Tilde


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25px Dieser Artikel behandelt das Schriftzeichen Tilde; zu anderen Bedeutungen siehe Tilde (Begriffsklärung).
~
Diakritische Zeichen
Akut ( ´ )
Breve ( ˘ )
Breve darunter (   ̮ )
Cedille ( ¸ )
übergesetzte Cédille
Doppelakut ( ˝ )
Doppelgravis
Gravis ( ` )
Haken
Hatschek ( ˇ )
Horn
untergesetztes Komma (   ̦ )
Kroužek ( ˚ )
Makron ( ¯ )
Unterstrich
Mittelpunkt ( · )
Ogonek ( ˛ )
Punkt darunter ( ◌̣ )
Schrägstrich ( / )
Tilde ( ~ )
Trema ( ¨ )
Zirkumflex ( ˆ )

Die Tilde (~) (spanisch und Portugiesisch tilde von lateinisch titulus „Überschrift, Überzeichen“) ist ein Schriftzeichen in Form einer aus zwei gleich großen Buchten gebildeten waagerechten Wellenlinie. Das Zeichen dient als Satzzeichen, als diakritisches Zeichen sowie als Symbol in einigen Fachsprachen.

Bedeutungen und Verwendung

Als diakritisches Zeichen

Als diakritisches Zeichen dient die Tilde zur Kennzeichnung einer besonderen Aussprache oder Betonung eines Buchstabens. Sie ist eine kleine Wellenlinie, wobei der Bogen zuerst nach oben geht, dann nach unten. Im Internationalen Phonetischen Alphabet (IPA) gibt es folgende Tilden:

Zeichen Beschreibung Bedeutung IPA-Nummer Unicode-Nummer Beispiel
◌̃ in Verbindung mit einem darunter befindlichen Lautsymbol<ref name="ff0303" /> nasal 424 U+0303 [ã], [ñ]
◌̰ einem Lautsymbol unterstellt (Tilde unten)<ref name="ff0330" /> Glottalisierung 406 U+0330 [], []
◌̴ das Lautsymbol bedeckend<ref name="ff0334" /> velarisiert oder pharyngalisiert 428 U+0334 ​[⁠ɫ⁠]​

Als obengestelltes Zeichen beschreibt sie nach IPA einen Nasalis, meist bei Vokalen. Im Mittellatein und Mittelhochdeutschen bezeichnet sie als «ñ» das heutige «nn». Sie kommt unter anderem im Spanischen (siehe Ñ), im Portugiesischen, im Baskischen und im Estnischen vor. Als Tonzeichen über vietnamesischen Vokalen bezeichnet sie den unterbrochenen steigenden Ton.

  • Die altgriechische Perispomene kann – unter anderem – ebenfalls als Tilde geschnitten werden.

Als Akzentzeichen wird das Zeichen in der Mathematik und Physik – auch als „Schlange“ gelesen – verwendet für:

  • die Benennung von Variablen (genauso wie andere Sonderzeichen wie das Dach ^), insbesondere wenn sich die Variable auf eine transformierte (oder ähnlichen Vorgängen unterworfenen) Größe bezieht. Beispiel: <math>\tilde x = f(x)</math>
  • die Kennzeichnung für Näherungswerte: <math>\tilde x</math> ist dabei ein Näherungswert, ein gerundeter Wert oder eine Abschätzung für <math>x</math>.

Als Schriftsymbol

Mathematische Operatoren und technische Zeichen

Als eigenständiges Zeichen wird die Tilde in der Mathematik und der Physik verwendet:

  • als Zeichen für proportional<ref name="DIN 1302">DIN 1302 Allgemeine mathematische Zeichen und Begriffe</ref> (beispielsweise ist bei einer Bewegung mit konstanter Geschwindigkeit der Weg <math>s</math> proportional zur Zeit <math>t</math>, in Zeichen: <math>s \sim t</math>)
  • in der elementaren Geometrie für ähnlich (<math>ABC \sim ADE \Rightarrow \angle BAC = \angle DAE</math> – ähnliche Dreiecke haben gleiche Winkel)
  • in der Statistik für hat eine Zufallsverteilung wie<ref name=wolfram_tilde>Tilde - from Wolfram MathWorld. Mathworld.wolfram.com. 3. November 2011. Abgerufen am 24. Februar 2012.</ref> (<math>X \sim \mathcal{N}(\mu=5,\sigma=2)</math> – X folgt einer Normalverteilung mit Erwartungswert 5 und Standardabweichung 2)
  • zwei übereinanderliegende Tilden (<math>\approx</math>) als Zeichen für ist ungefähr gleich<ref name="DIN 1302" />, beziehungsweise als das Rundungszeichen (zum Beispiel ist <math>\pi \approx 3{,}14</math>). Daneben gibt es noch etliche weitere Abwandlungen des Gleichheitszeichens (≂,≃,≄,≅,≆,≇,≉,≊,≋) und Vergleichszeichen (≲,≴,⋦,≳,≵,⋧,≾,⋨,≿,⋩, u. a.) in entsprechender Bedeutung.
  • die senkrechte Tilde <math>\wr</math> bezeichnet das Kranzprodukt
  • in der Elektrotechnik für Wechselspannung

Computerbezogene Verwendungen:

  • In einigen Programmiersprachen, wie ML, steht die Tilde für das unäre Minus.
  • In der Programmiersprache C und davon abgeleiteten Sprachen (beispielsweise Java) repräsentiert die Tilde das Einerkomplement bzw. den unären NOT-Operator, der jedes Bit invertiert.

Als Abkürzungssymbol

Zur Abkürzung als Auslassungszeichen oder Ersatzsymbol:

  • In Wörterbüchern, Lexika oder Indizes wird die Tilde als Ersatz für den aufgeführten Begriff verwendet.
  • In Anlehnung an die mathematische Doppeltilde ≈ „ungefähr gleich“ als Ersatz für circa.
  • Als genealogisches Zeichen steht die Tilde für „getauft“

Computerbezogene Verwendungen:

  • ein alleinstehendes ~ für das Benutzerverzeichnis des aktuell benutzten Benutzerkontos („mein Benutzerverzeichnis“) und entspricht der Umgebungsvariable $HOME
(Beispiel: Ist der eigene Benutzername gisela, so steht ~ für das Verzeichnis /home/gisela – üblicherweise ist /home das Verzeichnis, das die Benutzerverzeichnisse enthält);
  • ein mit einem Benutzernamen kombiniertes (etwa ~konrad) für das Benutzerverzeichnis des angegebenen Benutzerkontos (hier „Benutzerverzeichnis des Kontos konrad“), wie in der Datei /etc/passwd eingetragen
(Beispiel: Wird ~konrad angegeben, steht es i. d. R. für das Verzeichnis /home/konrad).
Entsprechend kopiert der Befehl cp entwurf.txt ~ die Datei entwurf.txt ins eigene Benutzerverzeichnis und der Befehl cp entwurf.txt ~konrad die Datei ins Benutzerverzeichnis von konrad (Berechtigung vorausgesetzt).
  • Bei einem entsprechend konfigurierten Webserver entspricht die Eingabe der URL http://www.example.com/~gisela/ in einem Webbrowser dem Verzeichnis /home/gisela/public_html auf jenem Server; er zeigt dann – je nach Konfiguration – eine darin befindliche Indexseite oder den Verzeichnisinhalt selbst bzw. einen Zugriffsverweigerungshinweis an.
  • Im UML-Klassendiagramm wird die Sichtbarkeit von Operationen und Attributen innerhalb von Paketen mit der Tilde dargestellt.
  • Bei einem FAT32-Dateisystem (ab Windows 95b) werden zur Abwärtskompatibilität Dateinamen, die nicht dem 8.3-Format entsprechen, mit Tilden verkürzt in den FAT eingetragen und der volle Dateiname zusätzlich gespeichert
(Beispiel: Die unter Windows 98 erstellte Datei Rechnung1998060316.doc wird unter MS-DOS etwa als Rechnu~1.doc dargestellt – teils zeigen auch aktuelle Medienabspielgeräte nur die 8.3-Namen an).

Als Deskriptorsymbol

Computerbezogene Verwendungen:

  • In der Skriptsprache Perl wird die Tilde in einem Operator zur Einleitung eines Regulären Ausdruckes verwendet.
  • Die Tilde wird als Kennzeichnung des Destruktors in C++ verwendet. Der Destruktor wird wie eine normale Methode mit dem Namen Tilde+Klassennamen definiert.
  • in TeX und LaTeX: ein nicht-umbrechendes Leerzeichen (siehe unten).
  • Unter Unix und Unix-Derivaten wie z. B. Linux zeichnet eine Tilde am Namensende des Dateinamens einer Datei diese Datei als Backup-Datei aus. Betreffende Dateien werden vom System in der Regel ausgeblendet.

