Wasserstoffwirtschaft
Eine Wasserstoffwirtschaft ist ein Konzept einer Energiewirtschaft, die hauptsächlich oder ausschließlich Wasserstoff als Energieträger verwendet. Bisher wurde eine Wasserstoffwirtschaft in keinem Land der Erde verwirklicht.
Wasserstoff ist wie Elektrischer Strom kein Primärenergieträger, sondern muss erst künstlich und unter Energieverlusten aus anderen Energiequellen (fossile Energie, Kernenergie oder Erneuerbare Energien) gewonnen werden. Damit ist eine Wasserstoffwirtschaft nicht automatisch nachhaltig, sondern nur so nachhaltig wie die Primärenergie, aus denen der Wasserstoff gewonnen wird.<ref>Nicola Armaroli, Vincenzo Balzani, The Future of Energy Supply: Challenges and Opportunities. In: Angewandte Chemie International Edition 46, (2007), 52–66, S. 61, doi:10.1002/anie.200602373.</ref> Derzeit geschieht dies bei Wasserstoff zum Einsatz in der Chemieindustrie weitestgehend auf Basis Fossiler Energieträger. Konzepte für zukünftige Wasserstoffwirtschaften sehen hingegen zumeist die Wasserstoffgewinnung aus Erneuerbaren Energien vor, womit eine solche Wasserstoffwirtschaft emissionsfrei sein könnte.
Während eine klassische Wasserstoffwirtschaft bisher in keinem Staat der Erde angestrebt wird, existieren in vielen Staaten der Erde Planungen, im Rahmen der Energiewende und des Ausbaus von Erneuerbaren Energien Wasserstoff oder aus Wasserstoff gewonnene Brennstoffe wie Methan oder Methanol verstärkt in die bisherige Energieinfrastruktur einzubinden. Eine wichtige Rolle hierbei spielt die Power-to-Gas-Technologie, der eine wichtige Rolle als Langfristspeicher zuerkannt wird.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Geschichte
- 2 Die Ebenen einer Energiewirtschaft
- 3 Effizienz der Energiekette
- 4 Umwelt- und Klimaschutz
- 5 Unfallrisiko in einer Wasserstoffwirtschaft
- 6 Kritik
- 7 Siehe auch
- 8 Literatur
- 9 Einzelnachweise
Geschichte
- 1874 – beschrieb der Schriftsteller Jules Verne in einem Dialog seiner Romanfiguren auf die Frage, was in späteren Zeiten einmal statt Kohle verbrannt werden solle, erstmals die Vision, Wasserstoff und Sauerstoff als Energiequelle zu verwenden.<ref>Jules Verne: Die geheimnisvolle Insel, 1875, ISBN 978-3-401-00260-6.</ref>
- 1923 – nannte der Wissenschaftler John Burdon Sanderson Haldane in einem Aufsatz zum ersten Mal die Grundzüge einer Wasserstoffwirtschaft.<ref>John Burdon Sanderson Haldane: Daedalus oder Wissenschaft und Zukunft; Drei Masken Verlag, München 1925</ref>
- 1970 – verwendete der australische Elektrochemiker John Bockris erstmals den Begriff „Wasserstoffwirtschaft“ (engl. hydrogen economy) während einer Besprechung im General Motors Technical Center in Warren, Michigan.<ref>History of Hydrogen (Quelle: New York State Energy Research and Development Authority, Abgerufen am 4. August 2011)</ref> und prägte ihn nach Joseph J. Romm<ref name="Romm">Joseph J. Romm, Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA; 1. Auflage vom 20. Februar 2006: Der Wasserstoff-Boom, ISBN 3-527-31570-5</ref> in den Folgejahren maßgeblich.
- 1975 – entwarf John Bockris zusammen mit dem Physiker Eduard Justi das vollständige Konzept einer Wasserstoffwirtschaft.<ref name="H2 fuer alle Zeiten 1975">John O. M. Bockris, Eduard W. Justi: Wasserstoff. Energie für alle Zeiten. Konzept einer Sonnen-Wasserstoff-Wirtschaft. Augustus Verlag, ISBN 3-8043-2591-2.</ref>
- 1980 – entwickelte der Physiker Reinhard Dahlberg unter dem Eindruck der Ölkrise das Konzept einer Wasserstoffwirtschaft, in der solarer Wasserstoff in Wüstengebieten erzeugt und über Pipelines zu den Verbrauchern transportiert wird.<ref>Der Wasserstoff Guide: Geschichte (Quelle: Hydrogeit)</ref> Wesentlicher Beweggrund war der Ersatz der versiegenden fossilen Rohstoffe. Dahlberg hatte aber nicht nur die technischen, sondern auch die wirtschaftlichen Aspekte seiner Wasserstoffwirtschaft betrachtet.
