Vereinigungskirche
Die Vereinigungskirche, ursprünglich The Holy Spirit Association for the Unification of World Christianity, auch als Moon-Bewegung bekannt, ist eine neue religiöse Bewegung, die 1954 von dem Koreaner Sun Myung Moon gegründet wurde. 2011 wurde der offizielle Name der Bewegung in Deutschland zu Tongil-Gyo Vereinigungsbewegung geändert.<ref>Offizielle Homepage der Tongil-gyo Vereinigungsbewegung</ref>
Die wichtigsten Lehren stehen in dem Buch Das Göttliche Prinzip, das unter der Anweisung Moons geschrieben wurde. Die Organisation hatte 2007 im deutschsprachigen Raum etwa 1200 Mitglieder. In Japan, Südkorea und den Vereinigten Staaten ist durch höhere Mitgliederzahlen ihr politischer und wirtschaftlicher Einfluss größer.
Der Hauptsitz der Bewegung befindet sich in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul. Seit Moons Tod im September 2012 sind seine Witwe Hak Ja Han und ihr jüngster Sohn Hyung Jin Moon gemeinsam die Vorsitzenden der Vereinigungskirche International. Hyung Jin Moon hat diese Position bereits seit April 2008 inne. Seit 2005 ist der viertgeborene Sohn Kook Jin Moon Vorsitzender des Wirtschaftsunternehmens der Vereinigungskirche (Tongil Group). Nach Moons Tod am 3. September 2012 sollen somit Hak Ja Han, Hyung Jin Moon und Kook Jin Moon die Leitung über die Vereinigungskirche haben.<ref>Kim Hoo-ran: Unification Church founder dies. The Korea Herald vom 3. September 2012 (englisch).</ref>
Inhaltsverzeichnis
Geschichtliche Entwicklung
International
Sun Myung Moon hatte nach eigenen Angaben am Ostersonntag, den 17. April 1935, eine Vision von Jesus Christus. Jesus habe ihn gebeten, seine Mission zu vollenden und die Welt zu erlösen.<ref>Breen, Michael, 1997, Sun Myung Moon – The Early Years 1920-53, Refugee Books, Hustpierpoint, West Sussex, S.31. ISBN 0-9531637-0-9</ref> Moon war daraufhin Mitglied in verschiedenen Kirchen und versuchte mehrere Jahre mit etablierten christlichen Erweckungsbewegungen in Korea zusammenzuarbeiten (wie beispielsweise der Inside Belly Church, Leuchtendes Meer).<ref name="Hummel_S17" /><ref>Kwak, Chung Hwan (Hg.), 2008, One Family Under God – The Life of Sun Myung Moon, Universal Peace Federation, New York, S. 21. ISBN 978-1-930549-59-3</ref>
Als diese Bemühungen scheiterten, gründete Moon 1954 die Heilig Geist Gesellschaft zur Vereinigung des Weltchristentums (Segye Kidokkyo Tongil Sillyon), die später als Vereinigungskirche (Tongil Kyo-hae) bekannt wurde.<ref name="Handbuch">Handbuch Religiöse Gemeinschaften. Herausgegeben im Auftrag der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in Deutschland (VELKD) von Hans Krech und Matthias Kleiminger. 6., neu bearb. und erw. Aufl. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2006, ISBN 3-579-03585-1, S. 455. ISBN 978-3-579-03585-7</ref> Bis 1957 bildeten sich in 30 Städten in Südkorea Kirchengemeinden.<ref>Introvigne, Massimo (2000): The Unification Church. Signature Books Inc., Salt Lake City, Utah. ISBN 978-1-56085-145-5</ref><ref name="hck22">Kwak, Chung Hwan (Hg.), 2008, One Family Under God – The Life of Sun Myung Moon, Universal Peace Federation, New York, S.22. ISBN 978-1-930549-59-3</ref> Die grundlegende Lehre der Vereinigungskirche wurde 1950–52 von Hyo-Won Eu, dem ersten Vorsitzenden der Heilig Geist Gesellschaft, niedergeschrieben und unter dem Titel Wôl Li Hae Sôl (Erklärungen zum Göttlichen Prinzip) im Jahre 1957 das erste Mal gedruckt.