Tschechen
Tschechen (veraltet Böhmen, tschechisch: Češi) sind eine Ethnie. Ihr Ethnonym ist namensgebend für Tschechien, wo sich knapp zehn Millionen Bürger in der letzten Volkszählung als „Tschechen“ erklärt haben. Darüber hinaus gibt es tschechische Minderheiten in den Vereinigten Staaten, Deutschland, Kanada, Frankreich, im Vereinigten Königreich, der Slowakei, Kroatien, Österreich, Rumänien, Polen und anderen Staaten Europas und Amerikas.
Inhaltsverzeichnis
Name
Nach einer Abstammungssage wird die Selbstbezeichnung des tschechischen Volkes von dem mythischen Führer Čech [tschech] abgeleitet, der die Tschechen zur Zeit der Einwanderung in die neue Heimat geführt haben soll. Die älteste Version dieser Sage überlieferte um 1120 der Chronist Cosmas von Prag in seiner Chronica Boemorum.
Einer Theorie zufolge hängt das Wort „Tscheche“ (Čech, [tschech]) mit dem heutigen Wort „člověk“ ([tschlowjek], Mensch, vergleiche noch heute „tschelovek“ im Russischen) zusammen; das „ch“ (im Tschechischen wird „ch“ als ein selbstständiger Buchstabe und Laut betrachtet) ist ein archaisches Suffix, das Menschen bezeichnet. Es wird noch heute gelegentlich benutzt z. B. bei Worten wie „staroch“ statt „stařec“ (Greis) und „brach“ statt „bratr“ (Bruder).
Einer anderen Theorie zufolge leitet sich Tscheche, ebenso wie Sachse, von der in dieser Gegend üblichen Eigenbezeichnung ursprünglich nomadischer Völker ab, die sich latinisiert Saken nannten, während člověk mit Slawe (Slowake)<ref>-ek ist ein pannonisches wie auch baskisches und ossetisches Suffix und entspricht dem deutschen -er (Deutscher)</ref> in Verbindung zu bringen ist.
Des Weiteren existiert ein antikes Beispiel, an dem sich spätere Bildungsinstitutionen bei der Benennung von Völkergruppen orientierten, soweit eine Verbindung zum Namen einer der ältesten etruskischen Städte Chiusi<ref>Romanischer Name</ref>, die von den Etruskern als Clevsi<ref>Beachte Clevsi/Clevesi/člověk und Lautverschiebung hin zu regional typischen Kehllauten als Ersatz für /tsch/, /sch/ und teilweise /s/</ref> bezeichnet wurde, hergestellt werden kann.<ref>Beachte die etruskischen Städtenamen wie Velc (Vulci), Volsinii etc., aus denen sich die Bezeichnungen der Walachen, wie das deutsche Wort Volk und das mazedonische volk für Wolf ableiten.</ref> Einen weiteren Hinweis liefert der Name eines Dorfes in Slowenien Klavže<ref>/tsch/ oder /sch/ mit /k/; von člověk bzw. Slawe</ref>, dessen italienischer Name Chiusa lautet.
Volksgruppen
Volksgruppen innerhalb des tschechischen Volkes sind z. B. die Choden, die Mährer (Volksgruppe) und die tschechischen Schlesier.
Einige Angehörige der Mährer und Schlesier sehen sich selbst gern als eigenständiges Volk, in der letzten Volkszählung, die 2001 stattfand, bekannte sich allerdings nur eine Minderheit dazu: Nur noch 380.000 Menschen zur mährischen Nationalität, 11.000 Menschen zur schlesischen Nationalität (also 3,7 % und 0,1 % der Bevölkerung von Tschechien). Das Bekenntnis zur mährischen (und schlesischen) Nationalität ist eher als ein Ausdruck des wiederbelebten lokalen Patriotismus nach der Zeit des kommunistischen Zentralismus zu verstehen.
Geschichte
Die Slawen sind in zwei Wellen in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts und in der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts in das Gebiet des heutigen Tschechien eingewandert. Die verschiedenen westslawischen Stämme verschmolzen später zu einem Volk. Die Westslawen bildeten zunächst im 7. Jahrhundert das Reich des Samo, die – heute bereits oft zu den Tschechen zählenden – Mährer bildeten im 10. Jahrhundert Großmähren. Der direkte Vorgänger des heutigen tschechischen Staats entstand wahrscheinlich Ende des 9. Jahrhunderts. Er wurde Bestandteil des Heiligen Römischen Reiches, dennoch war er bis zum Jahr 1620 (Schlacht am Weißen Berg) weitestgehend unabhängig.
Ihre Unabhängigkeit erhielten die Tschechen als eigenständige Nation zunächst 1918 zusammen mit den Slowaken (Tschechoslowakei), die von 1939 bis 1945 in das Protektorat Böhmen und Mähren und die von Deutschland abhängige Slowakische Republik aufgespalten war, 1948 als kommunistischer Staat wiederrichtet und 1993 mit der Schaffung von Tschechien sowie der Slowakei endgültig zweigeteilt wurde.
Die tschechische Bevölkerung konzentrierte sich sehr lange ausschließlich auf das heutige Gebiet Tschechiens. Ab dem 13. Jahrhundert existieren auch kleinere tschechische Enklaven in der Gegend um Schytomyr und ab etwa 1600 um Lemberg (beides in der heutigen Ukraine gelegen) sowie vom Beginn der industriellen Revolution bis 1945 auch in Wolhynien. Daneben gibt es in den USA bis heute noch größere Auswandererkolonien. Seit der Vertreibung der Deutschböhmen und Deutschmährer (die nach Böhmen von tschechischen Herrschern vor allem im 13. Jahrhundert als Siedler angeworben wurden) nach dem Zweiten Weltkrieg bilden Tschechen auch im vormals hauptsächlich von Deutschen bewohnten Sudetenland die Bevölkerungsmehrheit.
Sprache
Die Tschechen sprechen die tschechische Sprache, eine westslawische Sprache, die eng mit der polnischen, slowakischen und sorbischen Sprache verwandt ist. Sie wird in lateinischer Schrift geschrieben.
Religionszugehörigkeit
In der letzten Volkszählung im Jahre 2011 (die jedoch auch Bürger anderer als tschechischer Nationalität umfasste) haben 44,7 % der Befragten keine Angabe über ihre Religionszugehörigkeit gemacht. 34,5 % haben sich als ungläubig und 6,7 % als gläubig und konfessionslos bezeichnet. Von den einer Religionsgemeinschaft angehörenden Befragten bezeichneten sich die meisten als römisch-katholisch (10,5 % der Bevölkerung), daneben gab es Protestanten und die Tschechoslowakische Hussitische Kirche (beide rund 0,5 %). Die Anhänger weiterer Konfessionen und Religionen machten insgesamt 2,4 % aus.<ref>Angaben des Tschechischen Statistischen Amtes Die Bevölkerung nach Alter, Religion und Geschlecht (auf Tschechisch).</ref>
Siehe auch
- Mährer
- Tschechische Schlesier
- Tschechische Sprache
- Tschechische Minderheit im Banat
- Wolhynientschechen
- Tschechen in Wien
Einzelnachweise
<references />