Sperma


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25px Dieser Artikel behandelt die Befruchtungsflüssigkeit; zum Sperma ceti siehe Walrat.

Sperma (altgr. σπέρμα, spérma, „Keim, Same“) ist die Befruchtungsflüssigkeit männlicher Tiere und Menschen. Es setzt sich aus Spermien, Epithelzellen der Hodenkanälchen und einer Sekret<b/>flüssigkeit zusammen, die als Seminalplasma oder Samenplasma bezeichnet wird.

Sperma wird beim männlichen Orgasmus etwa ab Mitte der Pubertät, nachdem die Hoden mit der Spermienproduktion begonnen haben (Spermarche), durch den Penis ausgestoßen (Ejakularche). Beim Vaginalverkehr kann es durch den Kontakt von Sperma mit einer Eizelle zur Befruchtung kommen.

Bei vielen Würmern, Gliederfüßern, Weichtieren und auch noch bei einigen Amphibien (Molchen) dienen Spermatophoren (Samenpakete) anstelle des flüssigen Spermas zur Spermienübertragung, viele wasserlebende Tiere geben die Spermien direkt ins Wasser ab.

Die medizinische Untersuchung des Spermas wird Spermiogramm genannt.

Eigenschaften

Das frische Ejakulat eines gesunden, geschlechtsreifen Mannes ist milchig-trüb, leicht glänzend, besitzt einen pH zwischen 7 und 7,8 und ist mit glasigen klebrigen Fäden durchsetzt. Gelegentlich, wie beispielsweise nach längerer Enthaltsamkeit, findet man gelbe Pigmente, sogenannte Flavine, wodurch das Sperma auch leicht gelblich wirken kann.

Das im Ejakulat auch befindliche Spermin gibt dem menschlichen Sperma in der Regel einen charakteristischen Geruch und Geschmack, etwa den von weißem Moschus oder Kastanienblüten, welcher jedoch durch bestimmte aromareiche Nahrungsmittel oder Getränke mehr oder minder deutlich verändert werden kann.<ref>Carina Schmidt: Zu mir oder zu ihr? Die 66 wichtigsten Sex-Fragen der Männer. Meyer & Meyer, Aachen 2008, ISBN 978-3-89899-318-0, S. 62f. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)</ref>

Unter Ultraviolettstrahlung (Wood-Lampe) leuchtet Sperma bläulich.<ref name= "K. A. Santucci">K. A. Santucci, D. G. Nelson, K. K. McQuillen, S. J. Duffy, J. G. Linakis: Wood's lamp utility in the identification of semen. In: Pediatrics. Dez. 1999, Bd. 104, Nr. 6, S. 1342-4, PMID 10585986.</ref> Ein Waschen befreit mit Sperma „kontaminierte“ Gewebe nicht von der fluoreszierenden Eigenschaft, was für die Rechtsmedizin von Bedeutung ist.<ref>HORIBA Jobin Yvon GmbH: Anwendungen forensischer Lichtquellen. / Körperflüssigkeiten. (Memento vom 28. September 2007 im Internet Archive)</ref><ref> A: Fiedler, M. Benecke et al.: Detection of Semen (Human and Boar) and Saliva on Fabrics by a Very High Powered UV-/VIS-Light Source. In: Open Forensic Science Journal 1. 2008, S. 12-15 (PDF-Datei). Forensischer Artikel zur Anwendung von UV-Licht zur Erkennung von Sperma</ref> Allerdings hat diese Nachweismethode auf Grund von einigen signifikanten Beschränkungen und Mängeln nur eine eingeschränkte Zuverlässigkeit.<ref name= "K. A. Santucci" /><ref>Bernd Herrmann, Francesca Navratil: Medizinische Diagnostik bei sexuellem Kindesmissbrauch. In: Kinder- und Jugendarzt. 36. Jahrgang, 2005, Nr. 3, S. 186: Forensische Befunde. (PDF-Datei)</ref>

Spermien in flüssigem Samenplasma außerhalb des Körpers können bis zu zwölf Stunden überleben;<ref name„Heiskanen">M. L. Heiskanen, A. Pirhonen, E. Koskinen, P. H. Maenpaa: Motility and ATP content of extended equine spermatozoa in different storage conditions. PMID 3479564</ref> wenn jedoch Sperma auf ein Handtuch, Zellstoff oder ähnliches gelangt und dort an der Luft trocknet, hat es nur eine Überlebenszeitspanne von wenigen Minuten.

