Bombenangriff auf Braunschweig am 15. Oktober 1944


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Datei:Braunschweig15101944.jpg
Das brennende Braunschweig am frühen Morgen des 15. Oktober 1944, aufgenommen zwischen 2:00 und 3:00 Uhr von einem Lancaster-Bomber der RAF
Datei:Braunschweig15101944n.png
Dasselbe Foto mit Straßennamen zur besseren Orientierung: Es zeigt den nordwestlichen Bereich des Östlichen Ringgebietes. Das Staatstheater (großes dunkles Gebäude mit heller Umrandung auf zwei Seiten) befindet sich in der unteren linken Ecke; davon ausgehend, schräg zur Mitte des unteren Bildrandes verlaufend die Kaiser-Wilhelm-Allee (heute Jasperallee).

Der Bombenangriff auf Braunschweig am 15. Oktober 1944 durch die 5. Bombergruppe der Royal Air Force (RAF) markiert den Höhepunkt der Zerstörung der Stadt Braunschweig im Zweiten Weltkrieg.<ref>Rudolf Prescher: Der rote Hahn über Braunschweig. Luftschutzmaßnahmen und Luftkriegsereignisse in der Stadt Braunschweig 1927 bis 1945, Braunschweig 1955, S. 88.</ref> Der Luftangriff erzeugte einen Feuersturm, nach dem Braunschweig zweieinhalb Tage ununterbrochen brannte. Er zerstörte über 90 % der mittelalterlich geprägten Innenstadt<ref name="Bombennacht-8">Braunschweiger Zeitung (Hrsg.): Die Bomben-Nacht. Der Luftkrieg vor 60 Jahren. Braunschweig 2004, S. 8.</ref> und hat das Erscheinungsbild der Stadt bis in die Gegenwart hinein nachhaltig verändert. Das Flächenbombardement ziviler Ziele (Innenstadt, Wohngebiete und andere) durch die RAF erfolgte aufgrund der vom britischen Luftfahrtministerium (Air Ministry) am 14. Februar 1942 erteilten „Area Bombing Directive“.<ref>Jörg Friedrich: Der Brand. Deutschland im Bombenkrieg 1940–1945, S. 83.</ref>

Inhaltsverzeichnis

Angriffsziel Braunschweig

Datei:Braunschweig Brunswick Stadtplan gesamt (1899).jpg
Braunschweigs Innenstadt: Der Plan stammt von 1899, der Straßenverlauf war 1944 aber noch derselbe. Der Dom befindet sich im Zentrum, der blaue Ring ist die Oker. Im Südwesten der Bahnhof, rechts daneben die zwei Grünanlagen „Bahnhofs-Park“ und „Holland’s Garten“, im Südosten der Löwenwall, darüber im Osten zunächst das Herzog Anton Ulrich-Museum, dann das Staatstheater, im Norden der Park von Löbbeckes Insel.

Der erste Luftangriff auf Braunschweig erfolgte am 17. August 1940<ref>Eckart Grote: Target Brunswick 1943–1945. Luftangriffsziel Braunschweig – Dokumente der Zerstörung. Braunschweig 1994, S. 11.</ref> durch die Royal Air Force; dabei wurden sieben Personen getötet. Von diesem Tage an wurden die Luftangriffe zahlreicher, präziser und verheerender in ihrer Wirkung. Seit dem 27. Januar 1943 griffen die Bomber der United States Army Air Forces (USAAF) deutsche Städte auch bei Tage an. Ab Februar 1944 („Big Week“<ref>Werner Girbig: 1000 Tage über Deutschland. Die 8. amerikanische Luftflotte im 2. Weltkrieg, München 1964, S. 198 ff.</ref>) war Braunschweig planmäßig Ziel amerikanischer und britischer Bomberstaffeln, wobei die RAF die Nachtangriffe und die USAAF die Tagesangriffe flog. Diese Aufteilung entsprach der bei der Konferenz von Casablanca 1943 festgelegten „kombinierte Bomberoffensive“ (Combined Bomber Offensive; CBO), einem gemeinsamen Vorgehen der Bomberkräfte Großbritanniens und der USA.

Forschungs- und Rüstungsstandorte in und um Braunschweig

In den 1930er Jahren wurde Braunschweig kontinuierlich zu einem Zentrum der deutschen Rüstungsindustrie ausgebaut.<ref name="Biegel-9">Gerd Biegel (Hrsg.): Bomben auf Braunschweig, in: Veröffentlichungen des Braunschweigischen Landesmuseums, Nr. 77, Braunschweig 1994, S. 9.</ref> Die Großbetriebe, die zum Teil mitten in der Stadt angesiedelt waren, zogen Tausende von Arbeitern an, für die neue Wohngebiete geschaffen werden mussten, so z. B. die ab Mitte 1933 als „Dietrich-Klagges-Stadt“ erbaute Gartenstadt und die NS-Muster-Siedlungen Lehndorf, Mascherode-Südstadt und Schuntersiedlung.

Insgesamt war Braunschweig – zu Beginn des 20. Jahrhunderts hauptsächlich eine Arbeiter- und Industriestadt – während des Zweiten Weltkrieges ca. 42 Luftangriffen britischer und amerikanischer Bomberverbände ausgesetzt.<ref>Rudolf Prescher: Der rote Hahn über Braunschweig. Luftschutzmaßnahmen und Luftkriegsereignisse in der Stadt Braunschweig 1927 bis 1945, Braunschweig 1955, S. 111.</ref> Die Angriffe galten vorwiegend den Rüstungsbetrieben in und um Braunschweig, in denen insbesondere Kampfflugzeuge, Panzer, Lastkraftwagen sowie optische und feinmechanische Präzisionsinstrumente hergestellt wurden, dem Hafen am Mittellandkanal, den Konservenfabriken, den Bahnhöfen und dem Reichsbahnausbesserungswerk.

Weitere Ziele waren die in der Stadt zwischen 1936 und 1939 gegründeten vier Institute der Technischen Hochschule Braunschweig: Die Institute für Flugzeugbau, Triebwerkslehre, Aerodynamik sowie für Luftfahrtmesstechnik und Flugmeteorologie. Aus ihnen war das neue Luftfahrt-Lehrzentrum am Flughafen Waggum entstanden. In südlicher Richtung befand sich seit 1936 bei Völkenrode die Luftfahrtforschungsanstalt Hermann Göring (LFA). Ebenfalls kriegswichtig war das Institut für baulichen Luftschutz.<ref name="Biegel-9" />

Rüstungsbetriebe in und um Braunschweig (Auswahl)

Braunschweigs bedeutendste Rüstungsbetriebe waren neben solchen der Flugzeugindustrie wie z. B. der Flugzeugwerke Braunschweig GmbH<ref>Zusammenschluss der Firmen Grotrian-Steinweg und Wilke-Werke.</ref><ref name="Biegel-28" />, die Luther-Werke, in denen u. a. Jagdflugzeuge vom Typ Bf 110<ref name="Biegel-28" /> produziert wurden, die Niedersächsische Motorenwerke und das Vorwerk Braunschweig des Volkswagenwerkes, in dem Kampfflugzeuge vom Typ Ju 88<ref name="Biegel-28" /> von den Bändern liefen. Daneben gab es kleinere Unternehmen, die hauptsächlich Reparatur- und Zulieferaufgaben wahrnahmen wie Grotrian-Steinweg für Flugzeuge<ref name="Biegel-28">Gerd Biegel (Hrsg.): Bomben auf Braunschweig. In: Veröffentlichungen des Braunschweigischen Landesmuseums. Nr. 77, Braunschweig 1994, S. 28.</ref> oder die MIAG, die auch Panzer vom Typ Sturmgeschütz IV<ref>Braunschweiger Zeitung (Hrsg.): Die Bomben-Nacht. Der Luftkrieg vor 60 Jahren. Braunschweig 2004, S. 15.</ref> fertigte.

