Schloss Tiefurt
Schloss Tiefurt ist ein kleines Landschloss an der Ilm im Ortsteil Tiefurt der Stadt Weimar, etwa vier Kilometer östlich des Stadtzentrums gelegen. Das Schloss war Sommersitz der Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar-Eisenach. Zusammen mit dem Schlosspark Tiefurt gehört es seit 1998 als Teil des Ensembles „Klassisches Weimar“ zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Schloss
Das Schloss war ursprünglich das Pächterhaus eines herzoglichen Kammergutes. Der Bau, Ende des 16. Jahrhunderts errichtet und 1765 umgebaut und erweitert, besteht aus einem Hauptgebäude, dessen Obergeschoss sieben Räume umfasst, und einem kleineren Nebengebäude. Beide sind durch einen überdachten Gang verbunden. Im Obergeschoss befindet sich eine Terrasse mit einer Pergola, auf der eine Mädchenskulptur und zwei Sphingen zu sehen sind.
1776 richtete sich Herzog Carl Augusts jüngerer Bruder Konstantin unter der Anleitung seines Erziehers Karl Ludwig von Knebel in dem Schloss seine eigene Hofhaltung ein. Vier Jahre später, während einer längeren Abwesenheit des Prinzen, wählte seine Mutter Anna Amalia das Schloss als Sommersitz. Sie bezog das Obergeschoss mit zwei Dienern; im Nebengebäude wurde ihre Hofdame Luise von Göchhausen untergebracht. Das Zimmer der Göchhausen hat folgende Besonderheit: Da sie krummwüchsig war, konnte sie normalausgerichtete Bilder nur etwas verzogen ansehen. Die Bilder in ihrem Zimmer sind deshalb so gemalt und gerahmt, dass die Ansichten auf ihre Befindlichkeit Rücksicht nahmen. Auf zwei Statuen ist hier gesondert zu verweisen. Zum einen ist es ein Abguss von der „Frierende“ von Houdon aus dem Louvre von 1793 und zum andern den der Melpomene im Kaminzimmer. Tiefurt wurde zum Treffpunkt des Weimarer Musenhofes. Aber auch sonst gab es zahlreiche Gäste hier wie die Gebrüder Humboldt bzw. den Maler Charles Gore. Bemerkenswert ist auch, dass dieser Kreis ein Journal von Tiefurt herausgab. Dieses zunächst nur in wenigen einzelnen handgeschriebenen Exemplaren erschienene Journal wurde 1892 von Bernhard Suphan und Eduard von der Hellen im Namen der Goethe-Gesellschaft Weimar erstmals in größerer Auflage verbreitet.<ref> Eduard von der Hellen (Hrsg.): Das Journal von Tiefurt, in: Schriften der Goethe-Gesellschaft, hrsg. von Bernhard Suphan, 7. Band, Weimar 1892. Digitalisat</ref> 2011 erschien ebenfalls von der Goethe-Gesellschaft Weimar eine Neuedition des Journals.<ref>„Es ward als ein Wochenblatt zum Scherze angefangen“ : das Journal von Tiefurt. Hrsg. von Jutta Heinz und Jochen Golz, unter Mitarb. von Cornelia Ilbrig ..., Göttingen 2011, ISBN 978-3-8353-0957-9.</ref>
Nach dem Tode der Herzogin 1807 wurde der Bau vernachlässigt, doch leitete Großherzog Carl Friedrich, der Sohn Carl Augusts, noch zu Goethes Lebzeiten die Renovierung ein. Für die Parkpflege wurde der bekannte Landschaftsgärtner Eduard Petzold berufen. Bemerkenswert ist auch der Umstand, dass der Goethesche Urfaust in einem Sekretär von der Hofdame Anna Amalias Luise von Göchhausen aufgefunden und abgeschrieben wurde. Während das Originalmanuskript Goethes durch den Dichter selbst vernichtet wurde, blieb die Göchhausensche Abschrift erhalten und gelangte schließlich in den Druck. Unter Clemens Wenzeslaus Coudray erfolgte 1821–1828 der Umbau des Schlosses und erhielt die heutige Gestalt. Es gibt zwei Zeichnungen vom Schloss Tiefurt. Eine ist von 1793 von Conrad Westermayr im Goethe-Nationalmuseum in Weimar mit der Inv. Nr.KHz1983/00421. Eine weitere Tuschzeichnung ist von Carl Wilhelm Holdermann in einer Radierung Carl Hummels von 1840 überliefert.<ref>http://www.goethezeitportal.de/fileadmin/PDF/db/wiss/epoche/mommsen_journal-von-tiefurth.pdf S. 19.</ref> Ein Abdruck davon befindet sich beispielsweise im Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig.<ref>mit der Inventarnummer: S/264/2006. S. [1]</ref>
Ein Blick in die Küche offenbart neben dem Zubehör, u. a. aus Holz und Zinn, nachgemachte Braten und Gerichte in Pappmaché.
