokal i) ebenso wie mit ähnlich klingenden Vokalverbindungen (wie ei mit eu/äu).

<poem>

„Wie ein Gebild aus Himmelshöh’n, mit züchtigen, verschämten Wangen sieht er die Jungfrau vor sich steh’n.

</poem>

Mitunter sind Reime vielleicht nur nach heutigen (hochdeutschen) Aussprachestandards als unrein anzusehen, nicht jedoch, wenn die mundartlichen Einflüsse berücksichtigt werden, unter denen ein Dichter früherer Jahrhunderte gestanden hat. Dies betrifft im Konkreten etwa die Auslautverhärtung, die Konsonantenschwächung und die in ober- und mitteldeutschen Mundarten weit verbreitete Entrundung. Ein Beispiel ist Goethes Verspaar „Ach neige / du schmerzensreiche“. Der Frankfurter Goethe sprach neiche. Und der Schwabe Schiller reimte Eile auf Keule (er sprach Keile) und süß auf Paradies<ref>Erwin Arndt: Deutsche Verslehre. Berlin 1985, S.110</ref>.

Ebenso können Reime nur aus strenger hoch- bzw. schriftsprachlicher Sicht unrein sein, in anderen Varietäten/Registern (dialektal geprägte Akzente; Umgangssprache; Jugendsprache usw.) aber reine Reime darstellen. Beim Rap z.B. wird Umgangssprache zur Reimbildung genutzt (Hammer wird auf Mama gereimt; allerdings sind auch standardsprachlich unbetontes [ɐ] und unbetontes [a] phonetisch-auditiv sehr ähnlich).<ref>Beispiele für unreine Reime mit ähnlich klingenden Vokalen, Konsonanten, Doppelvokalen und Dialekten finden sich in der Reimschule.</ref>

Assonanz

Hauptartikel: Assonanz (Lyrik)

Unreiner Reim: Nur die Vokale, aber nicht die Konsonanten stimmen überein.

<poem>

„Ihr dürft es gerne wagen, An den Früchten euch zu laben

</poem>

Parareim

Hauptartikel: Parareim

Nur die Konsonanten, nicht aber die Vokale stimmen überein. Die Vokalquantität bleibt erhalten.

<poem>

„Ihr dürft es gerne wagen: Stürzt euch in die Wogen!“

</poem>

Vorreim

Der Vorreim ergänzt das Reimwort durch ebenfalls reimende oder assonierende Vorsilben oder Satzpartikel.

<poem>

„Weshalb leiden und ertragen? Und was mich mitnimmt, mir erklagen?“

</poem>

Endsilbenreim

Der Endsilbenreim reimt zwischen nebentonigen und unbetonten Endsilben.

<poem>

„Es zucken die Blitze denn Und stinken die Harpyien.“

</poem>

Rührender Reim

Der rührende Reim reimt auch den Anlaut der Reimsilbe mit, d.h. auch die Konsonanten vor der betonten Reimsilbe klingen gleich.

<poem>

„In meinem Schädel schwirrt es, Vor Augen dunkel wird es“

</poem>

Äquivoker Reim

Der äquivoke (gleichlautende) Reim reimt homophone Wörter.

<poem>

„Euch werd ich’s lehren, euch so zu entleeren.“

</poem>

Identischer Reim

Der identische Reim reimt dasselbe Wort.

<poem>

„Kindlein schlug sich an den Kopf, blutig war darauf der Kopf.“

</poem>

Historischer Reim

Der historische Reim war zur Zeit seiner Entstehung rein, ist es aber heute aufgrund anderer Sprechgewohnheiten nicht mehr.

prove/love

slay/shey

Doppelreim

Ein Doppelreim ist ein drei- oder viersilbiger Endreim mit der folgenden Zeile, der zwei Hebungen bzw. zwei sich selbständig reimende Wörter enthält:

Klanggeister – Sangmeister

Enthält der Reim nur eine Hebung, so wird er als vokalischer Halbreim bezeichnet:

licht war – sichtbar (Hesse).

