Ministerpräsident


aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Premierminister)
Wechseln zu: Navigation, Suche

Als Ministerpräsident oder Premierminister bezeichnet man allgemein das politische Amt des Regierungschefs in parlamentarischen oder semi-präsidentiellen Staaten.

In der Bundesrepublik Deutschland ist Ministerpräsident jedoch die Amtsbezeichnung für den Regierungschef eines Bundeslandes. In Österreich heißt das entsprechende Pendant Landeshauptmann. Der Regierungschef des gesamten Staates heißt sowohl in Österreich als auch in Deutschland Bundeskanzler.

Anders wird der Titel Premierminister in manchen präsidentiellen Regierungssystemen (Beispiele: Peru oder Taiwan) zur Bezeichnung eines Regierungsbeamten verwendet. Dessen Pflichten bestehen ausschließlich in der Umsetzung der Direktiven des Präsidenten sowie in der öffentlichen Verwaltung.

Eine „Zwischenform“ zwischen präsidentiellen und parlamentarischen Systemen ist das semipräsidentielle Regierungssystem, in dem Staatsoberhaupt und „Regierungschef“ beide einen Anteil an der Regierungsführung haben. Eine Situation in einem solchen Regierungssystem, in der der Präsident und der Premierminister unterschiedlichen politischen Richtungen angehören, wird als Kohabitation bezeichnet.

Das Femininum ist Ministerpräsidentin und Premierministerin. Die Anredeformel für Frauen ist „Frau Ministerpräsidentin“ (für Männer „Herr Ministerpräsident“).

Bezeichnungen

Die Bezeichnungen Ministerpräsident und Premierminister werden als Übersetzung für die entsprechenden Ämter in nicht deutschsprachigen Ländern in der Regel synonym verwendet, wobei Premierminister eher dann vorherrscht, wenn bereits die Ausgangssprache eine entsprechende Wortbildung verwendet.

  • Der britische Prime Minister wird im Deutschen meist als „Premierminister“ bezeichnet.
  • Die Regierungschefs Spaniens (Presidente del Gobierno, „Präsident der Regierung“) und Italiens (Presidente del Consiglio [dei Ministri], „Präsident des Ministerrates“) werden in der Regel als „Ministerpräsidenten“ bezeichnet.
  • Im französischen Falle (Premier ministre, „erster Minister“) halten sich im Deutschen beide Formen in der Verwendung die Waage. In Frankreich ist allerdings nicht der Premierminister der mächtigste Mann im Staate, sondern der Staatspräsident.
  • In Ungarn heißt der jeweilige Regierungschef miniszterelnök, was wörtlich übersetzt „Ministerpräsident“ heißt.
  • In Finnland sind die amtssprachlichen Bezeichnungen pääministeri (finnisch), wörtlich „Hauptminister“, bzw. statsminister (schwedisch), wörtlich „Staatsminister“; ins Deutsche wird die Amtsbezeichnung sowohl mit „Premierminister“ als auch „Ministerpräsident“ übersetzt. Die Bezeichnung statsminister für den Regierungschef wird ebenfalls in Dänemark, Norwegen und Schweden benutzt.
  • Das irische Wort Taoiseach, das auch im irischen Englisch für den eigenen Premierminister verwendet wird, bedeutet eigentlich „Häuptling“; die Ministerpräsidenten anderer Länder heißen auf Irisch príomh-aire, das heißt „Premierminister“.
  • In den Niederlanden heißt es Minister-president.
  • In Belgien heißt es Eerste minister (niederländisch), Premier ministre (französisch) oder Premierminister (deutsch) auf föderaler Ebene; Minister-president (niederländisch), ministre-président (französisch) oder Ministerpräsident auf regionaler oder gemeinschaftlicher Ebene.
  • In der Türkei heißt es Başbakan (wörtlich „Hauptminister“), im Deutschen spricht man in der Regel vom türkischen Ministerpräsidenten, selten vom Premierminister
  • Auf Portugiesisch spricht man vom Presidente do Conselho dos Ministros (oder kurz Presidente do Conselho), also vom Präsidenten des Ministerrats bzw. Ratspräsidenten.
  • In der Schweiz wird auf eidgenössischer Ebene die im Bundesrat Vorsitz führende Person „Bundespräsident“ genannt, ihre Vertretung „Vizepräsident des Bundesrates“ (vgl. zum Beispiel Protokollarische Rangordnung in der Schweiz). Auf kantonaler Ebene in Bern: „Regierungspräsident“.

