Conrad Celtis


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Conrad Celtis: Gedächtnisbild von Hans Burgkmair dem Älteren, 1507

Conrad Celtis, auch Konrad Celtes, mit dem Beinamen Protucius (* 1. Februar 1459 in Wipfeld am Main, südlich von Schweinfurt; † 4. Februar 1508 in Wien, beigesetzt im Stephansdom) war ein deutscher Humanist und Dichter. Der Name Celtis ist die nach Humanistenbrauch vorgenommene Latinisierung des Familiennamens Bickel oder Pyckell, wohl nach dem Pickel des Winzers. Auf ein ähnliches Werkzeug geht die griechische Form des Beinamens zurück: τύκος („Meißel“), erweitert um die Vorsilbe πρό („vor“).

Leben und Wirken

Ausbildung

Als Sohn eines Winzers geboren, ging der junge Celtis wohl in Würzburg zur Schule und studierte dann an der Universität zu Köln, wo er 1479 das Bakkalaureat in den Artes liberales erwarb und sich im Anschluss theologischen Studien widmete, ohne hier einen Abschluss zu erreichen. Kritik übte er an der Ausbildung, da weder lateinische Grammatik und Rhetorik gelehrt werde noch Mathematik und Astronomie. 1482 unternahm er eine Bildungsreise nach Buda, wo er Kontakt zum Gelehrtenkreis um Matthias Corvinus aufnahm.

1484 ging er an die Universität Heidelberg und nahm seine Artes-Studien wieder auf, mit dem Schwerpunkt auf Poetik und Rhetorik. Dabei erwarb er sich Kenntnisse im Griechischen und Hebräischen und wurde als Schüler Rudolf Agricolas mit der humanistischen Gedankenwelt und Programmatik vertraut gemacht. Die Latinisierung seines Namens war schon vorher erfolgt, jetzt konnte er ihn auch in das Griechische umsetzen, nach den tria nomina der Römer. Die Wörter sind in beiden Sprachen ausgesprochen selten, also gelehrt, wobei die Erweiterung des Griechischen zu dem prononcierten „Vor-Meißler“ einen Anspruch als Vorkämpfer der griechischen Studien vertritt, der zumindest in dieser Zeit sicher übertrieben war. 1485 absolvierte Celtis das Magisterexamen.

Auf Reisen

1486 unternahm Celtis eine zweite Bildungsreise nach Italien. Dabei tauschte er sich mit Gelehrten Marsilius Ficinus, Philippus Beroaldus, Pomponius Laetus und Marcus Antonius Sabellicus aus und vertiefte in Padua, Ferrara, Bologna, Florenz, Venedig und Rom seine Studien.

Im Anschluss daran lehrte er bis 1487 Poetik an der Universität Erfurt, der Universität Rostock und der Universität Leipzig und wurde am 18. April 1487 auf dem Nürnberger Reichstag von Kaiser Friedrich III. zum Poeta laureatus gekrönt.

Im Frühjahr 1489 reiste er über Dalmatien, Kroatien und Ungarn nach Krakau, um sich an der dortigen Universität der Mathematik und Astronomie zuzuwenden, und gründete dort die Sodalitas Vistulana als erste der wissenschaftlichen Gesellschaften. Zwischenzeitlich begab er sich nach Preußen und ins Weichselland, bevor er über Prag und Nürnberg nach Ingolstadt gelangte, wo er 1491/92 eine außerordentliche Professur für Rhetorik und Poetik übernahm.

Im Winter 1492 übernahm er die Leitung der Domschule in Regensburg und war 1495/96 Lehrer der Söhne des Kurfürsten Phillip von der Pfalz in Heidelberg.

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Holzschnitt aus den Amores von 1502

In Wien

Sein letztes Lebensjahrzehnt verbrachte er vorwiegend in Wien, wo er 1497 durch König Maximilian I. als „ordinierter Lektor“ für Rhetorik und Poetik berufen wurde.