<ref name="Hummel_S20" /><ref>Vereinigungskirche e.V. (Hg.), 2003, Das Göttliche Prinzip, Kando Verlag, Schmitten, S. XXV. ISBN 3-922947-30-1</ref><ref>FFWPU Ozeanien, The Life of Sun Myung Moon - Pioneer-Witnessing and Publication of Wolli Haesol (Memento vom 19. Juli 2008 im Internet Archive), 15. April 2009</ref> Ende der 1950er Jahre wurden die ersten Missionare nach Japan und die Vereinigten Staaten entsendet (Sang-ik Choi, Young-oon Kim, Bo-hi Pak, David Kim).<ref name="Handbuch" /><ref name="hck22"/><ref name="Hummel_S21" /><ref>FFWPU Ozeanien, The Life of Sun Myung Moon - Missionaries Sent Abroad (Memento vom 19. Juli 2008 im Internet Archive), 15. April 2009</ref>
1960er Jahre
Am 16. März 1960 heiratete Moon Hak Ja Han. Dieses Ereignis gilt innerhalb der Vereinigungskirche als die Hochzeit des Lammes (Offb 19,7 EU).<ref name="Handbuch" /><ref>FFWPU Ozeanien, The Life of Sun Myung Moon - The Holy Wedding of the True Parents (Memento vom 19. Juli 2008 im Internet Archive), 15. April 2008</ref> Moon führte seitdem Ehesegnungen durch, die wegen der großen Anzahl der teilnehmenden Paare große öffentliche Aufmerksamkeit erreg(t)en.<ref name="Hummel_S22" /> Ab Juli 1960 wurden in Südkorea jährlich im Sommer Projekte durchgeführt, bei denen sich über 400 christliche Kirchen beteiligten; dabei wurden Bibelwissen und die Lehre Moons verbreitet sowie gemeinnützige Arbeit durchgeführt.<ref>Kwak, Chung Hwan (Hg.), 2008, One Family Under God – The Life of Sun Myung Moon, Universal Peace Federation, New York, S. 24. ISBN 978-1-930549-59-3</ref>
Im Rahmen seiner ersten Welttour im Jahre 1965 hielt Moon in 40 Nationen Reden und errichtete an mehreren Orten sogenannte Holy Grounds (unter anderem auch in Berlin, Frankfurt am Main und Essen).<ref name="Hummel_S22" /><ref>Kwak, Chung Hwan (Hg.), 2008, One Family Under God – The Life of Sun Myung Moon, Universal Peace Federation, New York, S. 25. ISBN 978-1-930549-59-3</ref><ref>15. April 2009 FFWPU Ozeanien, The Life of Sun Myung Moon - The First World Tour (Memento vom 19. Juli 2008 im Internet Archive), 15. April 2008</ref> Auf seiner Reise in die Vereinigten Staaten traf Moon auf den ehemaligen US-Präsident Dwight D. Eisenhower.<ref name="Hummel_S22" /> 1966 wurde die zweite Ausgabe der Lehre der Vereinigungskirche Wôl Li Kang Ron (Erläuterung des Göttlichen Prinzips) in Koreanisch herausgegeben, welches das grundlegende Textbuch der Lehre von Sun Myung Moon ist.<ref>Vereinigungskirche e.V. (Hg.), 2003, Das Göttliche Prinzip, Kando Verlag, Schmitten, S. XXV. ISBN 3-922947-30-1</ref>
1969 reiste Moon nach Europa, Japan und in die Vereinigten Staaten. In Deutschland erhielten zu dieser Zeit zum ersten Mal internationale Paare die heilige Ehesegnung.<ref>Kwak, Chung Hwan (Hg.), 2008, One Family Under God – The Life of Sun Myung Moon, Universal Peace Federation, New York, S. 25. ISBN 978-1-930549-59-3</ref>
1970er Jahre
Mit dem Umzug von Sun Myung Moon in die USA 1971 verlegte sich der Schwerpunkt der Arbeit der internationalen Vereinigungskirche von Südkorea in die USA. Einige Monate später veranstaltete die Vereinigungskirche die Day of Hope- Ansprachentour, auf der Moon in 50 amerikanischen Bundesstaaten sprach, darunter in sieben Großstädten, beginnend am 3. Februar 1972 im Lincoln Center in New York City. Zwei weitere Ansprachentouren durch amerikanische Großstädte folgten (Christianity in Crisis: New Hope). 1972 hatte die Vereinigungskirche Gemeindezentren in zehn verschiedenen Bundesstaaten der USA.
