Wissenschaft


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Die Wissenschaft [(früh.) mittelhochdeutsch für lat. scientia; mittelhochdeutsch wizzen(t)schaft = (Vor)wissen, Genehmigung] ist der Inbegriff der Gesamtheit menschlichen Wissens der Erkenntnisse und Erfahrungen einer Zeitepoche, welches systematisch gesammelt, aufbewahrt, gelehrt und tradiert wird.<ref>Brockhaus Enzyklopädie, 19. Aufl., Mannheim, 1994.</ref>

Die Wissenschaft ist ein System der Erkenntnisse über die wesentlichen Eigenschaften, kausalen Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten der Natur, Technik, Gesellschaft und des Denkens, das in Form von Begriffen, Kategorien, Maßbestimmungen, Gesetzen, Theorien und Hypothesen fixiert wird.<ref name="Klaus/Buhr">Artikel „Wissenschaft“. In: Georg Klaus, Manfred Buhr (Hrsg.): Philosophisches Wörterbuch. 11. Aufl., Leipzig 1975.</ref> In der Wissenschaft überleben nur Theorien (im Gegensatz zur Philosophie), die sich an der Erfahrung bewähren.<ref> Gerhard Vollmer: Evolutionäre Erkenntnistheorie. S. Hirzel, Stuttgart, 2. Auflage 1980, ISBN 3-7776-0366-X, S. 183.</ref>

Die Wissenschaft ist auch die Gesamtheit von Erkenntnissen und Erfahrungen, die sich auf einen Gegenstandsbereich beziehen und in einem Begründungszusammenhang stehen. Das Wissen eines begrenzten Gegenstandsbereich kennzeichnet die Einzelwissenschaft, die sich in einen theoretischen und einen angewandten Bereich gliedert und mit fortschreitender Differenzierung eine Reihe von Teildisziplinen hervorbringen kann. Die Wissenschaft ist somit auch das Wissen in seiner Angelegenheit. („Es ist seine Wissenschaft.“)

Mit Wissenschaft ist auch der methodische Prozess intersubjektiv nachvollziehbaren Forschens und Erkennens in einem bestimmten Bereich gemeint, der ein begründetes, geordnetes und gesichertes Wissen hervorbringt. Methodisch kennzeichnet die Wissenschaft das gesicherte und im Begründungszusammenhang von Sätzen gestellte Wissen, welches kommunizierbar und überprüfbar ist sowie bestimmten wissenschaftlichen Kriterien folgt. Wissenschaft bezeichnet somit ein zusammenhängendes System von Aussagen, Theorien und Verfahrensweisen, das strengen Prüfungen der Geltung unterzogen wurde und mit dem Anspruch objektiver, überpersönlicher Gültigkeit verbunden ist.<ref>Martin Carrier, Lexikon der Philosophie, Reclam, Stuttgart, 2011 S. 312.</ref>

Wortherkunft

Das deutsche Wort Wissenschaft ist ein Kompositum, das sich aus dem Wort Wissen (von indogermanisch *u̯e(i)d bzw. *weid- für erblicken, sehen)<ref>Julius Pokorny: Indogermanisches Etymologisches Wörterbuch Bern/Wien 1859; überarbeitete Fassung von 2007, S. 1125.</ref> und dem althochdeutschen Substantiv scaf(t) bzw. skaf(t) (Beschaffenheit, Ordnung, Plan, Rang) zusammensetzt. Wie viele andere deutsche Komposita mit der Endung "-schaft" auch, ist es im Zuge der substantivischen Wortbildung des Althochdeutschen im Mittelalter entstanden. Dabei wurde das früher selbstständige Substantiv scaf(t) bzw. skaf(t) zur Nachsilbe<ref>Meineke, Birgit: Althochdeutsche -scaf(t)-Bildungen. Studien zum Althochdeutschen. Bd. 17. Göttingen 1991, S. 118ff.</ref>. In diesem Sinne bezeichnet es die Beschaffenheit bzw. Ordnung des Wissens.