Es gibt Hinweise darauf, dass Bestandteile der Samenflüssigkeit die Produktion von Zytokinen in der Gebärmutter anregen. Diese begünstigen die Einnistung der befruchteten Eizelle in die Gebärmutterschleimhaut.<ref name="welt_sf">Ohne Samenflüssigkeit wächst die Eizelle nicht. In: Die Welt, erschienen am 5. Februar 2005.</ref>

Zusammensetzung und Produktion

Herkunft des Spermas<ref>Semen Analysis</ref>
Drüse Anteil
am Ejakulat
Hoden und Nebenhoden 5 %
Samenbläschen 65–75 %
Prostata 10–30 %
Cowpersche Drüsen 2–5 %

Sperma besteht aus zellulären Bestandteilen, den reifen Spermien (oder Spermatozoen, auch Samenfäden genannt) und dem Sekret der akzessorischen Geschlechtsdrüsen, dem Samenplasma (oder Seminalplasma).

Im Schnitt beträgt das Volumen eines menschlichen Samenergusses 2 bis 6 ml, wobei 1 ml durchschnittlich 20 bis 150 Millionen Spermien enthält (vgl. beim Hengst 200–300 Mio.). Das sind 0,5 % des gesamten Ejakulats – der Rest ist Samenflüssigkeit.

Die Samenflüssigkeit ist zudem meist leicht salz- und proteinhaltig (durch die Spermien) und enthält Dopamin, Noradrenalin, Tyrosin, die Bindungshormone Oxytocin und Vasopressin sowie verschiedene Östrogene, Pheromone (Geruchsstoffe), β-Endorphin und als Hauptbestandteil Wasser.

Spermien

Die Spermien entwickeln sich in den Hoden während der Spermatogenese. Dabei teilt sich eine Spermatogonie mitotisch in zwei Spermatozyten I. Ordnung. Diese teilt sich nun in der Ersten Reifeteilung (Meiose) in zwei Spermatozyten II. Ordnung. Diese haben im Gegensatz zum Spermatozyt I. Ordnung, der noch 46 Chromosomen enthält, nur noch 23 Chromosomen. In der zweiten Reifeteilung teilen sich die Spermatozyten II. Ordnung in Spermatiden, die dann zu Spermien reifen.

Samenplasma

Datei:Male anatomy de.png
Geschlechtsorgane des Mannes

Das Samenplasma (Seminalplasma) wird aus Sekreten der sogenannten akzessorischen Geschlechtsdrüsen, also der Samenleiterampulle (Ampulla ductus deferentis), Bläschendrüse (Glandula vesicularis), Vorsteherdrüse (Prostata), der Bulbourethraldrüse (Glandula bulbourethralis) und zu geringen Teilen aus Sekreten von Hoden und Nebenhoden gebildet.

Im Hoden und Nebenhoden, die nur 3–5 % des gesamten Volumens eines Ergusses beisteuern, wird neben den Spermien unter anderem auch Testosteron, das regulierend auf die Produktion der Samenzellen wirkt, und eine Flüssigkeit, die zum Reifen und Ruhigstellen der Samenzellen beiträgt, produziert.

Die Samenbläschen sind paarig angelegte Drüsen, die aus einer verschlungenen Röhre bestehen. Die Innenwand dieser Röhre besteht aus sekretorischem Epithel. Das Sekret der Samenbläschen steuert das meiste Volumen, ca. 50–70 %, des Ejakulats bei. Sie dient der Verflüssigung des Ejakulats und enthält Fruktose (Fruchtzucker) und andere Stoffe die der Ernährung der Samenzellen dient, außerdem große Mengen an Prostaglandinen und Fibrinogen. Semenogelin verleiht dem frischen Ejakulat eine gelartige Konsistenz<ref>H. H. von Horsten: HE2, ein humanes Spermienoberflächenantigen epididymaler Herkunft. Dissertation, Fachbereich Biologie der Universität Hamburg, 2002. online (abgerufen am 28. Februar 2007).</ref>, die Prostaglandine tragen zur Befruchtung bei, indem sie die Gebärmutterschleimhaut empfänglicher für die befruchtete Eizelle machen,<ref name="Robertson">S. A. Robertson: Seminal plasma and male factor signalling in the female reproductive tract. PMID 15909166.</ref> und möglicherweise indem sie die glatte Muskulatur in der Gebärmutterwand zu peristaltischen Bewegungen anregen, die die Spermien in Richtung Eierstöcke bringen. Außerdem verhindern sie Infektionen im männlichen Geschlechtstrakt.<ref name="Clavert">A. Clavert, C. Cranz, C. Bollack: Functions of the seminal vesicle. PMID 2132069.</ref>