Als Satzzeichen

Die Tilde wird gelegentlich fälschlich für das im Japanischen und in anderen ostasiatischen Sprachen ähnliche Symbol 〜 (U+301C) namens Nami dash (波ダッシュ, Nami dasshu, dt. „Wellen-Geviertstrich“) verwendet. Dieses Zeichen ersetzt den in lateinischen Schriftsystemen üblichen Geviertstrich (u. a. Gedankenstrich im Englischen) bzw. den Halbgeviertstrich (z. B. für Bis- oder Gedankenstrich im Deutschen). Es wird aber auch als spaßige Variante des Chōon verwendet, d. h. um einen humorvollen, singsangartigen Tonfall anzuzeigen.

Als Buchstabe

Das Afrikanische Referenzalphabet (eine 1982 konzipierte Erweiterung des lateinischen Alphabets für afrikanische Sprachen) enthält eine linearised tilde als 32. seiner 60 Buchstaben, alphabetisch vor dem „n“ eingeordnet.<ref>Michael Mann, David Dalby, A Thesaurus of African Languages, London 1987, ISBN 0-90-5450-24-8, S. 207 (Tabelle des Alphabets), S. 210 (Erläuterung)</ref> Sie kennzeichnet einen vorangehenden Buchstaben als nasal. Durch die Gestaltung als vollwertiger Buchstabe (der auch wie andere Kleinbuchstaben die volle x-Höhe einnimmt) wurde einem der Konstruktionsprinzipien des Alphabets, nämlich keine Diakritika verwenden zu müssen, Rechnung getragen. Da das Alphabet unikameral ist (also keine Großbuchstaben kennt), ist keine Versalform angegeben. Der Buchstabe ist in keine aktuelle Orthografie übernommen und ist auch nicht in Unicode enthalten (Stand 2013, Unicode Version 6.3).

Darstellung auf dem Computer

Zeichensätze

Diakritische Zeichen

In den Zeichensätzen der ISO-8859-Familie kommen ausgewählte Zeichen mit Tilde vor, ISO 8859-1 enthält Ãã,Ññ,Õõ

Unicode enthält

Satzzeichen und andere Zeichen

Im Zeichensatz ASCII kommt das Zeichen «~» vor, es steht auf Codenummer 126, Unicode U+007E<ref name="ff007e">Unicode Character 'TILDE' (U+007E), fileformat.info</ref>

Unter Windows wird sie bei einem deutschsprachigen Tastaturlayout durch die Kombination der Tasten Alt Gr und + (Schweiz: ^) geschrieben. Unter Mac OS erzeugt man dieses Zeichen durch die Tastenkombination Alt+N und unter Linux durch Alt Gr++; wird anschließend die Leertaste gedrückt, wird eine einzelne Tilde erzeugt, das anschließende Tippen eines Buchstabens (z. B. n) ergibt den Buchstaben mit Tilde (ñ).

Weitere Tildenzeichen:

TeX und LaTeX

TeX und LaTeX können beliebige Zeichen mit Tilde darstellen. Es gibt dazu zwei verschiedene Befehle

  • im Textmodus für den Textsatz erzeugt \~a ein ã
  • im mathematischen Modus für den Formelsatz erzeugt \tilde a die Formel <math>\tilde a</math>

Für das ASCII-Zeichen ~ (kleine Tilde, hochgestellt) empfiehlt sich mit LaTeX2e der Befehl \textasciitilde – in plain TeX und LaTeX2.09 muss es mit \~{} umschrieben werden. Die große Tilde ~ wird hingegen mit \sim (im mathematischen Modus) kodiert.

Das Tilde-Zeichen selbst ist auch ein Befehl in LaTeX: Es erzeugt ein geschütztes Leerzeichen.

Eingabe

Mit der deutschen Standard-Tastaturbelegung T2 wird das Zeichen als Alt Gr+i eingegeben. Diese Kombination wirkt als Tottaste, d. h. ist vor dem Grundbuchstaben einzugeben.

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Tilde – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

<references />