Schüttelreim

Hauptartikel: Schüttelreim

Ein Schüttelreim ist ein Doppelreim mit zwei Anfangslauten oder -lautgruppen, die den Platz tauschen.

<poem>

„Ich seh' dich bleich erglühen, du wirst sogleich erblühen.“

</poem> <poem>

„Wer ander'n in die Möse beißt, ist böse meist.“

</poem> <poem>

„Er würgte eine Klapperschlang' bis ihre Klapper schlapper klang

</poem>

Reime nach morphologisch-lexikalischen Besonderheiten

Gespaltener Reim

Der gespaltene Reim ist ein mehrsilbiger Reim, bei dem sich mindestens eines der Reimglieder auf zwei oder mehrere, meist kurze Worte erstreckt. <poem>

„Es gibt nichts Gutes außer: Man tut es.“

</poem>

Gebrochener Reim

Der gebrochene Reim ist ein Reim, der durch ein morphologisches Enjambement (einen Zeilenwechsel mitten im Wort) möglich wird.<poem>

„Er bleibt im Trench- coat der gleiche Mensch.“

</poem>

Augenreim

Der Augenreim ist ein mehrsilbiger Reim, der sich nur orthographisch reimt und verstärkt in Fremdsprachen, insbesondere der englischen Sprache, auftritt.

<poem>

„Greif im Aldi in der Schlange Aus dem Wagen die Orange. Aber ach, welche Blamage: Jene sah schon bessre Tage. Auch das falbe Cordon Bleu: Nicht mehr nigelnagelneu. Dieser Einkaufsvormittag Taugt noch als Gedichte-Gag.“

</poem>

Ohrenreim

Der Ohrenreim ist ein Reim, der auf dem Gleichklang der Reimwörter bei gleichzeitig verschiedener Schreibweise beruht, v. a. bei Fremdwörtern. Zum Beispiel: 'Bei Facebook liken - die Freunde verschweigen'.

Grammatischer Reim

Hauptartikel: Grammatischer Reim
Der grammatikalische Reim (auch: grammatischer oder Stammreim) verbindet Wörter des gleichen Stammes, zum Beispiel 'ableben - verleben'. Oft auch Flexionsformen desselben Wortes ohne Rücksicht auf Gleichklang.<poem>

„Es ist eine Schande, sie so zu schänden.“

</poem>

Umgekehrter Reim

Ein umgekehrter Reim (nach Alexander Nitzberg) ist eine Mischung aus grammatikalischem und Schüttelreim. Er reimt Wörter, bei denen Buchstaben ausgetauscht wurden.<poem>

„wundern/wurden verkümmere/verkrümme“

</poem>

Zwillingsreim

Eine Mischform aus gleichlautendem, mehrsilbigem und gespaltenem Reim ist der Zwillingsreim (nach Günter Nehm): Er reimt Wörter mit gleichem Buchstabenmaterial, die an jeweils anderer Stelle durchtrennt werden.<poem>

„Böse Diebe klauten Waren, Böse die Beklauten waren.“

Günter Nehm
</poem>

Vexierreim

Der Vexierreim (von lat. vexare = plagen, vgl. Vexier und Vexierbild) steuert auf ein naheliegendes Reimwort (oft mit frivolem oder kompromittierendem Hintergrund) zu, bevor er ein anderes vergibt. In Liedform spricht man von einem Vexierlied.

