Spanische Parlamentswahlen 2015
(Wahlbeteiligung 73,2 %)
Die spanischen Parlamentswahlen 2015 fanden am 20. Dezember 2015 statt.<ref>Real Decreto 977/2015, de 27 de octubre, de disolución del Congreso de los Diputados y del Senado y de convocatoria de elecciones. Boletín Oficial del Estado, abgerufen am 27. Oktober 2015 (PDF, español). </ref> Das spanische Parlament (die Cortes Generales) besteht aus zwei Kammern. Gewählt wurden die 350 Mitglieder des Abgeordnetenhauses (Congreso de los Diputados) und 208 der 266 Mitglieder des Senats (Senado) der XI. Legislaturperiode seit dem Inkrafttreten der Verfassung von 1978.<ref>Volltext</ref>
Die neugewählten Kammern treten gemäß Artikel 5 der Wahlausschreibung am 13. Januar 2016 um 10:00 Uhr zu ihren konstituierenden Sitzungen zusammen.
Inhaltsverzeichnis
Vorfeld
In der seit 2008 anhaltenden Wirtschafts- und Finanzkrise kam nach der Wahl 2011 die konservative PP mit Ministerpräsident Rajoy mit absoluter Mehrheit an die Regierung.
Diese leitete der Austeritätspolitik folgend einschneidende Sparmaßnahmen und Privatisierungen ein. Hinzu kam 2012 eine Reform des Arbeitsrechts, die von den Gewerkschaften und der linken Opposition kritisiert wurde und wird, weil sie zu einer Zunahme prekärer Arbeitsverhältnisse geführt habe. Nachdem die Arbeitslosenquote 2012 mit über 25 % einen Höchststand erreichte, war ab 2014 eine leichte Erholung zu verzeichnen (2015: 22 %).
Der spanische Staat selbst musste - anders als z.B. Griechenland - in der Folge keine europäischen Rettungsmittel in Anspruch nehmen. Allerdings wurden zur Rekapitalisierung des spanischen Bankensektors 2012/13 ESM-Kredite in Höhe von 41,3 Mrd. Euro in Anspruch genommen.
Die 10. Legislaturperiode war auch geprägt durch die juristische Aufarbeitung diverser Bereicherungs- und Korruptionsskandale, die neben der PP auch die PSOE, CiU und sogar die IU betrafen.
Ein weiteres beherrschendes Thema waren ab 2011 die katalanischen Unabhängigkeitsbestrebungen, die schließlich dazu führten, dass das Parlament von Katalonien im November 2015 eine Resolution verabschiedete, mit der der Beginn eines Prozesses der Loslösung vom spanischen Staat proklamiert wurde.
In Meinungsumfragen war schon wenige Monate nach der Wahl 2011 ein Einbruch der Popularität der regierenden PP zu verzeichnen. Profitieren konnten hiervon zunächst die Linkspartei IU und die UPYD, für die teilweise zweistellige Ergebnisse prognostiziert wurden.
Zu einem ersten drastischen Umbruch in der Parteienlandschaft kam es mit der Europawahl 2014 bei der die erst kurz zuvor gegründete linke Protestpartei Podemos auf 8 % kam und viertstärkste Kraft wurde. Danach stieg sie in dem Umfragen immer weiter an bis sie zeitweise sogar an erster Stelle lag. Die Popularitätswerte von IU und UPYD, die von heftigen internen Krisen betroffen waren, brachen hingegen ein.
Mit den Regional- und Kommunalwahlen im Mai 2015 erlangte dann auch die bislang nur in Katalonien relevante Partei Ciudadanos erstmals landesweite Bedeutung. Podemos zog in alle 13 der zu diesem Zeitpunkt gewählten Regionalparlamente ein, Ciudadanos immerhin in zehn. In den beiden größten Städten Madrid und Barcelona gelangten Podemos-nahe Kandidatinnen ins Bürgermeisteramt. Mit dem Einzug der beiden neuen Akteure (Podemos und Ciudadanos) in die ohnhehin aufgrund der großen Bedeutung der Regionalparteien in vielen Regionen schon stark fragmentierten Regionalparlamente wurde die Parteienlandschaft auf dieser Ebene noch einmal komplexer. Trotzdem gelang in allen Regionen eine Regierungsbildung und es kam zu keinen Neuwahlen.