Wissenschaftsbetrieb

Hauptartikel: Wissenschaftsbetrieb

Eine frühe dokumentierte Form eines organisierten wissenschaftsähnlichen Lehrbetriebs findet sich im antiken Griechenland mit der Platonischen Akademie, die (mit Unterbrechungen) bis in die Spätantike Bestand hatte. Wissenschaft der Neuzeit findet traditionell an Universitäten statt, inzwischen auch an anderen Hochschulen, die auf diese Idee zurückgehen. Daneben sind Wissen schaffende Personen (Wissenschaftler) auch an Akademien, Ämtern, privat finanzierten Forschungsinstituten, bei Beratungsfirmen und in der Wirtschaft tätig. In Deutschland ist eine bedeutende öffentliche „Förderorganisation“ die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die projektbezogene Forschung an Universitäten und außeruniversitären Einrichtungen fördert. Daneben existieren „Forschungsträgerorganisationen“ wie etwa die Fraunhofer-Gesellschaft, die Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren, die Max-Planck-Gesellschaft und die Leibniz-Gemeinschaft, die – von Bund und Ländern finanziert – eigene Forschungsinstitute betreiben. In Österreich entsprechen der DFG der Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) sowie die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG), in der Schweiz und Frankreich die nationalen Forschungsfonds. Andere Fonds werden z. B. von Großindustrien oder dem Europäischen Patentamt dotiert.

Neben den wissenschaftlichen Veröffentlichungen erfolgt der Austausch mit anderen Forschern durch Fachkonferenzen, bei Kongressen der internationalen Dachverbände und scientific Unions (z. B. IUGG, COSPAR, IUPsyS, ISWA, SSRN) oder der UNO-Organisation. Auch Einladungen zu Seminaren, Institutsbesuchen, Arbeitsgruppen oder Gastprofessuren spielen eine Rolle. Von großer Bedeutung sind auch Auslandsaufenthalte und internationale Forschungsprojekte.

Für die interdisziplinäre Forschung wurden in den letzten Jahrzehnten eine Reihe von Instituten geschaffen, in denen industrielle und universitäre Forschung zusammenwirken (Wissenschaftstransfer). Zum Teil verfügen Unternehmen aber auch über eigene Forschungseinrichtungen, in denen Grundlagenforschung betrieben wird.

Die eigentliche Teilnahme am Wissenschaftsbetrieb ist grundsätzlich nicht an Voraussetzungen oder Bedingungen geknüpft: Die wissenschaftliche Betätigung außerhalb des akademischen oder industriellen Wissenschaftsbetriebs steht jedermann offen und ist auch gesetzlich von der Forschungsfreiheit abgedeckt. Universitäten bieten außerdem die voraussetzungslose Teilnahme am Lehrbetrieb als Gasthörer an. Wesentliche wissenschaftliche Leistungen außerhalb eines beruflichen Rahmens sind jedoch die absolute Ausnahme geblieben. Die staatlich bezahlte berufliche Tätigkeit als Wissenschaftler ist meist an die Voraussetzung des Abschlusses eines Studiums gebunden, für das wiederum die Hochschulreife notwendig ist. Leitende öffentlich finanzierte Positionen in der Forschung und die Beantragung von öffentlichen Forschungsgeldern erfordern die Promotion, die Professur die Habilitation. In den USA findet sich statt der Habilitation das Tenure-Track-System, das 2002 in Form der Juniorprofessur auch in Deutschland eingeführt werden sollte, wobei allerdings kritisiert wird, dass ein regelrechter Tenure Track, bei dem den Nachwuchswissenschaftlern für den Fall entsprechender Leistungen eine Dauerstelle garantiert wird, in Deutschland nach wie vor eine Ausnahme darstellt.