Büssing war ein für die Produktion von Lastkraftwagen kriegswichtiges Unternehmen, während die Schuberth-Werke vorrangig Stahlhelme produzierten. Betriebe aus dem Bereich Maschinen- und Anlagenbau waren die Braunschweigische Maschinenbauanstalt (BMA), Karges & Hammer, Wilke-Werke, Wullbrandt & Seele, Lanico, Selwig & Lange sowie die zu Siemens & Halske gehörende Eisenbahnsignal-Bauanstalt Max Jüdel & Co. Für feinmechanische und präzisionsoptische Instrumente (wie Zielvorrichtungen oder Kameras) waren die Unternehmen Franke & Heidecke und Voigtländer bekannt. Darüber hinaus gab es eine Vielzahl unterschiedlich großer Firmen, die in vielen kriegswirtschaftlich wichtigen Bereichen tätig waren, wie beispielsweise der Konservendosenhersteller Schmalbach.

In unmittelbarer Nähe Braunschweigs befanden sich zudem ca. 15 km südlich in Salzgitter die Reichswerke Hermann Göring und ca. 40 km nordöstlich bei Fallersleben das Volkswagen-Werk.

Die Stadt entwickelte sich in den 1930er Jahren allmählich zur „Stadt der Flieger“.<ref name="Biegel-9" /> Das Luftflottenkommando 2 hatte seinen Standort am Nußberg, gleich neben dem neu gebauten „Fliegerviertel“ (Wohnhäuser für Angehörige der Luftwaffe). Dazu kamen das „Luftwaffenlazarett“ an der Salzdahlumer Straße (später Städtisches Klinikum) sowie zahlreiche Kasernen. In Waggum, Broitzem und Völkenrode wurden Flugplätze errichtet bzw. ausgebaut. Sie wurden im Laufe des Krieges nach und nach, wie auch die gesamte Stadt, in die systematische Zerstörung mit einbezogen.<ref name="Bombennacht-8" />

Luftverteidigung in und um Braunschweig

Flugabwehrstellungen

Wegen seiner Bedeutung als Industrie- und Forschungsstandort war Braunschweig ab etwa Herbst 1943 von einem dicht geschlossenen, starken und tief gestaffelten Gürtel von Flak-Batterien umgeben, was die Stadt für die angreifenden Bomberverbände zu einem gefürchteten Ziel machte, da jedes Mal mit hohen Verlusten zu rechnen war. Das Gebiet Braunschweig und Umgebung gehörte zum Luftgaukommando XI (Hamburg), 8. Flakbrigade, Flakregiment 65.<ref name="Grote-35">Eckart Grote: Target Brunswick 1943–1945. Luftangriffsziel Braunschweig – Dokumente der Zerstörung. Braunschweig 1994, S. 35.</ref>

Die Flugabwehr Braunschweigs verfügte über ca. 100 Geschütze des Kalibers 8,8 cm oder größer, welche in Batterien, Doppelbatterien oder Großbatterien gegliedert waren. Eine „Batterie“ umfasste in der Regel sechs Geschütze (meist 8,8-cm-Flak, aber auch 10,5 cm), eine „Doppelbatterie“ hatte folglich zwölf Kanonen<ref>Eckart Grote: Target Brunswick 1943–1945. Luftangriffsziel Braunschweig – Dokumente der Zerstörung. Braunschweig 1994, S. 36.</ref>, eine Großbatterie war ein Zusammenschluss aus zehn Einzelbatterien. Dazu kamen noch ungezählte leichte Flakeinheiten für die Tieffliegerabwehr und den direkten Objektschutz.

In der Stadt selbst sowie in ihrer unmittelbaren Umgebung befanden sich folgende Luftabwehrstellungen: Einzelbatterien Abtstraße, Eintrachtstadion, Lamme, Ölper und Mascherode, Doppelbatterien in Bevenrode, Broitzem, Lünischteich (nahe Kloster Riddagshausen), Ölper und Melverode (plus Schwere Heimatflak), Querum (teilweise mit Eisenbahnflak), Wenden sowie die Großbatterie Wenden. Dazu kamen die Eisenbahnflak Abtstraße, am Bahnhof Groß Gleidingen und in Lehndorf.<ref name="Grote-35" />

Fliegerhorste und Luftwaffeneinheiten

In Waggum, Broitzem und Völkenrode waren teilweise seit 1916 Flugplätze vorhanden. Diese wurden in den 1930er Jahren von der Luftwaffe übernommen und kriegsmäßig ausgebaut.

Folgende Einheiten waren zumindest zeitweise auf ihnen stationiert:<ref>Eckart Grote: Target Brunswick 1943–1945. Luftangriffsziel Braunschweig – Dokumente der Zerstörung. Braunschweig 1994, S. 101.</ref>

Vorbereitung des Luftangriffs vom 15. Oktober 1944

Zweck des Angriffs

Am 13. Oktober 1944 erhielt die Royal Air Force die Anweisung zur Durchführung der „Operation Hurricane“.<ref>Eckart Grote: Target Brunswick 1943–1945. Luftangriffsziel Braunschweig – Dokumente der Zerstörung. Braunschweig 1994, S. 119.</ref> Zweck dieser Operation war einerseits die Demonstration der Zerstörungskraft der alliierten Bomberstreitkräfte gegenüber der deutschen Zivilbevölkerung, andererseits aber auch von deren Luftüberlegenheit. Die Anweisung enthielt folgende Passage:

“In order to demonstrate to the enemy in Germany generally the overwhelming superiority of the Allied Air Forces in this theatre … the intention is to apply within the shortest practical period the maximum effort of the Royal Air Force Bomber Command and the 8th United States Bomber Command against objectives in the densely populated Ruhr.<ref>RAF-Kriegstagebuch</ref>”

„Um dem Feind in Deutschland allgemein die überwältigende Überlegenheit der alliierten Luftstreitkräfte auf diesem Kriegsschauplatz zu demonstrieren … ist beabsichtigt, in kürzest möglicher Zeit eine maximale Anstrengung sowohl des Royal Air Force Bomber Command als auch des 8.  United States Bomber Command gegen Ziele im dicht bevölkerten Ruhrgebiet zu unternehmen.“

Operation Hurricane sah als Hauptziel Duisburg für die ca. 1000 schweren Bomber der RAF vor und Köln für die ca. 1200 Bomber der USAAF. Weitere 233 Bomber der RAF waren für die damals ca. 150.000 Einwohner zählende Stadt Braunschweig bestimmt.<ref name="Bombennacht-43">Braunschweiger Zeitung (Hrsg.): Die Bomben-Nacht. Der Luftkrieg vor 60 Jahren. Braunschweig 2004, S. 43.</ref>

Bereits im März 1944 verfügte der Oberbefehlshaber des britischen Bomber Command, Air Chief Marshal Arthur Harris („Bomber-Harris“), über eine Liste mit den sechs wichtigsten Bomberzielen in der Endphase des Krieges. An erster Stelle: Schweinfurt, gefolgt von Leipzig und an dritter Stelle Braunschweig, dann Regensburg, Gotha und schließlich Augsburg. In Schweinfurt war die deutsche Wälzlager-Industrie (FAG Kugelfischer, VKF/Vereinigte Kugellagerfabriken: Fichtel & Sachs/SKF) konzentriert; die anderen Städte hatten bedeutende Flugzeugwerke (Erla, Luther-Werke, Messerschmitt, Gothaer Waggonfabrik). In Augsburg war neben der Messerschmitt AG auch die MAN (U-Boot-Dieselmotoren) Angriffsziel. Aufgrund der hohen Priorität Braunschweigs beschlossen Harris und der Kommandeur der 8. US-Luftflotte („Mighty Eighth“), Generalmajor James Doolittle am 28. März 1944 einen Angriff am 29., der aber nicht den gewünschten Erfolg brachte, weil der zweite Teil der Operation Double Blow wegen schlechten Wetters abgesagt werden musste.<ref>Dieter Diestelmann: Die Nacht, in der Feuer vom Himmel fiel, Sonderbeilage der Braunschweiger Zeitung zum 40. Jahrestag der Bombardierung vom 13. Oktober 1984, S. X.</ref> Die geplante Zerstörung der Stadt musste also verschoben werden.

