Mittelsteinzeit
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Steinzeit |
Die nur für das nacheiszeitliche Europa definierte Mittelsteinzeit oder das Mesolithikum (altgr. μέσος mésos „Mitte“ und λίθος líthos „Stein“) begann mit der Wiederbewaldung Mitteleuropas etwa um 9600 v. Chr. Sie führte im frühen Holozän zu einer veränderten Lebensweise. Dazu gehören die Jagd auf Standwild, zunehmende Fischerei (die bereits für eiszeitliche Rentierjäger<ref>1998 entdeckte Jonas Beran bei einer Ausgrabung in der Gemeinde Wustermark (Brandenburgisches Havelland) Artefakte und Knochenspitzen. Dabei waren fünf Angelhaken aus Knochenmaterial und einer aus Elfenbein hergestellt.</ref> belegt ist), der Bau von Booten und die Herstellung von Geräten aus den Geweihstangen vom Rotwild.
Das Ende der Mittelsteinzeit wird mit dem Übergang zur produzierenden Wirtschaftsweise (Neolithisierung) definiert und erfolgte regional unterschiedlich: im südlichen Mitteleuropa mit der La-Hoguette-Gruppe und der Bandkeramik ab etwa 5800 bzw. 5500 v. Chr., im Nord- und Ostseeraum ab etwa 4300 v. Chr. mit der Trichterbecherkultur (TBK). Längere Zeit existierten jedoch noch steinzeitliche Parallelgesellschaften.
Im mediterranen Raum wird neben dem Begriff ‚Mesolithikum‘ viel häufiger der Begriff ‚Epipaläolithikum‘ gebraucht. Während in Nordafrika das europäische Mesolithikum und das Jungpaläolithikum als ‚Epipaläolithikum‘ zusammengefasst werden, taucht das Mesolithikum gelegentlich, dann aber spezifizierter in kombinierten Begriffen, wie dem ‚Khartoum-Mesolithikum‘ auf. Für den Westen Anatoliens sind sowohl ‚Mesolithikum‘ als auch ‚Epipaläolithikum‘ geläufig. Bei räumlich übergreifenden Darstellungen wird der Begriff eher als Mittel der zeitlichen Einordnung genutzt, ohne dass sich ein Lebensstil dahinter verbirgt, der für Europa und wenige westasiatische Gebiete aufgrund ihrer ökologischen Bedingungen und dem Fortbestehen mancher Jäger-und-Sammler-Gesellschaften spezifisch war.
Inhaltsverzeichnis
Gliederung
Der auf das westliche Eurasien beschränkte Begriff Mesolithikum wurde 1874 von Otto Martin Torell und 1866 von Hodder Westropp eingeführt.<ref>Graeme Barker: The agricultural revolution in prehistory: why did foragers become farmers? Oxford, Oxford University Press, 2006</ref> Er wird vorwiegend auf Mittel- und Nordeuropa angewendet.
Das mitteleuropäische Mesolithikum wird – vor allem anhand von sogenannten Mikrolithen – unterteilt in:
- Frühmesolithikum (9600–7000/6500 v. Chr.), Kennzeichen: Dreiecksmikrolithen
- Spätmesolithikum (ca. 7000/6500–5500/4500 v. Chr.), Kennzeichen: Trapezmikrolithen und gedrückte Makroklingen
Die einzelnen Fundstellen belegen eine regional unterschiedliche Ausprägung.
- Für Süddeutschland sind vor allem die Jägerhaushöhle und weitere Fundstellen um Beuron von Bedeutung. Hier wurde der Begriff Beuronien für das Frühmesolithikum geprägt.<ref>W. Taute (1971): Untersuchungen zum Mesolithikum und zum Spätpaläolithikum im südlichen Mitteleuropa. Band 1: Chronologie Süddeutschlands. Habilitationsschrift Tübingen.</ref><ref>W. Taute (Hrsg., 1980): Das Mesolithikum in Süddeutschland. Teil 2: Naturwissenschaftliche Untersuchungen. Tübinger Monographien zur Urgeschichte 5/2 (1978). Tübingen.</ref>
- Im nördlichen Nordrhein-Westfalen und in Niedersachsen entspricht älteres und jüngeres Mesolithikum der Halterner Stufe und der Boberger Stufe sowie der Hülstener Gruppe (jüngeres Mesolithikum im westlichen Nordrhein-Westfalen).<ref>Walther Adrian: Beiträge zur Steinzeitforschung in Ostwestfalen. Teil II. Bericht des Naturwissenschaftlichen Vereins für Bielefeld um Umgegend über die Jahre 1954 und 1955. Bielefeld 1956. 121 S.</ref>
- In der Norddeutschen Tiefebene erfolgt die Unterteilung in die Duvensee-Gruppe (benannt nach den Wohnplätzen im Duvenseer Moor) und die Oldesloer Gruppe, evtl. auch die Swifterbant-Kultur in den Niederlanden.