1907 wurde das Schloss zu einem Museum ausgestaltet und für Besucher geöffnet. Eine umfassende Renovierung im Geschmack der Zeit um 1800 fand von 1978 bis 1981 statt. Dabei wurde im Obergeschoss die Raumfolge aus der Zeit Anna Amalias wiederhergestellt.
- Schloss Tiefurt
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Südwestansicht des Schlosses
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Rückansicht
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Begrüntes Portal zum Schlosshof
- Innenräume des Schlosses
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Die Küche
Schlosspark
Auf dem anliegenden Wiesengelände mit einer Größe von etwa 21 Hektar, von einer Ilmschleife eingefasst, begann man mit der Anlage eines Landschaftsparks im englischen Stil, der bereits damals auch der Öffentlichkeit zugänglich war. Der Park umfasst beide Seiten der Ilm. Zwei den Fluss überqurende Brücken schufen die Verbindung: die Schafbrücke sowie die Gelbe Brücke, die zum Teehaus führt. Den höchsten Punkt des Schlossparkes bildet die Vergilgrotte. Der obere Weg an der äußeren Seite der Ilm führt von der Vergilgrotte zu einem Stein mit einem Goethe-Vers. Das Schloss wurde für etwa 25 Jahre der Lieblingssitz Anna Amalias und zu einem Zentrum des Weimarer Dichterkreises. Die Herzogin ließ die Porträts von Christoph Martin Wieland, Johann Gottfried Herder und selbstverständlich von Goethe im Park aufstellen. Diese waren aus Holz. Nur ein Steinporträt Wielands befindet sich noch im Park in der Wieland-Ecke, welches von Johann Gottfried Schadow (1802) stammt. Außerdem gibt es den Herdergedenkstein. Das Zentrum des Parkes bildet der Musentempel mit den aufwändigen Rabatten, mit denen er umgeben ist. Zu den markanten Parkarchitekturen zählt neben dem bereits erwähnten Teehaus das in unmittelbarer Nähe dazu befindliche Mozart-Denkmal Tiefurt. Unweit des Schlosses im Eingangsbereich steht ein Stein mit einem Vers Friedrich von Matthissons.
Der Park diente dem Liebhabertheater um Anna Amalia auch als Kulisse. Das am 22. Juli 1782 von Goethes gedichtete Singspiel Die Fischerin wurde hier uraufgeführt.<ref>Ein Aquarell von Georg Melchior Kraus zeigt eine Szene der Uraufführung in Tiefurt.</ref> Das Stück stand nach Goethe ganz in Beziehung zur Wald- und Wassernatur des Ortes und war vor allem auf Beleuchtungseffekte ausgerichtet. Die Hauptrolle hatte hierbei Corona Schröter. Die Bühnentechnik hierzu fertigte Johann Martin Mieding. Der von ihm sehr geschätzten Corona Schröter zu Ehren ließ Goethe in Tiefurt ein Denkmal setzen in Form des Steinbildes Amor als Nachtigallenfütterer. Dieses schuf 1796 Martin Gottlieb Klauer. Außerdem befinden sich Grabmale für den Bruder von Anna Amalia Prinz Leopold von Braunschweig, der bei der Bekämpfung einer Hochwasserkatastrophe in Frankfurt (Oder) 1785 umgekommen war und für ihren Sohn Konstantin, der 1793 bei Pirmasens erkrankte und in Wiebelskirchen als preußischer Generalmajor verstarb.
