Heinrich VIII. (England)
Heinrich VIII. Tudor (englisch Henry Tudor, walisisch Harri Tewdwr oder Tudur; * 28. Juni 1491 in Greenwich; † 28. Januar 1547 im Whitehall-Palast, London) war von 1509 bis 1547 König von England, seit 1509 Herr und ab 1541 König von Irland. Als jüngerer Sohn König Heinrichs VII. und der Elizabeth of York wurde er nach dem plötzlichen Tod seines älteren Bruders Arthur 1502 unerwartet Thronerbe und bestieg am 21. April 1509 siebzehnjährig als zweiter Herrscher des Hauses Tudor den englischen Thron. Seine Thronbesteigung wurde von der Bevölkerung euphorisch gefeiert und war nach den englischen Rosenkriegen die erste friedliche seit beinahe 100 Jahren.
Heinrich VIII. war der erste englische König mit einer Renaissanceausbildung, er sprach mehrere Sprachen, verfasste Gedichte, komponierte Musik und zeigte großes Interesse an religiösen Themen. In seiner Jugend war er ein athletischer, charismatischer Mann, in späteren Jahren jedoch fettleibig und chronisch krank. In der Populärkultur ist Heinrich VIII. vor allem für seine insgesamt sechs Ehen bekannt, von denen zwei mit der Annullierung der Ehe (Katharina von Aragón, Anna von Kleve) und zwei mit der Hinrichtung der jeweiligen Ehefrau endeten (Anne Boleyn, Catherine Howard).
Die großen sozialen und religiösen Veränderungen seiner Regierungszeit hatten für England historische Bedeutung. Da seine erste Ehe mit Katharina von Aragón keinen männlichen Thronfolger hervorbrachte, strebte Heinrich in den 1520ern eine Annullierung seiner Ehe durch den Papst an, die dieser aber ablehnte. In der Folge führte Heinrich sein Land in die englische Reformation: Er sagte England von der römisch-katholischen Kirche los und begründete die Kirche Englands, zu dessen Oberhaupt er sich selbst erhob. Schließlich enteignete er die englischen Klöster und löste sie auf. Daraufhin wurde er durch den Papst von der Römisch-katholischen Kirche exkommuniziert. Obwohl Heinrichs religiöse Überzeugungen bis zuletzt im Kern katholisch blieben, ebnete er mit der Ablehnung der Autorität des Papstes und dem Druck einer staatlich autorisierten englischen Bibel den Weg für die protestantische Reformation in England. In den Worten des Historikers Eric Ives hinterließ Heinrich damit „eine tiefere Spur in der englischen Geschichte als jeder andere Monarch seit der normannischen Eroberung Englands und alle, die ihm folgten“.
Bei Heinrichs Tod fiel die Krone zunächst an seinen neunjährigen Sohn Eduard, nach dessen frühem Tod an seine älteste Tochter Maria und schließlich an seine Tochter Elisabeth, mit der das Haus Tudor 1603 endete.
Inhaltsverzeichnis
Frühe Jahre
Geburt und Bedeutung
Heinrich wurde als das dritte Kind und der zweitälteste Sohn des englischen Königs Heinrich VII. und seiner Frau Elizabeth of York geboren. Getauft wurde er von Richard Fox, Bischof von Exeter, mit dem üblichen großen Pomp für königliche Kinder mit Herolden und Trompeten. Da seine Eltern bereits einen Thronfolger, Prinz Arthur, hatten, war Heinrich zum Zeitpunkt seiner Geburt aber von keiner großen dynastischen Bedeutung. Selbst seine Großmutter Margaret Beaufort, die die Geburten seiner beiden älteren Geschwister gewissenhaft mit genauer Uhrzeit und Ort in ihrem Stundenbuch eingetragen hatte, verzeichnete Heinrich darin eher beiläufig. Heinrich war nur die Rückversicherung, falls Arthur sterben sollte.
Heinrichs frühe Kindheit war geprägt von den Nachwehen der Rosenkriege, denn es tauchten immer wieder Thronprätendenten auf, die seinen Vater stürzen wollten. Die Herrschaft Heinrichs VII., der den Thron erst 1485 auf dem Schlachtfeld errungen hatte, war nach den jahrzehntelang anhaltenden blutigen Kämpfen der Häuser Lancaster und York um den Thron noch keineswegs gesichert. 1494 tauchte in Europa ein junger Mann namens Perkin Warbeck auf, der sich als Richard, Herzog von York, ausgab (also als den jüngeren der beiden verschwundenen Prinzen im Tower) und erhob Anspruch auf den englischen Thron. Er gewann schnell Unterstützung sowohl in England als auch auf dem Festland, und dies wurde zum Anlass für Heinrichs ersten öffentlichen Auftritt. Als Maßnahme gegen Warbeck nahm sein Vater ihn in einer groß angelegten Zeremonie als Ritter in den Bathorden auf und erhob ihn anschließend zum Herzog von York, dem traditionellen Titel des zweitgeborenen Königssohns, den Warbeck für sich selbst beanspruchte. Der erst dreijährige Heinrich, der später ein großer, kräftiger Mann und begeisterter Reiter sein würde, ritt in Begleitung vieler Edelleute „alleine auf einem Pferd sitzend“ in London ein und wurde dabei von einem der Zuschauer wohl aufgrund seiner Größe für bereits „vier Jahre alt oder ähnlich“ gehalten.<ref>David Starkey: Henry: Virtuous Prince. Harper Perennial, London 2009, S. 87 f.</ref>
Als zwei Jahre später, 1496, zugunsten Warbecks ein Aufstand cornischer Rebellen ausbrach, die ungehindert auf London zumarschierten, musste der fünfjährige Heinrich mit seiner Mutter in den Tower fliehen, bis die Nachricht kam, dass der König rechtzeitig mit seinen Truppen aus dem Norden zurückgekehrt war, wo Warbeck von Schottland aus eingefallen war und die Rebellen kurz vor London geschlagen hatte.