Die Planung des Oktober-Angriffs auf Braunschweig war seit dem 15. August 1944 abgeschlossen.<ref name="Grote-118">Eckart Grote: Target Brunswick 1943–1945. Luftangriffsziel Braunschweig – Dokumente der Zerstörung. Braunschweig 1994, S. 118.</ref> Nachdem Darmstadt am 11. September 1944 als eine der ersten deutschen Städte „erfolgreich“ mit einer neuen Angriffstaktik (spezielle Markierungstechnik, fächerförmiger Anflug und zeitliche Staffelung der Spreng- und Brandbomben) zerstört worden war (ca. 11.500 Tote), war die Reihe am 15. Oktober 1944 nunmehr an Braunschweig.

Braunschweig sollte nicht nur als wichtiger Standort der Rüstungsindustrie, sondern vor allem auch als ziviler Wohnort großflächig zerstört und damit dauerhaft unbewohnbar und unnutzbar gemacht werden. Das Ziel, nämlich die größtmögliche Zerstörung, sollte durch detaillierte Angriffsplanung und -ausführung sowie durch die Eigenschaften der eingesetzten (Kampf-)Mittel erreicht werden (s. u. „Einsatzbefehl“ und „Kriegstagebuch“). Das Mittel zur Zielerreichung war der Feuersturm, dessen Entstehung kein Produkt des Zufalls war, sondern wissenschaftlich fundiert in akribischer Kleinarbeit erarbeitet worden war.<ref>Jörg Friedrich: Der Brand. Deutschland im Bombenkrieg 1940–1945, München 2002, S. 236.</ref>

Am 13. Oktober teilte der Chefmeteorologe in High Wycombe, dem Hauptquartier des Bomber Command, der RAF die Wettervorhersage für das Wochenende 14./15. Oktober mit: geringe Bewölkung, die ganze Nacht gute Sicht, mäßige Winde. Daraufhin erteilte Harris den Befehl zum Angriff am 14. Oktober (u. a. auf Braunschweig mit dem Zielcode „SKATE“ – dt.: „Rochen“) Die Decknamen der Ziele gingen auf den Stellvertreter von Harris zurück. Der begeisterte Angler Air Vice-Marshal Robert Saundby versah alle in Auswahl kommenden deutschen Städte mit einem Fish code.<ref>amaot.de: Datenblatt Fishcodes. Abgerufen am 21. Juli 2013.</ref>

RAF No. 5 Bomber Group

Die No. 5 Bomber Group (Motto: „undaunted“, dt. furchtlos) wurde 1937 gegründet und während des Krieges fortlaufend aufgerüstet und modernisiert. Air Vice Marshal Arthur Harris war von 1939 bis 1940 selbst Kommandeur der Gruppe, bevor er Oberbefehlshaber des Bomber Command wurde. 1943 wurde das Hauptquartier der gegen Kriegsende 15 Staffeln umfassenden Gruppe nach Morton Hall, Swinderby, verlegt. Die Gruppe wurde zum Zeitpunkt des Angriffs auf Braunschweig von Air Vice Marshal Ralph Cochrane kommandiert.<ref name="Grote-118" /> No. 5 Bomber Group wurde für verschiedene Spezialeinsätze herangezogen, wie zum Beispiel der Bombardierung von Talsperren („Dam-Buster-Raid“) und der großflächigen Zerstörung von Städten wie z. B. Köln, Dresden oder Würzburg.

Einige der wichtigsten Einsätze von No. 5 Bomber Group:

RAF Bomber Command hatte im Laufe des Jahres 1944 bereits viermal vergeblich versucht, Braunschweig dauerhaft zu zerstören, war bisher aber aus unterschiedlichen Gründen (hauptsächlich schlechtes Wetter, zu starke Abwehr etc.) gescheitert.<ref name="Grote-124">Eckart Grote: Target Brunswick 1943–1945. Luftangriffsziel Braunschweig – Dokumente der Zerstörung. Braunschweig 1994, S. 124.</ref> Am Sonnabend, dem 14. Oktober 1944, wurden im Hauptquartier der No. 5 Bomber Group in Morton Hall die Vorbereitungen für den Angriff abgeschlossen, um 13:10 Uhr Ortszeit erging der Einsatzbefehl an alle beteiligten Staffeln, um 15:30 Uhr gefolgt vom Briefing der Besatzungen.<ref>Dieter Diestelmann: ‘‘Die Nacht, in der Feuer vom Himmel fiel’’, Sonderbeilage der Braunschweiger Zeitung zum 40. Jahrestag der Bombardierung vom 13. Oktober 1984, S. XI f.</ref>

Einsatzbefehl vom 14. Oktober 1944

Datei:SKATE-Befehl No.5-Bomber-Group 14. Oktober 1944.jpg
1. Seite des Einsatzbefehls zur Bombardierung von „SKATE“ (Codename für Braunschweig).
Handschriftliche Ergänzung:
„5 Group – Brunswick“.

Auszugsweise Übersetzung des handschriftlich geringfügig geänderten Einsatzbefehls:

  • Einsatz: Mindestens 220 Flugzeuge der No. 5 Group werden das Ziel angreifen. Außerdem 1.000 Flugzeuge der No. 1, 3, 4 und 6 Groups COD 0,5

    Zerstörte Bauwerke (Auswahl)

    Datei:Braunschweig Residenzschloss um 189711.jpg
    Schloss (beschädigt, 1960 abgerissen, inzwischen teilweise wiedererrichtet)
    Datei:Braunschweig Brunswick St.Andreas Kriegsschaeden 2007.JPG
    2006/2007: Mehr als 60 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges werden Kriegsschäden an den Türmen der Andreaskirche beseitigt

    Die eng bebaute Innenstadt war zu großen Teilen durch ihre ca. 800 Fachwerkgebäude geprägt, von denen einige bis in das Mittelalter zurückreichten. Darüber hinaus bestand die Bebauung aus Steingebäuden, die meist im 17. und 18. Jahrhundert entstanden waren. Die engen, z.T. verwinkelten Straßen und deren dichte Bebauung mit leicht entflamm- und brennbaren Fachwerkhäusern sorgte in Verbindung mit der Taktik der Briten, zuerst Spreng- und dann erst Brandbomben einzusetzen, zunächst für ein schnelles Ausbreiten der Einzelbrände und führte schließlich nach deren Ineinandergreifen zu einem Feuersturm, der in den 2½ Tagen seines Wütens fast die gesamte Innenstadt zerstörte. Neben unersetzlichen Kulturgütern und -denkmälern gingen so auch Wohnviertel und sogar ganze Straßenzüge, wie z.B. Bäckerklint, Nickelnkulk, Südklint, Rehnstoben, Geiershagen oder die Taschenstraße unwiederbringlich verloren.

    In einem Lagebericht vom 25. Januar 1945 an Otto Georg Thierack, Reichsminister der Justiz, schrieb der Generalstaatsanwalt beim Oberlandesgericht Braunschweig:

    „“

    Der Braunschweiger Dom, den die Nationalsozialisten zur „Nationalen Weihestätte“ umfunktioniert hatten und der der RAF in jener Nacht als Zielpunkt für den Angriff diente, war jedoch von Bomben und Feuer verschont geblieben.