- In Dänemark werden Maglemose-Kultur, Kongemose-Kultur und Ertebølle-Kultur unterschieden.<ref>D. Holst (2008): Zur Entwicklung frühmesolithischer Artefaktproduktion: Handwerkliche Tradition und Landschaftsnutzung am Duvensee (Schleswig Holstein). Archäologisches Korrespondenzblatt 4, S. 457–476. Online, pdf</ref><ref>D. Holst (2007): Subsistenz und Landschaftsnutzung im Frühmesolithikum: Nußröstplätze am Duvensee. Dissertation, Johannes Gutenberg Universität Mainz.</ref><ref>K. Bokelmann, Duvensee, Wohnplatz 9. Ein präborealzeitlicher Lagerplatz in Schleswig-Holstein. Offa 48, 1991, S. 75–114.</ref>
- Auf den Britischen Inseln fehlen Trapeze. Hier finden sich auch im Spätmesolithikum großformatige Industrien wie das Larnian (nach Larne in Nordirland, ab ca. 6000 v. Chr.) sowie das Obanian<ref>Spätmesolithische Kultur auf den Westschottischen Inseln während des 4. Jahrtausends v. Chr. Die Wohnplätze auf Køkkenmøddingern (engl. shell middens) und unter Abris deuten auf marine Lebensweise. Zu den Artefakten gehören Harpunen.</ref> (nach Oban in der schottischen Grafschaft Argyll and Bute).<ref>C. Bonsall, M. G. Macklin, D. E. Anderson, R. W. Payton (2002): Climate change and the adoption of agriculture in north-west Europe. European Journal of Archaeology, 5(1): S. 7–21.</ref><ref>Clive Bonsall: Rethinking the 'Obanian Problem': Direct evidence for the exploitation of coastal resources in the mesolithic of western Scotland. In: Graham Ritchie (Hrsg.), The archaeology of Argyll. Edinburgh (University Press), S. 25–37.</ref><ref>C. Bonsall, D. G. Sutherland (1992): The Oban caves. In M. J. C. Walker, J. M. Gray, J. J. Lowe (Hrsg.): The South-West Scottish Highlands: Field Guide. S. 115–121. Cambridge: Quaternary Research Association.</ref>
Das Ende der Mittelsteinzeit ist in Europa mit dem Erscheinen der ersten bäuerlichen Kulturen verbunden. Diese traten im Süden früher auf als im Norden:
- um 5800 v. Chr. im westlichen Mitteleuropa (La-Hoguette-Gruppe im Südosten, Alföld-Linearkeramik und Körös-Kultur im Südosten),
- um 5500–4900 v. Chr. in mittleren Breiten (Linienbandkeramik),
- um 4300 v. Chr. im nördlichen Mitteleuropa und in Südskandinavien (Trichterbecherkultur).