- 1999 – nahm die Isländische Regierung das Ziel einer Wasserstoffwirtschaft (unter dem Vorbehalt von Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit) in ihr Regierungsprogramm auf.<ref>Island auf Kurs zum Wasserstoff (Quelle: Deutscher Wasserstoffverband Stand: 21. Oktober 1999; PDF; 32 kB)</ref> Der Fokus Islands lag dabei besonders auf Wasserstoffantrieben für Fahrzeuge und die Fischereiflotte, um unabhängig vom Öl zu werden. Das Land besitzt keine abbaubaren fossilen Brennstoffe, ist aber reich an stromerzeugender Wasserkraft und Geothermie.
- 2002 – beschrieb der Ökonom Jeremy Rifkin das Konzept einer Wasserstoffwirtschaft in seinem Buch Die Wasserstoff-Revolution. Für Rifkin sind die negativen Auswirkungen auf die Wirtschaft durch steigende Ölpreise und der Endpunkt der fossilen Brennstoffe als „prekärster Augenblick der postindustriellen Geschichte“ ein wichtiger Beweggrund.<ref>Jeremy Rifkin: Die H2-Revolution. Campus Verlag, Frankfurt/Main 2002, ISBN 978-3-593-37097-2.</ref><ref>Ölkrise verändert die Globalisierung (Quelle: Die Zeit, Stand: 3. Juni 2008)</ref>
- 2003 kritisierte der bisherige Wasserstoff-Befürworter Ulf Bossel die geringe Wirtschaftlichkeit einer Wasserstoffwirtschaft<ref>Ulf Bossel, 15. April 2003: The Future of the Hydrogen Economy: Bright or Bleak? (PDF; 246 kB), aufgerufen 11. September 2013</ref>
- 2006 analysierte Joseph J. Romm die Aussichten einer Wasserstoffwirtschaft in den USA und äußerte: „Wenn einige Leute so tun, als liege die Wasserstoffwirtschaft schon in Reichweite, so meinen sie damit lediglich ein ökonomisches System, in dessen Mittelpunkt Wasserstoff aus Erdgas und anderen schadstoffreichen fossilen Brennstoffen steht.“<ref name="Romm"/>
- 2007 – nahm das Europäische Parlament auch unter der Beratung durch Jeremy Rifkin<ref>heise.de, 24. Mai 2007: Auf Wiedersehen Wasserstoff, Abschnitt: Visionen für die Politik, aufgerufen 11. September 2013</ref> eine Erklärung an, in der die Schaffung einer umweltfreundlichen Wasserstoffwirtschaft mit einer funktionierenden Wasserstoffinfrastruktur bis 2025 gefordert wird. Als Begründung werden in der Erklärung die globale Erwärmung und die zunehmenden Kosten der fossilen Brennstoffe aufgeführt.<ref name="euro" >Schriftliche Erklärung zur Wasserstoffwirtschaft vom 12. Februar 2007 (Quelle: Europäisches Parlament)</ref>
Die Ebenen einer Energiewirtschaft
Die Vorstellungen gehen von einer Durchsetzung des Wasserstoffes auf allen Ebenen der Energiewirtschaft aus:
- Erschließung benötigter Primär-Energiequellen
- Energiegewinnung
- Energiespeicherung
- Nutzung der Energie
- Energiehandel und Verteilung
- Vertrieb und Abrechnung
- Gewährleistung der Versorgungssicherheit
Jede dieser Ebenen ist für Wasserstoff technisch erforscht und teilweise praktisch realisiert.
Herstellung von Wasserstoff
Herstellung aus fossilen Energieträgern
Heutzutage wird Wasserstoff fast ausschließlich aus fossilen Energieträgern hergestellt. Die weltweit produzierte Menge von Wasserstoff aus Erdgas und Schweröl beträgt ca. 310 Mrd. m³ i.N. und ca. 9 Mrd. m³ i.N. in Deutschland (Stand 1999).<ref name="hydrogeit">Hydrogeit Herstellung von Wasserstoff (Quelle: Hydrogeit Verlag)</ref> Erdgas und Schweröl sind fossile Primärenergieträger. Bei der Herstellung von Wasserstoff mittels dieser Stoffe wird dementsprechend das klimaschädliche Kohlendioxid freigesetzt. Dies steht der vom Europäischen Parlament geforderten Einführung einer umweltfreundlichen Wasserstoffwirtschaft entgegen.<ref name="euro" />
Ein Teil des Wasserstoffs entsteht auch als Nebenprodukt in der chemischen Industrie, z. B. bei der Benzinreformierung und der Ethylenproduktion. Er entsteht aber auch Nebenprodukt bei der Chloralkali-Elektrolyse und der Herstellung von Kokereigas durch die Kohlevergasung. 1999 wurden durch die chemische Industrie weltweit 190 Mrd. m³ i.N. und in Deutschland 10 Mrd. m³ i.N. hergestellt.<ref name="hydrogeit" /> Meist wird der so entstandene Wasserstoff durch Verbrennung direkt vor Ort energetisch genutzt.
