Andrea Breth
Andrea Breth (* 31. Oktober 1952 in Rieden bei Füssen) ist eine deutsche Theaterregisseurin, die zurzeit in Wien lebt und arbeitet.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Die in Darmstadt als Tochter von Herbert Breth aufgewachsene Andrea Breth studierte in Heidelberg Literaturwissenschaft und begann während des Studiums eine Regieassistenz 1972 am Heidelberger Theater. Sie lernte dieses Handwerk u.a. auch bei David Esrig in Essen. 1975 konnte sie am Theater Bremen ihre erste eigenverantwortliche Inszenierung vorlegen: Die verzauberten Brüder von Jewgeni Schwarz. Ans Bremer Theater kam sie durch den Wechsel des Heidelberger Intendanten Peter Stoltzenberg nach Bremen, der sie dahin mitnahm. Neben den ersten eigenen Arbeiten war sie hier Regieassistentin von David Esrig und Christof Nel.
Nach Stationen und Regiearbeiten an Bühnen in Wiesbaden, Bochum, Hamburg und Berlin ging sie 1981, noch unzufrieden mit ihrer Beherrschung des Regiefachs,<ref>Andrea Breth: Frei für den Moment: Regietheater und Lebenskunst. Gespräche mit Irene Bazinger, Berlin 2009, ISBN 978-3-86789-062-5, S. 82.</ref> nach Zürich und begann eine Ausbildung zur Schauspielerin. 1983 holte sie der Freiburger Intendant Ulrich Brecht an die dortigen Städtischen Bühnen, wo sie bis 1985 feste Hausregisseurin war. Hier gelang ihr auch der Durchbruch mit der Inszenierung von Federico García Lorcas Bernarda Albas Haus. Diese Inszenierung brachte ihr eine Einladung auf das Berliner Theatertreffen und die Auszeichnung der Zeitschrift Theater heute als Regisseurin des Jahres.
1986 begann am Schauspielhaus Bochum nach dem Weggang von Claus Peymann an das Wiener Burgtheater eine neue Ära unter Intendant Frank-Patrick Steckel. Steckel holte Andrea Breth nach Bochum; dort konnte sie sich bis 1989 in der deutschsprachigen Theaterszene etablieren. Sie inszenierte in ihrer ersten Bochumer Saison 1986/1987 die größten Erfolge ihrer Bochumer Zeit. Zunächst die Saisoneröffnungsinszenierung von Luigi Pirandellos Die Riesen vom Berge, dann Süden von Julien Green und Sommer von Edward Bond. Für Süden erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen und wurde wieder für das Berliner Theatertreffen ausgewählt.
Bis 1992 war sie als freie Regisseurin in deutschsprachigen Theatern unterwegs und inszenierte unter anderen Stücken Sean O'Caseys Das Ende vom Anfang und Kleists Der zerbrochne Krug an der Wiener Burg. Von 1992 bis 1997 war sie Künstlerische Leiterin der Berliner Schaubühne am Lehniner Platz. Auch hier stand ihre Beschäftigung mit russischen Autoren im Mittelpunkt. Nachtasyl von Maxim Gorki, Die Möwe und Onkel Wanja von Anton P. Tschechow gelten als herausragende Inszenierungen dieser Zeit.
Seit 1999 ist sie Hausregisseurin am Burgtheater Wien und inszenierte auch für die Salzburger Festspiele. 2004 und 2005 war sie wieder am Berliner Theatertreffen mit den Burgproduktionen Emilia Galotti und Don Karlos beteiligt. Die letztere Inszenierung konnte aus technischen Gründen nur als Filmaufnahme gezeigt werden. 2006 erhielt die Regisseurin im Rahmen des Berliner Theatertreffens den mit 16.000 Euro dotierten Theaterpreis Berlin. Das Geld spendete die Regisseurin einer Suppenküche in Pankow, die vom Franziskanerorden geführt wird.
Bereits in den Bochumer Jahren hatte Breth unter psychischer Erkrankung gelitten, diese führte zu einem Selbstmordversuch und längeren Aufenthalten in Kliniken.<ref>Andrea Breth: Frei für den Moment, S: 55.</ref> Es kam wiederholt zu abgesagten Inszenierungsvorhaben, darunter Shakespeares Was ihr wollt und Calderóns Tochter der Luft.<ref>Andrea Breth: Frei für den Moment, S. 79.</ref> Weiterhin hatte die Regisseurin vor, die Uraufführung des Stückes Das Haus des Richters von Dimitré Dinev für das Akademietheater zu inszenieren, doch konnte sie das Projekt aus Krankheitsgründen nicht realisieren.