Bestattungen
Mesolithische Bestattungen sind eher selten, aus dem späten Mesolithikum sind aber, besonders aus Dänemark und Südschweden, einige Gräberfelder bekannt (Skateholm, Vedbaek-Bogebakken). Auf den Inseln Île d’Hœdic und Île Téviec im Département Morbihan (Frankreich) wurden sogar Steinplatten als Grabeinfassungen verwendet.<ref>M. Péquart, S.-J. Péquart, M. Boule, H. Vallois (1937): Téviec, station-nécropole mésolithique du Morbihan. Archives de l'Institute Paléontologie Humaine, Mémoire 18. Paris.</ref> Gräberfelder mit Einzelbestattungen gibt es in gestreckter Rückenlage, aber auch sitzend (zum Beispiel Olenij Ostrow, Karelien).<ref>Mat. I. Issleddovania p. Arch. SSSR 47, 1956</ref> In der Blätterhöhle bei Hagen wurden frühmesolithische Menschenreste entdeckt, die mit Höhlenfunden aus Belgien und Frankreich vergleichbar sind.<ref>Jörg Orschiedt, Jan F. Kegler, Birgit Gehlen, Werner Schön und Flora Gröning: Die Blätterhöhle in Hagen (Westfalen). Vorbericht der ersten archäologischen Untersuchungen, in: Archäologisches Korrespondenzblatt 38/ 2008, H 1.</ref>
Ein Merkmal des Spätmesolithikums sind Schädelbestattungen, wie z. B. in der Großen Ofnet-Höhle bei Nördlingen, im Hohlenstein-Stadel im Lonetal und in der Höhlenruine „Hexenküche“ auf dem Kaufertsberg bei Lierheim (Landkreis Donau-Ries).<ref>Jörg Orschiedt: Ergebnisse einer neuen Untersuchung der spätmesolithischen Kopfbestattungen aus Süddeutschland. In: N. J. Conard, C.-J. Kind (Hrsg.): Aktuelle Forschungen zum Mesolithikum – Current Mesolithic Research. Urgeschichtliche Materialhefte 12. Tübingen, 1998. S. 147–160.</ref>
Eine Besonderheit stellt das 1962 entdeckte mittelsteinzeitliche Grab auf dem Weinberg, nahe dem Ortsteil Groß Fredenwalde der Gemeinde Gerswalde im Landkreis Uckermark im nördlichen Brandenburg dar. Dort wurden die Überreste von mindestens sieben Individuen (drei Erwachsene und vier Kinder) gefunden.<ref>Bernhard Gramsch, Uwe Schoknecht: Groß Fredenwalde, Lkr. Uckermark – eine mittelsteinzeitliche Mehrfachbestattung in Norddeutschland. In: Veröffentlichungen zur brandenburgischen Landesarchäölogie, Band 34, 2000, S. 9</ref> Mesolithische Gräber mit einer vergleichbar großen Zahl von Verstorbenen sind bisher in Europa nur viermal bekannt.
In Europa sind mehr als 74 von etwa 2100 Personen in einer sitzenden oder halb sitzenden Position (Frau von Bäckaskog) bestattet worden. Weitere 31 Gräber können Sitzbestattungen enthalten haben. Diese Bestattungsart hat insbesondere in Skandinavien dazu geführt, das neolithische Knochenhaufen in Megalithanlagen, als Sitzbestattungen interpretiert wurden.
Materielle Kultur
- Feuerstein-Geräte
Kennzeichnend für die Epoche sind die sogenannten Mikrolithen, winzige Projektile aus Feuerstein und anderen Rohmaterialien. Man unterscheidet Mikrolithen aus speziellen, sehr kleinen Klingen (Mikroklingen) und geometrische Mikrolithen, die durch das gezielte Zerbrechen und anschließende Retuschieren größerer Klingen hergestellt wurden. In Nordeuropa wurden geschäftete Feuerstein-Beile, so genannte Kern- und Scheibenbeile, verwendet.
