Diaspora (Software)
Diaspora* | |
---|---|
Datei:Diaspora logotype.svg | |
250px Screenshot der Alphaversion | |
Basisdaten | |
Entwickler | Diaspora-Projekt |
Aktuelle Version | 0.5.5.1<ref>Releases · diaspora/diaspora. Abgerufen am 20. Dezember 2015.</ref> (20. Dezember 2015) |
Programmiersprache | Ruby |
Kategorie | Soziales Netzwerk |
Lizenz | AGPL<ref name="kickstarter-pitch">Decentralize the web with Diaspora — Kickstarter, Maxwell Salzberg, Daniel Grippi, Raphael Sofaer, und Ilya Zhitomirskiy, Kickstarter, abgerufen am 13. Mai 2010.</ref> (Freie Software) |
Deutschsprachig | ja |
diasporafoundation.org |
Diaspora (auch Diaspora*, wobei der Stern eine Pusteblume symbolisieren soll) ist eine freie Software zur Bildung des gleichnamigen sozialen Netzwerks, dessen Pods (dezentrale Knoten) derzeit knapp 1.150.000 registrierte Nutzer aufweisen.<ref>Nutzerzahlen: diaspora* statistics hub, Abgerufen am 17. Dezember 2014</ref> Anders als zentralisierte soziale Netzwerke, wie Facebook oder Google+, ist Diaspora als verteiltes System angelegt.<ref name="kickstarter-pitch" />
Inhaltsverzeichnis
Leistungsumfang
Diaspora ist in der Programmiersprache Ruby programmiert.<ref name="networkworld">Striking back at Facebook, the open-source way, Amy Vernon, 12. Mai 2010, Network World, International Data Group, abgerufen am 12. Mai 2010.</ref> Das Projekt zielt darauf ab, den gleichen Leistungsumfang zu bieten wie Facebook: schwarze Bretter für die zeitversetzte und ein Chat-Fenster für die Echtzeit-Kommunikation sowie Schnittstellen für von Dritten programmierte Anwendungen (Plug-Ins). Anders als bei Facebook jedoch sorgt die dezentrale Struktur dafür, dass der Anwender seine Daten auf persönlichen Servern (pods) ablegt und damit die Kontrolle über sie behält.<ref name="nytimes-article" /> Wer keinen eigenen Pod auf dem eigenen Server betreiben möchte, kann ein Konto auf einem der öffentlichen Pods eröffnen, die von anderen Benutzern zu diesem Zweck betrieben werden.
Da es sich um ein dezentrales Netzwerk handelt, gibt es keine einheitliche URL, unter der die Benutzer erreichbar sind. Andere Nutzer findet man über die Suchfunktion, die pod-übergreifende Ergebnisse liefert. Es gibt bei Diaspora auch keine globalen Benutzernamen wie bei zentralen Webangeboten, sondern (wie bei E-Mail-Adressen oder Jabber-IDs) jeweils einen Benutzernamen, der aus einem @-Zeichen und der Pod-Adresse zusammengesetzt ist, also beispielsweise: example@pod-name.tld.
Geschichte
Das Projekt geht auf vier Mathematikstudenten der New York University zurück: Dan Grippi, Maxwell Salzberg, Raphael Sofaer und Ilya Zhitomirskiy (1989–2011).<ref name="nytimes-article">Four Nerds and a Cry to Arms Against Facebook, Jim Dwyer, 11. Mai 2010, New York Times, abgerufen am 12. Mai 2010</ref>
Es war am 24. April 2010 auf der Plattform Kickstarter angekündigt worden und erzielte sein erstes Spendenziel von 10.000 US-Dollar innerhalb von 12 Tagen.<ref name="nytimes-article" /> In den darauffolgenden Wochen wurden insgesamt 200.642 Dollar von 6479 Spendern eingenommen. Damit wurde Diaspora zum bis dahin erfolgreichsten Kickstarter-Projekt.<ref name="kickstarter-pitch" /> Ein Spender war nach eigenen Angaben der Gründer und Firmenchef von Facebook, Mark Zuckerberg, der Diaspora eine „coole Idee“ nannte.<ref name="wired-zuckerberg">Epicenter: Mark Zuckerberg: I Donated to Open Source, Facebook Competitor Ryan Singel, Wired News, 28. Mai 2010, abgerufen am 29. Mai 2010.</ref>
Den Anstoß zur Gründung des Diaspora-Projekts hatte eine Rede gegeben, die Eben Moglen von der Columbia Law School am 5. Februar 2010 vor der Internet Society gehalten hatte. Moglen beschrieb darin unter dem Titel Freedom in the Cloud, wie zentralisierte soziale Netzwerke ihre Nutzer ausspähen.<ref name="nytimes-article" /><ref name="moglen-speech">Internet Society — Eben Moglen — Freedom in The Cloud, Software Freedom, Privacy and Security for Web 2.0 and Cloud Computing, 5. Februar 2010, abgerufen am 3. Juli 2010.</ref>
Mit einem Startkapital von 200.000 US-Dollar entwickelten die Studenten einen Prototyp und veröffentlichten ihn am 23. November 2010 als Alpha-Version.<ref name="nytimes-article"/>