    Neben ganzen Straßenzügen der Innenstadt wurden auch viele stadt- und architekturgeschichtlich bedeutende Bauwerke größtenteils bzw. vollständig zerstört (Auswahl):

    Gebäude erbaut Zustand nach dem 15. Oktober 1944
    Achtermannsches Haus 1626–1630 schwer beschädigt
    Aegidienkirche 13.–15. Jahrhundert schwer beschädigt
    Alte Waage 1534 völlig zerstört, von 1990 bis 1994 originalgetreu am ursprünglichen Standort wieder aufgebaut
    Altstadtmarktbrunnen 1408 schwer beschädigt
    Andreas-Kirche um 1230 schwer beschädigt
    Bierbaumsches Haus 1523 völlig zerstört
    Braunschweiger Schloss 1833–1841 schwer beschädigt, 1960 nach heftiger Kontroverse abgerissen; Fassade wurde ab 2005 am ursprünglichen Standort wiedererrichtet
    Brüdern-Kirche um 1361 schwer beschädigt
    Burg Dankwarderode 1887–1906 schwer beschädigt
    Dannenbaumsches Haus 1517 völlig zerstört
    Gewandhaus vor 1268 schwer beschädigt
    Hagenmarkt-Apotheke 1677 völlig zerstört
    Haus Salve Hospes 1805 schwer beschädigt
    Katharinen-Kirche um 1200 schwer beschädigt
    Kreuzkloster um 1230 völlig zerstört
    Liberei 1412–1422 schwer beschädigt
    Magnikirche um 1031 schwer beschädigt
    Martineum 1415 völlig zerstört
    Martini-Kirche um 1195 schwer beschädigt
    Mumme-Haus um 1588 völlig zerstört
    Nicolai-Kirche 1710–1712 völlig zerstört
    Pauli-Kirche 1901–1906 schwer beschädigt
    Petri-Kirche vor 1195 schwer beschädigt
    Stechinelli-Haus 1690 schwer beschädigt
    Staatstheater 1861 schwer beschädigt

    Knapp neun Stunden nach dem Ende des Bombenangriffes überflog ein Fernaufklärer der Briten gegen 11:40 Uhr die Stadt, um die Schäden zu dokumentieren. Infolge der vielen Brände und der damit verbundenen starken Rauchentwicklung waren jedoch nur einige wenige Objekte zu erkennen.<ref>Eckart Grote: Braunschweig im Luftkrieg. Alliierte Film-, Bild- und Einsatzberichte der US-Air-Force / British-Royal-Air-Force aus den Jahren 1944/1945 als stadtgeschichtliche Dokumente. Braunschweig 1983, S. 40.</ref> Ein Augenzeuge berichtete: „Es wurde nicht hell an diesem Tag. Ein gewaltiger Rauchpilz verdunkelte die Sonne.“<ref>Eckart Schimpf: Nachts, als die Weihnachtsbäume kamen. Eine ganz normale Braunschweiger Kindheit im Chaos von Kriegs- und Nachkriegszeit, Braunschweig 1998, S. 81.</ref>

    Am Abend des 17. Oktober waren die letzten Großbrandstellen gelöscht, das Löschen kleinerer Brände zog sich noch drei Tage, bis zum 20. Oktober, hin. 80.000 Einwohner, das waren 53,3 % der Gesamtbevölkerung Braunschweigs, waren durch diesen Angriff obdachlos geworden.<ref name="Bombennacht-42" />

    Die Zerstörungen waren so groß, dass Bevölkerung wie Experten noch Jahre nach Kriegsende überzeugt waren, dass es sich am 15. Oktober 1944 um einen der „1000-Bomber-Angriffe“ wie z.B. auf Köln, gehandelt hatte.<ref>Rudolf Prescher: Der rote Hahn über Braunschweig. Luftschutzmaßnahmen und Luftkriegsereignisse in der Stadt Braunschweig 1927 bis 1945, Braunschweig 1955, S. 95.</ref><ref>Theodor Müller: Ostfalenland. Eine Heimatkunde des Landes zwischen Harz, Weser und Aller, Braunschweig 1961, S. 47: Der schlimmste Angriff war der Einflug von etwa 1000 Flugzeugen in der Nacht vom 14. zum 15. Oktober 1944. In einem wilden Feuersturm ging die Innenstadt unter …</ref> Anders konnte man sich das Ausmaß nicht erklären. Erst nach Öffnung britischer Militärarchive stellte sich heraus, dass es „nur“ 233 Bomber gewesen waren.<ref name="Bombennacht-39" />

    Die Opfer

    Datei:Braunschweig Brunswick Bombenopfer (2006).JPG
    Gräberfeld mit einigen der Opfer des Bombenangriffes

    Genaue Opferzahlen des Angriffs vom 15. Oktober sind nicht bekannt. Zeitgenössische Zahlen schwanken zwischen 484 und 640 Toten. Vermisst wurden 101 Personen, die Anzahl der Verletzten belief sich auf 1258.<ref name="Anwalt" /> Historiker gehen heute jedoch davon aus, dass durch diesen Angriff mehr als 1000 Personen den Tod fanden.<ref name="Bombennacht-43" />

    Diese vergleichsweise geringen Verluste waren auf verschiedene Faktoren zurückzuführen: Braunschweig lag auf der direkten Flugroute, in der „Einflugschneise“, nach Magdeburg und Berlin<ref>Jörg Friedrich: Der Brand. Deutschland im Bombenkrieg 1940–1945, München 2002, S. 375.</ref>, sowie in unmittelbarer Nähe der kriegswichtigen Rüstungsgroßstandorte Salzgitter (Hermann-Göring-Werke) und Fallersleben (Volkswagen-Werk). Die Braunschweiger Bevölkerung war durch die zahlreichen Alarme (2.040 Warnungen und 620 Fliegeralarme zwischen 1939 und 1945)<ref>Braunschweiger Zeitung (Hrsg.): Die Bomben-Nacht. Der Luftkrieg vor 60 Jahren. Braunschweig 2004, S. 14.</ref> „trainiert“, schnell in die Bunker zu gelangen.

    Bis Mitte 1943 war die Stadt weitgehend von größeren Bombenangriffen und entsprechenden Zerstörungen verschont geblieben. Da es bei fortschreitendem Krieg aber nur noch eine Frage der Zeit war, wann ein solcher Angriff kommen würde, erhielt Braunschweig bald die Spottbezeichnung „Wartestadt im Zittergau“<ref>Gerd Biegel (Hrsg.): Bomben auf Braunschweig, in: Veröffentlichungen des Braunschweigischen Landesmuseums, Nr. 77, Braunschweig 1994, S. 15.</ref> Dies war eine Verballhornung des von den Nationalsozialisten verwendeten Begriffes „Gau“ und der zahlreichen „Ehrentitel“ für deutsche Städte. Ein weiterer Grund für die vergleichsweise geringe Anzahl an Bombenopfern lag in der Anzahl moderner Luftschutzbunker im Zentrum der Stadt. Außerdem ist die Evakuierung von Bewohnern zu berücksichtigen. Die anhand der Verteilung der Lebensmittelkarten berechnete Zahl der versorgten Zivilpersonen sank von August 1943 bis August 1944 von 201.181 auf 152.686 – und lag Anfang Dezember 1944 dann bei 138.048<ref>Statistisches Bundesamt (Hg.): Statistische Berichte, Arb.-Nr. VIII/19/1, "Die Zivilbevölkerung des Deutschen Reiches 1940–1945. Ergebnisse der Verbrauchergruppen-Statistik", Wiesbaden 1953; S. 38.</ref>

    Die RAF hatte über Braunschweig eine Lancaster durch Flakfeuer verloren.<ref name="Grote-123" /> Ein zweites Flugzeug wurde durch Beschuss so stark beschädigt, dass der Pilot die Besatzung anwies abzuspringen, was drei Besatzungsmitglieder taten. Sie gerieten in Kriegsgefangenschaft. Dem Piloten gelang es, mit seiner Maschine zum Stützpunkt zurückkehren.<ref>207 Squadron RAF Association</ref>

    Bunker in Braunschweig

    Hauptartikel: Bunker in Braunschweig

    Braunschweig besaß im Vergleich zu anderen deutschen Großstädten eine große Anzahl modernster Großbunker.<ref name="Bombennacht-34">Braunschweiger Zeitung (Hrsg.): Die Bomben-Nacht. Der Luftkrieg vor 60 Jahren. Braunschweig 2004, S. 34.</ref> Am „Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz“ der Technischen Hochschule Braunschweig wurde die „Braunschweiger Bewehrung“<ref>Literatur zur Braunschweiger Bewehrung</ref> entwickelt, die wegen ihrer besonderen Widerstandsfähigkeit zu einer Art Sicherheitsstandard beim Bau von Luftschutzbunkern im gesamten Deutschen Reich wurde.<ref>Jörg Friedrich: Der Brand. Deutschland im Bombenkrieg 1940–1945. München 2002, S. 392.</ref> Trotz der großen Anzahl waren die Bunker mit zunehmender Dauer des Krieges überfüllt.

