Pharmaunternehmen


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In der pharmazeutischen Industrie sind in Deutschland ca. 117.000 Beschäftigte (Stand 2006) angestellt. Ihnen stehen 2006 125.000 Beschäftigte der Dienstleister und Zulieferer der pharmazeutischen Industrie gegenüber.

Entwicklung:

  • 1995: ca. 122.900 Beschäftigte
  • 1996: 120.776 Beschäftigte (-1,7 %)
  • 1997: 115.298 Beschäftigte (-4,5 %)
  • 1998: 113.914 Beschäftigte (-1,2 %)
  • 1999: 113.029 Beschäftigte (-0,8 %)
  • 2000: 113.950 Beschäftigte (+0,8 %)
  • 2001: 114.267 Beschäftigte (+0,3 %)
  • 2002: 114.990 Beschäftigte (+0,6 %)
  • 2003: 118.720 Beschäftigte (+3,2 %)
  • 2004: 113.989 Beschäftigte (-4,0 %)
  • 2005: 113.002 Beschäftigte (-0,9 %)

Schweiz

Im Jahr 2006 beschäftigte die Schweizer Pharmaindustrie 34.000 Personen. Dies entspricht 0,8 % aller Beschäftigten. Die indirekt Beschäftigten (z. B. Zulieferer) werden auf 84.000 geschätzt. 1990 belief sich der Personalbestand in der Schweiz auf 20.000 Personen.<ref>Gerhard Kocher In: Gesundheitswesen Schweiz 2010–2012. Verlag Hans Huber, 2010, ISBN 978-3-456-84803-7; Plaut Economics, Basel.</ref>

Kritik

Anleitung: Neutraler Standpunkt Die Neutralität dieses Artikels oder Abschnitts ist umstritten. Eine Begründung steht auf der Diskussionsseite. Weitere Informationen erhältst du hier.

Der Einfluss der Pharmaunternehmen auf die Medizin, die akademische Pharmaforschung und öffentliche Meinung – und daraus folgend auch der Erwartungshaltung gegenüber einer Anwendung oder Verschreibung von Medikamenten – wird von zahlreichen Kritikern als hoch problematisch angesehen und deren Einfluss von medizinischen wie Branchen-Insidern – so beispielsweise Kriminalhauptkommissar Uwe Dolata, Peter C. Gøtzsche, Peter Sawicki oder John Virapen – nicht selten als „allumfassend“ oder „organisiert kriminell“ beschrieben.<ref>Gunter Frank: Schlechte Medizin. Ein Wutbuch. 3. Auflage. Knaus-Verlag, 2012, ISBN 978-3-8135-0473-6, S. 70–79 sowie insgesamt.</ref><ref>Klaus Hartmann: Impfen bis der Arzt kommt. Wenn Pharmakonzernen Profit über Gesundheit geht. 1. Auflage. Herbig, 2012, ISBN 978-3-7766-2694-0.</ref><ref>Hans Weiss: Korrupte Medizin. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2008.</ref><ref>Sawicki kritisiert Pharmalobby. In: Deutsches Ärzteblatt. 26. Januar 2010, ärzteblatt.de über den ehemaligen Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), Peter Sawicki</ref><ref>Peter C. Gøtzsche: Tödliche Medizin und organisierte Kriminalität: Wie die Pharmaindustrie unser Gesundheitswesen korrumpiert. Riva, München 2014, ISBN 978-3-86883-438-3.</ref><ref name="pmid19998591"> G. A. Jelinek, S. L. Neate: The influence of the pharmaceutical industry in medicine. In: Journal of Law and Medicine. 17, Nr. 2, Oktober 2009, S. 216–23, PMID 19998591.</ref><ref name="urlwww.parliament.the-stationery-office.co.uk">Vorlage:Internetquelle/Wartung/Datum nicht im ISO-FormatThe influence of the pharmaceutical industry. House of Commons Health Committee, Fourth Report of Session 2004–2005, Volume I, 22. März 2005, abgerufen am 20. März 2010.</ref>