Aus dem Mesolithikum sind die ersten mit organischen Schäftungen erhaltenen Dolche (Messer mit beidseitiger Schneide) belegt. Einen mit Bastumwicklung erhaltenen Dolch, der aus einer beidseitig spitz retuschierten großen Feuersteinklinge gefertigt ist, gibt es vom Fundplatz Nischneje Veretije in Nordrussland, mit Radiokohlenstoffdaten der Fundschicht um ca. 8000 v. Chr. In der Fundstelle Olenij Ostrov in Karelien wurde ein etwa gleich alter “Knochendolch mit eingeklebten Feuersteinklingen“ gefunden.<ref>N. N. Gurina, Mesolit Karelij (Das Mesolithikum Kareliens). In: Kolzov (Hrsg.), Mesolit SSSR (Das Mesolithikum der UdSSR). Teil der Reihe: Archaeologia SSSR (Archäologie der UdSSR), Bd. 2, 1989. Moskva (Nauka). Tafel 10, S. 217</ref>
- Organische Artefakte
Wegen der Einlagerung der Funde in Torfmooren gibt es von vielen archäologischen Fundstellen eine hervorragende organische Erhaltung von Artefakten, zum Beispiel Fischernetze aus Bast (Fundstelle Friesack), Pfeilschäfte aus Kiefern- und Haselholz (Fundstelle Duvensee), Reusen, Birkenrindengefäße, Rindenböden (Fundstelle Duvensee)<ref>D. Holst (2010): Hazelnut economy of early Holocene hunteregatherers: a case study from Mesolithic Duvensee, northern Germany. Journal of Archaeological Science 37, S. 2871–2880.Online, pdf</ref> und Netzschwimmer. Angelhaken wurden aus Hirschgeweih (Fundplätze Bois-Ragot, Pont d’Ambon, beide Frankreich)<ref name="Pasda 1">Clemens Pasda: Das Knochengerät vom spätpaläolithischen Fundplatz Kleinlieskow in der Niederlausitz. Ein Essay zum steinzeitlichen Angelhaken. In: Zeit-Räume. Gedenkschrift für Wolfgang Taute. Bonn, Habelt-Verlag, 2001, S. 397–408</ref> oder Knochen hergestellt. Bernhard Gramsch führt 38 Angelhaken aus organischem Material auf, die im Havelland westlich von Berlin gefunden wurden.<ref>B. Gramsch: Das Mesolithikum im Flachland zwischen Elbe und Oder. Veröffentlichungen des Museums für Ur- und Frühgeschichte Potsdam 7. Berlin, 1973</ref> Auch das Exemplar aus der Gemarkung Kleinlieskow (Braunkohletagebau Cottbus-Nord) wurde aus Knochen gefertigt.<ref name="Pasda 1" />
Einbäume und Paddel sind mehrfach belegt.<ref>B. Gramsch: Friesack – Letzte Jäger und Sammler in Brandenburg. Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz 47 (2000), S. 51–96.</ref> Aus Friesack (Brandenburg) und Nordrussland sind Bogen aus verschiedenen Nadelhölzern belegt. Bei den so genannten „Wächterbogen“ handelt es sich um fest installierte Bogenfallen.<ref>G. Burov (1980): Der Bogen bei den mesolithischen Stämmen Nordosteuropas. Veröffentlichungen des Museums für Ur- und Frühgeschichte Potsdam 14/15, S. 373–388.</ref><ref>Leif Steguweit: Bogenfallen – Aus der Trickkiste der Steinzeit. Traditionell Bogenschiessen 21, 2001. S. 21–24.</ref>
Wohnweise
Nachdem bereits im Gravettien (z. B. in Dolní Věstonice und Pavlov) Lagerplätze langfristig bewohnt wurden, nahm die Sesshaftigkeit in der Mittelsteinzeit allgemein etwas zu. Das reduzierte Schweifgebiet der Jäger und Sammler lässt sich unter anderem an der Herkunft von Feuerstein-Rohmaterial belegen. Die Gruppen der Mittelsteinzeit nutzten saisonal mehrere Wohnplätze. Auf mesolithischen Grabungsplätzen fand man Strukturen, die auf Windschirme und Hütten weisen. Die häufigeren Windschutzbauten sind durch wenige (in gerader Linie oder im Bogen angeordnete) Pfostenlöcher gekennzeichnet. In Mount Sandel (etwa 6960–6440 v. Chr.) in Irland weist eine große Zahl von Pfostenlöchern auf ein solides Gebäude. Vermutlich war der Fundplatz Morton in Schottland (4700–4300 v. Chr.) wiederholt bewohnt, was Lochreihen für Pfosten- oder Stangen andeuten, die vermutlich Windschirme trugen.