Wahlverfahren
Kongress
Gemäß Artikel 68 Absatz 2 der Spanischen Verfassung und Artikel 162 des Wahlgesetzes gehören dem Kongress 350 Abgeordnete an, die provinzweise gewählt werden. Dabei steht jeder Provinz ein Minimum von zwei Abgeordneten, den Städten Ceuta und Melilla je ein Abgeordneter zu. Die restlichen 248 Abgeordneten werden den Provinzen nach dem Verhältnis ihrer Einwohnerzahlen nach dem Hare-Niemeyer-Verfahren zugeteilt.
Das Dekret über die Wahlausschreibung<ref>Königliches Dekret Nr. 977/2015 vom 26. Oktober 2015 über die Auflösung des Deputiertenkongresses und des Senates und die Wahlausschreibung</ref> stellte dementsprechend fest, dass in den einzelnen Provinzen die folgenden Zahlen an Abgeordneten zu wählen sind:
- Provinz Madrid: 36 Abgeordnete
- Provinz Barcelona: 31 Abgeordnete
- Provinz Valencia/València: 15 Abgeordnete
- Provinzen Alicante/Alacant, Sevilla: je 12 Abgeordnete
- Provinz Málaga: 11 Abgeordnete
- Provinz Murcia: 10 Abgeordnete
- Provinz Cádiz: 9 Abgeordnete
- Provinzen Asturien, Balearen, Bizkaia, A Coruña und Las Palmas: je 8 Abgeordnete
- Provinzen Granada, Pontevedra, Santa Cruz de Tenerife und Zaragoza: je 7 Abgeordnete
- Provinzen Almería, Badajoz, Córdoba, Guipuzkoa, Girona, Tarragona und Toledo: je 6 Abgeordnete
- Provinzen Kantabrien, Castellón/Castelló, Ciudad Real, Huelva, Jaén, León, Navarra und Valladolid: je 5 Abgeordnete
- Provinzen Albacete, Araba/Álava, Burgos, Cáceres, Lleida, Lugo, Ourense, La Rioja und Salamanca: je 4 Abgeordnete
- Provinzen Ávila, Cuenca, Guadalajara, Huesca, Palencia, Segovia, Teruel und Zamora: je 3 Abgeordnete
- Provinz Soria: 2 Abgeordnete
- Autonome Städte Ceuta und Melilla: je 1 Abgeordneter
Die Wahl erfolgt in den Provinzen nach geschlossenen Listen, wobei die Sitze auf die Listen jeweils nach dem D’Hondt-Verfahren zugeteilt werden. In den autonomen Städten wird der Abgeordnete in relativer Mehrheitswahl ermittelt.
Die Zuteilung der Sitze findet allein auf Ebene der Wahlkreise (Provinzen) statt, es gibt keinen Reststimmenausgleich auf nationaler Ebene. Die nominelle Sperrklausel liegt zwar in allen Wahlkreisen bei lediglich 3 %. In den meisten Wahlkreisen liegt die faktische Prozenthürde wegen der beschränkten Anzahl der zu vergebenden Mandate allerdings wesentlich höher. In den kleinen Wahlkreisen hatten deshalb bei vergangenen Wahlen überhaupt nur die beiden großen Parteien PSOE und PP bzw. starke Regionalparteien (CiU, ERC, PNV, Amaiur, CC, Geroa Bai) eine realistische Chance, Mandate zu gewinnen. Der Kreis dieser Parteien wurde bei der Wahl 2015 um die überregional angetretenen Parteien Ciudadanos und Podemos erweitert.
Senat
Für den Senat wählt gemäß Artikel 69 der Verfassung und Artikel 165 des Wahlgesetzes jede Festlandprovinz vier Senatoren, die Inseln Gran Canaria, Mallorca und Teneriffa je drei Senatoren, die autonomen Städte Ceuta und Melilla je zwei Senatoren sowie die Inseln bzw. Inselgruppen Ibiza-Formentera, Menorca, Fuerteventura, Gomera, Hierro, Lanzarote und La Palma je einen Senator.
Die weiteren Senatsmitglieder werden durch die Parlamente der Autonomen Gemeinschaften bestimmt, wobei jedes Parlament je angefangener 1.000.000 Einwohner der jeweiligen Gemeinschaft einen Senator bestimmt.