Geschichte

Der erste britische König aus dem Haus Hannover, Georg I., hatte nur geringe Englischkenntnisse und verstand so die Kabinettssitzungen nicht. Daher überließ er seinem Ersten Minister, Robert Walpole, mit dem er Französisch sprach, die Ausübung der Regierungsgeschäfte. Der Begriff Prime Minister wurde zwar nie verwendet, doch Walpole eignete sich während Georgs Amtszeit die Macht eines Regierungschefs an. Die Macht des Premierministers stieg unter den folgenden Monarchen weiter. Georg III., der von 1760 bis 1801 König von Großbritannien und Irland, danach bis zu seinem Tod König des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Irland, versuchte vergeblich, sie einzuschränken; gegen seinen Willen musste er vom Premierminister designierte Minister ernennen.

Unter Königin Viktoria verfügte der Premier im 19. Jahrhundert über ähnliche Kompetenzen wie heute.

Parlamentarische Demokratien

In verschiedenen parlamentarischen Systemen, insbesondere dem Westminster-Modell, ist der Premierminister Regierungschef, während das Staatsoberhaupt im Wesentlichen zeremonielle Aufgaben innehat.

Parlamentarische Monarchien

Premierminister gibt es auch in konstitutionellen und parlamentarischen Monarchien, wie zum Beispiel im Vereinigten Königreich, Australien, den Niederlanden, Belgien und Thailand, und in Republiken, in denen der Staatschef ein gewählter oder ernannter Beamter mit mehr oder weniger Machtbefugnissen ist. In einem präsidentiellen System hingegen steht der Präsident oder seine Entsprechung sowohl dem Staat als auch der Regierung vor.

Bestellung des Ministerpräsidenten

In parlamentarischen Demokratien wird der Ministerpräsident durch das Parlament gewählt, z. B. in den deutschen Ländern, in Spanien und Italien, in semi-präsidentiellen Demokratien wie Frankreich oder Russland wird er durch den Präsidenten bestimmt.

In den einzelnen Staaten gibt es mehrere Möglichkeiten, Premierminister zu werden:

  • Ernennung durch das Staatsoberhaupt ohne parlamentarische Bestätigung (Beispiele: Vereinigtes Königreich, Australien, Indien, Kanada, Neuseeland)
  • Ernennung durch das Staatsoberhaupt nach Nominierung eines Kandidaten durch das Parlament (Beispiel: Irland, auch Schottland und Wales)
  • Nominierung durch das Staatsoberhaupt, bevor das Parlament zustimmt und das Staatsoberhaupt den Premierminister ernennt (Beispiele: Spanien; in Deutschland kann der Bundestag auch einen anderen Kandidaten wählen, der zum Bundeskanzler ernannt wird)
  • Nominierung durch das Staatsoberhaupt für eine bestimmte Zeit, in der der Premierminister eine Vertrauensabstimmung gewinnen muss (Beispiel: Italien)
  • Direkte Wahl durch das Parlament (Beispiele: die kanadischen Territorien Nordwestterritorien und Nunavut)
  • Direkte Wahl durch das Volk (Beispiele: Israel 1996–2001)
  • Ernennung durch einen staatlichen Amtsträger, der nicht das Staatsoberhaupt oder sein Vertreter ist, so z. B in Schweden

Nationales

Deutschland

Der deutsche Regierungschef hieß von Februar bis August 1919 Reichsministerpräsident; in der Weimarer Verfassung wurde wieder die vorherige Bezeichnung Reichskanzler verwendet.

In der föderalen Bundesrepublik Deutschland sind die Länder als eigenständige, teilsouveräne Gliedstaaten mit parlamentarischem Regierungssystem verfasst. In den Flächenstaaten heißen ihre Regierungschefs Ministerpräsident. In den Stadtstaaten gibt es andere Bezeichnungen: Der Bremer und der Hamburger Regierungschef heißen offiziell „Präsident des Senats“, in Bremen trägt er, zusammen mit einem weiteren Mitglied des Bremer Senats, den Titel „Bürgermeister“, in Hamburg den Titel „Erster Bürgermeister“; der Regierungschef des Landes Berlin ist der „Regierende Bürgermeister“.