1973 entstand die erste Übersetzung des Wôl Li Kang Ron ins Englische unter dem Titel The Divine Principle, fast zeitgleich mit der deutschen Übersetzung.<ref>Vereinigungskirche e.V. (Hg.), 2003, Das Göttliche Prinzip, Kando Verlag, Schmitten, ISBN 3-922947-30-1, S. XXV</ref>
Nach der Watergate-Affäre von US-Präsident Richard Nixon rief die Vereinigungskirche in einer Kampagne Forgive, Love and Unite die amerikanische Bevölkerung dazu auf, dem Präsidenten eine zweite Chance zu geben.<ref name="Hummel_S26" /> Zu diesem Anlass fand 1974 ein Treffen zwischen Nixon und Moon statt. Daraufhin begann die vierte amerikanische Ansprachentour von Moon durch mehrere amerikanische Großstädte. Sie begann mit einer Großveranstaltung im Madison Square Garden in New York City am 18. September 1974, zu der 25.000 Zuhörer kamen.<ref>Kwak, Chung Hwan (Hg.), 2008, One Family Under God – The Life of Sun Myung Moon, Universal Peace Federation, New York, ISBN 978-1-930549-59-3, S.39-41</ref><ref>FFWPU Ozeanien, The Life of Sun Myung Moon - Madison Square Garden Rally (Memento vom 19. Juli 2008 im Internet Archive), 15. April 2009</ref> Daraufhin kehrte Moon nach Südkorea zurück, um dort und später auch in Japan weitere Ansprachen zu halten.<ref name="Life of SMM, S.42">Kwak, Chung Hwan (Hg.), 2008, One Family Under God – The Life of Sun Myung Moon, Universal Peace Federation, New York, ISBN 978-1-930549-59-3, S.42</ref><ref>FFWPU Ozeanien, The Life of Sun Myung Moon - Day of Hope Tours (Memento vom 19. Juli 2008 im Internet Archive), 15. April 2008</ref>
Nach Aufbau der Vereinigungskirche in Japan, Südkorea den USA und Westeuropa wurden im Mai 1975 Missionare in 120 Nationen in Asien, Afrika, Ozeanien, Südamerika und den Nahen Osten entsendet.<ref name="Life of SMM, S.42" /><ref>FFWPU Ozeanien, The Life of Sun Myung Moon - Dispatch of Missionaries Throughout the World (Memento vom 19. Juli 2008 im Internet Archive), 16. April 2009</ref> Nachdem Südvietnam am 30. April 1975 von den kommunistischen Truppen eingenommen wurde, veranstaltete die Koreanische Vereinigungskirche die World Rally for Korean Freedom am 7. Juni 1975 in Seoul, bei der Moon die Hauptansprache gab, um das Bewusstsein für die Gefahr des Kommunismus (vor allem Nordkoreas) zu schaffen, an der über eine Million Menschen teilnahmen.<ref>Kwak, Chung Hwan (Hg.), 2008, One Family Under God – The Life of Sun Myung Moon, Universal Peace Federation, New York, ISBN 978-1-930549-59-3, S.43</ref><ref>FFWPU Ozeanien, The Life of Sun Myung Moon - World Rally for Korean Freedom (Memento vom 19. Juli 2008 im Internet Archive), 15. April 2009</ref>
Anlässlich der Zweihundertjahrfeier der Gründung der Vereinigten Staaten 1976 hielt Sun Myung Moon zwei Ansprachen. Am 1. Juni im Yankee Stadium in New York City und eine andere am 18. September auf dem Bicentennial God Bless America Festival am Washington Monument.<ref>Kwak, Chung Hwan (Hg.), 2008, One Family Under God – The Life of Sun Myung Moon, Universal Peace Federation, New York, ISBN 978-1-930549-59-3, S.43-45</ref><ref>FFWPU Ozeanien, The Life of Sun Myung Moon - Yankee Stadium Rally (Memento vom 19. Juli 2008 im Internet Archive), 15. April 2009</ref><ref>FFWPU Ozeanien – The Life of Sun Myung Moon (Memento vom 19. Juli 2008 im Internet Archive), 15. April 2009</ref>
1978 startete die Vereinigungskirche auf Initiative Moons das Home Church-Projekt. Dieses sollte die Kirche bekannt machen, indem man bedürftigen Familien in der unmittelbaren Nachbarschaft Hilfeleistungen anbot.<ref>Kwak, Chung Hwan (Hg.), 2008, One Family Under God – The Life of Sun Myung Moon, Universal Peace Federation, New York, ISBN 978-1-930549-59-3, S.46</ref>