    Baujahr Ort Plätze Bemerkung<ref>Braunschweiger Zeitung (Hrsg.): Die Bomben-Nacht. Der Luftkrieg vor 60 Jahren. Braunschweig 2004, S. 36.</ref>
    1 1940 Alte Knochenhauerstraße 813 noch vorhanden, auf Synagogengelände
    2 1940/41 Alte Waage 220 noch vorhanden
    3 1941/42 Bockstwete 750 noch vorhanden, umgewandelt
    4 1941/42 Borsigstraße/Bebelhof 800 abgerissen
    5  ? Kaiserstraße 642 noch vorhanden
    6  ? Kalenwall (Alter Bahnhof) 428 noch vorhanden, umgewandelt
    7 1941/42 Kralenriede 500 noch vorhanden
    8 1941/42 Ludwigstraße 236 noch vorhanden
    9 1941/42 Madamenweg 130 1.500 noch vorhanden, 2013 in Eigentumswohnungen umgewandelt
    10 ab 1942 Glogaustraße in Melverode 350 noch vorhanden
    11 1941/42 Methfesselstraße 1.250 noch vorhanden, umgewandelt
    12 1941/42 Münzstraße (Polizei) 450 noch vorhanden
    13 1940/41 Okerstraße 944 noch vorhanden, in Wohngebäude umgewandelt
    14 1944 Ritterstraße 840 noch vorhanden, in Wohngebäude umgewandelt
    15 1940/41 Auerstraße in Rühme 650 abgerissen
    16 1940/41 Sack 700 Ende 2007/Anfang 2008 abgerissen, um für einen Neubau Platz zu machen
    17 1940/41 Salzdahlumer Straße 986 noch vorhanden, umgewandelt
    18  ? Stollen im Nußberg 10.000 gesprengt
    19  ? Stollen im Windmühlenberg 1.000 beseitigt

    Eingesetzte braunschweigische und auswärtige Feuerwehren

    Nach Schätzungen wird davon ausgegangen, dass vor allem in der Bombennacht selbst sowie an den darauf folgenden sechs Tagen, bis zur Löschung der letzten Brände circa 4500 Feuerwehrmänner im Einsatz waren.<ref name="Bombennacht-42" /> Diese waren sowohl Angehörige städtischer Feuerwehren (u.a. aus Blankenburg, Celle, Gifhorn, Hannover, Helmstedt, Hildesheim, Peine, Salzgitter, Wernigerode und Wolfenbüttel), als auch von Freiwilligen Feuerwehren und Werkfeuerwehren verschiedener Betriebe aus Braunschweig und Umgebung. Ihrem Einsatz ist es zu verdanken, dass die Stadt in dieser Nacht nicht vollkommen verbrannte.<ref>Rudolf Prescher: „Der rote Hahn über Braunschweig. Luftschutzmaßnahmen und Luftkriegsereignisse in der Stadt Braunschweig 1927 bis 1945’’, Braunschweig 1955, S. 96.</ref>

    Nachwirkungen

    Berichterstattung in der lokalen NS-Presse

    Datei:Todesanzeige Braunschweiger Tageszeitung 20.10.1944.jpg
    „Todesanzeige“ in der Braunschweiger Tageszeitung vom 20. Oktober 1944

    Noch in der Angriffsnacht nutzten die Nationalsozialisten die Gelegenheit, die Opfer für ihren „Totalen Krieg“ zu instrumentalisieren, denn bereits am nächsten Tag, am Montag, dem 16. Oktober – die Stadt brannte noch immer – erschien die „Braunschweiger Tageszeitung“, das lokale NS-Propagandaorgan, mit der Schlagzeile: „Die teuflische Fratze des Gegners“ und markigen Durchhalteparolen des Gauleiters von Süd-Hannover-Braunschweig Hartmann Lauterbacher an „die Braunschweiger“.

    Am 19. Oktober wurde die Zahl der „Gefallenen“ des 15. Oktober mit 405 angegeben, am 20. erschien eine ganzseitige Todesanzeige mit 344 Namen. Am 22., eine Woche nach dem verheerenden Angriff, fand im „Staatsdom“, so seit 1940 die von den Nationalsozialisten benutzte Bezeichnung des Braunschweiger Domes, und auf dem Schlossplatz ein Gedenkakt für die Opfer statt, die anschließend überwiegend auf dem Braunschweiger Hauptfriedhof in einem extra dafür angelegten Bereich bestattet wurden.

    Noch in derselben Nacht traf Braunschweig bereits der nächste schwere Luftangriff, diesmal waren es Bomber der USAAF vom Typ B-17 „Flying Fortress“.<ref>Rudolf Prescher: „Der rote Hahn über Braunschweig. Luftschutzmaßnahmen und Luftkriegsereignisse in der Stadt Braunschweig 1927 bis 1945’’, Braunschweig 1955, S. 99.</ref> Der letzte Bombenangriff auf die Stadt fand am Vormittag des 31. März 1945 durch die 392. US Bomber Group statt und galt vor allem dem Ostbahnhof, dem heutigen Braunschweiger Hauptbahnhof.<ref>Eckart Grote: Target Brunswick 1943–1945. Luftangriffsziel Braunschweig – Dokumente der Zerstörung. Braunschweig 1994, S. 151.</ref>

    Wehrmachtbericht zum 15. Oktober 1944

    Der Wehrmachtbericht des OKW erwähnt den Angriff auf Braunschweig nur beiläufig: „… In der vergangenen Nacht warfen die Briten wahllos eine große Zahl von Spreng- und Brandbomben auf Wohngebiete der Städte Duisburg und Braunschweig. Tilsit, Hamburg und Berlin waren das Ziel weiterer nächtlicher Bombenangriffe …“ (<ref>Eckart Grote: Target Brunswick 1943–1945. Luftangriffsziel Braunschweig – Dokumente der Zerstörung. Braunschweig 1994, S. 125.</ref>) Über das Ausmaß der Zerstörungen und die Anzahl der Opfer wird nichts berichtet.

    Kriegstagebuch des Bomber Command: 15. Oktober 1944

    Im Kriegstagebuch des RAF Bomber Command findet sich folgender Eintrag zum Angriff vom 15. Oktober 1944 auf Braunschweig:

    RAF Bomber Command Campaign Diary October 1944

    14/15 October 1944:

    […] Not only could Bomber Command dispatch more than 2,000 sorties to Duisburg in less than 24 hours, but there was still effort to spare for No 5 Group to attack Brunswick with 233 Lancasters and 7 Mosquitos. The various diversions and fighter support operations laid on by Bomber Command were so successful that only 1 Lancaster was lost from this raid. Bomber Command had attempted to destroy Brunswick 4 times so far in 1944 and No 5 Group finally achieved that aim on this night, using their own marking methods. It was Brunswick’s worst raid of the war and the old centre was completely destroyed. A local report says ‘the whole town, even the smaller districts, was particularly hard hit’. It was estimated by the local officials that 1,000 bombers had carried out the raid.

    Kriegstagebuch des RAF Bomber Command Oktober 1944

    14./15. Oktober 1944:

    […] Es gelang Bomber Command nicht nur, innerhalb von weniger als 24 Stunden mehr als 2.000 Einsätze gegen Duisburg zu fliegen, es war No 5 Group auch noch möglich, mit 233 Lancasters und 7 Mosquitos Braunschweig anzugreifen. Die verschiedenen Ablenkungsmanöver sowie der vom Bomber Command bereitgestellte Jagdschutz waren so erfolgreich, dass nur eine einzige Lancaster bei diesem Angriff verloren ging. Bomber Command hatte 1944 bereits vier Mal versucht, Braunschweig zu zerstören, und es gelang No 5 Group in dieser Nacht dieses Vorhaben umzusetzen, indem sie ihre eigene Zielmarkierungstechnik dafür einsetzte. Es war Braunschweigs schwerster Luftangriff des gesamten Krieges und das alte Stadtzentrum wurde vollständig zerstört. In einem lokalen Bericht stand zu lesen: ‚Die gesamte Stadt, sogar die kleineren Stadtteile, wurde besonders schwer getroffen.’ Offizielle der Stadt schätzten, dass es sich um einen 1000-Bomber-Angriff gehandelt habe.