Der Regierungschef wird vom Landesparlament (Landtag in den Flächenländern; in Berlin Abgeordnetenhaus, Bremen und Hamburg Bürgerschaft) für die Dauer einer Wahlperiode in geheimer Abstimmung gewählt. Er bestimmt die Minister seines Kabinetts, in den Stadtstaaten die Senatoren, das in einigen Ländern anschließend vom Landtag bestätigt werden muss, und bestimmt in den meisten Ländern die Leitlinien der Regierungsarbeit. Neben dieser eigentlichen Regierungstätigkeit nimmt er regelmäßig die Vertretung seines Landes im Bundesrat wahr und übt dadurch starken Einfluss auf die Bundespolitik in Deutschland aus.

Das dem Ministerpräsidenten auf Bundesebene entsprechende Amt ist das des Bundeskanzlers, obgleich der Ministerpräsident gleichzeitig repräsentative Aufgaben wahrzunehmen hat, die auf der Bundesebene zum Amtsbereich des Bundespräsidenten gehören. In Deutschland ist der Bundeskanzler der Regierungschef des Bundesstaates.

Europa

Albanien: der albanische Ministerpräsidenten (albanisch Kryeministër) stellt seit der Unabhängigkeit Albaniens im Jahr 1912 den Regierungschefs des Landes dar.

Andorra: der Regierungschef von Andorra (katalanisch Cap de Govern del Principat d'Andorra) ist der Chef der Exekutive des Landes.

Belgien: der Regierungschef in Belgien ist der Premierminister (niederländisch eerste minister oder premier, französisch: Premier ministre oder chef du gouvernement fédéral).

Bosnien und Herzegowina: Der Premijer Federacije Bosne i Hercegovine (BiH)/Премијер Федерације Федерације Босне и Херцеговине (БиХ) ist der Regierungschef des Staates Bosnien und Herzegowina.

Bulgarien: Der Ministerpräsident (bulgarisch Ministar-predsedatel oder Министър-председател) ist der Regierungschef der Republik Bulgarien seit 1990

Dänemark: Der dänische Regierungschef wurde zwischen 1848 und 1855 als Premierminister bezeichnet und seit 1918 als Ratspräsident (dänisch: Konseilspræsident).

Estland: der Ministerpräsident (estnisch: Eesti peaministrite) ist der Regierungschef Estlands.

Finnland: der Ministerpräsident (finnisch: Suomen pääministeri, schwedisch: Finlands statsminister) ist der Regierungschef Finnlands.

Frankreich: In Frankreich ist der Premierminister (französisch Président du Conseil des ministres oder seit 1959 Premier ministre) der Regierungschef.

Griechenland: Der Premierminister ist der Regierungschef in Griechenland.

Irland: Taoiseach [t̪ˠiːʃɒx] in der Einzahl bzw. Taoisigh [t̪ˠiːʃiː, t̪ˠiːʃɪg] in der Mehrzahl ist der Titel des irischen Regierungschefs.

Island: Der Premierminister von Island (isländisch: Forsætisráðherra Íslands) ist der Regierungschef Islands.

Italien: der Ministerpräsident (italienisch Presidenti del Consiglio dei ministri della Repubblica Italiana) ist der Regierungschef des Landes.

Kosovo:

Kroatien:

Lettland:

Liechtenstein: Regierungschef ist der offizielle Titel in Liechtenstein.

Litauen:

Luxemburg:

Moldawien:

Montenegro:

Niederlande: Der minister-president (dt. Ministerpräsident) ist der Regierungschef der Niederlande

Norwegen: Der statsminister (dt. Ministerpräsident) ist der Regierungschef Norwegens

Österreich: In Österreich ist der Bundeskanzler der Regierungschef des Landes.

Polen:

Portugal: In Portugal ist der Premierminister der Regierungschef des Landes.

Rumänien:

Russland:

Schweden:

Serbien:

Slowakei:

Slowenien:

Spanien: Regierungschef des Landes ist der Ministerpräsident (Presidente del Gobierno, wörtlich übersetzt „Regierungspräsident“).

Tschechien:

Türkei:

Ukraine:

Ungarn:

Vereinigtes Königreich: Im Vereinigten Königreich ist der Premierminister (englisch prime minister) der Regierungschef des gesamten Landes. In Nordirland, Schottland und Wales heißen die regionalen Regierungschefs first minister.

Weißrussland:

Zypern: In Zypern ist das Staatsoberhaupt zugleich Regierungschef.

Andere

Listen von Amtsträgern für weitere Länder:

Siehe auch