Im selben Jahr beschuldigte das Subcommittee on International Organizations, ein Unterausschuss des Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten, die Vereinigungskirche unter anderem, mit dem südkoreanischen Geheimdienst KCIA zusammenzuarbeiten, was als Koreagate-Affäre bekannt wurde.<ref>Auszug aus dem Abschlussbericht des Subcommittee on International Organizations vom 31. Oktober 1978 (Memento vom 15. März 2007 im Internet Archive) (PDF-Datei; 167 kB), Link vom 15. April 2009</ref> Dabei berief sich der Ausschuss unter anderem auf drei ungeprüfte CIA-Berichte aus den 1960er Jahren, in denen behauptet wird, die Vereinigungskirche sei vom KCIA im Jahre 1961 gegründet worden.<ref>Auszug aus dem Abschlussbericht des Subcommittee on International Organizations vom 31. Oktober 1978 (Memento vom 15. März 2007 im Internet Archive) (PDF-Datei; 167 kB), S.389, Link vom 15. April 2009</ref> Der Vorsitzende des Komitees Donald M. Fraser verlangte von Colonel Bo Hi Pak, einem engen Vertrauten Moons, der in den Koreagate-Skandal involviert sein sollte, eine Klarstellung.<ref>Auszug aus dem Abschlussbericht des Subcommittee on International Organizations vom 31. Oktober 1978 (Memento vom 15. März 2007 im Internet Archive) (PDF-Datei; 167 kB), S.354, Link vom 15. April 2009</ref> Letzterer sagte drei Mal vor dem Ausschuss von Fraser aus und bestritt dabei jegliche Verbindungen zwischen der Vereinigungskirche und dem KCIA.<ref>Sherwood, Carlton (1991) Inquisition, Regnery Gateway, Washington, D.C , ISBN 0-89526-532-X, S.557</ref><ref>Truth is my Sword I von Dr. Bo Hi Pak, 1999, ISBN 0-910621-92-6 (Memento vom 19. November 2008 im Internet Archive), S.49-85</ref> Fraser konnte seine Anschuldigungen letztendlich nicht ausreichend beweisen und Bo Hi Pak und die Vereinigungskirche wurden freigesprochen.<ref>Vgl. Presseerklärung Bo Hi Paks vom 17.Januar 1979, Link vom 16. April 2009</ref> Der Bericht wurde von zahlreichen Massenmedien aufgegriffen und trug zu einem negativen Bild der Vereinigungskirche in der Öffentlichkeit bei.<ref>Vgl. dazu Sherwood, Carlton (1991) "Inquisition", Regnery Gateway, Washington, D.C , ISBN 0-89526-532-X, S.523-563, genauer S.556</ref> Die Vereinigungskirche verfasste eine Stellungnahme zu den Anklagen Frasers mit dem Titel Our Response.<ref>Sherwood, Carlton (1991) "Inquisition", Regnery Gateway, Washington, D.C , ISBN 0-89526-532-X, S.559</ref>
Moon wurde 1984 zu einer Gefängnisstrafe wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Bürgerrechtsbewegungen, liberale und konservative christliche Bewegungen und Pfarrer wie beispielsweise Jerry Falwell oder Joseph Lowery hielten die Anklage für nicht gerechtfertigt und für einen Verstoß gegen die Religionsfreiheit.<ref>Moon loses tax appeal case in high court, must go to jail, Pittsburgh Post-Gazette, 15. Mai 1984</ref><ref>The Role of Rev. Sun Myung Moon in Downfall of Communism, Danbury and CAUSA</ref>
Deutschland
Der erste Missionar in Deutschland war Peter Koch, der die Lehre Sun Myung Moons in Amerika kennengelernt hatte. Ein Jahr nach seiner Ankunft in Deutschland wurde am 11. Dezember 1964 die Gesellschaft zur Vereinigung des Weltchristentums (GVW) in Frankfurt am Main gegründet.<ref>Hardin, Bert/Wolfgang Kuner (1981): Entstehung und Entwicklung der Vereinigungskirche in der Bundesrepublik Deutschland. In: Kehrer, Günter (Hg.): Das Entstehen einer neuen Religion – Das Beispiel der Vereinigungskirche. Kösel-Verlag, München, S.131. ISBN 3-466-25016-1</ref>