Auf seine Initiative hin kam es an der Universität zur Gründung eines Collegium poetarum et mathematicorum, einer humanistisch ausgerichteten Einrichtung mit insgesamt vier Lehrern: zwei für Poetik und Rhetorik sowie zwei für mathematische Disziplinen. Hier wird die von Celtis angestrebte Verbindung von Poesie und Naturforschung sichtbar. Als Studienabschluss war die Krönung zum Dichter (laureatus pro poeta) vorgesehen. Die im Namen Maximilians I. verfasste Gründungsurkunde ist datiert mit Bozen, 31. Oktober 1501. Als Vorsteher („Superintendent“) war Celtis vorgesehen, eröffnet wurde es am 1. Februar 1502.<ref>Franz Graf-Stuhlhofer: Humanismus zwischen Hof und Universität. Georg Tannstetter (Collimitius) und sein wissenschaftliches Umfeld im Wien des frühen 16. Jahrhunderts. Wien 1996, S. 44–71.</ref> Die frühere Vermutung, dass dieses Poetenkolleg spätestens mit Celtis’ Tod zu existieren aufhörte, ist inzwischen widerlegt, es existierte bis um 1530.<ref> Franz Graf-Stuhlhofer: Das Weiterbestehen des Wiener Poetenkollegs nach dem Tod Konrad Celtis’ (1508). Eine humanistische Pioniereinrichtung und ihr Wirkungsumfeld, in: Zeitschrift für Historische Forschung. Vierteljahresschrift zur Erforschung des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit 26 (1999) 393–407.</ref>

Sein Ruf als Gelehrter seiner Zeit ließ ihn auch an der ersten Baccalaureatspromotion an der neu gegründeten Universität Wittenberg teilnehmen, bevor er sich 1504 nach Böhmen begab, wo er Material für seine Germania illustrata sammelte.

Leistungen

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Die von Conrad Celtis entdeckte Tabula Peutingeriana (Ausschnitt)

Celtis, der als deutscher „Erzhumanist“ bezeichnet worden ist, gründete mehrere wissenschaftliche Gesellschaften (Sodalitäten), so 1491 die Sodalitas litteraria Rhenana und 1497 die Sodalitas litteraria Danubiana. Sein Briefwechsel ist eine wichtige Quelle für das gelehrte Netzwerk des deutschen Humanismus. Celtis gehört zu den wenigen Wegbereitern des Griechischen im Deutschland des ausgehenden 15. Jahrhunderts.

In seinen lyrischen Werken ahmte Celtis Ovid und Horaz nach. Als Hauptwerk dürfen die Quattuor libri amorum („Vier Bücher Liebesgedichte“, Nürnberg 1502) betrachtet werden. Albrecht Dürer lieferte dazu Holzschnitt-Illustrationen. Unter anderem ist ein geografisches Schema Deutschlands beigefügt, das Böhmen und die Elbe in der Mitte Deutschlands ansiedelt, umrahmt von vier deutschen Städten.<ref>Conrad Celtis: Schema der „vier Seiten Deutschlands“: Böhmen liegt in der Mitte der Achsen MainzKrakau und LübeckRegensburg. Laut Kommentar bilden die vier Städte annähernd ein Quadrat.</ref> Außerdem trat Celtis als Epigrammautor hervor und als Verfasser einer Poetik (Ars versificandi et carminum, 1486).

Celtis war nicht nur als Poet bedeutend, sondern auch als Geograph und Editor. Er entdeckte eine Straßenkarte des Römischen Reiches wieder, die später den Namen Tabula Peutingeriana erhielt. Im Kloster Sankt Emmeram in Regensburg fand er 1493/94 eine Handschrift mit den lateinischen Werken der Roswitha von Gandersheim, die er 1501 in Nürnberg herausgab (Opera Roswithae). Zudem betätigte er sich als Herausgeber von Werken Senecas und der Germania des Tacitus.

Schließlich ist das große Projekt der Germania illustrata zu nennen, das alle wissenschaftlichen Erkenntnisse seiner Zeit zur Geschichte Deutschlands vermitteln sollte. Außer dem Konzept stammten von ihm die Beiträge Germania generalis (1500) und das Stadtporträt von Nürnberg De origine, situ, moribus et institutis Norimbergae libellus (1502). Weitere Untersuchungen trugen u. a. Johannes Aventinus und Beatus Rhenanus bei.