<poem>

„Wir ziehen los mit ganz großen Schritten, und Erwin faßt der Heidi von hinten an die Schulter.“

aus dem Refrain des Stimmungsliedes Polonäse Blankenese (Interpret: Gottlieb Wendehals)
</poem>

Das erwartete Reimwort kann auch durch eine gesamte Phrase ersetzt werden:

<poem>

„Denn jetzt kommt Tutti Frutti auf RTL, da ham' die Frauen fast nichts drunter. Ich sitz' in meinem Sessel, der Puls geht schnell, und dann hole ich mir einen – Beutel Kartoffelchips aus der Küche.“

Aus dem Lied So. 22:40 RTL [do it yourself] (Interpret: Norbert und die Feiglinge)
</poem>

Stabreim

Hauptartikel: Stabreim

Der Stabreim ist ein strenges Versilbungsprinzip der altgermanischen Sprachen, das sich der Alliteration bedient, das also gleiche Anlaute von betonten Stammsilben an bestimmten Positionen im Vers fordert. Vor allem im Alt- und Mittelenglischen, Altnordischen, Altsächsischen und Althochdeutschen sind Dichtungen in Stabreimversen überliefert.

In den Literaturen der Neuzeit wird der Stabreim nur historisierend verwendet (Richard Wagner). Alliteration ist dagegen ein seit jeher und bis heute häufig gebrauchtes sprachliches Schmuckmittel, allerdings kann es nur im weitesten Sinne als Reim gelten, wenn es nicht mit metrischer Regelhaftigkeit eingesetzt wird.

Reimfolgen am Versende/Reimschemata

Paarreim

Form: aabb ccdd (usw.)

<poem>

(a) Ich geh' im Urwald für mich hin… (a) Wie schön, dass ich im Urwald bin: (b) Man kann hier noch so lange wandern, (b) Ein Urbaum steht neben dem andern.“

</poem>

Es ist ein Paarreim<ref>Hinweise zum Aufbau des Paarreims und Beispiele finden sich hier.</ref>, wenn sich die jeweils letzten Wörter von zwei aufeinander folgenden Versen reimen. Zwei durch Paarreim verbundene Verse werden dementsprechend Reimpaar genannt.

Kreuzreim, auch Wechselreim

Hauptartikel: Kreuzreim

Form: abab cdcd (usw.)

<poem>

(a) Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe (b) so müd geworden, daß er nichts mehr hält. (a) Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe (b) und hinter tausend Stäben keine Welt.“

</poem>

Umarmender Reim, Blockreim

(auch: Umfassender Reim, umschließender Reim oder eingebetteter Reim genannt)

Form: abba cddc (usw.)<poem>

(a) Ein reiner Reim ist sehr begehrt, (b) doch den Gedanken rein zu haben, (b) die edelste von allen Gaben, (a) das ist mir alle Reime wert.“

-Goethe
</poem>

Das heißt, ein Reimpaar fasst ein anderes ein, „umarmt“ es bildlich gesehen also.

Verschränkter Reim

Die Reimfolge ist beim verschränkten Reim: abc abc (usw.). Man kann sich vorstellen, die Reimpaare aa, bb, cc seien wechselweise ineinander verschoben, also 'verschränkt' worden.

<poem>

(a) Der Tag ist karg an liebesüßen Wonnen, (b) Es schmerzt mich seines Lichtes eitles Prangen (c) Und mich verzehren seiner Sonne Gluthen. (a) Drum birg dich Aug' dem Glanze irrd'scher Sonnen! (b) Hüll' dich in Nacht, sie stillet dein Verlangen (c) Und heilt den Schmerz, wie Lethes kühle Fluten“

</poem>

Haufenreim

Beim Haufenreim wiederholt sich der Reim mehr als zweimal hintereinander. Form: aaaa bbbb (usw.)

<poem>

(a) Ich bin ein Bote und nichts mehr, (a) Was man mir gibt, das bring’ ich her, (a) Gelehrte und polit’sche Mär; (a) Von Ali Bei und seinem Heer, (a) Vom Tartar-Khan, der wie ein Bär (a) Die Menschen frisst am schwarzen Meer (a) (Der ist kein angenehmer Herr), (a) Von Persien, wo mit seinem Speer (a) Der Prinz Heraklius wütet sehr. (a) Vom roten Gold, vom Sternenheer, (a) Von Unschuld, Tugend, die noch mehr (a) Als Gold und Sterne sind — ...“

Matthias Claudius aus der Ankündigung des Wandsbecker Boten
</poem>

Schweifreim, auch Zwischenreim

Form: aa b cc b (usw.)