2007 nahm Breth in der österreichischen Zeitschrift Profil zu ihrer manisch-depressiven Erkrankung Stellung.<ref>Interview mit Andrea Breth in „Profil“ 27/2007</ref> 2008 kehrte sie als Regisseurin des Stückes Motortown von Simon Stephens ans Burgtheater zurück.
Über die Arbeit von Andrea Breth
„Andrea Breths Regiestil steht in der Tradition von Fritz Kortners und Peter Steins poetischem und psychologischem Realismus. Sie versteht sich als Menschenkundlerin, Seelenforscherin – aber nie nur in einem biografisch-gesellschaftlichen, sondern in einem universal-menschheitlichen Sinn. <ref>Zitat von goethe.de</ref>“
Abgebrochenes Wallenstein Projekt
Für die Theatersaison 2006–2007 plante Andrea Breth eine monumentale Inszenierung von Schillers Wallenstein, die jeweils an zwei Abenden hintereinander im Burgtheater hätte aufgeführt werden sollen. Die Premiere dieser Inszenierung war für den österreichischen Nationalfeiertag (26. Oktober 2006) vorgesehen. Ende Juni wurde sie auf Jänner, dann Juli 2007 verschoben. Letztendlich musste die Inszenierung aus gesundheitlichen Gründen auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Das Bühnenbild von Bernhard Kleber sei damals bereits fertiggestellt gewesen. Um eine komplette Absage der Inszenierung zu vermeiden, wurde eine gekürzte Wallenstein-Fassung im Dezember 2007 gezeigt. Breth konnte die Regie nicht führen, sie wurde an Thomas Langhoff delegiert.<ref>Thomas Trenkler, Ronald Pohl: „Wallenstein“ auf Eis. Produktion auf unbestimmt verschoben. Burgtheater: „Wallenstein“ auf Eis. In: Der Standard, 24. August 2006.</ref>
Wichtige Inszenierungen
Schauspiel
- 1981: Emilia Galotti von Gotthold Ephraim Lessing – Freie Volksbühne Berlin
- 1982: Eisenherz von Gerlind Reinshagen – Uraufführung am Schauspielhaus Bochum
- 1985: Bernarda Albas Haus von Federico García Lorca – Städtische Bühnen Freiburg
- 1987: Süden von Julien Green – Schauspielhaus Bochum
- 1987: Sommer von Edward Bond – Schauspielhaus Bochum
- 1988: Schöne Bescherungen von Alan Ayckbourn – Schauspielhaus Bochum
- 1989: Was ihr wollt von William Shakespeare (Deutsch von Reinhard Palm) – Schauspielhaus Bochum
- 1989: Die Letzten von Maxim Gorki – Schauspielhaus Bochum
- 1990: Der zerbrochne Krug von Heinrich von Kleist – Burgtheater Wien
- 1991: Der einsame Weg von Arthur Schnitzler – Schaubühne Berlin
- 1992: Das Ende vom Anfang von Sean O'Casey – Burgtheater Wien
- 1992: Letzten Sommer in Tschulimsk von Alexander Wampilow – Schaubühne Berlin
- 1993: Von morgens bis mitternachts von Georg Kaiser – Schaubühne Berlin
- 1993: Hedda Gabler von Henrik Ibsen – Schaubühne Berlin
- 1997: Die Familie Schroffenstein von Heinrich von Kleist – Schaubühne Berlin
- 1998: Onkel Wanja von Anton P. Tschechow – Schaubühne Berlin (2000: Premiere am Burgtheater)
- 2000: Die See von Edward Bond – Burgtheater Wien
- 2001: Das Käthchen von Heilbronn von Heinrich von Kleist – Burgtheater Wien
- 2001: Maria Stuart von Friedrich Schiller – Burgtheater Wien
- 2002: Letzter Aufruf von Albert Ostermaier – Uraufführung am Burgtheater Wien
- 2002: Emilia Galotti von Gotthold Ephraim Lessing – Burgtheater Wien
- 2004: Die Ziege oder Wer ist Sylvia? von Edward Albee – Akademietheater (Wien)
- 2004: Don Karlos von Friedrich Schiller – Burgtheater Wien
- 2004: Die Katze auf dem heißen Blechdach von Tennessee Williams – Burgtheater Wien
- 2005: Der Kirschgarten von Anton P. Tschechow – Burgtheater Wien
- 2005: Nach den Klippen von Albert Ostermaier – Burgtheater Wien
- 2005: Nächte unter Tage zusammen mit Christian Boltanski und Jean Kalman – RuhrTriennale
- 2005: Minna von Barnhelm von Gotthold Ephraim Lessing – Burgtheater Wien
- 2008: Motortown von Simon Stephens – Akademietheater Wien