Beim Erguss steuert die Prostata (Vorsteherdrüse) noch 10–33 % in Form einer dünnflüssigen, milchigen Flüssigkeit bei. Die Kapsel der Prostata zieht sich ebenso wie das Samenbläschen während der Ejakulation zusammen, so dass die Flüssigkeit der beiden Organe vermischt und ausgestoßen wird. Das Sekret der Prostata enthält Ionen (Natrium, Kalium, Zink und Magnesium, Calcium, Citrationen, Phosphationen), ein Gerinnungsenzym und Profibrinolysin. Der pH-Wert ist leicht sauer (pH 6,4). Dies ist besonders bedeutsam, da Spermien erst bei einem pH-Wert von 6,0 bis 6,5 optimal beweglich werden. Weiterhin ist PSA (Prostataspezifisches Antigen) enthalten, um die Spermien beweglich zu machen. Die Prostata entlässt außerdem weiße Blutkörperchen, verschiedene Granulozyten ins Samenplasma, normalerweise 1 (max. 2) Millionen pro 1 ml.<ref>Derek H. Owen1, David F. Katz: A Review of the Physical and Chemical Properties of Human Semen and the Formulation of a Semen Simulant. In: Journal of Andrology. Bd. 26, Nr. 4, Juli-August 2005, S. 459–469, doi:10.2164/jandrol.04104 (PDF-Datei).</ref> Daher auch die Infektiosität des Spermas (zum Beispiel HIV). Der charakteristische Geruch des Spermas wird durch das gleichfalls von der Prostata bereitgestellte Spermin verursacht.

Vorab, ausgelöst durch die Erregung, innerviert der Parasympathikus die Cowperschen Drüsen und regt sie zur Sekretion eines verhältnismäßig kleinen Anteils von 2–5 % klaren Schleims (Präejakulat) an. Das schleimige Sekret dient, neben dem Gleitmitteleffekt, vermutlich vor allem der Neutralisierung von Harnresten, eventuell auch des sauren Scheidenmilieus.

Menschliches Sperma

Datei:Sperma unter UV-Licht und ohne UV-Licht (Semen with and without Ultraviolet).JPG
Sperma unter Ultraviolett-Bestrahlung (oben) und normaler Beleuchtung (unten)

Während Erektionen des Penis bereits beim Säugling auftreten, beginnt die Produktion von Sperma in der Regel erst während der Pubertät. Sperma wird auch ohne (manuelle) Stimulation, z. B. während Pollutionen im Schlaf ausgestoßen; dabei entledigt sich der Körper der Spermien, die länger als zehn Tage reif sind und von den körpereigenen Abbaumechanismen nicht beseitigt wurden.<ref>rz.hu-berlin.de: Growing Up Sexually, The Sexual Curriculum 18. Oktober 2002, The Pollution Enigma</ref><ref> R. J. Levin: Masturbation and nocturnal emissions-possible mechanisms for minimising teratozoospermie and hyperpermie in man. In: Medical Hypotheses (Med Hypoth). 1975, Bd. 1, Nr. 3, S. 130–131, ISSN 0306-9877.</ref><ref>B. Bürger: netdoktor.de: Die Anatomie der Männer. Die inneren Geschlechtsorgane, Nebenhoden – Basislager vor dem Einsatz</ref>

Eine Ende 2014 veröffentlichte Beobachtungsstudie an 2,6 Millionen Menschen deutet auf einen stärkeren Zusammenhang zwischen dem Alter von Männern bei einer Zeugung und dem Risiko einer psychischen Erkrankung bei den gezeugten Kindern hin als bis dato angenommen: „... Die Kinder von Vätern, die 45 Jahre alt oder älter sind, haben demnach im Vergleich zu den Kindern von 20- bis 24-jährigen Vätern ein doppelt so hohes Risiko für eine Psychose, ein 2,5 mal so hohes Risiko für Drogensucht, ein 3,5 mal so hohes Risiko für Autismus, ein 13 mal so hohes Risiko für das Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Syndrom ADHS und ein 25 mal so hohes Risiko für eine bipolare Störung. Darüber hinaus hatten Kinder älterer Väter auch in der Schule und im Berufsleben etwas häufiger Probleme. ...“<ref>Gerlinde Felix: Späte Vaterschaften mit Risiken – Spermien nicht mehr fit. In: Badische Zeitung. vom 12. Januar 2015.</ref>