Herstellung aus Elektrischer Energie (Elektrolyse)
Um eine nachhaltige Wasserstoffwirtschaft zu ermöglichen, muss der Wasserstoff aus Erneuerbaren Energien gewonnen werden. Da das Potential der Bioenergie begrenzt ist, kommen hier v.a. die Windenergie und die Solarenergie (Photovoltaik und Solarthermische Kraftwerke) in Frage, die sowohl weltweit als auch in Deutschland über viel größere Potentiale verfügen als die Biomasse.<ref> Vgl. Volker Quaschning, Regenerative Energiesysteme. Technologie - Berechnung - Simulation. 8. aktualisierte Auflage. München 2013, S. 49.</ref> Es wird davon ausgegangen, dass Wind- und Solarenergie die Hauptlast in einem regenerativen Energiesystem decken werden<ref>Sarah Becker et al, Features of a fully renewable US electricity system: Optimized mixes of wind and solar PV and transmission grid extensions. In: Energy 72, (2014), 443–458, S. 443, doi:10.1016/j.energy.2014.05.067.</ref>, einige Studien verzichten sogar vollständig auf den Einsatz von Biomasse.<ref>Mark Z. Jacobson, Mark A. Delucchi, Providing all global energy with wind, water, and solar power, Part I: Technologies,energy resources,quantities and areas of infrastructure, and materials. In: Energy Policy 39, (2011), 1154–1169, doi:10.1016/j.enpol.2010.11.040.</ref> All diese Konzepte sehen zumeist aber nur eine ergänzende Rolle des Wasserstoffs in einer Strombasierten Wirtschaft vor, keine vollständige Wasserstoffwirtschaft im eigentlichen Sinne.
In einer vollständig regenerativen Stromwirtschaft werden bei hohen Anteilen variabler Erzeuger wie Wind- und Solarstrom Langfristspeicher zum Ausgleich benötigt. Hierfür kommen vor allem chemische Speicher wie die Wasserstoffherstellung, ggf. in Verbindung mit nachgeschalter Methanisierung, in Frage. Bei der Wasserstoffherstellung, -speicherung und anschließender Rückverstromung liegt der Wirkungsgrad derzeit (2013) bei maximal 43 %, bei der Methanisierung bei 39 %.<ref>Volker Quaschning, Regenerative Energiesysteme. Technologie - Berechnung - Simulation. 8. aktualisierte Auflage. München 2013, S. 373.</ref> Sterner et al geben Wirkungsgradspannen zwischen 34 und 44 % für die die Kette Wasserstofferzeugung, Speicherung und Rückverstromung an.<ref>Energiewirtschaftliche und ökologische Bewertung eines Windgas-Angebotes S. 18. Fraunhofer IWES. Abgerufen am 14. November 2014.</ref> Es wird davon ausgegangen, dass perspektivisch elektrische Gesamtwirkungsgrade bis maximal 49 bis 55 % erreicht werden.<ref>Dan Gao, Dongfang Jiang, Pei Liu, Zheng Li, Sangao Hu, Hong Xu, An integrated energy storage system based on hydrogen storage: Process configuration and case studies with wind power. Energy 66 (2014) 332-341 doi:10.1016/j.energy.2014.01.095.</ref>
Dieses Verfahren wird seit Oktober 2011 in einem Pilotprojekt bei Enertrag im brandenburgischen Prenzlau eingesetzt.<ref>Wasserstoff Hybridkraftwerk (Quelle: Enertrag Stand: 18. Januar 2011; PDF; 37 kB)</ref> Nicht benötigter Strom wird mit einem 500 kW Druck-Elektrolyseur in Wasserstoff umgewandelt und steht so für Berlins Wasserstofftankstellen<ref name="enertrag">Interview mit Enertrag-Vorstand Werner Diwald (Stand: 12. Mai 2011 Quelle: Autogazette)</ref> zur Verfügung oder wird bei Bedarf in einem Hybridkraftwerk wieder verstromt.