Kandidaturen und Änderungen in der Parteienlandschaft im Vergleich zur Wahl 2011
- Listenverbindungen der größten Parteien
- PP 2015.svg
- PSOE 2015.svg
- Podemos 2015.svg
- UP 2015.svg
Einige Änderungen in der spanischen Parteienlandschaft führen dazu, dass ein Vergleich mit den Wahlergebnissen der letzten Wahl 2011 teilweise schwierig ist.
Konservative (PP, UPN, PAR und FAC)
Zur Parlamentswahl 2011 trat die regierende Volkspartei PP in Navarra zusammen mit der ehemaligen Schwesterpartei Unión del Pueblo Navarro (UPN) an. Dieses Bündnis wurde auch 2015 neu aufgelegt. Auch das Wahlbündnis aus der PP und der Partido Aragonés (PAR), welche 2011 erstmals mit der PP antrat, bestand 2015 erneut. Hingegen verzichtete das Foro Asturias (FAC) auf eine eigene Kandidatur; es bestand eine Listenverbindung mit der PP.
Linksparteien (IU und Podemos)
Im Oktober 2015 scheiterten Gespräche zwischen IU (der traditionellen Linkspartei) und der 2014 gegründeten Partei Podemos über eine landesweite gemeinsame Kandidatur, sodass sie in der Mehrheit der Wahlkreise gegeneinander antraten. Eine gemeinsame Liste von IU und Podemos kam nur in den vier katalanischen Wahlkreisen (unter dem Namen „En Comú Podem“ zusammen mit der katalanischen Linkspartei ICV und der linken Stadtpartei Barcelona en Comú) und in den vier galicischen Wahlkreisen (unter dem Namen „En Marea“ zusammen mit der galicischen Linkspartei Anova-Irmandade Nacionalista) zustande.
Podemos trat darüber hinaus in der Region Valencia gemeinsam mit der linken Regionalpartei Compromís an.
Die IU trat außer in Katalonien und Galicien unter dem Namen „Unidad Popular:Izquierda Unida“ gemeinsam mit verschiedenen kleineren landesweiten oder regionalen Linksparteien (z. B. Chunta Aragonesista) an.
Katalanische Parteien
Die beiden bürgerlichen katalanischen Parteien CDC und UDC waren seit 1979 zu Wahlen gemeinsam unter der Bezeichnung CiU angetreten. Dieses Parteienbündnis zerbrach im Juni 2015 wegen unterschiedlicher Auffassungen zur Frage des Verhältnisses Kataloniens zum spanischen Staat.
Bei der Wahl zum katalanischen Regionalparlament am 27. September 2015 trat die UDC daraufhin allein an, die CDC zusammen mit der linken ERC im Wahlbündnis Junts pel Sí. Dieses Wahlbündnis wurde zur Wahl zum spanischen Parlament am 20. Dezember 2015 aber nicht neu aufgelegt. Die CDC trat zusammen mit der Partei Demòcrates de Catalunya (Abspaltung der UDC) und der Kleinpartei Reagrupament Independista (die 2011 gemeinsam mit der ERC angetreten war) unter der Bezeichnung Democràcia i Llibertat (DL) an. Die ERC bildete eine Wahlbündnis mit der Kleinpartei Catalunya Sí unter dem Namen ERC-CATSÍ. Die UDC trat allein an. Die linke Antisystem-Partei CUP, die bei der Regionalwahl im September 2015 ein Ergebnis von 8,2 % erzielte, trat zur gesamtspanischen Wahl nicht an.
Kanarische Parteien
Zur Wahl 2011 trat die Coalición Canaria (CCa) zusammen mit der Partei Nueva Canarias (NC) in einem Wahlbündnis an. 2015 verzichtete die NC auf eine Wiederauflage des Bündnisses, stattdessen trat die Partei nun zusammen mit der PSOE an.
Ciudadanos (C’s)
Die 2006 gegründete Partei Ciudadanos (C’s) war 2008 landesweit zur Wahl angetreten (Ergebnis: 0,18 %). 2011 hatte die Partei auf eigene Listen verzichtet, nachdem Gespräche mit der UPYD über ein Wahlbündnis gescheitert waren. 2015 trat Ciudadanos wieder landesweit an.