Dementsprechend stellt die Wissenschaft durchaus einen gewissen Konjunkturen unterliegenden Arbeitsmarkt dar, bei dem insbesondere der Nachwuchs angesichts der geringen Zahl an Dauerstellen ein hohes Risiko eingeht. Besonders die gestiegene Beteiligung von Frauen an Promotion und Habilitation sowie die mit den neueren hochschulpolitischen Entwicklungen einhergehende Fokussierung und somit Beschneidung der thematischen Breite von Lehre und Forschung führt auf diesem zu einem erhöhten Konkurrenzdruck.<ref>Barbara Strobel: Was sie wurden, wohin sie gingen. Ergebnisse einer Verbleibstudie über PromovendInnen und HabilitandInnen des Fachbereichs Politik- und Sozialwissenschaften der Freien Universität Berlin (PDF; 208 kB), in: gender politik online abgefragt am 26. August 2009.</ref>

Für die Wissenschaftspolitik an Bedeutung gewonnen hat die Wissenschaftsforschung, die wissenschaftliche Praxis mit empirischen Methoden zu untersuchen und zu beschreiben versucht. Dabei kommen unter anderem Methoden der Scientometrie zum Einsatz. Die Ergebnisse der Wissenschaftsforschung haben im Rahmen der Evaluation Einfluss auf Entscheidungen.

Gesellschaftliche Fragen innerhalb des Wissenschaftsbetriebs sowie die gesellschaftlichen Zusammenhänge und Beziehungen zwischen Wissenschaft, Politik und übriger Gesellschaft untersucht die Wissenssoziologie.

Wissenschaftstheorie

Hauptartikel: Wissenschaftstheorie

Die Wissenschaftstheorie ist ein Teilgebiet der Philosophie, das sich mit dem Selbstverständnis von Wissenschaft in Form der Analyse ihrer Voraussetzungen, Methoden und Ziele beschäftigt. Dabei wird besonders ihr Wahrheitsanspruch kritisch hinterfragt. Für die Forschung, die nach neuen Erkenntnissen sucht, ist insbesondere die Frage nach den Methoden und Voraussetzungen der Erkenntnisgewinnung von Bedeutung. Diese Frage wird in der Erkenntnistheorie behandelt.

Forschung

Hauptartikel: Forschung

Die Forschung beginnt mit einer Fragestellung, die sich aus früherer Forschung, einer Entdeckung oder aus dem Alltag ergeben kann. Der erste Schritt besteht darin, die Forschungsfrage zu beschreiben, um ein zielgerichtetes Vorgehen zu ermöglichen. Forschung schreitet in kleinen Schritten voran: Das Forschungsproblem wird in mehrere, in sich geschlossene Teilprobleme zerlegt, die nacheinander oder von mehreren Forschern parallel bearbeitet werden können. Bei dem Versuch, sein Teilproblem zu lösen, steht dem Wissenschaftler prinzipiell die Wahl der Methode frei. Wesentlich ist nur, dass die Anwendung seiner Methode zu einer Theorie führt, die objektive, d. h. intersubjektive nachprüfbare und nachvollziehbare Aussagen über einen allgemeinen Sachverhalt macht und dass entsprechende Kontrollversuche durchgeführt wurden.

Wenn ein Teilproblem zur Zufriedenheit gelöst ist, beginnt die Phase der Veröffentlichung. Traditionell verfasst der Forscher dazu selbst ein Manuskript über die Ergebnisse seiner Arbeit. Dieses besteht aus einer systematischen Darstellung der verwendeten Quellen, der angewendeten Methoden, der durchgeführten Experimente und Kontrollexperimente mit vollständiger Offenlegung des Versuchsaufbaus, der beobachteten Phänomene (Messung, Interview), gegebenenfalls der statistischen Auswertung, Beschreibung der aufgestellten Theorie und die durchgeführte Überprüfung dieser Theorie. Insgesamt soll die Forschungsarbeit also möglichst lückenlos dokumentiert werden, damit andere Forscher und Wissenschaftler die Arbeit nachvollziehen können.