Greenpeace Energy lieferte seit Oktober 2011 ebenfalls Wasserstoff aus überschüssigem Windstrom der in reiner Form oder umgewandelt zu Methan in das Erdgasnetz eingespeist wird.<ref>Mit Windgas in den Atomausstieg (Quelle: Presseportal Stand: 17. März 2011)</ref>
Die Audi AG plant, ab 2013 im niedersächsischen Werlte Wasserstoff aus Windstrom zu erzeugen. Der erzeugte Wasserstoff wird zunächst in CNG umgewandelt, um als Treibstoff für Erdgasfahrzeuge zu dienen. Der erzeugte Wasserstoff kann aber auch direkt in Brennstoffzellenfahrzeugen eingesetzt werden.<ref>Audi gibt Co2 eine Chance (Quelle: Heise Stand: 18. Mai 2011)</ref><ref>Ein Autohersteller als Öko-Aktivist (Quelle: Der Spiegel Stand: 13. Mai 2011)</ref>
Gute Wirkungsgrade verspricht die Hochtemperaturektrolyse, weil der Bedarf an elektrischer Energie mit steigender Temperatur sinkt. Die Hochtemperaturelektrolyse ist besonders interessant, wenn Abwärme aus anderen Prozessen genutzt werden kann, z. B. bei solarthermischen Kraftwerken.<ref>Solarer Wasserstoff (Quelle: Forschungsverbund Erneuerbare Energien Stand: 2002; PDF; 289 kB)</ref> Das Verfahren befindet sich 2011 aber noch im Entwicklungsstadium.
Wasserstoff aus Bioenergie
Die Erzeugung von Wasserstoff aus dem Primärenergieträger Biomasse ist, abgesehen vom Aufwand zur Erzeugung (beispielsweise Düngemittel, Pflanzenschutzmittel usw.), dem Transport und der Verarbeitung/Aufbereitung der Biomasse, klimaneutral, weil das bei der Herstellung freigesetzte Kohlendioxid der Atmosphäre vorher durch die Photosynthese entzogen wurde. Dies entspricht der vom Europäischen Parlament geforderten Einführung einer umweltfreundlichen Wasserstoffwirtschaft.<ref name="euro" />
Wasserstoff kann aus Biomasse durch Gärung oder thermochemisch, z. B. durch Dampfreformierung, hergestellt werden (→ Siehe auch Hauptartikel: Wasserstoffherstellung).
Eine großtechnische Herstellung von Wasserstoff aus Biomasse existiert mit Stand 2011 nicht. Die Verfahren befinden sich meist noch im Stadium der Entwicklung. Ein Beispiel hierfür ist das Projekt „Blauer Turm“ in Herten. Die geplante Anlage sollte 150 m³ Wasserstoff in der Stunde produzieren, die Haupteigentümerin, die Firma Solar Millennium AG ging Ende 2011 in die Insolvenz.
Potential und Flächenbedarf der Energiepflanzen
→ Siehe auch Artikel: Potentiale und Flächenbedarf und Biomassepotential
In Deutschland lag der Primärenergiebedarf im Jahr 2014 bei ca. 13.000 PJ.<ref>PDF Internetseite des Bundeswirtschaftsministeriums. Abgerufen am 8. Juli 2015.</ref> Nach den Energieszenarien der Bundesregierung kann die zur Erzeugung von Biomasse genutzte Fläche bis 2050 ca. 4 Mio. ha (2011: 1,8 Mio. ha) betragen, ohne in Nutzungskonkurrenzen mit der Nahrungsmittelerzeugung zu geraten. Das sind nur 24 % der heute landwirtschaftlich genutzten Flächen. Daraus wird ein Primärenergiepotential von 740 PJ (18,5 MJ/kg bei 10 t/ha) errechnet.<ref name="energieszenarien">Ergebnis der Energieszenarien der Bundesregierung (Quelle: Informationsdienst Wissenschaft IDW Stand: 28. April 2011)</ref>
Am Beispiel der Ertragswerte von Miscanthus (18,5 MJ/kg bei bis zu 20 t/ha) errechnet sich ein Primärenergiepotential von 1480 PJ/Jahr. Abhängig von den angenommenen Parametern kann der Wert stark schwanken.