EH Bildu
2011 waren die drei baskischen Linksparteien Eusko Alkartasuna (EA), Aralar und Alternatiba Eraikitzen gemeinsam als Wahlbündnis unter der Bezeichnung Amaiur zur Wahl angetreten. 2014 bildeten diese drei Parteien zusammen mit der 2012 zugelassenen Partei Sortu den Parteienverband EH-Bildu, der als solcher in den drei baskischen Provinzen und Navarra zur Wahl antrat.
Spitzenkandidaten
Als Spitzenkandidaten der bedeutenden Parteien traten an: Mariano Rajoy (PP), Pedro Sánchez (PSOE), Albert Rivera (Ciudadanos), Pablo Iglesias (Podemos), Alberto Garzón (IU) und Andrés Herzog (UPYD).
Ergebnis
Abgeordnetenhaus
Vorläufiges amtliches Endergebnis
Das vorläufige amtliche Endergebnis der Wahl zum Abgeordnetenhaus:
← Spanische Parlamentswahl, 20. Dezember 2015 → | ||||||
Partei | Stimmen | % Stimmen | Diff. | Sitze | Diff. | Anmerkung |
Partido Popular (PP) | 7.215.752 | 28,72 | -16,32 | 123 | -64 | 1 |
Partido Socialista Obrero Español (PSOE) | 5.530.779 | 22,01 | -6,75 | 90 | -21 | 2 |
Podemos | 3.182.082 | 12,67 | +12,67 | 42 | +42 | 3 |
En Comú (Podemos/ICV/EUiA/Barcelona en Comú) | 927.940 | 3,69 | +2,54 | 12 | +9 | 4 |
Podemos-Compromís | 671.071 | 2,67 | +2,16 | 9 | +8 | 5 |
En Marea (Podemos/IU/Anova) | 408.370 | 1,63 | +1,35 | 6 | +6 | 6 |
Ciudadanos (C's) | 3.500.541 | 13,93 | +13,93 | 40 | +40 | |
Esquerra Republicana de Catalunya (ERC) | 599.289 | 2,39 | +1,34 | 9 | +6 | 7 |
Democràcia i Llibertat (DL) | 565.501 | 2,25 | -1,92 | 8 | -2 | 8 |
Partido Nacionalista Vasco (EAJ-PNV) | 301.585 | 1,20 | -0,13 | 6 | +1 | 9 |
Unidad Popular-Izquierda Unida (IU) | 923.133 | 3,67 | -1,83 | 2 | -6 | 10 |
EH Bildu | 218.467 | 0,87 | -0,50 | 2 | -5 | 11 |
Coalición Canaria-Partido Nacionalista Canario (CCa-PNC) | 81.750 | 0,33 | -0,26 | 1 | ±0 | 12 |
NÓS-Candidatura Galega | 70.464 | 0,28 | -0,48 | 0 | -2 | 13 |
Geroa Bai | 30.554 | 0,12 | -0,05 | 0 | -1 | 14 |
Unión Progreso y Democracia (UPyD) | 153.505 | 0,61 | -4,09 | 0 | -5 | |
Unió Democràtica de Catalunya (UDC) | 64.726 | 0,26 | 0 | -6 | 15 | |
Partido Animalista Contra el Maltrato Animal (PACMA) | 219.191 | 0,87 | 0 | |||
Vox | 57.753 | 0,23 | 0 | |||
andere Wahlvorschläge | 243.780 | 0,84 | 0 | |||
leere Stimmzettel16 | 187.771 | 0,75 |
Ende des bipartidismo imperfecto
Wie nach der Europawahl 2014, den Regional- und Kommunalwahlen 2015 und den Wahlumfragen zu erwarten, brachten die Wahlen 2015 eine grundlegende Umgestaltung der Parteienlandschaft auf nationaler Ebene.
