Elbewerft Boizenburg


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Elbewerft Boizenburg
Rechtsform 1948 – 1990 VEB
1991 – 1997 GmbH
Gründung 1948
Auflösung 1997
Sitz Boizenburg
Branche Schiffsbau

Die Elbewerft Boizenburg war eine Werft für den Bau von Binnenschiffen und kleinen Seeschiffen in Boizenburg, Mecklenburg-Vorpommern.

Geschichte

Von der Gründung 1793 bis 1945

Der ursprüngliche 1793 von Franz Jürgen Lemm gegründete Bootsbaubetrieb<ref>Auszüge aus dem Buch 'Boizenburg in alten Ansichten Band 1'</ref> in Boizenburg baute 1895 das erste Stahlschiff, blieb bis 1917 in der Familie, wurde dann an das Bankhaus Carlo Thomsen verkauft und in die Norderwerft AG eingebracht. 1921 wurde die Elbewerft mit der Norddeutsche Union Werke (Tönning) verschmolzen, die 1925 in Konkurs gingen und in die Auffanggesellschaft Boizenburger Werft kam. Ab 1938 hieß sie dann Thomsen & Co.

Seit 1933 erhielt die Werft Thomsen & Co. viele Rüstungsaufträge. Es kam es zu Konflikten zwischen NSDAP und dem Hauptgesellschafter, dem Werftdirektor Mahr, der an der Beschäftigung zweier jüdischer Angestellter festhielt. Mahr wurde 1938 wegen angeblicher Steuerhinterziehung festgenommen, er nahm sich in der Haft das Leben.<ref>Zwangsarbeit in der Metallindustrie 1939 - 1945 Das Beispiel Mecklenburg-Vorpommern Dr. Friedrich Stamp 2001</ref> Im Zweiten Weltkrieg wurden in der Werft mehrere hundert sowjetische, polnische, französische, niederländische und belgische Zwangsarbeiter eingesetzt. Sie lebten unter unmenschlichen Bedingungen in einem Ostarbeiterlager auf dem Elbberg. Die Belegschaft der Werft Thomsen & Co. wuchs bis Kriegsende auf 1800 an, von denen ein Großteil ausländische Zwangsarbeiter waren. Von August 1944 bis April 1945 mussten ungarische Jüdinnen des KZ-Außenlagers Boizenburg für die Werft Zwangsarbeit verrichten.<ref>http://media.offenes-archiv.de/boizenburg.pdf</ref>

Produktion ab 1945

Die Werft kam 1945 unter Treuhandverwaltung, 1947 wurde der Betrieb Landeseigentum und 1948 zum Volkseigenen Betrieb mit dem Namen VVW Elbewerft Boizenburg VEB. Die Werft hatte den Krieg ohne Schäden überstanden, wurde nicht demontiert. In der ersten Nachkriegszeit produzierte man Güter wie Wagenräder für Ackerwagen oder Herde, 1945 wurde aber bereits mit der Fertigung von 12 Fischkuttern<ref>Heinz Schröter, Rudolf Wulff und Gert Uwe Detlefsen: 200 Jahre Elbewerft Boizenburg, S.50</ref> als Reparationsauftrag begonnen. Am 16. März 1946 fand der erste Stapellauf nach dem Krieg statt, am 30. März wurden die Fischlogger an die SMAD übergeben, ab dem Zeitpunkt wurden auf Anweisung der SMAD alle Schiffbaufremden Tätigkeiten aufgegeben. Nach weiteren Reparationsaufträgen von Heringsloggern und Gefrierschiffen im Wert von rund 200 Mio. DM wurden Küstenmotorschiffe gebaut. Es folgten Motorgüterschiffe für die Binnenschifffahrt, Fischkutter und Hecktrawler für den Export und für das VEB Fischkombinat Saßnitz. Ab 1957 wurden Schiffe exportiert, Kümos nach Albanien, Fischkutter nach Island und Kuba.

Vereinigung zur VEB

1970, nach der Vereinigung der Roßlauer Schiffswerft zum VEB Elbewerften Boizenburg/Roßlau, wurde eine Serie von 24 kleinen Containerschiffen der Serie Boltenhagen gebaut, die im Zubringerdienst und Küstenverkehr eingesetzt wurden. Es folgten sehr arbeitsaufwendige Kabinenfahrgastschiffe unter anderem für die Binnenwasserstraßen der UdSSR, vor allem die Dmitriy-Furmanov-Klasse. Ebenfalls für die UdSSR entstand eine große Anzahl Container-Binnen-Küstenmotorschiffe des Typ CBK. Sie wurden, unter Demontage der obersten Decks wegen der Elbbrücken, nach Hamburg verholt. Nach dem anschließenden Zusammenbau wurden sie zum Teil im Schwimmdock oder mit Schwerlastschiffen, wie z. B. der Mighty Servant, zu ihren Einsatzorten nach Fernost, wie zum Flussgebiet des Amur verbracht. Die rationalisierte Serienfertigung führte auch zu innerbetrieblichen Maßnahmen wie intensive Mitarbeiterschulung, Neubau einer Schiffbauhalle zur Sektionsbauweise, Helling mit Schiffsgewichten bis 2.000 t. 1979 erfolgte die Eingliederung in das Kombinat Schiffbau.

Elbewerft Boizenburg GmbH

Nach der Wiedervereinigung wurden die Werften wieder getrennt und die Elbewerft Boizenburg wurde eine Tochter der Deutschen Maschinen- und Schiffbau AG (DMS AG). Die DMS AG ist die Nachfolgeeinrichtung vom Kombinat Schiffbau. Unter der Regie des Kombinats wurden die Aufträge und die Abarbeitung aller Werften im Osten Deutschlands bis 1990 koordiniert. Nach der anschließenden Privatisierung der Betriebe der DMS AG durch die Treuhandanstalt übernahm die Unternehmensgruppe Petram und Brand die Elbewerft Boizenburg und nach der Zahlungsunfähigkeit des Hauptauftraggebers wurde 1997 Insolvenz beantragt. In der Elbewerft Boizenburg wurden fast 500.000 BRT /BRZ an Schiffsraum gebaut, davon rund 150.000 BRT/BRZ an Seeschiffen, der Rest waren Binnenschiffe, Pontons, Schwimmkräne und Schwimmrammen.

Einzelnachweise

<references />

Literatur

  • E. Müller, R. Schlott, K. Wietasch: Technische Innovationen in der Binnenschifffahrt 100 Jahre Schiffbautechnische Gesellschaft. Springer, Berlin 2001.
  • R. Schönknecht, A. Gewiese: Binnenschiffahrt zwischen Elbe und Oder. Hamburg 1996.
  • H. Schröter, R. Wulff und G. U. Detlefsen: 200 Jahre Elbewerft Boizenburg. Bad Segeberg 1994.

Weblinks