Pragser Wildsee
Pragser Wildsee | ||||||
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Geographische Lage | Südtirol | |||||
Abfluss | zum Pragser Bach | |||||
Orte in der Nähe | Prags | |||||
Daten | ||||||
Koordinaten | 12,084444444444|primary | dim=628 | globe= | name=Pragser Wildsee | region=IT-BZ | type=waterbody
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Höhe über Meeresspiegel | 1494 m s.l.m. | |||||
Fläche | 31 ha | |||||
Volumen | 8.215.000 m³ | |||||
Maximale Tiefe | 36 m | |||||
Mittlere Tiefe | 17 m |
Der Pragser Wildsee (italienisch Lago di Braies) ist ein Bergsee im Pragser Tal in der Südtiroler Gemeinde Prags. Er liegt wenige Kilometer südlich des Hochpustertals zwischen Bruneck und Toblach in den Pragser Dolomiten. Er ist Teil des Naturparks Fanes-Sennes-Prags, sowie ein geschütztes Naturdenkmal.
Inhaltsverzeichnis
Topographie
Der See liegt auf 1494 m s.l.m. Höhe und hat eine Wasserfläche von 31 Hektar. Er ist durchschnittlich 17 Meter tief und weist eine maximale Tiefe von 36 Metern auf. Der geologische Ursprung des Sees ist auf die Entstehung eines natürlichen Staudammes infolge eines Murenabgangs zurückzuführen.
Der See wird beherrscht vom imposanten Massiv des Seekofels (2810 m). Sein Wasserspiegel ist seit Jahren wegen Wassermangels gesunken. Der See ist Ausgangspunkt des Dolomiten-Höhenweges Nr. 1-
Sage
In der Südtiroler Sagenwelt spielt der See ebenfalls eine Rolle. Von ihm aus konnten mit dem Boot die unterirdischen Teile des Reiches der Fanes erreicht werden. Das inzwischen verschüttete Tor zur Unterwelt soll am Südende des Sees Richtung Seekofel gelegen haben, weshalb dieser auf ladinisch Sass dla Porta (Torberg) heißt.
Geschichte
Rund um das 1899 eröffnete Hotel am Pragser Wildsee spielte sich Ende April, Anfang Mai 1945 ein wichtiges Ereignis des Zweiten Weltkriegs ab. Seit Ende 1944 ließ der „Reichsführer SS“ Heinrich Himmler in Abstimmung mit dem Chef des Reichssicherheitshauptamts (RSHA), Ernst Kaltenbrunner, die prominentesten politischen Häftlinge des NS-Staats aus den deutschen Konzentrationslagern zunächst in das KZ Dachau und im April 1945 schließlich nach Niederdorf im Südtiroler Pustertal bringen. Die SS-Wachmannschaften hatten Befehl, die Gefangenen nicht lebend in Feindeshand geraten zu lassen. Durch das mutige Handeln des Offiziers der Wehrmacht Wichard von Alvensleben konnten die schließlich im Hotel Pragser Wildsee untergebrachten Gefangenen dort am 4. Mai 1945 von der US-Armee befreit werden.<ref>Peter Koblank: Die Befreiung der Sonder- und Sippenhäftlinge in Südtirol, Online-Edition Mythos Elser 2006.</ref>
Der Hintergrund: Nach dem Waffenstillstand vom 8. September 1943 hatte das Deutsche Reich Südtirol und Teile Norditaliens sowie des heutigen Sloweniens als „Operationszonen“ (also den ehemals österreich-ungarischen Herrschaftsbereich) de facto annektiert. Neben Südtirol und dem Trentino gehörte die Provinz Belluno zur „Operationszone Alpenvorland“ und war wie das Friaul, Julisch Venetien, Istrien und Dalmatien („Operationszone Adriatisches Küstenland“) der Hoheit des faschistischen Marionettenstaats Repubblica Sociale Italiana entzogen. Die NS-Führung hoffte, die sogenannte Alpenfestung von Bayern bis ins Trentino gegen die vorrückenden Alliierten verteidigen zu können. Himmler, der in den letzten Wochen und Monaten des NS-Regimes seine eigene Geheimdiplomatie vor allem in Richtung der Amerikaner betrieb, und Kaltenbrunner glaubten, sich durch Erpressung eine günstige Verhandlungsposition gegenüber den Alliierten verschaffen zu können. Die insgesamt 139 sogenannten Sonderhäftlinge aus siebzehn europäischen Nationen sowie eine Gruppe von Sippenhäftlingen sollten dafür als Geiseln eingesetzt werden.
Unter den prominenten Gefangenen befand sich unter anderen der ehemalige österreichische Bundeskanzler Kurt von Schuschnigg mit Frau und Tochter, der frühere französische Ministerpräsident Léon Blum mit Ehefrau, Hitlers früherer Reichswirtschaftsminister Hjalmar Schacht, der britische Geheimagent Sigismund Payne Best, der ehemalige ungarische Ministerpräsident Miklós Kállay, der Oberbefehlshaber des griechischen Heeres, General Alexandros Papagos mit seinem gesamten Generalstab, der französische Bischof von Clermont-Ferrand, Gabriel Piguet, der evangelische Pastor Martin Niemöller sowie Familienangehörige des Hitler-Attentäters Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg.
Die Geiselpläne scheiterten. Ein deutscher Offizier, Hauptmann Wichard von Alvensleben, hatte von dem Gefangenentransport erfahren und ließ am 30. April 1945 die Gefangenen in Niederdorf im Pustertal von einem Wehrmacht-Stoßtrupp aus der Gewalt der SS befreien. Noch am selben Tag wurden die Häftlinge ins nahegelegene Hotel Pragser Wildsee gebracht, wo sie von der Hotelbesitzerin Emma Heiss-Hellenstainer rund drei Wochen versorgt wurden. Am 4. Mai 1945 traf die US-Armee im Hotel ein und nahm die deutschen Soldaten gefangen. Die Amerikaner führten den Häftlingskonvoi schließlich weiter über Verona nach Neapel und auf die Insel Capri. Erst nach weiteren Verhören bekamen die Befreiten schließlich die Erlaubnis zur Heimkehr.
Heute befindet sich in dem Hotel, in dem sich jedes Jahr um den 20. Juli herum Angehörige Stauffenbergs und anderer Widerstandskämpfer treffen, das Zeitgeschichtsarchiv Pragser Wildsee, das die Erinnerung an das Geschehen im April und Mai 1945 wachhalten soll.
Tourismus
Der Pragser Wildsee ist ein Teil des UNESCO-Weltnaturerbe Dolomiten und heute einer der am meist besuchten Seen in Südtirol. Unter anderem ist er Drehort der italienischen Erfolgsserie Un passo dal cielo mit Terence Hill. Der Film lockt zahlreiche italienische Urlauber zum See. Im Hochpustertal ist der Pragser Wildsee einer der beliebtesten Ausflugsziele. Vor allem die Seeumrundung<ref>Seeumrundung am Pragser Wildsee</ref> am Pragser Wildsee ist ein beliebter Nachmittagsausflug für Einheimische und Touristen. Außerdem ist der Bergsee Ausgangspunkt für viele Wanderungen und Bergtouren der Pragser Dolomiten.
Weblinks
- Datenblatt des Naturdenkmals bei der Südtiroler Landesverwaltung
- Zeitgeschichtsarchiv Pragser Wildsee
- Befreiung am Pragser Wildsee. In: Sonntagsblatt
- Zeitgeschichte am Pragser Wildsee (PDF, 16 S.; 3,1 MB)
Einzelnachweise
<references />