Methodik und Zielgruppen der Beeinflussung durch Pharmaunternehmen

Die für investigativen Journalismus prämierte Frontal21Dokumentation Das Pharmakartell von Christian Esser und Astrid Randerath (ZDF, 2008)<ref>ZDF.de: Das Pharmakartell – ZDF Frontal21 Teil 1 – youtube.com</ref> kritisiert anhand zahlreicher Interviews mit kritischen Insidern wie beispielsweise Bruno Müller-Oerlinghausen, Uwe Dolata, Peter Schönhöfer, Leonhard Hansen<ref>Leonhard Hansen auf Arztwiki.de</ref>; John Virapen und Wolf-Dieter Ludwig<ref>Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft – Wissenschaftlicher Fachausschuss der Bundesärztekammer, Kurzbiografie: Prof. Dr. med. Wolf-Dieter Ludwig, abgerufen am 17. Februar 2015.</ref> zahlreiche kriminelle Methoden. Dazu gehören das bis zu jahrzehntelange Verschweigen schwerer und tödlicher Nebenwirkungen, das Verschwinden oder die Nichtveröffentlichung von nicht genehmen Studiendaten oder Erpressungen von Mitwissern.

Weiterhin gebe es neben Bestechungsversuchen auch Androhungen von Gewalt gegenüber Entscheidern (etwa innerhalb der KV, wie z. B. Leonhard Hansen<ref>Leonhard Hansen auf Arztwiki.de</ref> berichtet, oder im Institut IQWiG) sowie die Korrumpierung von Politikern, Ärzten und Heilberufen und teilweise selbst Selbsthilfegruppen. „Mietmäuler”, so Prof. Peter Schönhöfer vom Arzneitelegramm, würden Medikamente samt Nebenwirkungen „blumenreich verkaufen“. Gekaufte medizinische Koryphäen, insbesondere Professoren, werden im Bereich des deutschen autoritätshörigen „Eminenzbelt“ – so der „Pharmajargon“ laut dem Autor Gunter Frank – gezielt von der Pharmaindustrie zu o. g. Zweck eingesetzt.<ref>Dr. med. Gunter Frank: Schlechte Medizin – Ein Wutbuch. Knaus, 3. Aufl., 2012</ref> Auch patientennahe Fachzeitungen wie die Apothekenumschau würden laut den Recherchen der Autoren des Pharmakartell korrumpiert und würden demnach schöngefärbte Darstellungen der Medikamente nach Vorgabe der Industrie ungeprüft als „fachlichen Rat“ veröffentlichen, worin solche „Experten“ teilweise gezielt „untergebracht“ würden.

Umsatz, Gewinn und Entwicklung am Pharmamarkt

In der Öffentlichkeit betonen Vertreter der Pharmakonzerne einerseits häufig ihre Funktion als „forschende Arzneimittelhersteller“, woraus beispielsweise hohe Kosten resultieren würden, so auch weiterhin durch Wirkstoffe, die man einkaufen müsse. Die Realität – auf Basis selbst veröffentlichter Zahlen der Konzerne – erscheint in anderem Licht. Demnach betragen die Ausgaben für Forschung etwa 15 Prozent des Umsatzes, das Marketing dagegen kostet 50–55 Prozent, das heißt: „mehr als das Dreifache“, so der Medizinjournalist und Autor Hans Weiss auf Deutschlandradio Kultur. Dementsprechend würden die Preise „in keiner Relation zum Forschungsaufwand“ stehen. Beim Krebsmittel Taxol der Firma Bristol-Myers Squibb würde beispielsweise „eine Packung einer Infusion 676,70 Euro“ kosten, wobei der Anteil der Wirkstoffkosten beim externen Wirkstoffhersteller laut seiner Recherchen „lediglich einen Euro“ betrage. Insgesamt gebe es – trotz höchster Marketing-Ausgaben – „keine Branche“, die „so hohe Gewinne macht wie die“. 20 bis 30 Prozent des Umsatzes seien „reiner Gewinn“.<ref>„Es gibt keine Branche, die so hohe Gewinne macht – Medizinjournalist Weiss über die Pharmaindustrie und die Medikamentenpreise“. Hans Weiss im Gespräch mit Joachim Scholl. 12. März 2010, Deutschlandradio Kultur, abgerufen am 27. Februar 2015.</ref> Mit Impfstoffen wurden im Jahr 2001 weltweit 6.9 Milliarden $ umgesetzt. 2009 waren es rund 25 Milliarden $ und für 2015 wird der weltweite Umsatz in der Impfstoffherstellung auf 56–64 Milliarden $ geschätzt, womit sich der Umsatz etwa verzehnfacht hat.<ref>Research and Markets: The Future of Global Vaccines – Market Forecasts to 2016, Stockpile Analysis, Competitive Benchmarking and Pipeline Analysis. Auf: www.businesswire.com Business Wire, 15. Januar 2010, abgerufen am 5. Oktober 2013.</ref>