Unweit des Schlosses befindet sich eine Sonnenuhr, die ein Werk des Hofbildhauers Martin Gottlieb Klauer aus dem Jahr 1798 ist.
Der Park selbst ist durch die Ilm und der an ihr vorbeiführenden Wege mit der Anlage von Schloss Kromsdorf und dem Park an der Ilm verbunden.
Wenn auch außerhalb gelegen, so wurde doch die Wirkung des Blickes auf die Dorfkirche St. Christophorus von Tiefurt in die Parkgestaltung spätestens seit Eduard Petzold einbezogen. Diese ist nur wenig vom Schloss entfernt. Immerhin war sie eine Wirkungsstätte Johann Sebastian Bachs. Auch Goethe und Franz Liszt waren wegen der Orgel oft hier. In den Jahren 1846 bis 1850 erfolgte die Umgestaltung des Schlossparks Tiefurt durch Petzold nach Plänen seines Lehrmeisters Hermann Fürst von Pückler-Muskau.
- Schlosspark Tiefurt
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Der Weimarer Musenhof: Friedrich Schiller liest im Tiefurter Park; unter den Zuhörern sind auch Wieland (Mitte sitzend) und Goethe (rechts stehend). Ölgemälde von Theobald von Oer (1807–1885), 1860.
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Heutige Ansicht des im Jahre 1803 errichteten Musentempels mit einer häufig fälschlich als Polyhymnia bezeichnete Kalliope-Skulptur<ref>Beschreibung und Verzeichnis der TOREVTICA-WAARE der Klauerschen Kunst-Fabrik zu Weimar, hrsg. von Martin Gottlieb Klauer. Mit Kupfern. (Zweyter Heft), Weimar 1800, Taf. XV Nr. 104. (Kalliope) und Nr. 111 (Polyhymnia).</ref> im Zentrum sowie aufwendiger Schmuckbepflanzung rund um die Parkarchitektur herum.
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Mozart-Denkmal Tiefurt als Kupferstich im Journal des Luxus und der Moden 1799
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Wielandbüste von Schadow im Schlosspark zu Tiefurt
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Das Teehaus im Schlosspark
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Herder-Denkmal im Schlosspark
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Musentempel, Detailaufnahme
Literatur
- Hans Wahl: Tiefurt. J. J. Weber, Leipzig 1929 (Neuausgabe 1936: Weberschiffchen-Bücherei 19).
- Friedrich Menzel: Schloss Tiefurt. Nationale Forschungs- u. Gedenkstätten der Klassischen Deutschen Literatur, Weimar 1978.
- Rebecca Elisabeth Meyer: Schlosspark in Tiefurt bei Weimar. 2010. [2]
- Wolfgang Horn: Tiefurter Miniaturen. Streifzüge durch ein Gartendenkmal der Weimarer Klassik. Jena 2001, ISBN 3-931743-46-2.
Einzelnachweise
<references />
Weblinks
- Schloss Tiefurt auf den Seiten der Klassik Stiftung Weimar
- http://www.klassik-stiftung.de/uploads/tx_lombkswmargcontent/tiefurt_mit_Bildern_01.pdf
- http://www.weimar-tourismus.de/parks/fuehrung_parktiefurt.htm
- http://www.goethezeitportal.de/fileadmin/PDF/db/wiss/epoche/mommsen_journal-von-tiefurth.pdf
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Koordinaten: 50° 59′ 38″ N, 11° 21′ 49″ O{{#coordinates:50,993888888889|11,363611111111|primary
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