Allerdings steht die Herstellung von Wasserstoff aus Biomasse neben deren direkten energetischen Nutzung auch in Konkurrenz zur Biomasseverflüssigung. Die so gewonnenen Kraftstoffe haben als Energieträger eine höhere Energiedichte als Wasserstoff und sind einfacher handhabbar.<ref name="Bossel2006">Ulf Bossel, Theorie und Praxis, April 2006: Wasserstoff löst keine Energieprobleme, aufgerufen am 24. September 2014</ref>
Potential biogener Reststoffe
Biogene Reststoffe aus der Landwirtschaft, Landschaftspflegeholz, Waldrestholz und unbelastetes Industrierestholz können ebenfalls zur Herstellung von Wasserstoff verwendet werden. Das Potential biogener Reststoffe wird vom Bundesumweltministerium auf 900 PJ geschätzt.<ref name="energieszenarien" />
Speicherung und Verteilung von Wasserstoff
Wasserstoff in Rohrleitungen
In einer voll ausgebauten Infrastruktur mit entsprechenden Abnahmemengen wird eine Verteilung über Pipelines deutlich energieeffizienter und kostengünstiger sein. Dazu könnte ein Großteil des bereits bestehenden Erdgasnetzes verwendet werden.<ref>Biowasserstoffmagazin 18. Ausgabe S.33 Pipelinetechnologie (PDF; 1,2 MB)</ref> Das Erdgasnetz ist für die Aufnahme von Wasserstoff geeignet.<ref>Zumischung von Wasserstoff im Erdgasnetz (Quelle: Deutscher Verein des Gas und Wasserfaches Stand Oktober 2010; PDF; 180 kB)</ref><ref>Erdgasleitungen als Speicher für Windenergie (Quelle: Heise Stand: 18. April 2011)</ref> Vor der Umstellung auf Erdgas wurden die deutschen Gasnetze mit Stadtgas betrieben, das zum überwiegenden Teil aus Wasserstoff bestand.
Die Speicherkapazität des deutschen Erdgasnetzes liegt bei mehr als 200.000 GWh und kann den Energiebedarf mehrerer Monate zwischenspeichern.<ref>Ökostrom als Erdgas speichern (Quelle: Fraunhofer Institut Stand: 26. April 2010)</ref> Zum Vergleich: die Kapazität aller deutschen Pumpspeicherkraftwerke beträgt dagegen nur 40 GWh.
Es gibt zudem ausreichend praktische Erfahrungen mit Wasserstoffleitungen:
- Im Ruhrgebiet wird seit Jahrzehnten ein über 240 km langes Wasserstoffnetz betrieben.
- In Sachsen-Anhalt besteht ein 90 km langes, gut ausgebautes Wasserstoff-Pipeline-System der Linde-Gas AG in einer Region mit starker industrieller Gasnachfrage zwischen Rodleben-Bitterfeld-Leuna-Zeitz.<ref>Deutschland auf dem Weg zur Wasserstoff-Wirtschaft</ref><ref>Wasserstoff über die Pipeline vom Industriestandort Leuna</ref><ref>Wasserstoff - Der neue Energieträger - Deutscher Wasserstoff- und Brennstoffzellen- Verband e. V. Internet: [1]</ref>
- Weltweit existierten 2010 mehr als tausend Kilometer Wasserstoffleitungen.<ref>Transport von Wasserstoff (Quelle: TÜV Süd)</ref> Air Liquide betreibt 12 Pipeline-Netze mit einer Gesamtlänge von 1200 km<ref>Wasserstoff als Energieträger (Quelle: Air Liquide)</ref>
Der Energietransport über ein Gasnetzwerk erfolgt mit wesentlich weniger Verlusten (< 0,1 %) als bei einem Stromnetzwerk (8 %).<ref name="Wasserstofftransport">Wasserstofftransport (Quelle: H2 Works)</ref>
Das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Baden-Württemberg will künftig (Stand 2011) den Ausbau einer Wasserstoff-Infrastruktur unterstützen.<ref>Im Land soll eine Wasserstoff-Infrastruktur für eine zukunftsfähige Energienutzung und nachhaltige Mobilität aufgebaut werden (Quelle: Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, Baden-Württemberg Stand 19. Januar 2011)</ref>
Energetische Nutzung des Wasserstoffs
Wichtigstes Element der Nutzung von Wasserstoff ist die Brennstoffzelle. Sie wandelt die im Wasserstoff enthaltene Energie in Wärme und Elektrizität um.
Nutzung im Haus
→ Siehe auch Artikel: Stationärer Einsatz
Bei der häuslichen Stromerzeugung mittels Brennstoffzelle kann wie bei der Blockheizkraftwerktechnik auch eine Kraft-Wärme-Kopplung realisiert werden, die den Gesamtwirkungsgrad steigert. Da bei dieser Betriebsweise die Wärmeproduktion im Vordergrund steht, werden diese Systeme nach dem Wärmebedarf gesteuert, wobei der erzeugte elektrische Strom in das öffentliche Stromnetz eingespeist wird.