Während des 16. Jahrhunderts erreichten nur wenige Humanisten die Lebendigkeit von Celtis' Gedichten und konnten es schwerlich mit der Extravaganz seines Lebens aufnehmen. Viele widmeten hingegen einen Großteil ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit der deutschen nationalen Vereinigung und der Religionsreform. Zu Celtis Schülern gehörte Vincenz Lang (Vincentius Longinus Eleutherius, † 1503). Celtis starb am 4. Februar 1508 im Alter von 49 Jahren an Syphilis.

Zeitgenössische Zeugnisse

Gedächtnisbild

Holzschnitt von Hans Burgkmair d. Ä. (laut Monogramm ·H·B· unten in der Mitte), 217 × 145 mm, datiert 1507 bzw. 1508. Bildprogramm und Texte stammen von Celtis selber.<ref>Luh bespricht das Bild ausführlich unter philologischen und kunsthistorischen Gesichtspunkten (S. 282–312).</ref>

Als „Sterbebild“ wird oft das Gedenkblatt bezeichnet, das Celtis für seine Freunde schaffen ließ, als er seinen Tod nahen fühlte. In der Gestaltung ist es an das Vorbild römischer Grabplastik angelehnt, in dieser Form erstmals und auch nie wiederholt. Der Holzschnitt wurde von Burgkmair nach einer Skizze angefertigt, die er in Augsburg genommen hatte und nach der er auch eine Gedenkmünze geschaffen hat.

Der Dichter ist mit geschlossenen Augen und trauernd dargestellt, aber im kostbaren Ornat des Poeta laureatus. Er sitzt in einem Bogen aus zwei Lorbeergirlanden, an dem sich Spruchbänder entlang winden, die Betrachtungen über Tod und Nachleben anstellen. In ihnen verbindet sich auf charakteristische Weise christliche Todesmeditation mit heidnisch-römischem Ruhmesdenken. Die Hände ruhen auf einem Stapel von vier Büchern mit den Kurztiteln seiner Werke, die freilich auch zur Zeit seines Todes weitgehend nur geplant waren (erschienen war bis dahin lediglich das Buch der Amores). Die „Opera“ sollen ihm in der Nachwelt „nachfolgen“, wie das Zitat aus der Geheimen Offenbarung (14,3) in kühner Abwandlung des eigentlichen Sinnes sagt. Vor der Gestalt des Autors ist auf einer Steinbrüstung ein Wappenschild mit seinen Namensinitialien CC und einer Inschrift angebracht, die außer zwei Distichen an den Leser formale Angaben zu Leben und Tod enthält.

Abzüge des Holzschnitts sind in drei verschiedenen Fassungen überliefert. Der erste Zustand war so fehlerhaft (eines der Spruchbänder war zum Beispiel in Spiegelschrift wiedergegeben), dass noch im gleichen Jahr eine Neuauflage gefertigt wurde. Der dritte Zustand gibt korrekt das Todesjahr VIII (1508) statt VII (1507) an; in dieser Fassung wurden Abzüge an die Freunde versandt.

Inschrift auf dem Grabmal im Stephansdom zu Wien

Celtis wurde zunächst an der Ostseite des Nordturms des Stephansdoms beigesetzt, wo heute eine Kopie seines Grabsteines steht. Der Originalstein aus der Zeit um 1515 ist heute im Inneren in die Westwand eingelassen. Die Inschrift lautet:<ref> Aloys Bergenstamm: Aufschriften in Gruften, Säulen, Grundsteinen und Häusern in Wien. In: Gerhard Fischer (Hg.), Denn die Gestalt dieser Welt vergeht. Geschichte der Kirchen der Stadt Wien, aufgezeichnet von dem Altertumsfreunde Aloys Bergenstamm (1754–1821). daedalus Verlag. ISBN 3-900911-07-X, S. 216 </ref>

Gott dem Besten und Größten
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  • Weblinks

    Commons Commons: Conrad Celtis – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

    Einzelnachweise

    <references/>