- 2008: Verbrechen Und Strafe<ref>Breth, Fjodor Dostojewskij</ref> von Fjodor Dostojewski – Salzburger Festspiele
- 2011: Zwischenfälle, Szenen von Charms, Courteline und Cami – Akademietheater Wien
- 2012: Marija von Isaak Babel – Düsseldorfer Schauspielhaus<ref>Wo gehobelt wird, da fallen Menschen in: FAZ vom 9. Januar 2012, Seite 25</ref>
- 2012: Prinz Friedrich von Homburg oder die Schlacht bei Fehrbellin von Heinrich von Kleist – Salzburger Festspiele / Burgtheater Wien
- 2013: John Gabriel Borkman von Henrik Ibsen – Schauspiel Frankfurt
- 2013: Hamlet von William Shakespeare – Burgtheater Wien
- 2014: Der Hausmeister von Harold Pinter – Residenztheater München
Oper
- 2005: Carmen von Georges Bizet – Styriarte Graz
- 2007: Eugen Onegin von Peter Tschaikowsky – Salzburger Festspiele
- 2010: Katja Kabanowa von Leoš Janáček- Brüsseler Opernhaus La Monnaie/De Munt, 2014 – Staatsoper im Schillertheater, Berlin
- 2011: Wozzeck von Alban Berg – Staatsoper im Schiller Theater Berlin
- 2012: La traviata von Giuseppe Verdi – La Monnaie / De Munt Brüssel
- 2014: Jakob Lenz von Wolfgang Rihm – Oper Stuttgart
Auszeichnungen und Ehrungen
- 1985: Theater heute: Regisseurin des Jahres
- 1986: Deutscher Kritikerpreis
- 1986: Förderpreis des Landes Nordrhein-Westfalen
- 1987: Fritz-Kortner-Preis
- 1990: Aufnahme in die Akademie der Darstellenden Künste, Frankfurt am Main
- 1993: Aufnahme in die Akademie der Künste (Berlin)
- 1994: Professorin für Regie an der Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch", Berlin
- 2001: Nestroy-Theaterpreis-Nominierung für Beste Regie
- 2002: Nestroy-Theaterpreis-Nominierung für Beste Regie
- 2003: Nestroy-Theaterpreis-Auszeichnung für die Beste Regie für die Inszenierung von Emilia Galotti
- 2004: Hessischer Kulturpreis
- 2006: Theaterpreis Berlin
- 2009: Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse
- 2011: Nestroy-Theaterpreis-Auszeichnung für die Beste Regie für die Inszenierung von Zwischenfälle
- 2015: Schillerpreis der Stadt Marbach am Neckar für ihre Inszenierungen von Maria Stuart und Don Karlos<ref>Mitteilung der Jury, 12. Februar 2015 (PDF)</ref>
- 2015: Großes Bundesverdienstkreuz<ref>Bundesverdienstkreuze für Andrea Breth und Katharina Thalbach auf nachtkritik.de</ref>
Literatur
- Klaus Dermutz: Andrea Breth. Frankfurt am Main, 1995. ISBN 978-3-596-12400-8
- Günter Ahrends: Andrea Breth: Theaterkunst als kreative Interpretation. Frankfurt am Main, 1990. ISBN 978-3-631-41491-0
- Andrea Breth: Frei für den Moment: Regietheater und Lebenskunst. Gespräche mit Irene Bazinger, Berlin 2009, ISBN 978-3-86789-062-5
- Andrea Breth: "Fjodor Dostojewskij- Verbrechen und Strafe", Theaterfassung, Amman, Zürich 2009, ISBN 978-3-250-10901-3
Einzelnachweise
<references />
Weblinks
- Literatur von und über Andrea Breth im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Andrea Breth: 50 Regisseure im deutschsprachigen Theater. Seite desGoethe-Instituts
- Bericht über die Arbeitsweise der Regisseurin anhand ihrer Inszenierung von Don Carlos am Wiener Burgtheater (Memento vom 1. April 2008 im Internet Archive)
2000: Luc Bondy | 2001: Peter Zadek | 2002: Michael Schottenberg | 2003: Andrea Breth | 2004: Stephan Kimmig | 2005: Christoph Marthaler | 2006: Karin Beier | 2007: Grzegorz Jarzyna | 2008: Stefan Bachmann | 2009: Martin Kušej | 2010: Alvis Hermanis | 2011: Andrea Breth | 2012: Stephanie Mohr | 2013: Michael Thalheimer | 2014: Krystian Lupa | 2015: Simon Stone
Personendaten | |
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NAME | Breth, Andrea |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Theaterregisseurin |
GEBURTSDATUM | 31. Oktober 1952 |
GEBURTSORT | Rieden bei Füssen |