Erziehung und Ausbildung
Während Kronprinz Arthur in einem eigenen Haushalt in Ludlow in Wales lebte, wurde Heinrich zusammen mit seiner Schwester Margaret auf Eltham Palace erzogen, wo bald noch die Geschwister Elizabeth, Mary und Edmund hinzukamen. Unter Historikern ist umstritten, ob Heinrich für eine Karriere in der Kirche vorgesehen war, wie oft behauptet wird, etwa von Edward Herbert, einem Historiker des 17. Jahrhunderts, der schrieb, Heinrich sei „während der Lebenszeit seines älteren Bruders Prinz Arthur als Erzbischof von Canterbury bestimmt gewesen“. Dagegen spricht Heinrichs Erhebung zum weltlichen Titel des Herzogs von York, der mit erheblichem Landbesitz einherging, und die Tatsache, dass er eine Ausbildung erhielt, die auch Waffenübungen enthielt.<ref>David Starkey: Henry: Virtuous Prince. Harper Perennial, London 2009, S. 158</ref>
Sein erster Lehrer war ab etwa 1496 der Hofpoet John Skelton, von dem er die typische Renaissanceausbildung der Zeit erhielt, mit besonderem Augenmerk auf Latein, Geschichte und antike Autoren neben Musik und Poesie. Später setzte Heinrich seine Ausbildung mit einem anderen Lehrer, William Hone, fort, zu dem sich noch der Französischlehrer Giles Duwes und ein Musik- und Waffenlehrer gesellten.<ref>David Starkey: Henry: Virtuous Prince. Harper Perennial, London 2009, S. 178 ff.</ref> Mit dieser Ausbildung wurde der junge Prinz später der erste König Englands mit einer umfassenden humanistischen Bildung, der fließend Latein und Französisch sprach, Musik komponierte und Gedichte verfasste.
Als 1499 der berühmte Humanist Erasmus von Rotterdam in England seinen Freund Thomas Morus besuchte und dieser ihn zu einem Überraschungsbesuch nach Eltham Palace mitnahm, wo „alle königlichen Kinder erzogen werden, Arthur allein ausgenommen, der älteste Sohn“, zeigte sich der Gelehrte beeindruckt vom Können Heinrichs. Er schrieb: „Als wir in die Halle kamen, war alles Gefolge versammelt
- Englischsprachige Literatur
- E. W. Ives: Henry VIII (1491–1547). In: Oxford Dictionary of National Biography. Band 26, Haycock–Hichens, Oxford University Press, Oxford 2004, ISBN 0-19-861376-8.
- David Starkey: Henry: Virtuous Prince. Harper Perennial, London 2009.
- Lucy Wooding: Henry VIII. Routledge, London u. a. 2009.
Weblinks
- Literatur von und über Heinrich VIII. im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Heinrich VIII. in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Der Ladykiller – Heinrich VIII. Ein Podcastbeitrag des Radiosenders Bayern 2 aus der Reihe radioWissen vom 29. Oktober 2007 auf Podcast.de
Anmerkungen
<references />
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Titel neu geschaffen | Herzog von York 1494–1509 | Titel erloschen |
William Berkeley | Earl Marshal 1497–1509 | Thomas Howard |
Arthur Tudor | Prince of Wales Herzog von Cornwall Earl of Chester 1502–1509 | Titel erloschen |
Heinrich VII. | König von England 1509–1547 | Eduard VI. |
Heinrich VII. | Lord von Irland ab 1541 König von Irland 1509–1547 | Eduard VI. |
Personendaten | |
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NAME | Heinrich VIII. |
ALTERNATIVNAMEN | Tudor, Heinrich VIII. (vollständiger Name); Tudor, Henry; Tewdwr, Harri (walisisch); Tudur, Harri (walisisch) |
KURZBESCHREIBUNG | König von England |
GEBURTSDATUM | 28. Juni 1491 |
GEBURTSORT | Greenwich, England |
STERBEDATUM | 28. Januar 1547 |
STERBEORT | London |