Im Zuge einer Welttour besuchte Moon 1965 das erste Mal Deutschland und gründete drei Heilige Gründe in Berlin, Frankfurt am Main und Essen. Er beauftragte die Mitglieder, Missionare ins Ausland zu entsenden. Daraufhin gingen vereinzelt Missionare ins Ausland, beispielsweise nach Spanien und Frankreich.<ref>Hardin, Bert/Wolfgang Kuner (1981): Entstehung und Entwicklung der Vereinigungskirche in der Bundesrepublik Deutschland. In: Kehrer, Günter (Hg.): Das Entstehen einer neuen Religion – Das Beispiel der Vereinigungskirche. Kösel-Verlag, München, S.132. ISBN 3-466-25016-1</ref>
Mit dem Besuch Moons 1969 kam es zu einem ersten Leiterwechsel, Peter Koch wurde Landesleiter in Österreich, Paul Werner war für die deutsche Vereinigungskirche verantwortlich.<ref>Hardin, Bert/Wolfgang Kuner (1981): Entstehung und Entwicklung der Vereinigungskirche in der Bundesrepublik Deutschland. In: Kehrer, Günter (Hg.): Das Entstehen einer neuen Religion – Das Beispiel der Vereinigungskirche. Kösel-Verlag, München, S.137. ISBN 3-466-25016-1</ref> Werner legte einen neuen Schwerpunkt auf das Verteilen von Einladungen und andere Straßenaktionen sowie die Eröffnung neuer Gemeindezentren.<ref>Hardin, Bert/Wolfgang Kuner (1981): Entstehung und Entwicklung der Vereinigungskirche in der Bundesrepublik Deutschland. In: Kehrer, Günter (Hg.): Das Entstehen einer neuen Religion – Das Beispiel der Vereinigungskirche. Kösel-Verlag, München, S.139-142. ISBN 3-466-25016-1</ref> 1971 gab es in Deutschland 21 Gemeindezentren und 100 Mitglieder.
Im September 1971 reisten zwei Missionsteams mit je 12 Mitgliedern durch verschiedene Städte Deutschlands, um dort neue Kirchenmitglieder zu finden.<ref>Hardin, Bert/Wolfgang Kuner (1981): Entstehung und Entwicklung der Vereinigungskirche in der Bundesrepublik Deutschland. In: Kehrer, Günter (Hg.): Das Entstehen einer neuen Religion – Das Beispiel der Vereinigungskirche. Kösel-Verlag, München, S.140. ISBN 3-466-25016-1</ref> 1972 hielt Moon im Rahmen der „Day of Hope“-Ansprachentour erstmals drei öffentliche Reden in Deutschland, genauer in Essen. Kurze Zeit später wurden als Teil der One World Crusade neue Missionsteams in München gebildet. Die erste Übersetzung aus dem Englischen von Das Göttliche Prinzip wurde 1972 von Paul Werner veröffentlicht. 1974 begann die deutsche CARP(C.A.R.P. Collegiate Association for the Research of Principles) an der Frankfurter Universität ihre Aktivität.<ref>Hardin, Bert/Wolfgang Kuner (1981): Entstehung und Entwicklung der Vereinigungskirche in der Bundesrepublik Deutschland. In: Kehrer, Günter (Hg.): Das Entstehen einer neuen Religion – Das Beispiel der Vereinigungskirche. Kösel-Verlag, München, S.142. ISBN 3-466-25016-1</ref>
Es gibt in Deutschland zehn offizielle Gemeindezentren: Berlin, Hamburg, Hannover, Düsseldorf, Bonn, Gießen, Frankfurt, München, Stuttgart und Nürnberg.<ref>Zentren in Deutschland auf der offiziellen Webseite der Tongil Gyo Vereinigungsbewegung. Abgerufen am 11. Mai 2013.</ref>
Österreich