Obige Zahlen sind noch steigerungsfähig, so komme der Konzern Pfizer im Jahr 2014 laut GlobalData auf eine Gewinnmarge von 43 Prozent.<ref>Satte Gewinne: Pharmakonzerne geben mehr für Werbung aus als für Forschung. Focus online, 13. Februar 2015, abgerufen am 27. Februar 2015.</ref> Das bestätigen auch die Zahlen des Ärzteblatts, wobei allerdings in 2012 von einem Gewinneinbruch die Rede ist. Demnach mussten „die zehn größten Pharmaunternehmen der Welt“ im Jahr 2012 einen „Umsatzrückgang um zwei Prozent auf 359 Milliarden Euro“ hinnehmen. Der Gewinn sei „um ein Prozent auf 95 Milliarden Euro“ - dies entspricht knapp einem Drittel des Umsatzes (vgl. obige Zahlen) - ebenfalls zurückgegangen. Unter anderem sei „stagnierende Nachfrage in den angestammten Märkten“ und „die zunehmende Konkurrenz durch billige Nachahmerprodukte“ die Ursache. Gemäß Gerd Stürz, Leiter des Bereichs Lebenswissenschaften bei Ernst & Young, würde Prognosen zufolge das durchschnittliche jährliche Pharma-Marktwachstum in den entwickelten Ländern bis 2016 „lediglich zwischen ein und vier Prozent“ liegen. Die Branche müsse daher „Antworten auf die Frage finden, wo in Zukunft noch Wachstum herkommen soll“, sagte Stürz.<ref>Pharmaunternehmen verzeichnen Umsatz- und Gewinnrückgänge. Ärzteblatt.de, 13. März 2013, abgerufen am 27. Februar 2015.</ref> Eine solche „Antwort“ waren 2014 verstärkte Fusionen, um Synergieeffekte nutzbar zu machen und Konkurrenzdruck zu minimieren.<ref>Fusionswelle schüttelt Pharmabranche durch, Welt.de, 22. Mai 2014, abgerufen am 27. Februar 2015.</ref>

Korrumpierung und Beeinflussung von Kontrollbehörden

Kritiker bemängeln nicht nur o. g. Relationen, sondern angesichts solch hoher Zahlen eine – auch aus Gewinnerhaltungs- und stetigem Steigerungsbestreben – umso mehr unseriöse bis kriminelle Haltung und Praxis, auch hoch riskante Produkte auf den Markt zu drücken oder dort zu halten, woraus einerseits hohe Todesfallzahlen und Schwerstschäden sowie gleichzeitig häufige Rücknahmen nach Zulassung und Markteinführung resultieren würden. Dies sei möglich durch finanzielle Beeinflussung und Befangenheit von Entscheider-Behörden hinsichtlich der Einstufung von Infektionskrankheiten als z. B. Epidemien oder Pandemien oder andererseits Arzneimittelbehörden bei der Zulassung ihrer Präparate. So mahnt Transparency International Deutschland an, dass ebenso nationale wie internationale Kontrollbehörden für Pandemien mittlerweile unter dem Einfluss der Pharmaindustrie stehen würden.