Der Quellcode der Software sollte ursprünglich am 15. September 2010 veröffentlicht werden.<ref name="networkworld" /><ref>Diaspora Project: An Overdue Update. 26. August 2010 (abgerufen am 27. August 2010).</ref> Der erste Release verzögerte sich zunächst auf Oktober 2010.<ref name="Techreview" /> Eine Alpha-Version des sozialen Netzwerkes wurde schließlich am 24. November 2010 veröffentlicht. Einladungen werden seit dem 23. November 2010 über die Mailingliste des Projekts verschickt.<ref>Diaspora Project: An Overdue Update. 26. August 2010 mit einem Nachtrag 30. August 2010 (abgerufen am 15. September 2010): „Addendum (8/30): To clarify, September 15 will be our open-source developer release. At that time, we will open up our github repository, publish our roadmap, and shift our development style to be more community oriented. We intend on launching a consumer facing alpha in October. Join our mailing list to get an invite.“.</ref><ref>Diaspora Project: Developer Release. 15. September 2010 (abgerufen am 16. September 2010).</ref><ref>Diaspora Project: Private Alpha Invites Going Out Today. 23. November 2010 (abgerufen am 24. November 2010).</ref> Die Zulassung von neuen Einladungen auf dem joindiaspora.com-Pod wurde am 27. November 2010 zunächst wieder eingestellt. Ein Hinweis dazu findet sich in einem aktualisierten Blogeintrag.<ref>Diaspora Project: Invite Update. 27. November 2010 (abgerufen am 27. November 2010).</ref> Seit Anfang Januar 2011 stehen eine Reihe von Pods zum Testen von Diaspora öffentlich zur Verfügung.<ref>Es gibt mehrere Verzeichnisse von Pods, beispielsweise Diaspora* Pod uptime, abgerufen am 19. November 2011.</ref> Seit September 2011 ist es wieder möglich, neue Einladungen zu erhalten.<ref>Diaspora* is making a difference. In: blog.diasporafoundation.org. Abgerufen am 23. September 2011. </ref><ref name="Techreview">Diaspora-Gründer setzt auf Langzeitstrategie gegen Facebook & Co.. In: Technology Review vom 19. August 2011.</ref> Mitte November 2011 wurde eine neue Version mit erweitertem Funktionsumfang, die „Hashtag-Follow-Funktion, Direkt-Nachrichten, Like-Buttons für Status-Updates und ein Benachrichtigungs-System“ umfassen, veröffentlicht.<ref>Diaspora lädt zu überarbeiteter Alpha-Version auf der Internetseite der Zeitung Der Standard vom 14. November 2011</ref>
Seit September 2011 wird das Projekt von der Diaspora Foundation getragen, die im darauffolgenden Monat eine große Spendenkampagne startete.<ref>Blogeintrag des Projekts über die Spendenkampagne abgerufen am 20. Oktober 2011</ref> Kurz darauf wurde bekannt, dass die Firma PayPal, über die der Spendentransfer getätigt werden konnte, das Konto des Projekts einfror, nachdem innerhalb weniger Tage 45.000 US-Dollar an Spenden eingegangen waren. Eine genaue Erklärung wurde nicht abgegeben, doch wurden seitens des US-Konzerns weitere Dokumente eingefordert.<ref>Blogeintrag des Projekts über die Sperrung des Kontos abgerufen am 20. Oktober 2011</ref> Nach massiven Protesten der Diaspora-Unterstützer wurde das Konto kurz darauf wieder freigegeben.<ref>PayPal acts like a “pal,” unfreezes the Diaspora* community’s donations Eintrag im Blog des Projekts vom 20. Oktober 2011 (abgerufen am 14. November 2011)</ref>
Am 12. November 2011 verstarb Ilya Zhitomirskiy, einer der Mitbegründer des Projekts, im Alter von 22 Jahren kurz vor dem Zeitpunkt, zu dem der Start der öffentlichen Beta-Phase des sozialen Netzwerks vorgesehen war.<ref>Diaspora Co-Founder Ilya Zhitomirskiy Passes Away At 22. Meldung auf TechCrunch.</ref><ref name="zeitde">Kurt Sagatz: Diaspora startet für alle offene Betaphase. Das dezentrale soziale Netzwerk Diaspora soll demnächst für alle offen stehen. Dieser lang erwartete Schritt wird jedoch vom Tod eines der Gründer überschattet. In: zeit.de. 14. November 2011. Abgerufen am 15. November 2011.</ref>
Die meisten Nutzer des Netzwerks stammen aus den USA, gefolgt von Deutschland. Es sind hauptsächlich „technisch interessierte“ Mitglieder, daneben Kreative sowie Anhänger der Occupy-Bewegung und der Piratenpartei. Der derzeit größte Pod in Deutschland ist Geraspora.<ref name="zeitde" />