Antidepressive Wirkung

In einem Artikel des New Scientist vom 26. Juni 2002 mit dem Titel Semen acts as an anti-depressant <ref name="Gallup">Raj Persaud: Semen acts as an anti-depressant. (Memento vom 2. März 2005 im Internet Archive) In: New Scientist. vom 26. Juni 2002.</ref><ref name="Gallup deutsch">Patrick Eickemeier: Sperma als Antidepressivum. Auf: netzeitung.de vom 27. Juni 2002 (Memento vom 3. Mai 2013 im Internet Archive).</ref> wird über eine Studie von Gordon Gallup im Rahmen einer Dissertation von Rebecca Burch an der State University of New York berichtet, in der festgestellt wurde, dass verschiedene Bestandteile des Spermas – unter anderem Hormone wie Testosteron, Östrogen und das follikelstimulierende Hormon Prolactin sowie verschiedene andere Prostaglandine (Sekrete der Prostata-Drüse) – eine anti-depressive, also stimmungsaufhellende Wirkung haben könnten.<ref>Gordon Gallup Jr., R. L. Burch, S. M. Platek: Does Semen Have Antidepressant Properties?. In: Archives of Sexual Behavior. 31, Nr. 3, Juni 2002, S. 289-293. doi:10.1023/A:1015257004839. Abgerufen am 26. November 2012.</ref> Bisher wurde lediglich die Aufnahme dieser Stoffe mittels vaginaler Absorption untersucht,<ref>P.G. Ney: The intravaginal absorption of male generated hormones and their possible effect on female behaviour.. In: Medical Hypotheses. 20, Nr. 1, Juni 1986, S. 221-231. doi:10.1016/0306-9877(86)90128-3. PMID 3637620..</ref> orale und anale Absorption wurden in der Studie nicht berücksichtigt.

Forensische Bedeutung

In der Rechtsmedizin spielt der Nachweis von Sperma eine Rolle bei der Aufklärung von Sexualverbrechen. Mit dem Hy liter kann selbst ein einzelnes Spermium identifiziert werden. Mit molekularbiologischen Methoden ist die Erstellung eines genetischen Fingerabdrucks möglich, die – außer bei eineiigen Zwillingen – eine zweifelsfreie Identifizierung einer Person ermöglicht.

Sperma (auch eingetrocknetes) fluoresziert bei Ultraviolett-Bestrahlung (siehe Bild), was zu kriminalistischen Untersuchungen genutzt werden kann.

Klinische Bedeutung

Sperma kann auch Krankheitserreger wie das HI- oder das Hepatitis-B-Virus enthalten; die betreffenden Krankheiten sind also sexuell übertragbar.

Manche Frauen reagieren mit verschiedenen Allergiesymptomen auf das Sperma ihres Partners; Spermaallergien sind jedoch sehr selten und noch wenig erforscht. Die betreffenden Frauen reagieren auf ein Protein im Sperma; die Symptome gleichen denen einer Pollenallergie (Heuschnupfen).<ref name="ÄDA">Ärzteverband Deutscher Allergologen / Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie: medizin-2000.de: Allergisch auf den eigenen Mann? Presseerklärung, Juli 2000.</ref><ref name="Weidinger">S. Weidinger, J. Ring, F. M. Kohn: IgE-mediated allergy against human seminal plasma. PMID 16129942.</ref> Auch Männer reagieren vereinzelt allergisch auf ihr eigenes Sperma, was 2002 erstmals als Post Orgasmic Illness Syndrom (POIS) beschrieben wurde.<ref>J. Taubert, dnews.de: POIS - Allergie gegen das eigene Sperma (Memento vom 22. Januar 2011 im Internet Archive), 20. Januar 2011.</ref>

Häm(at)ospermie bezeichnet das Auftreten von Blut im Sperma. Dies kommt bei akuter oder chronischer Samenblasenentzündung, bei Tuberkulose, Verstopfung, Entzündungen oder Verletzungen vor.

Literatur

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Sperma – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons Commons: Sperma – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

<references />