Sobald das Manuskript fertig aufgesetzt wurde, reicht es der Forscher an einen Buchverlag, eine wissenschaftliche Fachzeitschrift oder Konferenz zur Veröffentlichung ein. Dort entscheidet zuerst der Herausgeber, ob die Arbeit überhaupt interessant genug und thematisch passend z. B. für die Zeitschrift ist. Wenn dieses Kriterium erfüllt ist, reicht er die Arbeit für die Begutachtung (engl. Peer review) an mehrere Gutachter weiter. Dies kann anonym (ohne Angabe des Autors) geschehen. Die Gutachter überprüfen, ob die Darstellung nachvollziehbar und ohne Auslassungen ist und ob Auswertungen und Schlussfolgerungen korrekt sind. Ein Mitglied des Redaktionskomitees der Zeitschrift fungiert dabei als Mittelsmann zwischen dem Forscher und den Gutachtern. Der Forscher hat dadurch die Möglichkeit, grobe Fehler zu verbessern, bevor die Arbeit einem größeren Kreis zugänglich gemacht wird. Wenn der Vorgang abgeschlossen ist, wird das Manuskript gesetzt und in der Zeitschrift abgedruckt. Die nunmehr jedermann zugänglichen Ergebnisse der Arbeit können nun weiter überprüft werden und werfen neue Forschungsfragen auf.

Der Prozess der Forschung ist begleitet vom ständigen regen Austausch unter den Wissenschaftlern des bearbeiteten Forschungsfelds. Auf Fachkonferenzen hat der Forscher die Möglichkeit, seine Lösungen zu den Forschungsproblemen, die er bearbeitet hat (oder Einblicke in seine momentanen Lösungsversuche), einem Kreis von Kollegen zugänglich zu machen und mit ihnen Meinungen, Ideen und Ratschläge auszutauschen. Zudem hat das Internet, das zu wesentlichen Teilen aus Forschungsnetzen besteht, den Austausch unter Wissenschaftlern erheblich geprägt. Während E-Mail den persönlichen Nachrichtenaustausch bereits sehr früh nahezu in Echtzeit ermöglichte, erfreuten sich auch E-Mail-Diskussionslisten zu Fachthemen großer Beliebtheit (ursprünglich ab 1986 auf LISTSERV-Basis im BITNET).

Lehre

Lehre ist die Tätigkeit, bei der ein Wissenschaftler die Methoden der Forschung an Studenten weitergibt und ihnen einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand auf seinem Gebiet vermittelt. Dazu gehören

  • das Verfassen von Lehrbüchern, in denen er seine Kenntnisse und Erkenntnisse schriftlich niederlegt und
  • die Vermittlung des Stoffs in unmittelbarem Kontakt mit den Studenten durch Vorlesungen, Übungen, Tutorien, Seminare und Praktika usw. Diese Veranstaltungen organisieren die jeweiligen Lehrbeauftragten selbständig und führen ggf. auch selbständig Prüfungen durch („Freiheit der Lehre“ im Sinne des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 Var. 4 GG).

Zu den Voraussetzungen zur Teilnahme an der Lehre als Student und den Formen sowie Abläufen siehe Studium.

Siehe auch: Lehren

Werte der Wissenschaft

Die Werte der Wissenschaft sind darauf ausgerichtet, eine möglichst präzise und wertefreie Beschreibung des Analysierten zu liefern <ref>Akademien der Wissenschaften Schweiz: Wissenschaftliche Integrität - Grundsätze und Verfahrensregeln</ref><ref> Karoline Rotzoll: Leitfaden zum wissenschaftlichen Arbeiten</ref>.