Im Mai 2012 wurde bekannt, dass Diaspora von nun an im Rahmen des Startup-Programms Y Combinator weiter entwickelt werde. Daraus entstand die Besorgnis, das Projekt könne kommerzialisiert werden, so dass es seinen derzeitigen freien Charakter verliere und dadurch gegebenenfalls für seine derzeitigen Nutzer an Attraktivität einbüße.<ref>Martin Weigert: Eine neue Ära beginnt: Diaspora plant mit Y Combinator den großen Neustart. In: netzwertig.com. 14. Mai 2012, abgerufen am 29. Juli 2012. </ref>
Ende August 2012 gaben die Entwickler bekannt, dass Diaspora zu einem Community-Projekt wird.<ref>gil: Social Network Diaspora wird Community-Projekt. In: Heise Newsticker. 28. August 2012, abgerufen am 1. September 2012.</ref> Diskussionen und Entscheidungen zur Entwicklung von Diaspora finden auf der Plattform Loomio statt. Daneben gibt es Mailinglisten für Entwickler und Benutzer, die bei Google Groups eingerichtet wurden.<ref>Seite How we communicate. In: Diaspora Foundation Wiki. Stand: 29. August 2013, 2:46 Uhr UTC. Abgerufen am 30. August 2013.</ref>
Sicherheit
Diaspora ist ein dezentrales, verteiltes System und soll dadurch sicheren, kontrollierten und einfachen Austausch von Daten im Internet ermöglichen, weil jeder Nutzer selbst einen Server betreiben und die Software auf diesem Server vollständig kontrollieren kann. Dadurch, dass jedoch die wenigsten Nutzer ihren Server selbst betreiben, ergibt sich das Problem, dass Angreifer eigene, umprogrammierte Server ins Netzwerk eingliedern können, welche die Daten, die Nutzer jenes Servers teilen oder mitgeteilt bekommen, missbrauchen.
Weitere Entwicklung
Diaspora soll mithilfe von Add-ons modular aufgebaut werden, um jede denkbare Art von Kommunikation zwischen den Benutzern zu ermöglichen. Außerdem sollen Plug-ins möglich sein, die den Funktionsumfang erweitern.<ref>Erika Jonietz Bye-bye Facebook auf heise.de vom 31. Dezember 2010</ref> Die Entwickler planen auch, einen kostenpflichtigen Webhosting-Dienst für Diaspora-Pods anzubieten.<ref name="kickstarter-pitch" />
Für Android-Smartphones steht eine App in einer Alpha-Version zur Verfügung<ref>Android-App Diaspora*</ref> und eine weitere App ist in Entwicklung.<ref>https://play.google.com/store/apps/details?id=com.miga.pusteblume</ref>
Kritik
Im Februar 2012 kritisierte das Computermagazin c't, das ursprüngliche Versprechen, ein Peer-to-Peer-Netzwerk zu bieten, sei bisher von Diaspora nicht eingelöst worden, weil die Installation für den eigenen PC oder für den eigenen Webhoster für die meisten Anwender zu umfangreich und zu kompliziert seien. Auf einem Linux- oder Mac-OS-X-Server müssten Ruby, SQLite3, OpenSSL, cURL, ImageMagick, Git und Redis eingerichtet werden, bevor man Diaspora installieren könne. Deshalb seien die meisten Benutzer von Diaspora weiterhin darauf angewiesen, dass der Pod, der ihren Account führt, mit ihren Daten vertrauensvoll umgeht. Die Alternative friendica sei in Bezug auf einfache Installation schon weiter als Diaspora.<ref>Jo Bager: Private Treffpunkte. Diaspora und andere Facebook-Alternativen. In: c't. Nr. 5/2012. S. 136–139 (hier: S. 137). (kostenpflichtige Onlineversion)</ref>
Siehe auch
Vergleichbare Ansätze werden auch von folgenden Projekten verfolgt:
Literatur
- Simon Hurtz: Eine Plattform für Paranoiker. In: Berliner Zeitung. 27. Oktober 2011. Abgerufen am 27. Oktober 2011.
- Erika Jonietz: Bye-bye Facebook. Technology Review. 31. Dezember 2010, abgerufen am 5. Januar 2011 (Erfahrungsbericht vom Alpha-Test).
- Jakob Lochner: Diaspora ist tot, es lebe Diaspora!. In: Heise Online. Newsticker. 27. August 2013. Abgerufen am 27. August 2013.
- Kurt Sagatz: Das Anti-Facebook. In: Der Tagesspiegel. 13. November 2011. Abgerufen am 14. November 2011.
Weblinks
- Website der Diaspora Foundation
- Projekt-Wiki, u. a. mit der Roadmap der Software und einer deutschsprachigen FAQ sowie mit Tutorials
- podupti.me/ – Liste von Diaspora-Servern, auf denen sich Benutzer anmelden können, um an dem sozialen Netzwerk teilzunehmen
Einzelnachweise
<references />