Vaillant hat ein Brennstoffzellenheizgerät entwickelt, das über einen Reformer auch mit Erdgas betrieben werden kann.<ref name="Vaillant">Brennstoffzellenheizgerät - Daten und Fakten (Quelle: Vaillant Group; PDF; 83 kB)</ref>
Der theoretisch erreichbare brennwertbezogene Wirkungsgrad liegt bei ca. 83 %.<ref name="Energie- und Wärmetechnik"> Richard Herbrik: Energie- und Wärmetechnik B.G. Teubner Stuttgart 1993 2. Auflage; Kap.4.1</ref> Bezieht man den Wirkungsgrad, wie bei Wärmekraftwerken und Verbrennungsmotoren üblich auf den Heizwert, ergibt sich ein theoretisch maximaler Wirkungsgrad von ca. 98 %. Die Systemwirkungsgrade liegen je nach Brennstoffzellentyp zwischen 40 % und 65 %, wobei unklar ist, ob diese brennwert- oder heizwertbezogen sind.<ref name="BZ">Funktionsprinzip von Brennstoffzellen (Quelle: Netzwerk Brennstoffzelle und Wasserstoff NRW)</ref><ref>Wissen Brennstoffzelle (Quelle: Hydrogeit Verlag)</ref>
Nutzung im Verkehr
→ Siehe auch Artikel: Brennstoffzellenfahrzeug
Im Brennstoffzellenfahrzeug wird mit der Brennstoffzelle elektrischer Strom erzeugt, der einen Elektromotor antreibt. Die Versorgung mit Wasserstoff geschieht über einen Drucktank (z. B. 700 bar), der an einer Wasserstofftankstelle aufgetankt werden kann. Auch in Bussen wird die Wasserstofftechnik praxisnah erprobt. Die aktuelle Generation von Wasserstoffbussen (2009) erreicht mit 35 kg Wasserstoff eine Reichweite von rund 250 km.<ref>ATZ Online, 19. November 2009: Großversuch in Hamburg, eingefügt 15. Februar 2012</ref>
Brennstoffzellen-Autos sind wesentlich teurer als Elektro-Autos. Ein solches Fahrzeug wird nach Aussage von Fritz Henderson (CEO von General Motors) rund 400.000 $ kosten.<ref>GM CEO: electric cars require teamwork; hydrogen cars 10x more expensive than Volt vom 30. Oktober 2009 (Quelle: Washington Post)</ref> Die Fahrzeughersteller Toyota, Nissan, Mercedes-Benz und Honda haben nach eigenen Angaben die Produktionskosten für wasserstoffgetriebene Fahrzeuge inzwischen drastisch reduziert.
Mit dem Mercedes B-Klasse F-Cell sowie zwei Vorserienfahrzeugen des Hyundai ix35 Fuel Cell Electric Vehicle (FCEV) wurden Reichweiten von 500 km bei Maximalgeschwindigkeiten von 80 km/h erreicht.<ref>J. Wilms: Wasserstoff-Autos auf Weltrekordfahrt. In: Die Zeit vom 26. April 2012</ref>. Um die Alltagstauglichkeit des Wasserstoffantriebes nachzuweisen, hat Daimler eine „Weltumrundung“ mit mehreren Brennstoffzellenfahrzeugen der B-Klasse erfolgreich abgeschlossen. 200 Serienfahrzeuge dieses Typs wurden 2010 an Kunden ausgeliefert.<ref>Mercedes B-Klasse F-Cell auf Weltreise (Quelle: Heise Stand: 31. Januar 2011)</ref>
Außerdem sind mit der Technik des Hydrail seit 2005 auch die Schienenfahrzeuge in den Blickwinkel der Wasserstoffwirtschaft gekommen. <ref>Zukunft des Schienenwesens : [2]</ref> Als eine der ersten Firmen nahm die Japanische East Railroad Company zu Testzwecken eine Hydrid-Lok in Betrieb.<ref>Development of the World's First Fuel Cell Hybrid Railcar. (11. April 2006) East japan Railway Company. Abgerufen 18. Juni 2013.</ref>
Die Schweizererische Bundesbahn (SBB) führt seit Frühjahr 2014 in ihren rollenden Minibars mit Wasserstoff betriebenen Brennstoffzellen ein, um genug Energiervorrat für die eingebaute Espressomaschine unterwegs zu haben, die jetzt unterwegs auch den Fahrgästen Cappuccino bieten kann. Die bisher verwendeten üblichen Akkumulatoren wären für diese energieaufwendige Aufgabe zu schwer gewesen.<ref>SBB Minibar: Dank Brennstoffzellen neu auch Cappuccino Benedikt Vogel, im Auftrag des Bundesamts für Energie BFE abgerufen am 8. Mai 2014</ref>
Effizienz der Energiekette
Begriffsdefinition
- Kosteneffizienz
- ist ein Maß für den Geldertrag unter Berücksichtigung der eingesetzten Kosten. Je kosteneffizienter eine Technologie, desto höher ist ihre Wirtschaftlichkeit.