„Mannigfaltige Verflechtungen zwischen den WHO-Pandemie-Experten und den Medikamenten- und Impfstoffherstellern“ seien die Ursache für die unerklärbare und nahezu deckungsgleiche Nachlässigkeit zahlreicher europaweiter Zulassungs- und Kontrollbehörden, die sich mit „unvollständigen Studiendaten“ seitens der Konzerne begnügt hätten. Tatsächlich sei die behauptete antivirale Wirksamkeit der an zahlreiche Regierungen verkauften Präparate „in den vollständigen Studiendaten nicht nachweisbar“. Ebenfalls seien die behaupteten Pandemien tatsächlich keine gewesen – wie dies „von unabhängigen Wissenschaftlern“ auch vorhergesagt worden sei. Im Resultat sei – abgesehen vom Risiko durch unerwünschte Arzneimittelwirkungen – „die Einlagerung unnötiger und nicht geeigneter antiviraler Medikamente anlässlich der Pandemiefehlalarme 2005 und 2009“ erfolgt, was Deutschland „Haushaltsmittel im dreistelligen Millionenbereich“ gekostet hätte (Pandemie-Pläne durch Bund und Bundesländer mit Oseltamivir (Tamiflu®) und Zanamivir (Relenza®), Kosten von 330 Mio. Euro). „Für den Fall eines erneuten Pandemiealarms“ fordere Transparency International daher unter anderem eine „neutrale wissenschaftliche Bewertung“.<ref>Die Einlagerung unnötiger und nicht geeigneter antiviraler Medikamente anlässlich der Pandemiefehlalarme 2005 und 2009 kostete Deutschland Haushaltsmittel im dreistelligen Millionenbereich, Pressemitteilung vom 13. Februar 2015, abgerufen am 17. Februar 2015.</ref>

Transparency International Deutschland beruft sich dabei u. a. auf die Cochrane Collaboration und das British Medical Journal, welches dazu detaillierte Informationen liefert und seinen kompletten Schriftverkehr mit der Firma Roche im Rahmen einer „Open Data Campaign“ online stellte.<ref>Tamiflu: the battle for secret drug data In: British Medical Journal. 2012, Bd. 345, e7303, doi:10.1136/bmj.e7303.</ref><ref name="DOI10.1136/bmj.b5351">F. Godlee, M. Clarke: Why don’t we have all the evidence on oseltamivir? In: BMJ. Bd. 339, 2009, S. b5351–b5351, doi:10.1136/bmj.b5351.</ref><ref name="DOI10.1136/bmj.b5351" /><ref>Tamiflu correspondence with Roche
Tamiflu correspondence with the World Health Organization
Tamiflu correspondence with the Centers for Disease Control and Prevention
Correspondence with the European Medicines Agency</ref> Auch die Süddeutsche Zeitung<ref>Der Tamiflu-Skandal – Blindes Vertrauen in der zweifelhaftes Grippemittel, Überseite zum Thema auf Süddeutsche.de, abgerufen am 17. Februar 2015.</ref> und der Tages-Anzeiger hatten unter anderem ausführlich darüber berichtet. Laut Tagesanzeiger gehe aus „detaillierten Dokumentation[en]“ hervor, wie die „Gesundheitsbehörden rund um den Globus“ sich „mit unvollständigen Unterlagen des Pharmakonzerns begnügt“ hätten, als sie „für Milliarden Steuergelder“ Tamiflu auf Vorrat einkauften.<ref>Zweifel an Tamiflu – Der Druck auf Roche nimmt zu. In: Tages-Anzeiger, 26. Januar 2013 (Online gesichtet am 28. Januar 2013).</ref>(Siehe auch die Kritik zu Oseltamivir und die Liste von Pharmazie-Skandalen).