    – zitiert nach RAF-Bomber-Command-Kriegstagebuch<ref>Eintrag vom 15. Oktober 1944 im RAF-Bomber-Command-Kriegstagebuch (Memento vom 10. Mai 2005 im Internet Archive)</ref>

    Aus dem Text geht eindeutig hervor, dass dem RAF Bomber Command schon sehr bald nach dem Luftangriff bewusst war, wie verheerend die Folgen für die Stadt Braunschweig waren.

    Vorbereitungen für die Zerstörung Dresdens

    In der Rückbetrachtung kann man den Angriff vom 15. Oktober auf Braunschweig in Verbindung mit Angriffen wie dem vom 11. September 1944 auf Darmstadt als Vorbereitung der RAF auf die Vernichtung Dresdens durch die Luftangriffe vom 13. und 14. Februar 1945 betrachten. RAF-Air Vice-Marshal Don Bennet bezeichnete die optimierte „Fächerbombardierungstechnik“, die bei diesem Angriff auf Braunschweig eingesetzt wurde, in der folgenden Angriffsaus- und -bewertung als entscheidende Vorstufe für die Vernichtung Dresdens.<ref name="Grote-118" />

    Statistik einer Zerstörung

    Datei:Braunschweig Brunswick Bombenpass 15.Okt.1944.jpg
    Bombenpaß für „Fliegergeschädigte“ aus Braunschweig. Handschriftlicher Eintrag in der oberen rechten Ecke: „Schadensfall 15.10.44“. (Familienname nachträglich unkenntlich gemacht)
    Datei:Braunschweig 12 Mai 1945 USAAF.jpg
    Luftaufnahme der USAAF vom 12. Mai 1945. Blickrichtung Süden: Auflistung markanter Orientierungspunkte unter „Anmerkungen“.<ref group="Anm.">Im Streiflicht (Sonne steht im Westen) gut erkennbar: Die (helle, breite) Straße von unten, schräg nach rechts laufend ist die Fallersleber Straße, die in den Hagenmarkt mündet. Gut sichtbar, die stark beschädigte Katharinenkirche. An den Hagenmarkt nach rechts hin anschließend, vollständig zerstörte Bereiche der Innenstadt. Die von der Fallersleber Straße abzweigenden drei Straßen (mit großflächigen Bombenbrachen) Richtung Steinweg sind v.l.n.r.: Mauernstraße, Schöppenstedter Straße und Wilhelmstraße. Der Steinweg verläuft Richtung Burgplatz. Hier ist das Staatsministerium in der Dankwardstraße erkennbar, dem gegenüber das Rathaus. Auf dem Burgplatz sind die Burg Dankwarderode und der Dom sichtbar. Etwas oberhalb der Bildmitte liegt das stark beschädigte Braunschweiger Schloss am Bohlweg. Dahinter, Richtung Süden, zerstörte Straßenzüge in der Umgebung der Aegidienkirche, unter anderem Aegidienmarkt, Kuhstraße, Stobenstraße und Auguststraße. In der rechten oberen Ecke ist der alte Bahnhof erkennbar. Am linken Bildrand ist in der Mitte das Staatstheater sichtbar, etwas darüber das Herzog Anton Ulrich-Museum. In der linken oberen Ecke ist das Magniviertel mit zahlreichen zerstörten und beschädigten Gebäuden. Zum Beispiel: die schwer beschädigte Magnikirche sowie großflächig zerstörte Straßenzüge rund um den Ackerhof. Des weiteren sind das Städtische Museum, der Löwenwall und die Gaußschule erkennbar.</ref>

    Einwohnerzahl und Todesopfer

    Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges hatte Braunschweig 202.284 Einwohner; bei Kriegsende hatte sich diese Zahl um 26,03 % auf 149.641 reduziert. Durch Kriegseinwirkungen, hauptsächlich Bombenangriffe und deren Folgen, etwa die Beseitigung und Entschärfung von Blindgängern, starben nach zeitgenössischen Angaben insgesamt 2905 Personen, von denen 1286 Ausländer<ref name="Prescher-114">Rudolf Prescher: Der rote Hahn über Braunschweig. Luftschutzmaßnahmen und Luftkriegsereignisse in der Stadt Braunschweig 1927 bis 1945, Braunschweig 1955, S. 114.</ref> waren, also 44,3 %. Bei diesen Ausländern handelte es sich überwiegend um Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge. Im Bereich des Arbeitsamtes Braunschweig gab es Mitte 1944 circa 51.000 Ausländer, die v.a. in Rüstungsbetrieben wie Büssing, MIAG und NIMO arbeiteten.<ref>Hans-Ulrich Ludewig: Braunschweig im Bombenkrieg. Versuch einer historischen Einordnung, in: Wissenschaftliche Zeitschrift des Braunschweigischen Landesmuseums, Nr. 4, Braunschweig 1997, S. 162.</ref> Ihnen war der Zutritt zu Bunkern und Luftschutzräumen verboten, was die hohe Zahl an Bombenopfern unter dieser Gruppe erklärt. Heutige Schätzungen gehen von einer Gesamtopferzahl von etwa 3500 Toten aus.<ref name="Bombennacht-34" />

    Zerstörung von Wohnraum, Infrastruktur etc.

    Zwischen 1940 und 1945 war Braunschweig 42 Mal das Ziel von Luftangriffen der RAF und der USAAF. Die 42 Angriffe gliederten sich in 12 Einzelangriffe, 10 leichte, 8 mittelschwere und 10 schwere, wobei sich Tag- und Nachtangriffe die Waage hielten.<ref>Rudolf Prescher: „Der rote Hahn über Braunschweig. Luftschutzmaßnahmen und Luftkriegsereignisse in der Stadt Braunschweig 1927 bis 1945’’, Braunschweig 1955, S. 111.</ref>

    Genaue(re) Zahlen liegen lediglich über zerstörte Wohnhäuser und Wohnungen vor. In seinem o. g. Lagebericht führte der Generalstaatsanwalt folgende Zahlen für den 15. Oktober 1944 an: 15.776 Wohngebäude insgesamt, davon infolge des Feuersturms bzw. durch Bombeneinwirkung in jener Nacht in Mitleidenschaft gezogen: 3600 Gebäude vollständig zerstört, 2000 schwer, 1800 mittel und 1400 leicht beschädigt.<ref name="Anwalt" /> Sieben Monate später, bei Kriegsende, waren lediglich ca. 20 % vollkommen unversehrt geblieben, 25 % waren zu 100 % zerstört und etwa 55 % waren teilweise beschädigt (wobei der Grad der Zerstörung stark variierte). 1943, vor Beginn der großflächigen Bombardierung Braunschweigs, gab es in der Stadt 15.897 Häuser, davon waren Mitte 1945 nur noch 2.834 (ca. 18 %) unbeschädigt. Wohnungen gab es 59.826, davon unversehrt bei Kriegsende waren nur noch 11.153 (ca. 19 %). Der Gesamtzerstörungsgrad der Wohngebäude lag bei 35 %. Das wiederum hatte zur Folge, dass fast 80 % der Stadtbevölkerung bei Kriegsende obdachlos waren. 60 % der Kulturstätten (inkl. der Verwaltungsgebäude) waren ebenfalls zerstört sowie ca. 50 % der Industrieanlagen.<ref name="Prescher-114" />

    Gesamtzerstörungsgrad und Trümmermenge

    Der Zerstörungsgrad der Braunschweiger Innenstadt (innerhalb des Okerringes) lag bei Kriegsende bei 90 %, der Gesamtzerstörungsgrad der Stadt bei 42 %. Die Gesamttrümmermenge belief sich auf 3.670.500 m³.<ref>Rudolf Prescher: Der rote Hahn über Braunschweig. Luftschutzmaßnahmen und Luftkriegsereignisse in der Stadt Braunschweig 1927 bis 1945, Braunschweig 1955, S. 112.</ref> Damit gehört Braunschweig zu den am schwersten zerstörten deutschen Städten.