Der erste Pionier der Vereinigungskirche in Österreich war Paul Werner, der am 19. Mai 1965 in Wien ankam.<ref>Lukas Pokorny/Simon Steinbeiß, 'To Restore This Nation': The Unification Movement in Austria. Background and Early Years, 1965-1966. In: Hans G. Hödl / Lukas Pokorny (Hg.): Religion in Austria. Bd. 1. Wien 2012. 175-180.</ref> Im Mai 1966 wurde die "Gesellschaft zur Vereinigung des Weltchristentums" bei der Sicherheitsdirektion als Verein eingetragen (Vorsitzender: Paul Werner).<ref>Lukas Pokorny/Simon Steinbeiß, 'To Restore This Nation': The Unification Movement in Austria. Background and Early Years, 1965-1966. In: Hans G. Hödl / Lukas Pokorny (Hg.): Religion in Austria. Bd. 1. Wien 2012. 180-181.</ref> Innerhalb von fünf Jahren baute Werner eine Gemeinschaft von über 30 Mitgliedern auf.<ref>Lukas Pokorny/Simon Steinbeiß, 'Pioneers of the Heavenly Kingdom': The Unification Movement in Austria, 1966-1969. In: Hans G. Hödl / Lukas Pokorny (Hg.): Religion in Austria. Bd. 2. Wien 2014. 195.</ref> Im Jänner 1974 wurde der Vereinsstatus der rasch wachsenden religiösen Gemeinschaft aus „formalen Gründen“ durch die Sicherheitsdirektion Wien wieder zurückgezogen. Bis zur Vereinsgründung der österreichischen Familienföderation für Weltfrieden im Jahr 1997 existierte die Vereinigungskirche daher lediglich als Gesellschaft bürgerlichen Rechts.<ref>Österreich: Vereinigungskirche als eingetragene Bekenntnisgemeinschaft anerkannt, FFWPU Österreich 15. Juni 2015</ref> Bereits früh avancierte die österreichische Vereinigungskirche zu einer der führenden nationalen Gruppen in Europa und entsandte Missionare in die Schweiz (1968), in die Tschosklowakei (1968), in die USA (ab 1972), nach Deutschland (1975) und in diverse Länder des kommunistischen Ostblocks (1980er Jahre).<ref>Lukas Pokorny/Simon Steinbeiß, 'Pioneers of the Heavenly Kingdom': The Unification Movement in Austria, 1966-1969. In: Hans G. Hödl / Lukas Pokorny (Hg.): Religion in Austria. Bd. 2. Wien 2014. 195.</ref>
Am 15. Juni 2015 wurde die Vereinigungskirche durch das österreichische Kultusamt als "staatlich eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaft" anerkannt.<ref>Staatlich eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaften, Kultusamt der Bundesrepublik Österreich 15. Juni 2015</ref> (Zum österreichischen Religionsrecht siehe Anerkannte Religionsgemeinschaften in Österreich.) Zurzeit führt die österreichische Vereinigungskirche sechs offizielle Gemeindezentren in der Bundeshauptstadt Wien (nationales Hauptquartier) sowie den Landeshauptstädten Linz, Graz, Klagenfurt, Salzburg und Innsbruck.<ref>Lukas Pokorny, Millenarian Retrospects and Prospects: The Post-Mun Unification Movement in Austria. In: Hans G. Hödl / Lukas Pokorny (Hg.): Religion in Austria. Bd. 2. Wien 2014. 132-133.</ref> Nach eigenen Angaben zählt die Vereinigungskirche in Österreich rund 700 Mitglieder.<ref>"Moon-Bewegung" als religiöse Bekenntnisgemeinschaft registriert 16. Juni 2015</ref>
Die Lehre
Die Lehre der Vereinigungskirche stammt von dem Gründer Sun Myung Moon. Moons Offenbarung wird als der Schlüssel für das Verständnis der christlichen Bibel und als Anleitung zur Wiederherstellung der Welt verstanden. Die Hauptwerke über die Lehre der Vereinigungskirche sind Das Göttliche Prinzip und Cheon Seong Gyeong (Heilige Schrift des Himmels).
Gottesbild
Es gibt einen einzigen Gott, der absolut, unveränderlich, allmächtig und ewig ist. Er ist unsichtbar, übersteigt Raum und Zeit und ist Schöpfer des Universums. Als Geschöpf Gottes ist die Welt der physische Ausdruck seines Wesens. Die Eigenschaften, die in Gott vereint sind, werden somit in der Schöpfung reflektiert, zu denen polare Wesenszüge (Yin und Yang) zählen, wie zum Beispiel Maskulinität und Femininität.
Gott ist die Quelle der Wahrheit, Schönheit, des Guten und der Liebe. Gott steht nicht in der Position eines Richters, sondern in der Position von Eltern der Menschheit. Als Eltern hat er sowohl den väterlichen Aspekt der Rechtschaffenheit, als auch den mütterlichen Aspekt der Vergebung und Fürsorge in sich.