Diese bis dahin bestehende Parteienlandschaft ist oft mit dem Schlagwort des "unvollkommenen Zweiparteiensystems" (bipartidismo imperfecto) beschrieben worden. Als Zweiparteiensystem deshalb, weil auf nationaler Ebene zwei große Parteien (die konservative PP und die sozialdemokratische PSOE) existierten, die mit großem Abstand vor den anderen politischen Kräften lagen. Seit den Wahlen 1993 waren auf diese beiden Parteien zusammen immer mindestens 73 % der Stimmen entfallen (Höchststand 2008: 84 %). Aufgrund der Auswirkungen des Wahlsystems führte dies dazu, dass diese beiden Parteien im Abgeordnetenhaus seit 1993 durchgehend mindestens 85 % (Höchststand 2008-2011: 92 %) der Abgeordneten stellten. Als "unvollkommen" deshalb, weil diese beherrschende Stellung der beiden großen Parteien dennoch nur in vier der bisherigen zehn Legislaturperioden zu einer absoluten Mehrheit der stärksten Partei führte (1982-1986 und 1986-1989: PSOE, 2000-2004 und 2011-2015: PP). In den restlichen Legislaturperioden stellten insbesondere die Regionalparteien (allen voran CiU und PNV, aber auch CC, ERC, BNG) durch Ja-Stimmen oder Enthaltungen bei der Wahl des Ministerpräsidenten bzw. bei Abstimmungen über Gesetzentwürfe die Regierbarkeit des Landes durch die jeweils stärkste Partei sicher, ohne dass es aber je auf nationaler Ebene zu einer echten Koalitionsregierung gekommen wäre.
Bei der Wahl 2015 schmolz der Stimmenanteil der beiden großen Parteien auf 51 % und ihr Mandatsanteil im Abgeordnetenhaus auf 61 %.
In keiner der bisherigen Legislaturperioden hatte die drittstärkste Kraft im Abgeordnetenhaus je mehr als 23 Abgeordnete gestellt. Bei der Wahl 2015 hingegen wurde diese Schwelle sowohl von der drittstärksten (Podemos mit 69 Mandaten inkl. der von dieser Partei mitgetragenen regionalen Listen) und der viertstärksten Kraft (Ciudadanos mit 40 Sitzen) überwunden. Auch hielten sich die für kleinere landesweit antretenden Parteien nachteiligen Wirkungen des Wahlsystems für diese beiden Parteien in Grenzen (Podemos: 20 % der Mandate bei einem Stimmenanteil von 21 %, Ciudadanos: 12 % der Mandate bei einem Stimmenanteil von 14 %). Man kann sagen, dass Podemos und Ciudadanos, anders als die IU (0,5 % Mandats- bei 3,7 % Stimmenanteil) bei der Wahl 2015 die "kritische Masse" erreicht haben, ab der das Wahlsystem nicht mehr zu einer nennenswerten Benachteiligung führt.
PP
Die konservative bisherige Regierungspartei PP verbuchte mit knapp 29 % ihr schlechtestes Ergebnis seit 1993. Gegenüber 2011 verlor sie 16 % und über 60 Mandate, womit sie eigentlich der klare Verlierer der Wahl ist. Allerding war das Ergebnis in dieser Größenordnung nach den Europa-, Regional- und Europawahlen absehbar und es gelang der PP stärkste Kraft mit einem Vorsprung von über 6 % an Stimmen und mehr als 30 Mandaten gegenüber der PSOE zu bleiben. So wurden intern auch keine Stimmen nach dem Rückzug von Ministerpräsident Mariano Rajoy laut. Dieser strebt seine Wiederwahl zum Ministerpräsidenten an. Die Regierungsbildung wird allerdings schwierig werden, da die Stimmenthaltung von Ciudadanos bei der Wahl des Ministerpräsidenten allein nicht ausreichen wird.
PSOE
Die sozialdemokratische PSOE verbuchte sowohl nach Stimmen als auch nach Sitzen das schlechteste Ergebnis seit 1977. Ähnlich wie bei der PP war ein Ergebnis in dieser Größenordnung allerdings absehbar gewesen. Das Ziel stärkste Kraft zu werden, wurde klar verfehlt. Allerdings konnte der zweite Platz gegenüber Podemos nach Stimmen knapp und nach Sitzen relativ deutlich verteidigt werden, was nach den letzten Umfragewerten auch nicht selbstverständlich war. Von dem Aufkommen der neuen Kräfte war die PSOE sowohl von links (Podemos) als auch von rechts (Ciudadanos) und damit besonders betroffen. Aufgrund dieses Achtungserfolgs wurden auch in der PSOE keine Stimmen nach einer Ablösung des Spitzenkandidaten und Generalsekretärs Pedro Sánchez laut.