Befangenheit und Einflussnahme auf medizinische Forschung und Hochschulen

Interessenskonflikte (Befangenheit) sind auch in der medizinischen Forschung keine Seltenheit und können die Integrität der Forschung in Frage stellen.<ref name="pmid20181969"> Bernard Lo: Serving two masters – conflicts of interest in academic medicine. In: New England Journal of Medicine. 362, Nr. 8, Februar 2010, S. 669–71, doi:10.1056/NEJMp1000213, PMID 20181969.</ref><ref name="pmid19949717"> S. N. Young: Bias in the research literature and conflict of interest: an issue for publishers, editors, reviewers and authors, and it is not just about the money. In: J Psychiatry Neurosci. 34, Nr. 6, November 2009, S. 412–7, PMID 19949717, PMC 2783432 (freier Volltext).</ref> Auch deutsche Hochschulen seien von der Einflussnahme betroffen: Aus der gewerblichen Wirtschaft – mit dabei Pharmakonzerne – fließen mehr als 1,3 Milliarden Euro jedes Jahr an deutsche Hochschulen (doppelt so viel wie noch vor zehn Jahren). Die TAZ, die Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland und die bundesweite StudierendenvertretungFreier Zusammenschluss von StudentInnenschaften“ (FZS) fordern eine Veröffentlichungspflicht aller Kooperationsverträge zwischen Wirtschaft und Wissenschaft sowie regelmäßige Sponsoring-Berichte aller Hochschulen.<ref>PRESSEMITTEILUNG: Hochschulen erhalten immer mehr Drittmittel aus der Wirtschaft – Das Internetportal Hochschulwatch.de zieht Bilanz. Transparency International Deutschland e.V., 17. Februar 2015, abgerufen am 17. Februar 2015.</ref><ref>Hochschulwatch – Macht, Wirtschaft, Uni, hochschulwatch.de, eine Initiative von Transparency International Deutschland; Freier Zusammenschluss von StudentInnenschaften (FZS) und „die Tageszeitung“ (TAZ), abgerufen am 17. Februar 2015.</ref><ref>Neues Internetportal hochschulwatch.de sammelt Beispiele fragwürdiger Verbindungen von Wirtschaft und Wissenschaft. 24. Januar 2013: die tageszeitung, die Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland e.V. und der fzs (freier zusammenschluss von studentInnenschaften) haben heute das Projekt „Hochschulwatch. MachtWirtschaftUni“ gestartet., fzs.de, abgerufen am 17. Februar 2015</ref><ref>Aktuell: Hochschulwatch Relaunch – Macht, Wirtschaft, Uni, fzs.de, abgerufen am 17. Februar 2015.</ref>

Beeinflussung öffentlicher und ärztlicher Meinung und Erwartung

Kritiker verweisen auf die Beeinflussung von Ärzten wie Laien, dies geschehe auch hinsichtlich ihrer Meinung und Erwartungshaltung bis hin zu moralischer Verachtung (angenommene Gesundheitsgefährdung von sich oder anderen) oder z. B. juristischer oder behördlicher Bedrohung wegen eines befürchteten Schadens bei Nicht-Anwendung eines Medikaments – ohne dass dessen Nutzen-Risiko-Abwägung überhaupt anhand von Studien durchgeführt und ein positiver Nutzen im Verhältnis zum Risiko entsprechend nachgewiesen wäre.<ref>Dr. med. Gunter Frank: Gebrauchsanweisung für ihren Arzt. Knaus, 1. Aufl. 2014, S. 25 ff. und insgesamt.</ref> Ergänzend sei auch Angstmarketing (s. in der englischen Wikipedia „fear mongering“) Teil der psychologisch versierten Marketing-Strategie der Konzerne. „Fear Mongering“ beinhaltet den - als Angstwerbung verbotenen - gezielten Gebrauch von Angst, um die Meinungen und Handlungen anderer zu beeinflussen, d.h. es wird Angst erzeugt, um Personen dazu zu bringen, Entscheidungen zu treffen, die sie bei überlegter, rational basierter Handlung so nicht getroffen hätten.

