Gammaverteilung
Die Gammaverteilung ist eine kontinuierliche Wahrscheinlichkeitsverteilung über der Menge der positiven reellen Zahlen. Sie ist einerseits eine direkte Verallgemeinerung der Exponentialverteilung und andererseits eine Verallgemeinerung der Erlang-Verteilung für nichtganzzahlige Parameter. Wie diese wird sie verwendet
- in der Warteschlangentheorie, um die Bedienzeiten oder Reparaturzeiten zu beschreiben.
- in der Versicherungsmathematik zur Modellierung kleinerer bis mittlerer Schäden.
Inhaltsverzeichnis
Definition
Die Gammaverteilung <math>\gamma(p,\, b)</math> ist durch die Wahrscheinlichkeitsdichte
\frac{\displaystyle b^p}{\displaystyle\Gamma(p)}x^{p-1}e^{-bx} & x > 0 \\ 0 & x \leq 0 \end{cases}</math> definiert. Sie besitzt die reellen Parameter <math>b</math> und <math>p</math>. Um ihre Normierbarkeit zu garantieren, wird <math>b>0</math> und <math>p>0</math> gefordert. Der Vorfaktor <math>b^p/\Gamma(p)</math> dient der korrekten Normierung; der Ausdruck <math>\Gamma(p)</math> steht für den Funktionswert der Gammafunktion, nach der die Verteilung auch benannt ist. |
Dichte der Gammaverteilung mit verschiedenen Werten für b und p |
Die Gammaverteilung genügt damit der Verteilungsfunktion
P(p,b x) & x \geq 0 \\ 0 & x < 0 \end{cases}</math>, wobei <math>P(p,\,b x)</math> die regularisierte Gammafunktion der oberen Grenze ist. |
kumulierte Verteilungsfunktion der Gammaverteilung mit verschiedenen Werten für p und b |
Alternative Parametrisierung
Alternativ zur obigen, im deutschsprachigen Raum üblichen Parametrisierung mit <math>p</math> und <math>b</math> findet man auch häufig
- <math>(\alpha=p, \beta=b)</math> oder <math>\left(k=p, \theta=\frac{1}{b}\right).</math>
<math>\beta=b</math> ist die Umkehrung eines Skalierparameters und <math>\theta=1/b</math> ist der Skalierparameter selbst. Dichte und Momente ändern sich dementsprechend bei diesen Parametrisierungen (der Erwartungswert wäre hier beispielsweise <math> \alpha/\beta</math> beziehungsweise <math>k\theta</math>). Da diese Parametrisierungen im angelsächsischen Raum vorherrschen, werden sie besonders häufig in der Fachliteratur verwendet. Um Missverständnissen vorzubeugen, wird empfohlen, die Momente explizit anzugeben, also beispielsweise von einer Gammaverteilung mit Erwartungswert <math>p/b</math> und Varianz <math>p/b^2</math> zu sprechen. Hieraus sind dann Parametrisierung und die entsprechenden Parameterwerte eindeutig rekonstruierbar.
Eigenschaften
Die Dichte <math>f</math> besitzt für <math>p>1</math> an der Stelle <math>x_M=\tfrac{p-1}{b}</math> ihr Maximum und für <math>p>2</math> an den Stellen
- <math>x_W=x_M\pm \frac{(p-1)^\frac12}{b}</math>
Wendepunkte.
Erwartungswert
Der Erwartungswert der Gammaverteilung ist
- <math>\operatorname{E}(X)={p \over b}.</math>
Varianz
Die Varianz der Gammaverteilung ist
- <math>\operatorname{Var}(X)={p \over b^2}.</math>
Schiefe
Die Schiefe der Verteilung ist gegeben durch
- <math>\operatorname{v}(X) = \frac{2}{\sqrt{p}}.</math>
Reproduktivität
Die Gammaverteilung ist reproduktiv: Die Summe aus den stochastisch unabhängigen gammaverteilten Zufallsvariablen <math>X</math> und <math>Y</math>, die beide gammaverteilt sind mit den Parametern <math>b</math> und <math>p_x</math> bzw. <math>p_y</math>, ist wiederum gammaverteilt mit den Parametern <math>b</math> und <math>p_x + p_y</math>.