    Nachkriegszeit

    Wiederaufbau

    Datei:Braunschweig Brunswick Wiederaufbau rebuilding.jpg
    Wiederaufbau und Gedenken: Aufschrift auf einer Hauswand in unmittelbarer Nachbarschaft zur Andreaskirche

    Am 17. Juni 1946 begann in Braunschweig offiziell die Trümmerräumung.<ref>Wolfgang Eilers, Dietmar Falk: Schmalspur-Dampf in Braunschweig. Die Geschichte der Trümmerbahn, In: Kleine Schriftenreihe des Vereins Braunschweiger Verkehrsfreunde e.V., Heft 3, Braunschweig 1985, S. 66.</ref> Sie dauerte 17 Jahre – erst 1963 erklärte die Stadt offiziell die Aufräumarbeiten für beendet. Tatsächlich jedoch wurden sie aber noch Jahrzehnte danach in kleinerem Umfang fortgesetzt. 14 Jahre nach Kriegsende, Anfang Juni 1959, wurden die letzten bekannten Blindgänger im Stadtgebiet beseitigt.<ref>Chronik der Stadt Braunschweig für 1959</ref> Aber auch Jahrzehnte später werden noch immer Bomben jeder Art und Größe in der Stadt und ihren Randbezirken gefunden, so z. B. der Fund im Stadtzentrum auf dem Gelände des ehemaligen Schlossparks: Am 7. Juni 2005 wurde dort eine Fliegerbombe gefunden. 10.000 Menschen mussten aus der Innenstadt evakuiert werden, bevor der Blindgänger zur Entschärfung abtransportiert werden konnte.<ref>Braunschweiger Zeitung vom 9. Juni 2005: 14 Stunden und 37 Minuten – Chronik des Bombenfundes</ref> Gegen 11:30 Uhr des 20. Juli 2015 wurde bei Baggerarbeiten in unmittelbarer Nähe des Braunschweiger Hauptbahnhofs eine 500-kg-Bombe, wahrscheinlich aus dem Jahre 1944, entdeckt. Da der Bagger die Bombe unbeabsichtigt bewegt und dabei einen der Aufschlagzünder beschädigt hatte, wurde entschieden, den Blindgänger noch am selben Tag zu entschärfen. Ab 17:00 Uhr begann die Evakuierung von 11.000 Anwohnern (unter anderem auch aus dem Marienstift) im Umkreis von einem Kilometer um die Fundstelle, der Straßen- und Bahnverkehr wurde umgeleitet, der Hauptbahnhof geschlossen. Es handelte sich um die größte Evakuierungsmaßnahme in der Geschichte der Stadt Braunschweig.<ref>So lief die größte Evakuierung der Stadt. In: Braunschweiger Zeitung vom 21. Juli 2015.</ref> Die Entschärfung war kurz nach 23:00 Uhr abgeschlossen.<ref>Fliegerbombe in Braunschweig entschärft (mit Fotos und Videos) auf NDR.de</ref>

    In den 1950er und 1960er Jahren ging der Wiederaufbau der Stadt schnell voran, denn es wurde dringend Wohnraum benötigt, die Infrastruktur musste wieder hergestellt und die Wirtschaft wieder belebt werden. Da die Innenstadt größtenteils eine Trümmerwüste war, ergriffen neue Stadtplaner und Architekten ihre Chance und entwarfen und bauten die neue, moderne, und v. a. „autogerechte Stadt“, wobei sie u. a. den Maximen der sogenannten „Braunschweiger Schule“ unter den Architekten Kraemer, Oesterlen und Henn folgten. Dies wiederum führte an vielen Orten zu weiteren Zerstörungen (u.a. durch neu angelegte Straßenschneisen) bzw. Beseitigung der historisch gewachsenen Stadtlandschaft und wirkt so bis in die Gegenwart, da z.T. der frühere Stadtgrundriss ignoriert wurde, beschädigte Gebäude, statt instand gesetzt, oft vorschnell abgerissen wurden und der Verkehr – insbesondere des Kraftfahrzeugs – zum Maßstab des „neuen“ Braunschweig erhoben wurde. So entstand besonders im Stadtzentrum der Eindruck einer „zweiten Zerstörung“ Braunschweigs.

    Diese nachträgliche Zerstörung historischen Bau- und Kulturgutes in Friedenszeiten, wie z. B. der Abriss zahlreicher mittelalterlicher, barocker und klassizistischer Bauwerke oder der umstrittene Abriss des beschädigten Braunschweiger Schlosses im Sommer 1960, führte, ähnlich wie bei der Dresdner Frauenkirche, dem Berliner Stadtschloss und anderen prominenten Bauwerken in anderen deutschen Städten zu einem weiteren Identitätsverlust der ortsansässigen Bevölkerung und war jahrzehntelang Anlass für sehr kontrovers geführte Diskussionen.

    Der (Wieder-)Aufbau beschädigter bzw. zerstörter Gebäude zieht sich noch bis in die Gegenwart, so wurde in jüngerer Vergangenheit z.B. die 1944 zerstörte Alte Waage komplett neu aufgebaut. Aktuellstes Beispiel ist die teilweise Rekonstruktion der Fassade des Braunschweiger Schlosses in den Jahren 2005–2007.

    Gedenken

    Sinn und Notwendigkeit der Zerstörung

    Bereits früh während des Zweiten Weltkrieges vertrat der anglikanische Bischof und Mitglied des britischen House of Lords George Bell die Auffassung, dass Bombenangriffe derartigen Ausmaßes auf deutsche Städte die ethischen Grundlagen der westlichen Zivilisation bedrohten und die Chancen einer künftigen Versöhnung zwischen den Kriegsgegnern zunichtemachten. Mehrfach äußerte er seine Bedenken in Reden im House of Lords, so z.B. 1944:

    How can the War Cabinet fail to see that this progressive devastation of cities is threatening the roots of civilization?<ref>George Kennedy Allen Bell: The Church and Humanity (1939–1946), Green Longmans 1946, S. 140.</ref>”

    Wie kann es sein, dass das Kriegskabinett nicht erkennt, dass diese fortschreitende Verwüstung der Städte die Wurzeln der Zivilisation bedroht?

    Aus Nachkriegssicht und v.a. vor dem Hintergrund der britischen Area Bombing Directive stellt sich die Frage, ob das Ziel einer großflächigen, sogar endgültigen Zerstörung Braunschweigs im Oktober 1944 militärisch zum einen sinnvoll und zum anderen angesichts der Endphase des Krieges notwendig war. Diese Debatte wird in ähnlicher Form in Bezug auf die Zerstörung Kölns, Hamburgs, Dresdens, Pforzheims, Essens, Duisburgs und anderer Städte geführt.

