Präfix
Ein Präfix (neutr.; lat. praefixum, von praefixus (-a, -um), dem PPP von praefigere; dt. Vorsilbe) ist eine Worterweiterung (Affix), die dem Wortstamm vorangestellt wird (im Gegensatz zum Suffix, das dem Stamm folgt). Das Anfügen von Präfixen (Präfigierung) begegnet im Deutschen als eine Methode zur morphologischen Wortbildung mit Verben, Substantiven und Adjektiven.
Inhaltsverzeichnis
Präfixe im Deutschen
Verbalpräfixe
Bei Verbalpräfixen ist zu unterscheiden zwischen Präfixen im engeren Sinne und Partikeln. Während echte Präfixe untrennbar mit dem Verbstamm verbunden sind (z. B. sich be-nehmen), können Partikeln in bestimmten Konstruktionen vom Stamm getrennt werden (z. B. ab-nehmen: ich nehme den Hut ab). Dem entspricht eine unterschiedliche Betonungsstruktur: Präfixverben sind stammbetont, die Betonung bei Partikelverben liegt dagegen auf der dem Stamm vorhergehenden Partikel.
Die verbalen Präfixe und Partikel sind wichtige Mittel zur Bildung neuer Verben, da die Anzahl verfügbarer einfacher Verben im Deutschen relativ niedrig ist. Die Verbindungen sind dementsprechend häufig lexikalisiert, d. h., die Gebilde haben eine eigene Gesamtbedeutung, die sich von den Einzelbedeutungen der Teile entfernt hat. Dies gilt in gleichem Maße für trennbare Partikel wie für nichttrennbare Präfixe.
Wichtige Präfixe im Deutschen am Beispiel des Tätigkeitswortes legen in Infinitivform:
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Bei über- und unter- verändert sich die Bedeutung des Verbs je nach der Art des Präfixes und der daraus resultierenden Betonung:
- Er überlegte, was er nun tun sollte. (Präfix)
- Er legte sich eine Decke über. (Partikel) (Nicht: * Er überlegte sich eine Decke.)
- Er unterlegte den Film mit passender Musik. (Präfix)
- Er legte sich ein Kissen unter. (Partikel) (Nicht: * Er unterlegte sich ein Kissen.)
Eine strittige Frage ist, ob verbale Präfixe und Partikeln auch zu den Wortbildungsaffixen zählen können (das Problem ist, dass Präfixe sich ansonsten in der Regel nicht als grammatischer Kopf verhalten). In manchen Fällen hat man überdies Verben vor sich, die außer dem Präfix / Partikel nur eine nominale Wurzel enthalten, z. B. Dach – überdachen. Hier ist in der Literatur vorgeschlagen worden, dass ausnahmsweise auch ein Präfix ein Wortbildungselement sein kann, das die Ableitung vom Nomen zum Verb besorgt, oder dass ein Kategoriewechsel ohne sichtbaren Anzeiger vorausgeht (Konversion), sodass ein Präfix dann an ein fertiges Verb tritt (das allerdings nicht allein auftreten könnte): über + V[ N[ dach] ]-. Dem Infinitivaffix "-en" den Kategoriewechsel von N zu V zuzuschreiben, ist systematisch unerwünscht, weil Flexionsaffixe von Derivationsaffixen getrennt gehalten werden sollen, und außerdem weil "überdach-" auch alleine als Verbstamm für die weitere Derivation gebraucht wird, z.B. in überdach-bar.
Präfigierung und die Bildung des Perfektpartizips
Siehe auch: Partizip#Bildung
Das Perfektpartizip wird im Deutschen allein mit einem Suffix -t oder -n gebildet, wenn das Verb ein (nichttrennbares) Präfix trägt (sowie in weiteren Fällen, siehe den verlinkten Spezialartikel). Das -en des Infinitivs ist vom -en des Partizips zu unterscheiden.
- be-setz-en : be-setz-t
- be-trüg-en : be-trog-en
Bei Verben, die kein anderes Präfix tragen, erscheint in der Partizipform zusätzlich ein Element ge-:
- setz-en : ge-setz-t
- trüg-en : ge-trog-en
Eine gängige Analyse ist, die beiden hinzutretenden Teile ge-...-t bzw. ge-...-en als ein einziges Affix zu bezeichnen, das insgesamt den Verbstamm umgibt (ein Zirkumfix). Alternativ könnte das partizipbildende ge- für sich allein als ein Präfix angesehen werden. In diesem Fall wäre es der einzige Fall eines deutschen Präfixes, das eine Flexion statt einer Wortbildung ausdrückt, da die Partizipformen in der Bildung von Perfekt und Passiv als eine infinite Verbform zählen.