Fundplätze mit Überresten von Steinwällen und fundamentartigen Steinsetzungen wurden in Norwegen nördlich des Polarkreises entdeckt. In Tverrvikraet bei Gamvik, in der Provinz Finnmark, stieß man auf Reste eines kleinen rechteckigen Hauses. Auf der Insel Träna wurden die Reste eines 6000–4000 Jahre alten Hauses gefunden. Pfostenlöcher an den Innenseiten der Wände und einer zentralen Feuerstelle lassen keine andere Deutung zu. Am Varangerfjord in Norwegen nahe der Grenze zu Russland fand man kreisförmige Anordnungen von Pfostenlöchern, die Grubenhäuser und Zelte andeuten, später dann Gressbakkenhäuser. Das etwa 8500 Jahre alte Tingby-Haus in Schweden gilt als Skandinaviens ältestes Haus. Eine Rekonstruktion steht nahe der Fundstelle auf dem Gelände einer Außenstelle des Län-Museums von Kalmar.
In Dänemark und Norddeutschland wurden Lagerplätze der Maglemose-Kultur ausgegraben (Holmegård IV, Sværdborg I und Ulkestrup Øst I), auf denen noch die Überreste der Hüttenböden erhalten waren, die aus miteinander verflochtenen Rindenstreifen und gespaltenen Baumstämmen bestanden. In Ulkestrup Øst I hatten die Hütten rechteckige oder trapezförmige Grundrisse und Grundflächen zwischen 6,25 und 24 m². Dächer und Wände bestanden aus Birkenreisig und/oder Schilf. In Holmegård IV lassen doppelte Böden aus Birkenrinde auf eine Wiederbesiedlung oder Reparaturen schließen; die Plätze wurden offenbar über einen längeren Zeitraum genutzt. Sværdborg I zeigt Probleme bei der Deutung auf. Eine von neun Hütten war eindeutig älter als die anderen. Bei den übrigen acht konnte nicht festgestellt werden, ob sie gleichzeitig oder nacheinander errichtet wurden.
Unter dem Muschelhaufen von Moita do Sebastião in Portugal stieß man auf eine größere Konstruktion, datiert auf 5350–5080 v. Chr. Ein offener Halbkreis aus 61 Pfostenlöchern lässt auf einen Schutzbau gegen die Nordwinde schließen. Lehmstücke mit Grasabdrücken, die in der Nähe gefunden wurden, weisen auf ein Dach aus Binsen und Halmen von Süßgräsern (Gramineen), das mit Lehm bestrichen wurde. Außerdem fand man Kochgruben.
Ernährung
Ursachen der Umstellung der Ernährung waren insbesondere die Abwanderung der großen Herdentiere und die bessere Verfügbarkeit von Sammelgut (Früchte, Muscheln etc.), aber auch verbesserte Techniken zum Kleintierfang und die starke Entwicklung der Fischerei. Die Jagd findet auf Standwild statt, da die großen Herden der Altsteinzeit wie Rentiere, Saigas und Wildpferde abgewandert sind. Das Beutespektrum der Mittleren Steinzeit besteht vorwiegend aus Waldbewohnern, wie Rothirsch, Reh und Wildschwein (siehe Wohnplatz Hohen Viecheln). Daneben ist die Jagd auf Fische, Vögel und Kleintiere nachgewiesen. An den Küsten Nordmitteleuropas erzeugt die Kongemose-Kultur (6000–5200 v. Chr.) die ersten Køkkenmøddinger (Küchenabfallhaufen), die an der Atlantikküste zahlreicher sind.