Ursprüngliches Schöpfungsideal
Gott schuf das Universum, um in Beziehungen zu Objektpartnern Liebe und Freude erfahren zu können. Menschen sind die wichtigsten Wesen der Schöpfung, da sie Gottes Kinder sind, die die Fähigkeit besitzen, selbst Schöpfer zu sein. Des Weiteren können die Menschen auf der Grundlage ihrer von Gott gegebenen Freiheit ihre Charakterentwicklung selbst bestimmen, welche im Zusammenhang damit steht, in welchem Maße sie Gottes Liebe empfangen und erwidern können.
Gott, als Eltern der Menschen, gab dem Menschen den Lebenszweck, Freude zu erfahren, was sich ausdrückt in den ‚Drei Großen Segen‘ (Gen 1,28 EU): Seid fruchtbar und vermehrt euch, bevölkert die Erde, Es ist ein totaler Krieg. Hauptsächlich ein Krieg der Ideen, der Köpfe, des menschlichen Verstandes. Dort wird die Schlacht geschlagen. In diesem Krieg wird alles mobilisiert: politische, soziale, ökonomische und propagandistische Mittel […] Die Medienorganisation, die wir schaffen, soll als Instrument unserer Sache eingesetzt werden, als Instrument Gottes.“<ref name="wp-cit"/>
Seit 1991 missioniert die Vereinigungskirche verstärkt in den Ländern der ehemaligen UdSSR.
Die baden-württembergische Landesregierung bezeichnete das Auftreten der „Vereinigungskirche“ 1995 als „exemplarisch für die Instrumentalisierung der Religion für die Durchsetzung politischer Ziele“.<ref>Landtag von Baden-Württemberg, Drucksache 11/5501 vom 17. Februar 1995, S.8 online einsehbar (PDF; 494 kB)</ref>
Verbreitung und Mitgliedschaft
In den Anfangszeiten der Bewegung (1960er und 1970er Jahre) lebten die Mitglieder häufig in Wohngemeinschaften und missionierten auf der Straße („Witnessing“). Zur Finanzierung der Zentren und der Missionsarbeiten gingen Mitglieder von Tür zu Tür und verkauften Pflanzen, Schmuck oder andere Gegenstände („Fundraising“). Die meisten Mitglieder waren Vollzeit mit der Mission beschäftigt und nur wenige übten einen Beruf aus.
In den 1980er Jahren gründeten viele der Mitglieder, die als Jugendliche der Bewegung beigetreten waren, Familien. Sie zogen mit ihren Familien in eigene Wohnungen oder Häuser, sodass die Wohngemeinschaften aufgelöst wurden. In den meisten Familien sind einer oder beide Elternteile berufstätig.<ref> Besier, Gerhard/Erwin K. Scheuch (Hg.): Die neuen Inquisitoren – Religionsfreiheit und Glaubensneid, Teil II. Verlag A. Fromm: Osnabrück, S. 346-348.</ref>
In Deutschland hat sie nach eigenen Angaben 1.300 Mitglieder und etwa 10.000 Sympathisanten,<ref>Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5. Mai 2007, S.9</ref> weltweit rechnet man mit 200.000 Mitgliedern. Nach Angaben der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands beträgt die Mitgliedschaft in Deutschland „mindestens 200“ Personen (inkl. Kinder: 350) plus etwa 1000 Sympathisanten.<ref>VELKD (Hg.): Handbuch Religiöse Gemeinschaften und Weltanschauungen, 6. Aufl. 2006, p. 469</ref> Etwa 80 % der Mitglieder sind verheiratet und haben Kinder. <ref> Besier, Gerhard/Erwin K. Scheuch (Hg.): Die neuen Inquisitoren – Religionsfreiheit und Glaubensneid, Teil II. Verlag A. Fromm: Osnabrück, S. 347.</ref>
Nach Angaben der Statistik Austria haben bei der Volkszählung 2001 in Österreich 297 Personen angegeben, zur Vereinigungskirche zu gehören.<ref>http://www.statistik.at/web_de/statistiken/bevoelkerung/volkszaehlungen/bevoelkerung_nach_demographischen_merkmalen/022894.html (Memento vom 30. April 2009 im Internet Archive) </ref> Die Gemeinschaft erhielt hier 2015 den Status einer staatlich eingetragenen Bekenntnisgemeinschaft.