Trennbare und untrennbare Verben
Verbindungen aus Verb und Partikel werden im Deutschen getrennt, wenn das Verb vorangestellt wird (in V2-Stellung bzw. "Kernsatz" sowie V1-Stellung bzw. "Stirnsatz"). Ebenso tritt das zu des "zu-Infinitivs" sowie das ge- der Partizipform zwischen Partikel und Stamm.
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Der Sonderfall missverstehen
Missverstehen ist – im Gegensatz zu misstrauen u. Ä. – ein Verb, das in der hochdeutschen Standardsprache Eigenschaften trennbarer (a) und untrennbarer (b) Verben miteinander vereinigt:
(a): Betonung auf der ersten Silbe in allen Formen und Einfügung von -zu- in misszuverstehen (-ge- im Perfektpartizip entfällt wegen der Silbe -ver-);
(b): die Vorsilbe niemals ganz abgetrennt und nachgestellt: ich missverstehe etc.
Kombinationen aus Partikel und Präfix
Bei manchen Verben findet sich ein echtes (nichttrennbares) Präfix vor dem Verbstamm und außerhalb davon auch noch eine Partikel. Beispiele sind: auf-er-stehen, ein-be-ziehen, ab-be-stellen, etc. Die Formen verhalten sich regelmäßig, indem die Partikel die Betonung trägt, die Partizipbildung ohne zusätzliches -ge- erfolgt (z. B. auferstanden) und die Voranstellung im Satz nur Präfix+Verb erfasst, während die Partikel zurückbleibt (Sie beziehen das ein).
Präfixe fremdsprachlicher Herkunft im Deutschen
Wie in vielen europäischen Sprachen kommen im Deutschen Präfixe vor, die aus den klassischen Sprachen entlehnt sind; sie finden sich vor allem in Fremdwörtern, nur selten in Kombination mit deutschen Wortstämmen (etwa Ex-freund, Supra-leiter):
Präfixe im Esperanto
Die Plansprache Esperanto hat wie viele andere Sprachen auch einige Präfixe. Hierbei ist im Esperanto typisch, dass die Präfixe mit Wörtern stets dann verbunden werden können, wenn sich daraus eine sinnvolle Zusammensetzung ergibt; bei anderen Sprachen kann man in der Regel nur diejenigen Verbindungen benutzen, die sich bereits eingebürgert haben (im Deutschen ist z. B. keine Verbindung von un- mit schnell oder langsam zulässig).
Allgemein verwendet werden die Präfixe:<ref>Nach "Taschenlehrbuch Esperanto", von Till Dahlenburg und Peter Liebig, Seiten 217–218.</ref>
- bo- "Schwieger-", z. B. bopatro "Schwiegervater"
- dis- "zer, auseinander-", z. B. distranĉi "zerschneiden"
- ek- "los-", z. B. ekiri "losgehen"
- eks- "Ex-, ehemalig", z. B. eksministro "Exminister"
- ge- "Personen beiderlei Geschlecht", z. B. gefratoj "Geschwister"
- fi- "moralische Verschlechterung", z. B. fihomo "Lump"
- mal- "un-, nicht-", z. B. malbona "schlecht"
- mis- "miss-", z. B. miskompreno "Missverstehen"
- pra- "ur-", z. B. praavino "Uroma"
- re- "zurück-; erneut", z. B. reiri "zurückgehen"
Allerdings können auch viele Präpositionen ähnlich wie im Deutschen als Präfixe fungieren.<ref>Nach "Słownik esperancko-polski, Esperanto-pola vortaro", von Tadeusz J. Michalski, ISBN 83-214-0688-2, Seite 10.</ref>
- al "nach, zu", z. B. alveni "ankommen"
Referenzen
<references/>
Siehe auch
- Liste deutscher Präfixe
- Flektierende Sprache
- Grammatik
- Präfixe von Schiffsnamen
- Suffix, Infix, Zirkumfix
- Vorsätze für Maßeinheiten - SI-Präfixe für das SI-Einheitensystem
Weblinks
- vorsilben.welt-im-web.de – Alle im Duden stehende Präfixeml:ഉപസര്ഗം