Charakteristische Funktion
Die charakteristische Funktion hat die Form
- <math>\phi_{X}(s) = \left(\frac{b}{b-is}\right)^p.</math>
Momenterzeugende Funktion
Die momenterzeugende Funktion der Gammaverteilung ist
- <math>m_{X}(s) = \left(\frac{b}{b-s}\right)^p.</math>
Entropie
Die Entropie der Gammaverteilung beträgt
- <math>H(X) = \ln\left(\Gamma(p)\right) - \ln\left(b\right) + (1-p)\psi(p) + p</math>
wobei ψ(p) die Digamma-Funktion bezeichnet.
Summe gammaverteilter Zufallsgrößen
Sind <math>X_1\sim \gamma(p_1,b)</math> und <math>X_2\sim \gamma(p_2,b)</math> unabhängige gammaverteilte Zufallsgrößen dann ist auch die Summe <math>X_1+X_2</math> gammaverteilt, und zwar
- <math>X_1+X_2\sim\gamma(p_1+p_2,b).</math>
Allgemein gilt: Sind <math>X_i\sim \gamma(p_i,b)\quad i=1,\ldots,n</math> stochastisch unabhängig dann ist
- <math>X_1+ \dotsb +X_n\sim\gamma(p_1+ \dotsb +p_n,b).</math>
Somit bildet die Gammaverteilung eine Faltungshalbgruppe in einem ihrer beiden Parameter.
Beziehung zu anderen Verteilungen
Beziehung zur Betaverteilung
Wenn <math>X \sim \gamma(p_1,b)</math> und <math>Y \sim \gamma(p_2,b)</math> unabhängige gammaverteilte Zufallsvariablen sind mit den Parametern <math>p_1, b</math> bzw. <math>p_2, b</math>, dann ist die Größe <math>\tfrac{X}{X+Y}</math> betaverteilt mit Parametern <math>p_1</math> und <math>p_2</math>, kurz
- <math>B(p_1,p_2) \sim \frac{\gamma(p_1,b)}{\gamma(p_1,b)+\gamma(p_2,b)}.</math>
Beziehung zur Chi-Quadrat-Verteilung
- Die Chi-Quadrat-Verteilung mit <math>k</math> Freiheitsgraden ist eine Gammaverteilung mit den Parametern <math>p=k/2</math> und <math>b=1/2</math>.
Beziehung zur Erlang-Verteilung
Die Erlang-Verteilung mit dem Parameter <math>\lambda</math> und <math>n</math> Freiheitsgraden entspricht einer Gammaverteilung mit den Parametern <math>p=n</math> und <math>b=\frac{1}{\lambda}</math> und liefert die Wahrscheinlichkeit der Zeit bis zum Eintreffen des <math>p</math>-ten seltenen, Poisson-verteilten Ereignisses.
Beziehung zur Exponentialverteilung
- Wählt man in der Gammaverteilung den Parameter <math>p=1</math>, so erhält man die Exponentialverteilung mit Parameter <math>\lambda=b</math>.
- Die Faltung von n Exponentialverteilungen mit demselben <math>\lambda</math> ergibt eine Gamma-Verteilung mit <math>p=n, b=\lambda</math>.
Beziehung zur logarithmischen Gammaverteilung
Ist <math>X</math> Gamma-verteilt, dann ist <math>Y=e^X</math> Log-Gamma-verteilt.
Literatur
- Lindgren, Bernard W.: Statistical Theory, New York etc., 1993
- Fisz, Marek: Wahrscheinlichkeitsrechnung und mathematische Statistik, Berlin 1970
- P. Heinz Müller (Hrsg.): Wahrscheinlichkeitsrechnung und Mathematische Statistik, Leipzig 1991
Weblinks
- siehe auch Lévy-Prozess, mit Bild von einem Gamma-Prozess
- Interaktives Applet der Universität Konstanz zum Darstellen der Gammaverteilung: http://www.uni-konstanz.de/FuF/wiwi/heiler/os/vt-gamma.html
- Gerechnete Beweise: http://www.eisber.net/StatWiki/index.php/WS2_Zettel1#Gamma-Verteilung
Diskrete univariate Verteilungen für endliche Mengen:
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