  • Eindeutigkeit: Da die Beschreibung in Schrift erfolgt, geht man möglichen Irrtümern bereits hier aus dem Weg, indem man in der Einleitung die verwendeten Begriffe (das Definiendum) möglichst exakt definiert (das Definiens). Die Definition selbst wird so einfach und kurz wie möglich gehalten, sodass sie von jedermann verstanden werden kann.
  • Transparenz: Die Arbeit enthält eine Beschreibung, wie die Zusammenhänge und Fakten erarbeitet wurden. Diese Beschreibung sollte so vollständig sein wie nur möglich. Darin eingeschlossen sind Verweise auf andere wissenschaftliche Arbeiten, die als Grundlage benutzt wurden. Ein Verweis auf nicht-wissenschaftliche Arbeiten wird vermieden, da dadurch das ganze Gebäude der Arbeiten ins Wanken geriete.
  • Objektivität: Eine Abhandlung beinhaltet nur Fakten und objektive Schlussfolgerungen. Beide sind unabhängig von der Person, die die Abhandlung geschrieben hat. Sie folgt dem Prinzip des Realismus. Bei Schlussfolgerungen wird vermieden in die Denkfalle der Scheinkorrelation zu treten.
  • Überprüfbarkeit: Die in der Arbeit beschriebenen Fakten und Zusammenhänge können von jedermann zu jeder Zeit überprüft werden (Validierung und Verifizierung). Als Grundlage dient der oben genannte Grundsatz der Transparenz. Schlägt die Überprüfung (wissenschaftlich nachweisbar) fehl, muss die Arbeit ohne wenn und aber korrigiert oder zurückgezogen werden (Falsifizierung). Dies sichert den Wahrheitsgehalt der Summe aller wissenschaftlichen Arbeiten.
  • Verlässlichkeit: Die in der Arbeit beschriebenen Fakten und Zusammenhänge bleiben über den in der Arbeit angegebenen oder zumindest über einen genügend langen Zeitraum stabil.
  • Offenheit und Redlichkeit: Die Arbeit beleuchtet alle Aspekte eines Themas neutral und ehrlich, nicht nur vereinzelte vom Autor herausgepickte Aspekte. Dadurch bekommt der Leser einen breiten und vollständigen Überblick. Auch an Selbstkritik sollte es nicht fehlen.
  • Neuigkeit: Die Arbeit führt zu einem Fortschritt in der Erkenntnis

Ein klassisches Ideal – das auf Aristoteles zurückgeht – ist die völlige Neutralität der Forschung. Sie sollte autonom, rein, voraussetzungs- und wertefrei sein („tabula rasa“).

Dies ist in der Praxis nicht völlig möglich und mitunter kritisierbar. Bereits die Auswahl des Forschungsgegenstandes kann subjektiven Einschätzungen unterliegen, die die Neutralität der Ergebnisse in Frage stellt. Ein Beispiel dafür ist die Tatsache, dass männliche Primatenforscher in den 1950er und 1960er Jahren vor allem Paviane untersuchten, die für ihre dominanten Männchen bekannt sind. Weibliche Primatologinnen in den 1970er Jahren untersuchten hingegen vorzugsweise Arten mit dominanten Weibchen (z. B. Languren). Dass die Absichten der Forscher dabei auch auf Zusammenhänge zu den Geschlechterrollen der Menschen abzielten, ist offensichtlich.<ref name="dtv-Ethnologie">Dieter Haller (Text), Bernd Rodekohr (Illustrationen): Dtv-Atlas Ethnologie. 2. Auflage. dtv, München 2010, S. 135.</ref>

Karl Popper betrachtete den Wert der Wertefreiheit als Paradoxon und nahm die Position ein, dass Forschung positiv von Interessen, Zwecken und somit einem Sinn geleitet sein sollte (Suche nach Wahrheit, Lösung von Problemen, Verminderung von Übeln und Leid).<ref>Was versteht man unter Wissenschaft?</ref> Wissenschaft soll demnach immer eine kritische Haltung gegenüber eigenen wie fremden Ergebnissen einnehmen; falsche Annahmen sind immer einer Kritik zugänglich.