- Energieeffizienz
- ist ein Maß für den Energieertrag unter Berücksichtigung der eingesetzten Energie. Je energieeffizienter eine Technologie, desto höher ist ihr Wirkungsgrad.
- ökologische Effizienz
- ist ein Maß für Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit. Sie wird oft als "CO2-Ausstoß" durch die Umrechnung der Freisetzung beim Verbrauch endlicher fossiler Energieträger angegeben.
Kosteneffizienz geht nicht zwingend mit Energieeffizienz und ökologische Effizienz einher. So hat z. B. ein Kohlekraftwerk bei der Erzeugung von Strom mit einem Wirkungsgrad von 30–40 % eine schlechte Energieeffizienz, ist aber wegen des niedrigen Kohlepreises sehr kosteneffizient und damit auch wirtschaftlich.
Beispiel: Die Umwandlungskette well to tank ohne Rohrleitungsnetz:
- Strom aus Windkraft → Stromtransport → Wasserstoff aus Dampfreformation → Wasserstoffverflüssigung → Transport im Tankwagen → umfüllen/lagern an der Tankstelle
ist vom technischen Wirkungsgrad her nicht besonders energieeffizient. 1 kg Wasserstoff kostet dennoch im Mai 2011 nur 8 Euro.<ref name="h2kosten">Kraftstoffkostenvergleich (Stand: Mai 2011 Quelle: Auto&Umwelt Autoportal)</ref> Dies ist der Wasserstoffpreis, den der Kunde an der Tankstelle zu zahlen hat, also inclusive der Investitionen für Aufbau und Betrieb der Wasserstofftankstelle, allerdings ohne Berücksichtigung der staatlichen Subventionierung<ref name="Pressemitteilung BMVBS">Bundesregierung und Industrie errichten Netz von 50 Wasserstoff-Tankstellen (Quelle: Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Stand 20. Juni 2012)</ref> und der höheren Kosten für die Anschaffung des Fahrzeuges. Anzumerken ist auch, dass Mineralöl und Wasserstoff derzeit (2012) steuerlich unterschiedlich behandelt werden. Auf Wasserstoff wird keine Mineralöl- bzw. Energiesteuer erhoben.
Fahrzeug mit Brennstoffzelle | Fahrzeug mit Traktionsbatterie | Fahrzeug mit Ottomotor |
---|---|---|
Um mit einem Brennstoffzellenfahrzeug der Mercedes-B-Klasse bei einem Verbrauch von 0,97 kg/100 km<ref name="wattgehtab 2011">wattgehtab.com, 21. März 2011: Mercedes-Benz baut serienfertigung für Brennstoffzellen</ref> und einem Preis von 8,099 €/kg<ref name="h2kosten" /> 100 km weit fahren zu können, zahlt man 7,86 Euro. | Um mit einem Fahrzeug der Mercedes-B-Class Electric Drive mit Traktionsbatterie 100 km zu fahren, benötigt man etwa 16 kWh<ref>caranddriver.com, März 2013: 2014 Mercedes-Benz B-class Electric Drive, aufgerufen 11. September 2013</ref>, was bei 27 Ct/kWh 4,32 € entspricht | Um mit einem Fahrzeug der Mercedes-B-Klasse mit Ottomotor bei einem Verbrauch von 7 l/100 km und einem Benzinpreis von 1,60 Euro/Liter<ref name="h2kosten" /> (E10) 100 km weit fahren zu können, zahlt man 11,05 Euro. |
Damit ist das Brennstoffzellenfahrzeug in Bezug auf den Treibstoffverbrauch trotz mäßiger Energieeffizienz im Betrieb wirtschaftlicher als das Fahrzeug mit Ottomotor, aber unwirtschaftlicher als der direkte Elektroantrieb mit Traktionsbatterie.
Auch nach dem Hart report<ref name="Hart">The Economics of a European Hydrogen Infrastructure for Automotive (Quelle: International Hydrogen Day Stand: 24. Februar 2005; PDF; 149 kB)</ref> sind die Nutzenergiekosten bei Verwendung von konventionell durch Dampfreformierung erzeugtem, unbesteuertem Wasserstoff im Verhältnis zu Benzin durchaus wettbewerbsfähig. Die zu erwartende Besteuerung würde durch steigende Preise für Benzin ausgeglichen. Die angeführte Studie geht dabei von konstanten Preisen für die Wasserstoffherstellung aus.