    Künstlerische Verarbeitung

    Datei:Trauernde 02 1a.jpg
    „Trauernde“ von Karl Paul Egon Schiffers: Denkmal aus dem Jahre 1955 für die Bombenopfer (Südostwand des Doms)

    Bereits kurz nach dem Bombenangriff schuf Maler und NSDAP-Mitglied Walther Hoeck sein wohl bekanntestes Gemälde „Der Brand von Braunschweig“. Hoeck hatte den Angriff selbst miterlebt bzw. von seinem damaligen Wohnort Lehndorf, einem Stadtteil Braunschweigs, mit angesehen.<ref name="Kunst">Städtisches Museum Braunschweig und Hochschule für Bildende Künste (Hrsg.): Deutsche Kunst 1933–1945 in Braunschweig. Kunst im Nationalsozialismus. Katalog der Ausstellung vom 16. April 2000–2. Juli 2000. Braunschweig 2000, S. 170.</ref>

    Von dem Gemälde sind heute insgesamt noch sechs weitere, nur geringfügig voneinander abweichende, Fassungen bekannt. Alle sind undatiert und entstanden aller Wahrscheinlichkeit nach zwischen Ende Oktober 1944 und wahrscheinlich 1946. Das größte dieser Bilder mit dem Maßen 124,5 cm × 204,4 cm befindet sich heute im Besitz der NORD/LB in Braunschweig. Das kleinste ist etwa halb so groß und in Privatbesitz.<ref>Städtisches Museum Braunschweig und Hochschule für Bildende Künste (Hrsg.): Deutsche Kunst 1933–1945 in Braunschweig. Kunst im Nationalsozialismus. Katalog der Ausstellung vom 16. April 2000–2. Juli 2000. Braunschweig 2000, S. 271.</ref>

    Alle Gemälde zeigen aus großer Entfernung gesehen die lodernde Silhouette der Stadt, wobei auf keinem der Bilder Menschen oder Tiere zu sehen sind. Hoeck inszenierte den Feuersturm als apokalyptisches Inferno, als gewaltige Katastrophe, die in ihrer Zerstörungskraft eine eigene Ästhetik entwickelt. Im dargestellten Flammenmeer sind nur einige wenige, dafür aber charakteristische Bezugs- und Identifikationspunkte der Stadt zu erkennen, so die Türme der Andreas-, Katharinen- und Michaeliskirche sowie die des Braunschweiger Doms (s. unter „Weblinks“). Noch heute ist „Der Brand von Braunschweig“ für viele Braunschweiger der bildliche Inbegriff der Zerstörung ihrer Stadt.<ref name="Kunst" />

    Karl Wollermann, ehemals einer der höchsten NS-Kulturfunktionäre<ref>Brief Jürgen Webers zitiert nach: Der Spiegel, Nr. 46/1966, S. 21.</ref> und seit Ende 1951 Direktor der Braunschweiger Werkkunstschule, schuf nach Kriegsende einen Wandteppich, der den Untergang Braunschweigs thematisiert. Er befindet sich heute im Besitz der Stadt.<ref>Garzmann, Schuegraf, Pingel: Braunschweiger Stadtlexikon – Ergänzungsband, Braunschweig 1996, S. 140.</ref>

    Der 15. Oktober als Fixpunkt in der Stadtgeschichte

    Datei:Braunschweig Brunswick Bombendenkmal (2006).JPG
    „Den Toten des Krieges, der Gewaltherrschaft, der Vertreibung“, Mahnmal auf dem Braunschweiger Hauptfriedhof

    Seither finden in Braunschweig an jedem 14./15. Oktober Gedenkveranstaltungen und Ausstellungen statt. Die Ereignisse jener Tage haben auch in der lokalgeschichtlichen Literatur starken Widerhall gefunden.

    1994, zum 50. Jahrestag der Bombardierung, fand neben zahlreichen anderen Gedenkveranstaltungen die Ausstellung „Braunschweig im Bombenkrieg“ im Braunschweigischen Landesmuseum statt. Innerhalb der ersten Woche wurden nahezu 10.000 Besucher gezählt.<ref>Hans-Ulrich Ludewig: Braunschweig im Bombenkrieg. Versuch einer historischen Einordnung, in: Wissenschaftliche Zeitschrift des Braunschweigischen Landesmuseums, Nr. 4, Braunschweig 1997, S. 153.</ref> Im selben Jahr erschienen drei umfangreiche Publikationen und Zeitzeugenberichte von R. Prescher (in Neuauflage), E. Grote und G. Starke (s. u. „Literatur“). Am 15. Oktober 2004, dem 60. Jahrestag der Zerstörung fand eine Ausstellung mit dem Titel „14. Oktober 1944 – 60 Jahre Zerstörung Braunschweigs. Braunschweiger Presse und Erinnerungskultur“. Im Braunschweiger Dom wurde im Beisein des britischen Botschafters von Musikern und Sängern aus Braunschweig und aus der englischen Partnerstadt Bath das „War Requiem“ von Benjamin Britten aufgeführt.<ref>Seite der Stadt Braunschweig zu den Veranstaltungen anlässlich des 60. Jahrestages am 15.  Oktober 2004</ref>

    Auf dem Braunschweiger Hauptfriedhof, auf dem viele Opfer beigesetzt sind, befindet sich seit November 1962 ein Mahnmal.

    Literatur

    Zeitschriften und Dokumente

    • Braunschweiger Zeitung (Hrsg.): Die Bomben-Nacht. Der Luftkrieg vor 60 Jahren, Spezial-Heft Nr. 10, Braunschweig 2004.
    • Friedenszentrum Braunschweig e. V. (Hrsg.): Braunschweig im Bombenkrieg. 50 Jahre danach. Den Opfern des Krieges gewidmet. Band 1: Dokumente zur Ausstellung 30.09.–31.10.1993, Braunschweig 1994, 4., verbesserte Auflage 2004.
    • ders.: Braunschweig im Bombenkrieg. 50 Jahre danach. Den Opfern des Krieges gewidmet. Band 2: Dokumente von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen: „Bomben auf Braunschweig“. Landesmuseum 11. September–16. Oktober 1994, Braunschweig 1994.
    • ders.: Braunschweig im Bombenkrieg. 50 Jahre danach. Den Opfern des Krieges gewidmet. Band 3: Dokumente aus der Gedenknacht 14./15.10.1994: „Die Gerloff-Berichte“, Braunschweig 1994, 2., verbesserte Auflage Braunschweig 2006.
    • ders.: Braunschweig im Zweiten Weltkrieg. Dokumente einer Zerstörung – Stunde Null – Neubeginn In: Arbeitsberichte aus dem Städtischen Museum Braunschweig, Nr. 65; Braunschweig 1994.

    Monografien

    • Jörg Friedrich: Der Brand. Deutschland im Bombenkrieg 1940–1945. Propyläen Verlag, München 2002, ISBN 3-549-07165-5.
    • Eckart Grote: Braunschweig im Luftkrieg. Alliierte Film-, Bild- und Einsatzberichte der US-Air Force / British Royal Air Force aus den Jahren 1944/1945 als stadtgeschichtliche Dokumente. Braunschweig 1983, ISBN 3-924342-00-8.
    • Eckart Grote: Target Brunswick 1943–1945. Luftangriffsziel Braunschweig – Dokumente der Zerstörung. Braunschweig 1994, ISBN 3-9803243-2-X.
    • Peter Neumann: Braunschweig als Bombenziel. Aus Aufzeichnungen der Jahre 1944 und 1945, in: Braunschweigisches Jahrbuch, Band 65, Braunschweig 1984.
    • Rudolf Prescher: Der rote Hahn über Braunschweig. Luftschutzmaßnahmen und Luftkriegsereignisse in der Stadt Braunschweig 1927 bis 1945, Braunschweig 1955.
    • Günter K. P. Starke: Das Inferno von Braunschweig und die Zeit danach. 4. erweiterte Auflage, Appelhans Verlag, Braunschweig 2002, ISBN 3-930292-58-0.

    Schilderungen von Zeitzeugen

    • Anja Hesse, Annette Boldt-Stülzebach (Hrsg.): Die Nacht, in der die Bomben fielen. Zeitzeugen erinnern sich an den 14./15. Oktober 1944. Johann Heinrich Meyer Verlag, Braunschweig 2010, ISBN 978-3-926701-80-0.
    • Hedda Kalshoven: Ich denk’ so viel an Euch. Ein deutsch-niederländischer Briefwechsel 1920–1949. Luchterhand Verlag, München 1995, ISBN 3-630-86849-5.
    • Eckhard Schimpf: Nachts, als die Weihnachtsbäume kamen. Eine ganz normale Braunschweiger Kindheit im Chaos von Kriegs- und Nachkriegszeit. Braunschweiger Zeitungsverlag, Braunschweig 1997.

    Filmdokumentationen

    Weblinks

    Commons Commons: Bombenangriffe auf Braunschweig – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

    Einzelnachweise

    <references />

    Anmerkungen

    <references group="Anm." />

    24px Dieser Artikel wurde am 1. Juli 2008 in dieser Version in die Liste der exzellenten Artikel aufgenommen.