Mátyás Seiber
Mátyás György Seiber [maːcaːʃ ʃaibɛr] (* 4. Mai 1905 in Budapest, Österreich-Ungarn; † 24. September 1960 im Kruger-Nationalpark in Südafrika) war ein ungarisch-britischer Komponist.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Seiber studierte an der Budapester Musikakademie bei Zoltán Kodály und war anschließend im Tanzorchester eines Überseedampfers tätig, so dass er in New York City Gelegenheit hatte, Jazz zu hören und auch bei Jam-Sessions einzusteigen. 1927 wurde ihm bei einem Wettbewerb in Budapest für seine Serenade für Bläsersextett der erste Preis versagt, woraufhin Béla Bartók die Jury verließ.<ref name=MGG>Artikel Mátyás Seiber, in: MGG</ref> Er leitete ab 1928 in Frankfurt am Main an Dr. Hoch’s Konservatorium die erste Jazzklasse weltweit. Im Wintersemester 1928/29 waren 19 Studenten eingeschrieben, mit denen er am 3. März 1929 ein öffentliches Konzert gab, das von Radio Frankfurt übertragen wurde. Ein weiteres Konzert 1929 wurde auch von anderen Sendern übernommen. Seiber war daneben auch als Musiker im Schauspielhaus Frankfurt tätig, wo er die Jazz-Operette Jim und Jill bearbeitete und dirigierte.
Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten wurde die Jazzklasse, zu deren Studenten Eugen Henkel und Dietrich Schulz-Köhn gehörten, geschlossen; Seiber wurde als Jude nach dem Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums entlassen.<ref>Jürgen Schwab: Der Frankfurt-Sound. Eine Stadt und ihre Jazzgeschichte(n). Societäts-Verlag, Frankfurt a.M. 2005</ref> 1935 musste er nach Großbritannien emigrieren, erhielt 1936 die Staatsbürgerschaft und war ab 1942 als Kompositionslehrer am Londoner Erwachsenenbildungsinstitut Morley College tätig. Zu seinen Schülern zählten Peter Racine Fricker, John Mayer, Anthony Milner und Hugh Wood.
Seiber wurde beeinflusst vom Jazz und der Musik Béla Bartóks und Arnold Schönbergs. Sein umfangreiches kompositorisches Schaffen umfasst Musiken für Film und Hörspiel, Orchesterwerke, Kammermusik, Klavierwerke, Vokalkompositionen, fünf Bühnenmusiken, ein Ballett und daraus eine Suite für Orchester.<ref name=MGG/><ref>Royal Opera House - Collections Online</ref> Zu seinen bekanntesten Werken zählt die Kantate Ulysses von 1950, die von dem gleichnamigen Roman von James Joyce inspiriert ist. Gemeinsam mit John Dankworth schrieb er die Third Stream-Komposition Improvisationen für Jazzband und Orchester.
Seiber benutzte mehrmals das Pseudonym G. S. Mathis, George Mathis bzw. Matthis für seine Jazz-Kompositionen (seine Initiale M. G. S. andersherum), besonders für Werke für John Dankworth. Seiber wird gelegentlich auch als Seyber buchstabiert.
Mátyás Seiber kam bei einem Autounfall in Südafrika ums Leben. György Ligeti widmete sein Orchesterstück Atmosphères (1961) Seibers Andenken.
Literatur
- Florian Scheding: Seiber, Mátyás. In: Friedrich Blume (Hrsg.): MGG. Bd. 15, Bärenreiter Verlag, 2006, Sp. 528–531.
- Otto Karolyi: Modern British music. The second British musical renaissance. From Elgar to P. Maxwell Davies. Associated University Presses, London 1994.
- Gerald Leach: British composer profiles. A biographical dictionary and chronology of past British composers 1800–1979. British Music Society, Maidenhead 1980.
- Darryl Lyman: Great Jews in Music. J. D. Publishers, New York 1986.
- Walter Pass, Gerhard Scheit, Wilhelm Svoboda: Orpheus im Exil. Die Vertreibung der österreichischen Musik 1938–1945. Verlag für Gesellschaftskritik, Wien 1995, ISBN 3-85115-200-X.
- Stanley Sadie: The new Grove dictionary of music and musicians. Macmillan, London 1980.
Weblinks
- Literatur von und über Mátyás Seiber im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Mátyás Seiber im Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit (LexM)
- Website zum hundertsten Geburtstag Seibers (englisch)
- Ein frühes Zeugnis der Jazz-Rezeption in Deutschland: Mátyás Seiber und das Jazzorchester des Hoch'schen Konservatoriums in einer Rundfunkaufnahme aus dem Jahre 1931
- „Der erste Jazz-Kurs überhaupt war nicht in den USA - sondern am Hoch'schen Konservatorium in Frankfurt.“ (englisch)
- Mátyás Seiber, bei Musicweb
Einzelnachweise
<references/>
Personendaten | |
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NAME | Seiber, Mátyás |
ALTERNATIVNAMEN | Seiber, Mátyás György (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | ungarisch-britischer Komponist |
GEBURTSDATUM | 4. Mai 1905 |
GEBURTSORT | Budapest, Ungarn |
STERBEDATUM | 24. September 1960 |
STERBEORT | Kruger-Nationalpark, Südafrika |