Der Autor Gunter Frank erklärt dies beispielhaft an einer FSME-Impfung, von der er hinsichtlich des Nutzen-Risiko-Verhältnisses klar abrate und auch so gut wie keinen solchen Erkrankungsfall tatsächlich kenne, aber dennoch „Praxen im Frühjahr regelmäßig voll mit Menschen“ seien, die dennoch eine Impfung wollten. Das sei der Fall, „weil man ihnen vorher genügend Angst gemacht“ habe. Die „ständige Konfrontation mit den Warnungen“ wie «Zecken auf dem Vormarsch» (ZDF heute journal) oder «FSME - Eine Impfung bietet Schutz!» (FAZ) bis hin zu «Zecken-Alarm!» (BILD-Zeitung) blende die eigene Bewertung aus und vermittle das Gefühl einer „allgegenwärtigen Bedrohung“, anstatt durch „seriöse Darstellung der tatsächlichen Risikolage“ das Gegenteil zu erzeugen. Letztlich sei Selbstinfiltration<ref>Selbstinfiltration, Dorsch - Lexikon der Psychologie, abgerufen am 27. Februar 2015</ref> das Resultat, was in Kombination mit Angst eine „ziemlich erfolgreiche Strategie“ darstelle.<ref>Dr. med. Gunter Frank: Gebrauchsanweisung für ihren Arzt, Knaus, 1. Aufl. 2014, S. 86+97 ff.</ref><ref>Dr. med. Gunter Frank: Schlechte Medizin – Ein Wutbuch, Knaus, 3. Auflage, 2012</ref>

Der Autor und Mitbegründer der Cochrane Collaboration, Peter C. Gøtzsche, schreibt in seinem Buch „Tödliche Medizin und organisierte Kriminalität – Wie die Pharmaindustrie das Gesundheitswesen korrumpiert“ unter anderem, die Pharmaindustrie beschäftige „ganze Armeen von bezahlten Bloggern, die als Meinung getarnte Werbung im Internet verbreiten”, die meisten Massenmedien besäßen ebenfalls Verbindungen zur Pharmaindustrie, außerdem versuche man „Wikipedia-Artikel in ihrem Sinne zu ändern“.<ref>Peter C. Gøtzsche: Tödliche Medizin und organisierte Kriminalität: Wie die Pharmaindustrie unser Gesundheitswesen korrumpiert. Riva, München 2014, ISBN 978-3-86883-438-3., S. 158</ref>

Weitere Kritikpunkte

  • Eine kanadische Studie aus dem Jahr 2007 ergab, dass US-Pharmaunternehmen mehr Geld für Werbung ausgeben als für Forschung – im Jahr 2004 wurden 39,3 Mrd. € in Werbemaßnahmen, 21,5 Mrd. € in Forschung und Entwicklung investiert. Als Quellen führen sie Marktforschungsinstitute sowie die amerikanische National Science Foundation an.<ref>Spiegel Online: Mehr Geld für Werbung als für Forschung, 3. Januar 2008.</ref>
  • Dass Pharmakonzerne bezüglich ihres Vertriebes nicht immer sauber arbeiten, zeigen hohe Strafzahlungen, insbesondere in den USA. Nach Angaben des Handelsblattes kündigte der Pharmakonzern GlaxoSmithKline zusätzliche Belastungen von 400 Millionen US-Dollar (312 Millionen Euro) infolge von Ermittlungen wegen unerlaubter Vertriebsmethoden an. Die großen Pharmaunternehmen Pfizer und Eli Lilly hatten bereits zuvor hohe Rückstellungen angekündigt. Pfizer hat einem Vergleich zugestimmt, in dessen Rahmen eine Rekordbuße von 2,3 Mrd. $ bezahlt werden muss. Gegen Eli Lilly wurde im Januar 2009 eine Buße von 1,4 Mrd. $ verhängt.<ref name="urlNZZRekordbussePfizer">Vorlage:Internetquelle/Wartung/Datum nicht im ISO-FormatRekordbusse für den Pharmakonzern Pfizer. In: Neue Zürcher Zeitung. 3. September 2009, abgerufen am 20. März 2010.</ref>

Siehe auch: Liste von Pharmazie-Skandalen.

Siehe auch

Literatur

  • Dagmar Fischer, Jörg Breitenbach: Die Pharmaindustrie: Einblick – Durchblick – Perspektiven. 4. Auflage. Springer Spectrum, Berlin/ Heidelberg 2013, ISBN 978-3-8274-2923-0.
  • Wolf-Dieter Müller-Jahncke, Christoph Friedrich: Geschichte der Arzneimitteltherapie. Stuttgart 1996

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Pharmaunternehmen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

<references />