Bereits im frühen Mesolithikum steuerte die Haselnuss einen wichtigen Beitrag zur Ernährung bei.<ref name="Bick">Almut Bick: Die Steinzeit. Theiss WissenKompakt, Stuttgart 2006, ISBN 3-8062-1996-6</ref> Die enorm schnelle Ausbreitung in diesem Zeitalter wird mit der Ausbreitung des Menschen in Verbindung gebracht, der durch die Anlage von Haselnussvorräten die Vermehrung der Haselnuss bewusst oder unbewusst förderte.<ref>Hansjörg Küster: Geschichte des Waldes, C. H. Beck, München 2003, ISBN 3-406-50279-2</ref> Dies könnte die erste Kultivierung eines Nahrungsmittels in Europa sein, was allerdings nicht nachweisbar ist. Dicke Schichtpakete aus Nussschalen vom Fundplatz Duvensee, spezialisierte Röstplätze zur Verarbeitung umfangreicher Nussvorräte, Nussknacker und Modellierungen zum Ausmaß der frühholozänen Nussnutzung belegen, dass diese die Erträge frühen Ackerbaus noch überstiegen haben können.<ref>D. Holst (2010): Hazelnut economy of early Holocene hunteregatherers: a case study from Mesolithic Duvensee, northern Germany. Journal of Archaeological Science 37, 2871–2880.</ref><ref>D. Holst (2009): Eine einzige Nuss rappelt nicht im Sacke. Subsistenzstrategien in der Mittelsteinzeit. Mitteilungen der Gesellschaft für Urgeschichte Tübingen 18, S. 11–38.</ref>
Umwelt
Das Mesolithikum war vom Zurückweichen des Eises der letzten Eiszeit in Nordeuropa und der damit verbundenen schnellen Erwärmung des Klimas während des Präboreal geprägt. In den Gebieten, die vorher von eiszeitlichen Tundren bestimmt waren, entwickelten sich erst lichte, dann immer dichtere Wälder, wie Isopollenkarten zeigen. Auf dem Kiefern-Birkenmischwald des Boreals folgte mit der Einwanderung wärmeliebender Arten Hasel schließlich der Eichenmischwald des Atlantikums. Die Besiedlungsgrenze verschob sich nach Norden. Der Meeresspiegel stieg zwischen 9600 und 5000 v. Chr. um nahezu 100 m an.
Kunstwerke
An Kunstwerken gibt es Felsbilder sowie Kleinkunst in Form von reich verzierten Knochen- und Geweihgeräten. Menschenfiguren und Elchzepter aus Geweih gibt es aus dem Gräberfeld der Fundstelle Olenij Ostrow (Karelien). Insgesamt ist das Mesolithikum auffallend arm an Menschendarstellungen.
Siehe auch
Literatur
- S. K. Arora: Die mittlere Steinzeit im westlichen Deutschland und in den Nachbargebieten. In: Rheinische Ausgrabungen. Bd. 17, Köln/Bonn 1976, S. 1–68.
- Clive Bonsall (Hrsg.): The Mesolithic in Europe. Papers Presented at the Third International Symposium, Edinburgh, 1985. Edinburgh 1989, ISBN 0-85976-205-X.
- Barry Cunliffe (Hrsg.): Illustrierte Vor- und Frühgeschichte Europas. Frankfurt 1996, ISBN 3-593-35562-0.
- Nicholas J. Conard, Claus-Joachim Kind (Hrsg.): Aktuelle Forschungen zum Mesolithikum. In: Current Mesolithic Research. Tübingen 1998, ISBN 978-3-9804824-4-8 (Online-Zusammenfassung).
- Birgit Gehlen; Martin Heinen & Andreas Tillmann (Hrsg.): Zeit-Räume. Gedenkschrift für Wolfgang Taute. In: Archäologische Berichte. Bd. 14, Köln/Bonn 2001.
- Judith M. Grünberg: Mesolithische Bestattungen in Europa, ein Beitrag zur vergleichenden Gräberkunde. In: Internationale Archäologie. Bd. 40, VML Verlag Marie Leidorf, Rahden 2000, ISBN 978-3-89646-312-8 (Dissertation).
- Thomas Lange, Arbeitsgruppe Typentafeln (Hrsg.): Göttinger Typentafeln zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas: Mesolithikum. Göttingen 1991.
- Thomas Terberger, Berit Eriksen (Hrsg.): Hunters in a changing world. Environment and archaeology of the Pleistocene-Holocene transition (ca. 11.000–9000 B.C.) in Northern Central Europe. Internationale Archäologie – Arbeitsgemeinschaft, Tagung, Symposium, Kongress 5. Rahden/Westfalen: Marie Leidorf.
- P. M. Vermeersch, P. Van Peer: Contributions to the Mesolithic in Europe: Papers Presented at the Fourth International Symposium, Leuven 1990. Leuven 1990.
Weblinks
- Mesolithic Miscellany, Infos und Newsletter zum europäischen Mesolithikum, auf sites.google.com (englisch)
- Mesolithikum in: Siedlungsgeschichte (in Westfalen), auf historisches-centrum.de
- Mesolithische Fundstellen am Hülser Berg bei Krefeld, auf archaeologie-krefeld.de
- Projektseite zum Präalpinen Mesolithikum, Universität Zürich, hazelnutrelations.wordpress.com (englisch)
Einzelnachweise
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