Richard Feynman kritisierte vor allem die sinnlos gewordene Forschungspraxis der von ihm so bezeichneten Cargo-Kult-Wissenschaft, bei der Forschungsergebnisse unkritisch übernommen und vorausgesetzt werden, so dass zwar oberflächlich betrachtet eine methodisch korrekte Forschung stattfindet, jedoch die wissenschaftliche Integrität verloren gegangen ist.

Zur vorsätzlichen Fälschung von Forschungsergebnissen siehe Betrug und Fälschung in der Wissenschaft.

Mit Massenvernichtungswaffen, Gentechnik und Stammzellenforschung sind im Laufe des 20. Jahrhunderts vermehrt Fragen über ethische Grenzen der Wissenschaft (siehe Wissenschaftsethik) entstanden.

Einteilung der Wissenschaften

Datei:Einteilung der Wissenschaft bei Aristoteles.doc.pdf
Einteilung der Wissenschaft bei Aristoteles im 4. Jahrhundert v. Chr. (nach Ottfried Höffe)

Bereits Aristoteles gliederte die Wissenschaft in Teilbereiche, sogenannte Einzelwissenschaften. Dabei hielt er die Geometrie und Arithmetik für ungeeignet sich mit Lebewesen wissenschaftlich zu befassen.

Die klassische neuzeitliche Aufteilung folgt unterschiedlichen Gesichtspunkten. Dem Ziel nach als rein theoretische (Methodenlehre, Grundlagenforschung) oder praktisch angewandte Wissenschaft oder der Erkenntnisgrundlage nach (empir.) Erfahrungs- oder (rationale) Vernunftwissenschaften.

Heute ist die Differenzierung in Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften verbreitet. Die Natur- und Sozialwissenschaften werden oft als empirische Wissenschaften (engl. science) und den Geisteswissenschaften (engl. humanities) nach Gegenstand und Methode entgegengesetzt. Mit der zunehmenden Verwissenschaftlichung und Differenzierung kamen immer neuere Wissenschaftszweige hinzu, die eine Klassifizierung erschweren. Die verschiedenen zweckgebundenen Einteilungen sind heute nicht mehr einheitlich. Bei zunehmendem Trend zur weiteren Spezialisierung ist die gegenwärtige Situation sehr dynamisch und kaum überschaubar geworden. Historisch gesehen sind die einzelnen Bereiche alle aus der Philosophie entstanden. So waren insbesondere Naturphilosophie und Naturwissenschaft lange Zeit in der Naturkunde eng verbunden.

Die Einteilung der Wissenschaft ist insbesondere für organisatorische Zwecke (Fakultäten, Fachbereiche) und für die systematische Ordnung von Veröffentlichungen von Bedeutung (z. B. Dewey Decimal Classification, Universelle Dezimalklassifikation).

Vermehrt gibt es auch die Bestrebung, disziplinübergreifende Bereiche zu etablieren und so Erkenntnisse einzelner Wissenschaften gewinnbringend zu verknüpfen.

Normierte Klassifikationen

Aus dem Bedürfnis heraus, Daten über Forschungseinrichtungen, Forschungsergebnisse usw. statistisch zu erheben und international vergleichbar zu machen, haben sich Versuche ergeben, die verschiedenen Wissenschaften zu klassifizieren. Eine der entstandenen, für Statistiker verbindlichen Systematiken der Wissenschaftszweige ist beispielsweise die 2002 von der OECD festgesetzte FOS (Fields of Science and Technology).

Siehe auch

Portal Portal: Wissenschaft – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Wissenschaft

Literatur

Weblinks

Commons Commons: Wissenschaften – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary Wiktionary: Wissenschaft – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikinews Wikinews: Wissenschaft – in den Nachrichten

Einzelnachweise

<references />