Bräuche
Durch zahlreiche Bräuche soll unter den Mitgliedern das Zusammengehörigkeitsgefühl und die innere Ausrichtung auf Gott und Sun Myung Moon verstärkt werden. In den regionalen Gemeindezentren werden sonntags Gottesdienste abgehalten, deren Ablauf dem der evangelischen Kirchen ähnelt. So werden gemeinsam Kirchenlieder gesungen, es wird eine Predigt gehalten und eine Kollekte durchgeführt. Für die Kinder der Gemeindemitglieder werden Kindergottesdienste durchgeführt.
Die Vereinigungskirche hat eigene Feiertage. Das Datum der Feiertage richtet sich meistens nach dem chinesischen Kalender. Die vier wichtigsten Feiertage sind:
- Wahrer Gottestag (1. Januar)
- Wahrer Elterntag (1. März)
- Tag aller wahren Dinge (1. Mai)
- Wahrer Kindertag (1. Oktober)
Außerdem feiert die Bewegung:
- Tag des Sieges der Liebe (2. Januar)
- Chil Il Jeol: Tag der Deklaration von Gottes ewigem Segen (1. Juli)
- Chil Pal Jeol: Deklaration des Reiches des kosmischen Sabbats für Eltern von Himmel und Erde (1. August)
- Gründungstag der Nation des vereinigten Kosmos und Gründungstag der Vereinigungsbewegung (3. Oktober nach dem Mondkalender)
An Sonn- und Feiertagen sowie am Monatsersten wird üblicherweise im Familienkreise das sogenannte Familiengelöbnis<ref>Familiengelöbnis</ref><ref>siehe auch Tradition und Lebensart in der Vereinigungskirche</ref> gesprochen. Hierbei versammelt sich die Familie um fünf Uhr morgens am Hausaltar. Der Ablauf wird eingeleitet durch eine dreifache tiefe Verneigung vor den Bildern Sun Myung Moons sowie seiner Frau bzw. Familie. Im Anschluss daran wird gemeinsam das Familiengelöbnis rezitiert, an das häufig Gebete angeschlossen werden.
Es ist eine Tradition jeden morgen vor Beginn des üblichen Tagesablauf Hoon Dok Hae abzuhalten. Dabei werden gemeinsam in einer Gruppe frühere Ansprachen von Sun Myung Moon oder Heilige Schriften gelesen. Dies dient dazu, sich täglich mit dem Wort Gottes zu befassen und es sich in Erinnerung zu rufen.
Literatur
- Reinhart Hummel: Vereinigungskirche – Die Moon-Sekte im Wandel. In: Werner Thiede (Hrsg.): Reihe Apologetische Themen. Band 9, Friedrich Bahn Verlag, Neukirchen-Vluyn 1998, ISBN 3-7615-4979-2.
Weblinks
- Webseite der Hauptkirche in Seoul, Südkorea (englisch, koreanisch, japanisch)
- Webseite der Vereinigungskirche in Deutschland
- Webseite der Vereinigungskirche in Österreich
- Webseite der Vereinigungskirche in den USA
- Webseite der Family Federation for World Peace and Unification, die zentrale Organisation der Vereinigungskirche in den USA
- Das Göttliche Prinzip als E-Book - wichtigstes Buch für die Lehre der Vereinigungskirche
- Das Cheon Seong Gyeong online lesbar - ebenfalls zentrales Lehrbuch der Vereinigungskirche, zusammengestellt aus Ansprachen von Sun Myung Moon
- Mun - die evangelisch-reformierte Landeskirche des Kantons Zürich zur Vereinigungskirche
- Die Moon-Sekte von dem Aktion für Geistige und Psychische Freiheit – Bundesverband Sekten- und Psychomarktberatung e.V.
Einzelnachweise
<references> <ref name="Hummel_S17"> Hummel: Vereinigungskirche – Die Moon-Sekte im Wandel. 1998, S. 17. </ref> <ref name="Hummel_S20"> Hummel: Vereinigungskirche – Die Moon-Sekte im Wandel. 1998, S. 20. </ref> <ref name="Hummel_S21"> Hummel: Vereinigungskirche – Die Moon-Sekte im Wandel. 1998, S. 21. </ref> <ref name="Hummel_S22"> Hummel: Vereinigungskirche – Die Moon-Sekte im Wandel. 1998, S. 22. </ref> <ref name="Hummel_S26"> Hummel: Vereinigungskirche – Die Moon-Sekte im Wandel. 1998, S. 26. </ref> </references>