<poem>

(a) Ja, ich weiß, woher ich stamme, (a) Ungesättigt gleich der Flamme (b) Glühe und verzehr' ich mich. (c) Licht wird alles, was ich fasse, (c) Kohle alles, was ich lasse, (b) Flamme bin ich sicherlich“

</poem>

Kettenreim (auch: Terzinenreim)

Hauptartikel: Terzine

Die einzelnen Reimgruppen sind beim Kettenreim dadurch miteinander verknüpft, dass ein Wort der vorhergehenden Reimgruppe in der darauf folgenden Reimgruppe als Reimwort aufgenommen wird. Form: aba bcb cdc ded (usw.)

<poem>

(a) Auf halbem Weg des Menschenlebens fand (b) ich mich in einen finstern Wald verschlagen, (a) Weil ich vom rechten Weg mich abgewandt.

(b) Wie schwer ist’s doch, von diesem Wald zu sagen, (c) Wie wild, rauh, dicht er war, voll Angst und Not; (b) Schon der Gedank’ erneuert noch mein Zagen.

(c) Nur wenig bitterer ist selbst der Tod; (d) etc.“

</poem>

Kehrreim

Hauptartikel: Kehrreim

Wiederholung einer Zahl (Kurzvers von nicht mehr als 8 Silben) oder sogar einer Kette an Zahlen (Koppelung zweier Reihen) am Schluss der Strophe, tritt in verschiedenen Formen als Endkehrreim (jeweils am Ende der Strophe), Anfangskehrreim (jeweils am Anfang der Strophe), Binnenkehrreim (innerhalb verschiedener Strophen), periodischer Kehrreim (kehrt nicht in jeder Strophe, sondern nur in jeder 2., 3., 4. wieder) oder binnenstrophiger Kehrreim (ist auf eine einzige Strophe beschränkt) auf.

Körner

Körner (auch: Körnerreime) sind Verszeilen, deren Reim nicht in der eigenen Strophe, sondern erst in der (den) folgenden seine Entsprechung hat und die einzelnen Strophen und deren Aussagen miteinander durch Reimklang umschlingt. Körner spielen im Meistersang eine Rolle.

Nichtreimende Verse

Waise

Hauptartikel: Waise

Als Waise wird ein Vers bezeichnet, der sich mit keiner anderen Zeile reimt. Im Reimschema häufig mit x oder w notiert.

Literatur

geordnet nach dem Erscheinungsjahr

  • Friedrich Ferdinand Hempel (Pseudonym „Peregrinus Syntax“): Allgemeines deutsches Reimlexikon. Brockhaus, Leipzig 1826 (Digitalisat).
  • Ulrich Ernst, Peter-Erich Neuser (Hrsg.): Die Genese der europäischen Endreimdichtung (= Wege der Forschung. 444). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1977, ISBN 3-534-06717-7.
  • Gerhard Grümmer: Spielformen der Poesie. 2. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1988, ISBN 3-323-00204-0.
  • Willy Steputat: Reimlexikon. Neu bearbeitet von Angelika Fabig. Reclam, Stuttgart 1997, ISBN 3-15-029620-X.
  • Bernhard Asmuth: Reim. In: Gert Ueding (Hrsg.): Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Band 7: Pos – Rhet. Niemeyer, Tübingen 2005, ISBN 3-484-68107-1, Sp. 1115–1144.
  • Rüdiger Zymner, Harald Fricke: Einübung in die Literaturwissenschaft. Parodieren geht über Studieren (= UTB 1616 Literaturwissenschaft). 5., überarbeitete und erweiterte Auflage. Ferdinand Schöningh, Paderborn 2007, ISBN 978-3-8252-1616-0.

Einzelnachweise

<references/>

Weblinks

Commons Commons: Rhymes – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienVorlage:Commonscat/Wartung/P 2 fehlt, P 1 ungleich Lemma
Wiktionary Wiktionary: Reim – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen