Streumunition
Streumunition (auch Cluster-Munition, engl. bomblet) ist eine Form explosiver Munition, die bei Kassettenbomben oder Schüttbomben (engl. cluster bombs) verwendet wird. Eine solche Bombe dient als Behälter, der mehrere kleinere Bomblets oder Submunitionen enthält und diese nach dem Abwurf verstreut. Waffensysteme nach diesem Konzept werden in Form von Fliegerbomben (Streubombe), Artilleriegeschossen (auch als Cargomunition bezeichnet) oder als Sprengköpfe für Marschflugkörper eingesetzt. Es existieren diverse Arten von Bomblets, sowohl konventionelle Arten mit Explosions-, Brand-, Splitter- und/oder panzerbrechender Wirkung als auch spezielle Varianten, zum Beispiel Minen oder Graphitbomben, die durch Graphitfäden Umspannwerke oder Überlandleitungen kurzschließen.
Über 100 Staaten haben Streubomben geächtet oder erwägen, dies zu tun.<ref>Thomas Reutter in 'Report Mainz' vom 7. Juni 2010, swr.de</ref>
Inhaltsverzeichnis
Geschichte und Funktionsweise
Die ersten militärisch eingesetzten Streubomben waren im Zweiten Weltkrieg von deutscher Seite die Sprengbombe Dickwandig 1 kg kurz SD 1, die Sprengbombe Dickwandig 2 kg kurz SD 2 sowie die Brandbombe 1 kg Elektron, kurz B 1 E, B 1,3 E, B 2 E etc., sowie die Hohlladungsbombe zur Panzerbekämpfung SD 4 HL. Diese wurden in unterschiedlich große Abwurfbehälter (beispielsweise AB 70 mit 23 SD 2 oder 50 SD 1 bis hin zu AB 1000 mit 610 Brandbomben B 1,3 E oder 1000 SD 1) gepackt, der wiederum wie eine große Bombe abgeworfen wurde, sich nach kurzer Fallzeit über einen Zeitzünder öffnete und die Kleinbomben freigab. Die zur besseren Tarnung meist dunkelgrün oder schmutzig gelb gefärbten Sprengbomben wurden dabei über eine Fläche verteilt und explodierten je nach eingesetztem Zünder beim Aufschlag, nach dem Ablauf einer vorher festgelegten Zeit oder bei nachträglicher Störung der Bombe (siehe auch: Deutsche Abwurfmunition des Zweiten Weltkrieges).
Im Winterkrieg wurde von sowjetischer Seite ein früher Typ einer Streubombe verwendet (RRAB-3), der von den Finnen als Molotows Brotkorb bezeichnet wurde. Im Unterschied zum deutschen Modell enthielt die sowjetische Konstruktion keine Sprengkörper, sondern Brandsätze. Bei der Schlacht um Kursk wurden von sowjetischer Seite erstmals Hohlladungsgeschosse (PTAB) in Bombenkassetten zu je 48 Stück zur Panzerbekämpfung eingesetzt.
Von britischer und US-amerikanischer Seite wurden im Zweiten Weltkrieg ebenfalls Streubomben eingesetzt, sowohl Stab- und Flüssigkeitsbrandbomben als auch Splittersprengbomben (vgl. Luftangriffe auf Tokio). Auch Italien besaß eine eigene Streumunition (Thermosbombe), die hauptsächlich bei Angriffen auf die Insel Malta eingesetzt wurde.
Die Streubombentechnik wurde nach dem Zweiten Weltkrieg federführend von den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion weiterentwickelt. Bei unverändertem Grundprinzip wurden verschiedene Arten von Streubomben für spezielle militärische Zwecke entwickelt und auch für andere Einsatzarten als den Abwurf von einem Flugzeug umgesetzt; so wurde Streumunition auch für Artilleriegeschütze oder Raketenwerfer entwickelt.
In großen Mengen wurden von verschiedenen Seiten Streubomben in den Kriegen in Korea, Vietnam, Afghanistan, im Kosovo, Libanon und an weiteren Kriegsschauplätzen wie z. B. in Syrien, der Ukraine und dem Jemen eingesetzt.
Einsatz und Wirkung
Gegenwärtig ist die Streumunition eine der am meisten eingesetzten Luftabwurfwaffen und verdrängte damit die zuvor bei Massenabwürfen übliche Splitterbombe oder den großflächigen Einsatz von Napalm.
Der Einsatz von Streumunition findet vor allem gegen weiche Ziele (ungepanzerte Fahrzeuge, Infanterie, Luftabwehr-Systeme, Artillerie-Stellungen) oder Infrastruktur, wie Straßen und Landebahnen statt. Da die Waffe durch die vielen Minibomben keinen eigentlichen Explosionsmittelpunkt besitzt, können die Bomblets auch hinter Deckungen oder in Schützengräben gelangen. Durch den sehr großen räumlichen Wirkungsradius erhöht sich die Effizienz der Waffe gegen großflächige Ziele, oder die Wahrscheinlichkeit kleine, bewegliche Ziele im angegriffenen Bereich zu treffen. Streumunition ist damit, rein militärisch betrachtet, eine der wirksamsten konventionellen Waffen, die aus der Distanz gegen Bodenziele eingesetzt werden können. Ihre Wirkungsweise enthält immer das Inkaufnehmen umfassender Kollateralschäden im Zielgebiet.
Auf eine der ursprünglichen Verwendungsformen, das Verminen ganzer Areale, wird von den meisten Armeen heutzutage bewusst verzichtet oder durch eine helle, auffällige Färbung der Submunition und/oder einen Selbstzerstörungsmechanismus, der die Mine innerhalb von 4 bis 48 Stunden automatisch zur Explosion bringt, versucht, eine langzeitige Verminung von Einsatzgebieten zu vermeiden. Andere Streumunition wird gezielt gegen gepanzerte Fahrzeuge eingesetzt, da sie die relativ schwach gepanzerte Oberseite der Fahrzeuge auch mit kleinen Ladungen durchdringen kann.
Eine vor allem bei Flächenbombardements eingesetzte Variante ist die Brand-Streubombe, die Bomblets mit Napalm, Thermit oder ähnlichen Substanzen auf einer großen Fläche verteilen kann. Diese Bomben führten im Zweiten Weltkrieg zu schweren Bränden in bombardierten Städten, als sie in das Innere der Häuser fielen, deren Dächer bereits durch herkömmliche Bomben zerstört waren.
Während des Kalten Krieges entwickelten beide Seiten Streubomben, die zum Einsatz von verschiedenen biologischen<ref name="EndicottHagerman">Endicott, Hagerman: The United States and Biological Warfare – Secrets from the Early Cold War and Korea; ISBN 0-253-33472-1</ref> und chemischen Kampfstoffen geeignet waren. Wie viele dieser mittlerweile von den meisten Ländern geächteten Waffen sich in den Arsenalen befinden, ist unklar. Eine der bekanntesten ist die Gleitbombe BLU-80 Bigeye.
In aktuellen militärischen Konflikten werden Streubomben meist in einer Mischung aus Explosiv-, Splitter- und panzerbrechender Ladung eingesetzt.
Gefährdung der Zivilbevölkerung
Der Einsatz von Streumunition, insbesondere der Antipersonenvarianten, wird aus humanitären Gründen stark kritisiert, vor allem wegen der langzeitigen Bedrohung der Zivilbevölkerung durch die unkontrollierte Verteilung von Blindgängern im Zielgebiet. Allerdings werden von Kritikern der Streumunition in der Regel auch keine wirksamen Alternativen, wie Flächenabwürfe von Splitterbomben, Napalm oder Aerosolbomben befürwortet.
Zwischen 5 und 30 % der Bomblets explodieren nicht beim Aufschlag, sondern bleiben als Blindgänger liegen und stellen, ähnlich wie Landminen, viele Jahre lang eine Gefährdung für die betroffene Zivilbevölkerung dar. Betroffen sind sehr oft Kinder, die die Bomblets wegen ihrer Form und leuchtenden Farbe für Spielzeug halten. Im Vergleich zu Landminen und Antipersonenminen ist bei Unfällen mit den Blindgängern solcher Bomblets besonders häufig eine Mehrzahl von Personen betroffen und eine im Durchschnitt höhere Todesrate festzustellen. Im Kosovo (1999), Afghanistan (2001–2002) und im Irak (2003) wurden zusammengenommen fast eine Million Streubomben eingesetzt, im Libanon (2006) wurden Streubomben mit insgesamt mehr als vier Millionen Submunitionen durch Israel abgeworfen.<ref>Israel übergibt Karten zu Streubombeneinsatz, Spiegel Online, 13. Mai 2009</ref> Auch an den Schauplätzen der Indochinakriege, besonders in Laos und Südvietnam, bleiben Blindgänger von Streubomben immer noch gefährlich. Neuentwicklungen im Bereich der Streumunition, wie die von der US Air Force eingesetzten Streubomben CBU-97 und CBU-105, verfügen allerdings über Selbstzerstörungsmechanismen, die die Rate der Blindgänger laut Angaben des Herstellers gegen Null senken und somit die Gefährdung der Zivilbevölkerung durch nicht detonierte Bomblets drastisch reduzieren.<ref>Textron Industries,Sensor Fuzed Weapons (PDF-Datei; 1,67 MB) Textron Industries</ref>
Anfang Juli 2008 ordnete das Verteidigungsministerium der Vereinigten Staaten an, dass nach 2018 mindestens 99 Prozent der Sprengsätze einer Cluster-Bombe explodieren müssen.<ref>Spiegel Online: Pentagon ordnet höhere Detonationsrate an, 8. Juli 2008</ref>
Kosovo
Die NATO hat bestätigt, dass bei Einsätzen der NATO-Streitkräfte im Kosovo<ref name="mau2000" /> insgesamt 1.392 Streubomben mit einer Bestückung von 289.536 Submunitionen an 333 Ziel- oder Abwurforten zum Einsatz kamen. Nach örtlichen Schätzungen sind pro Behälter zwischen 3 und 26 % der Submunitionen nicht explodiert, die NATO selbst geht von ungefähr 10 %, also 30.000 Sprengsätzen, aus. Bis zum Mai 2000 konnten unter UN-Aufsicht 4.069 dieser Blindgänger entschärft werden. Nach Angaben des Roten Kreuzes waren bis Ende Mai 2000 mindestens 50 Todesfälle und 101 Verletzungen auf Explosionen solcher Submunitionen zurückzuführen. Gefährdet ist die Bevölkerung nicht nur an Land, da insgesamt 235 Bomben verschiedener Art, darunter auch Streubomben, über der Adria abgeworfen wurden. Bei einem Vorfall im Mai 1999, bei dem sich ein Bomblet in einem Fischernetz verfing, erlitten drei italienische Fischer Verletzungen.
Kroatien
Während des Kroatienkriegs wurden von serbischer Seite Streumunition mit dem M-87-Raketenwerfer gegen die Innenstadt von Zagreb eingesetzt, wobei sieben Personen getötet und 214 weitere verletzt wurden.<ref>Icty – Milan Martic – Case Information Sheet. Abgerufen am 8. Mai 2011 (PDF; 300 kB). </ref> Da der Einsatz der Streubomben zivilen Zielen galt, wurde der Anführer der Republik Serbische Krajina, Milan Martić, vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag deswegen als Kriegsverbrecher angeklagt und schuldig gesprochen.<ref>Summary Of Judgement For Milan Martic</ref>
Afghanistan
Für Afghanistan wurden der UN bis Anfang Januar 2002 von den Streitkräften der Allianz 1210 Einheiten Streumunition gemeldet, die bestückt mit 244.420 Bomblets gegen 78 von insgesamt 103 Zielorten eingesetzt wurden. Die Zahlen zu den übrigen 25 Zielorten waren bis dato noch nicht bekannt.<ref name="IRIN_1">AFGHANISTAN: UN to clear coalition cluster bombs, IRIN (Unabhängiger Nachrichtenservice des UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs), 2. Januar 2002, engl.</ref> Nach Angaben von Human Rights Watch haben auch die Streitkräfte der Taliban Streumunition mittels Raketenwerfern sowjetischer Bauart des Typs BM-21 eingesetzt.<ref>Cluster Bombs in Afghanistan: Human Rights Watch Backgrounder, Human Rights News, Oktober 2001, engl.</ref> Nach Angaben der UN-Organisation Mine Action Programme (MAPA) ist Afghanistan eines der am schwersten von Landminen und nicht detonierter Streumunition betroffenen Länder der Welt. Obwohl die MAPA dort zwischen März 1978 und Dezember 2000 mehr als 1,6 Millionen Blindgänger von früheren Kampfgebieten, Ackerbauflächen, Straßen und Wohngebieten entfernt habe, seien durch verbliebene Explosivkörper im gleichen Zeitraum mindestens 2812 Menschen getötet und tausende weitere verletzt worden.<ref name="IRIN_2">AFGHANISTAN: UN to clear coalition cluster bombs, IRIN (Unabhängiger Nachrichtenservice des UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs), 2. Januar 2002, engl.</ref>
Irak
Während des Irakkrieges 2003 wurden Streubomben in großer Anzahl eingesetzt. Am 1. April 2003 seien nach einem Bericht von amnesty international in Hilla zahlreiche tote und verletzte Menschen ins örtliche Krankenhaus gebracht worden, ihre Körper übersät von Schnitten, die die Splitter von Streubomben hinterlassen hätten. Bis zu 10.000 der abgeworfenen Streubomben und deren Submunition liegen heute noch als Blindgänger in Städten, auf Anbaugebieten oder auf den Straßen im Irak.<ref>Irak/Der schreckliche Preis des Krieges amnesty international Deutschland, 19. August 2003</ref>
Libanon
Im Laufe des Libanonkrieges 2006 wurden von beiden kriegsführenden Parteien, Israel und der Hisbollah, Streubomben eingesetzt. Bei israelischen Luftangriffen im Libanon eingesetzten Streubomben wurden nach Angaben des Mine Action Co-Ordination Center of South Libanon (MACC SL) der Vereinten Nationen 378 Einschlagsgebiete ermittelt. Laut Human Rights Watch setzte die schiitische Hisbollah am 25. Juli Streubomben chinesischer Bauart vom Typ 81, ausgerüstet mit Splitterbomben vom Typ 90, ein.<ref>Lebanon/Israel: Hezbollah Hit Israel with Cluster Munitions During Conflict</ref> Die israelischen Streitkräfte gaben bekannt, für die Minenräumung Karten mit den Abwurforten der Bomben zur Verfügung gestellt zu haben. Chris Clark, der Koordinator des UNO-Entminungsprogrammes, bezeichnete die Karten als unbrauchbar, da es sich lediglich um Satellitenkarten mit handschriftlichen vagen Markierungen handele. Wie dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel auf Anfrage durch einen hohen israelischen Regierungsbeamten bestätigt wurde, verfüge Israel über Karten mit den genauen Bomben-Zielkoordinaten, halte diese aber aus Geheimhaltungsgründen zurück.<ref>Nutzlose Karten. In: Der Spiegel. Nr. 40, 2006, S. 113 (2. Oktober 2006, online).</ref> Die MACCSL geht davon aus, den Schaden bis Ende 2007 behoben zu haben. Bis zum 19. Dezember 2006 verzeichnete MACCSL 26 Tote und 162 Verletzte durch Blindgänger von Streumunition im Südlibanon – darunter 22 Kinder unter 12 Jahren.<ref>Victims by Mines and Cluster Bombs after ceasefire MACCSL, 29. November 2006</ref> Die israelischen Streubombeneinsätze im Libanon, die nach einer Behauptung von Jan Egeland zu 90 Prozent erst während der letzten drei Tage der Luftangriffe kurz vor Inkrafttreten der UN-Resolution 1701 durchgeführt worden sein sollen, haben bei verschiedenen Vertretern und Organisationen der UN und bei Menschenrechtsorganisationen Kritik hervorgerufen.<ref name="taz0109">Schockierend und völlig unmoralisch taz vom 1. September 2006, S. 9</ref> Menschenrechtsgruppen und die Vereinten Nationen schätzen, dass während des 34-tägigen Kampfes etwa vier Millionen Bomblets gestreut worden sind, von denen eine Million noch nicht explodiert sind.<ref>Israel rules cluster bomb use legal (Memento vom 26. Dezember 2007 im Internet Archive) Al Jazeera, 24. Dezember 2007 (englisch)</ref> Sprecher der israelischen Regierung und Armee haben die Kritik zurückgewiesen und erklärt, Waffen und Munition im Libanon nur im Einklang mit dem internationalen Recht eingesetzt zu haben.<ref name="taz0109" />
Georgien
Während des Georgienkriegs im August 2008 wurde laut der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch wahrscheinlich von beiden Seiten, d. h. der russischen und der georgischen Armee, Streumunition eingesetzt, wodurch 17 Zivilisten getötet und Dutzende verletzt wurden. Russland bestreitet den Einsatz von Streumunition im Georgienkonflikt. Sowohl Russland als auch Georgien wollen der Konvention über Streumunition (s. u.) nicht beitreten.<ref>Human Rights Watch (Website), 4. Nov. 2008</ref>
Laos
Laos ist pro Kopf gemessen das am meisten von Bomben getroffene Land der Welt: während des Vietnamkrieges wurden 270 Millionen Submunitionen bei über 580.000 Bombenangriffen abgeworfen, das entspricht durchschnittlich einem Bombenangriff alle 8 Minuten über 9 Jahre hinweg.<ref>Secret War in Laos, legaciesofwar.org</ref><ref>uxolao.org</ref> Da selbst unter idealen Testbedingungen ca. 30 % der Bomblets nicht explodieren (UXO, unexploded ordnance), geht man davon aus, dass sich noch etwa knapp 80 Millionen explosionsbereite Blindgänger auf dem Boden Laos' befinden.<ref>COPE Laos</ref> Mehr als 20.000 Menschen wurden nach dem Krieg von Streumunition getötet<ref>legaciesofwar.org</ref>, vor allem Kinder sind gefährdet (40 % der Opfer).<ref>legaciesofwar.org</ref> Je nach Quelle gab es in den letzten zwei Jahren durchschnittlich noch immer zwischen 100 bis 300 Zwischenfälle jährlich, 60 % davon tödlich.<ref>legaciesofwar.org</ref><ref>COPE Laos</ref> Mehrere staatliche (z.B. UXO Lao) und nichtstaatliche Organisationen arbeiten an der Räumung der betroffenen Gebiete. Je nach Quelle konnten in den letzten vier Jahrzehnten jedoch erst ein Bruchteil (zw. 500.000 – 1 Mio. der geschätzten 80 Millionen Submunitionen im Boden) zerstört werden.<ref>legaciesofwar.org</ref><ref>COPE Laos</ref>
Viele Menschen im sehr armen Laos leben vom Sammeln und Verkaufen des Metallschrotts der Streumunitionsbehälter. Ein Kilogramm Schrott bringt den Metallsammlern dabei umgerechnet zwischen 1.000 – 2.000 KIP (laotische Waehrung, ca. 10–20 Cent).<ref>Kriegsschrott in Laos, Spiegel.de</ref>
Völkerrechtliche Ächtung von Streumunition
Der Anwendung dieser Waffen stellen sich viele Menschenrechtsorganisationen entschieden entgegen, darunter das Rote Kreuz, Human Rights Watch, Amnesty International, Handicap International, der Deutsche Initiativkreis für das Verbot von Landminen und Teile der Vereinten Nationen.<ref name="mau2000">Cluster bombs and landmines in Kosovo, Mines Arms Unit, IKRK, August 2000, rev. Juni 2001</ref><ref>Peter Strutynski: Streubomben verstoßen gegen das internationale humanitäre Recht und die Genfer Konvention AG Friedensforschung an der Uni Kassel</ref>
Nach dem Vorbild der Kampagne gegen Landminen, die 1997 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde und ein völkerrechtliches Verbot von Landminen erreichte, wurde 2003 eine internationale Koalition, die Cluster Munition Coalition (CMC), von zivilgesellschaftlichen Gruppen ins Leben gerufen, um die Regierungen der Welt zu einem Verbot zu bewegen. Die Kampagne stellte insbesondere die zivilen Opfer und die über den Konflikt hinaus von Streumunition ausgehende Gefahr in den Mittelpunkt.
In der Cluster Munition Coalition haben sich über 150 Organisationen weltweit gegen den Einsatz von Streumunition zusammengeschlossen.<ref>Website der CMC</ref>
Als erstes Land verhängte Belgien im Februar 2005 ein Verbot von Streubomben; Norwegen erließ ein Moratorium gegen deren Einsatz und auch Frankreich und Österreich gelten als Gegner von Submunitionen. Auf Initiative der norwegischen Regierung fand am 22./23. Februar 2007 in Oslo die Oslo Conference on Cluster Munitions statt, gefolgt von Folgekonferenzen in Lima, Wien und Wellington zwischen Mai 2007 und Februar 2008.<ref>Streubomben.de, Website von Handicap International Deutschland, zuletzt abgerufen am 30. November 2008</ref>
Im Dezember 2007 folgte Österreich als zweites Land. Das Parlament in Wien beschloss die Zerstörung der Streubomben in österreichischem Besitz im Zeitraum von drei Jahren ab dem Januar 2008.
Am 19. Mai 2008 kamen Vertreter aus 111 Staaten zu einer weiteren Konferenz in Dublin zusammen.<ref>Streubomben-Verbot: Die wichtigsten Hersteller-Länder verhandeln nicht, Die Zeit vom 19. Mai 2008.</ref> Sie formulierten eine Konvention zur Ächtung der Produktion, Lagerung und Verwendung von Streumunition; diese wurde am 3. Dezember 2008 in Oslo unterzeichnet<ref>Signaturkonferenz Website</ref> und trat am 1. August 2010 in Kraft.<ref>Konvention gegen Streumunition tritt in Kraft. In: ZEIT ONLINE, AFP, dpa. 1. August 2010, abgerufen am 19. Dezember 2010. </ref> (siehe Übereinkommen über Streumunition)
Diese Konvention wird allerdings u. a. von den USA<ref>http://www.state.gov/t/pm/wra/c25930.htm</ref>, Russland, China, Israel, Indien, Pakistan und Brasilien nicht mitgetragen. Keines der Länder Nordafrikas und des Nahen Ostens bis auf Tunesien, Libanon und Irak hat sie unterzeichnet.<ref>Marcus Mohr: Schlussverkauf an einen Diktator in: Zenith, Zeitschrift für den Orient, 20. April 2011</ref>
Auch die EU-Staaten Griechenland, Finnland, Lettland, Polen, Rumänien und Zypern hatten bis Ende November 2008 Vorbehalte geltend gemacht oder zumindest ihre Unterzeichnung noch nicht zugesagt. Das Europäische Parlament forderte im November 2008 alle EU-Mitgliedsstaaten nachdrücklich dazu auf, die Konvention zu unterzeichnen und möglichst bald zu ratifizieren.<ref>Europa-Abgeordnete drängen Staaten zur Ächtung von Streubomben, Website des Europaparlaments (19. November 2008)</ref>
Auf Druck mehrerer NATO-Staaten wurden Ausnahmeregelungen zugelassen, die gemeinsame Militäraktionen mit den Streitkräften von Staaten zulassen, die weiterhin den Einsatz von Streubomben befürworten.<ref>Deutschland trägt Verbot von Streubomben mit, Die Welt vom 28. Mai 2008.</ref>
Als Reaktion auf die Einigung auf eine Konvention kündigte die deutsche Bundesregierung im Mai 2008 ebenfalls den sofortigen Verzicht auf diese Munition an. Noch vorhandene Bestände sollen schnellstmöglich vernichtet werden. Bereits 2002 wurden 3.719 Bomblets des Typs M42 an ein französisches Rüstungsunternehmen abgegeben. Ausnahmen gelten für sogenannte Punktzielmunition: Streumunitionsarten, die über Selbstzerstörung bzw. begrenzte Wirkungsdauer (z. B. Trägersysteme mit der Panzerabwehrmine DM 1274 AT2) verfügen, fallen nicht unter das Verbot.
Siehe auch
- Mehrzweckwaffe 1
- BL755 – britische Streubombe gegen gepanzerte Ziele
Quellen
<references />
Weblinks
- Cluster Bombs – Technische Informationen – Federation of American Scientists (FAS) (englisch)
- Website über die Streubomben-Konvention
- Dublin Diplomatic Conference on Cluster Munitions (Presidency Paper; PDF-Datei; 79 kB), Mai 2008 (englisch)
- Streubombe.de – Streubombe.de ist ein Projekt von Aktionsbündnis Landmine.de.
- Website von Handicap International zum Thema Streubomben
- Stiftung Warentest: Streubomben in Riester-Verträgen, in: Finanztest 1/2011 (abgerufen am 2. Januar 2013)
- Bericht über Einsatz von Streumunition im libyschen Misurata in: zenith – Zeitschrift für den Orient