Podemos
Die 2014 gegründete linke Protestpartei Podemos kann als Hauptsieger der Wahl angesehen werden. Nach Stimmen lag sie (inkl. der Listenverbindungen En Comú in Katalonien, En Marea in Galicien und mit Compromís in der Region Valencia) nur knapp hinter der PSOE und wurde mit einem nach Stimmen und Sitzen deutlichen Vorsprung vor Ciudadanos drittstärkste Kraft, nachdem sie in den letzten Monaten vor der Wahl in den Umfragen noch hinter diesen gelegen hatte. Das Ergebnis konnte gegenüber dem Abschneiden bei der Europawahl 2014 und bei den Regionalwahlen im Frühjahr nochmals verbessert werden.
Podemos trat bis auf Katalonien, Galicien und Valencia allein zur Wahl an. Auf diese alleinigen Podemos-Listen entfielen 12,7 % und 42 Mandate.
8 % und 27 Mandate steuerten die drei Gemeinschaftskandidaturen in Katalonien, Galicien und Valencia bei. Auf diese Listen entfielen in ihren Regionen jeweils 25 %. En Comú wurde in Katalonien sogar stärkste Kraft (zwölf Mandate). En Marea in Galicien und Podemos-Compromís in Valencia belegten mit sechs bzw. neun Sitzen jeweils den zweiten Platz. Über diese Gemeinschaftslisten ziehen in erheblichem Umfang auch von den mit Podemos verbündeten Parteien gestellte Kandidaten ins Parlament ein. Voraussichtlich werden Podemos, En Comú, En Marea und Podemos-Compromís im Abgeordnetenhaus vier eigene Fraktionen bilden.
Von den 27 über die Gemeinschaftskandidaturen gewählten Abgeordneten gehören nur sieben Podemos an, fünf gehören zu Barcelona en Comú, vier zu Compromís, drei zu ICV, zwei zu EUiA, zwei zu Anova-Irmandada Nacionalista und einer zu der Stadtpartei Ourense en Común. Weitere zwei Abgeordnete sind parteilos.
Außerdem entfielen auf Podemos mit 26 % auch im Baskenland die meisten Stimmen und fünf Mandate (die PNV erzielte mit 25 % einen Sitz mehr).
Ciudadanos
Ciudadanos wurde mit deutlichem Rückstand hinter Podemos nur viertstärkste Kraft, wobei sie wenige Wochen vor der Wahl in einigen Umfragen sogar noch gleichauf mit PP und PSOE gelegen hatte. Auch reicht die Anzahl der Sitze nicht dafür aus, einem PP- oder PSOE-Kandidaten durch Stimmenthaltung allein ohne das Zutun anderer Parteien ins Amt des Ministerpräsidenten zu verhelfen. Gegenüber den Regionalwahlen konnten sich Ciudadanos jedoch bis auf Katalonien durchgehend um drei bis acht Prozentpunkte verbessern.
IU
Die IU verlor mit nur 4 % und zwei Mandaten das Duell mit Podemos um das Lager links der PSOE - wie erwartet worden war - deutlich. Allerdings war sie in Galicien und Katalonien in einer Gemeinschaftskandidatur u.a. mit Podemos angetreten, über die auch IU- bzw. EUiA-Kandidaten ins Parlament einziehen werden.
Aufgrund der in den meisten Wahlkreisen wegen der geringen Zahl der zu vergebenden Mandate hohen faktischen Sperrklausel konnte IU nur im größten Wahlkreis Madrid Mandate erringen. Die Partei wurde damit einmal mehr zum "Hauptopfer" des Wahlsystems (nur 0,6 % der Mandate bei einem Stimmenanteil von 3,7 %). Sie wird im neu gewählten Parlament keine eigene Fraktion mehr bilden können.
UPYD
Die UPYD, die bei der Wahl 2011 nach Stimmen viertstärkste Kraft geworden war, verlor ihre fünf Mandate und vier Prozentpunkte. Sie wurde damit Opfer innerparteilicher Querelen und des Aufkommens von Ciudadanos, die programmatisch ein ganz ähnliches Profil aufweisen. Sie ist damit auf gesamtspanischer Ebene nicht mehr im Parlament vertreten und auf regionaler Ebene nur noch im Baskenland (wo die letzte Regionalwahl 2012 stattfand und nicht wie in den anderen Regionen mit Ausnahme Galiciens 2015).
Senat
Der Senat setzt sich aus direkt vom Volk gewählten Mitgliedern und weiteren Senatoren, die von den Parlamenten der einzelnen Autonomen Gemeinschaften (span.: Comunidades Autónomas) bestimmt werden, zusammen. Die Direktwahl findet gleichzeitig mit den Wahlen der Abgeordneten des Congreso statt. Die Zahl der indirekt gewählten Senatoren richtet sich nach der Bevölkerungszahl der jeweiligen Region (einer plus ein weiterer je 1 Mio. Einwohner).
In der 11. Legislatur besteht der Senat aus 266 Mitgliedern: 208 direkt gewählten und 58 von den Regionalparlamenten entsandten.
Die Direktwahl erfolgt in Wahlkreisen, die mit den Provinzen übereinstimmen (bis auf die Balearen und Kanaren, wo Wahlkreis die einzelnen Inseln sind). In den Provinz-Wahlkreisen werden jeweils - unabhängig von der Bevölkerungszahl - vier Senatoren gewählt, wobei jeder Wähler drei Personenstimmen vergeben und jede Partei drei Kandidaten benennen kann. Der Anhänger einer Partei wird in der Regel seine Stimmen den drei Kandidaten „seiner“ Partei geben. Dies führt normalerweise dazu, dass die drei Kandidaten der stärksten Partei in der Provinz mehr Stimmen erhalten als der bestplatzierte Kandidat der zweitstärksten Partei. In der ganz überwiegenden Zahl der Fälle wird daher die stärkste Partei drei Senatoren und die zweitstärkste Partei einen für die Provinz stellen. Bei den Wahlen 2015 war dies nur in den Provinzen Girona (DL und ERC jeweils zwei Senatoren), Granada (PSOE und PP jeweils zwei) und Tarragona (ERC 2, En Comú 1, DL 1) nicht der Fall. Es liegt daher eine Form der Mehrheitswahl vor (siehe Wahlen in Spanien).
Die Zusammensetzung der von den Regionalparlamenten entsandten Senatoren kann sich während der Legislatur ändern (wenn während der Legislaturperiode neue Regionalparlamente gewählt werden), deshalb wird im Folgenden nur die Zusammensetzung des Senats zu Beginn der Legislatur im Dezember 2015 wiedergegeben:
← Zusammensetzung Senat, Dezember 2015 → | |||||||
Partei | Senatoren gesamt |
Senatoren Direktwahl |
Senatoren indirekt |
Anmerkung | |||
Partido Popular (PP) | 145 | 124 | 21 | 1 | |||
Partido Socialista Obrero Español (PSOE) | 67 | 47 | 20 | 2 | |||
Podemos | 12 | 9 | 3 | 3 | |||
En Comú (Podemos/ICV/EUiA/Barcelona en Comú) | 5 | 4 | 1 | 4 | |||
En Marea (Podemos/IU/Anova) | 2 | 2 | 0 | 5 | |||
Podemos-Compromís | 3 | 1 | 2 | 6 | |||
Cambio-Aldaketa (Geroa Bai/EH Bildu/Podemos/IU) | 2 | 1 | 1 | 7 | |||
Esquerra Republicana de Catalunya (ERC) | 7 | 6 | 1 | 8 | |||
Democràcia i Llibertat (DL) | 9 | 6 | 3 | 9 | |||
Partido Nacionalista Vasco (EAJ-PNV) | 7 | 6 | 1 | ||||
Coalición Canaria-Partido Nacionalista Canario (CCa-PNC) | 2 | 1 | 1 | ||||
Agrupación Socialista Gomera (ASG) | 1 | 1 | 0 | ||||
Ciudadanos | 2 | 0 | 2 | ||||
Unió Democràtica de Catalunya (UDC) | 1 | 0 | 1 | ||||
EH Bildu | 1 | 0 | 1 |
Weblinks
- Homepage der Junta Electoral Central (Zentraler Wahlausschuss) – u. a. Gesetzestexte (spanisch; Wahlgesetz auch auf Englisch)
- Meinungsumfragen in Spanien (englisch)
- handelsblatt.com 26. Dezember 2014 zur Situation in Spanien
- zeit.de / Fernando Vallespín (15. Dezember 2015): Eine Analyse zur politischen Situation in Spanien kurz vor der Wahl
Einzelnachweise
<references />