Wirkungsgrade in einer Wasserstoffwirtschaft
Bei der Ermittlung der Effizienz einer Wasserstoffwirtschaft muss die ganze Umwandlungskette von der Herstellung des Wasserstoffs bis zu Erzeugung der Endenergie beim Verbraucher betrachtet werden.
Die Einschätzung der Wirkungsgrade in den Quellen sind teilweise sehr unterschiedlich, weil sich viele Verfahren noch in der Entwicklung befinden und praktische Produktionserfahrungen noch fehlen. Eine großtechnische Anwendung findet derzeit nicht statt, sodass vor allem die Wirkungsgradangaben zur Wasserstoffgewinnung (2012: fast ausschließlich aus fossilen Quellen) als theoretische Maximalwerte interpretiert werden müssen.
Die für die Wirkungsgrade angenommenen Werte wurden aus der Schwankungsbreite gemittelt und können in der Realität durchaus nach oben oder unten abweichen. Die errechneten Gesamtwirkungsgrade können daher nur Näherungswerte sein.
Art | Angenommener Wirkungsgrad | Daten aus verschiedenen Quellen |
---|---|---|
Wasserstoff thermochemisch aus Biomasse | 0,75 | Der Wirkungsgrad der thermochemischen Herstellung von Wasserstoff aus Biomasse wird je nach Verfahren zwischen 69 % und 78 % angegeben.<ref>Wasserstoffproduktion aus Biomasse (Abschnitt II. Effizienz) (Quelle: H2 Works)</ref> |
Wasserstoff aus Elektrolyse | 0,80 | Der Wirkungsgrad der Wasserelektrolyse wird mit 70 bis 90 % angegeben.<ref>Wasserstoff Hochleistungs-Elektrolyseur (Quelle: Hydrogeit Verlag)</ref> (Dies gilt jedoch nur für elektrische Energie, die nichtthermisch produziert wurde (z.B. in Windkraftanlagen oder Photovoltaikanlagen). Bei konventionellen Kraftwerken und Biomassekraftwerken muss deren Wirkungsgrad (typischerweise zwischen 30 und 60 %) mit dem Wirkungsgrad der Elektrolyse multipliziert werden, womit sich viel niedrigere Gesamtwirkungsgrade ergeben) |
Wasserstofftransport im Gasnetzwerk | 0,99 | < 0,01 % Verluste im Gasnetzwerk.<ref name="Wasserstofftransport" /> |
Strom und Wärme aus Brennstoffzellenheizung | 0,85 | 85 % Wirkungsgrad bezogen auf den Brennwert mit Reformer.<ref name="Vaillant" /> Bei Heizanlagen kann der Wirkungsgrad auch auf den Heizwert des eingesetzten Brennstoffes bezogen werden, dabei können Wirkungsgrade über 100 % entstehen, weil die zurückgewonnene Verdampfungswärme im Heizwert nicht enthalten ist. |
Brennstoffzelle elektrisch | 0,60 | Der elektrische Wirkungsgrad von Brennstoffzellen wird zwischen 35 % und 90 % angegeben. Der elektrische Wirkungsgrad einer PEM-Brennstoffzelle beträgt 60 %.<ref>Probefahrt im Toyota FCHV adv (Quelle: Heise, Stand: 29. Juli 2011)</ref> |
Lithium-Ionen-Akku | 0,94 | Lithium-Ionen-Akkus haben einen Wirkungsgrad von 90–98 %. |
Elektromotor | 0,95 | Der Wirkungsgrad von Elektromotoren wird zwischen 94 % und 97 % angegeben. Traktionsmotoren haben generell sehr hohe Wirkungsgrade. |
Wasserstoff Verdichtung auf 700 bar | 0,88 | Die Verluste bei der Verdichtung betragen ca. 12 %. |
In einer Wasserstoffwirtschaft ergibt sich also für die Energiekette
- Wasserstoff aus Biomasse → Transport im Gasnetzwerk → Strom und Wärme aus Brennstoffzellenheizung ein Wirkungsgrad von 0,75 × 0,99 × 0,95 = 0,70.
Für Brennstoffzellenfahrzeuge ergibt sich die Energiekette
- Wasserstoff aus Biomasse → Transport im Gasnetzwerk → Verdichtung auf 700 bar → Brennstoffzelle elektrisch → Elektromotor mit einem Wirkungsgrad von 0,75 × 0,99 × 0,88 × 0,6 × 0,95 = 0,37
Zum Vergleich: Wirkungsgrade in der fossilen Energiewirtschaft
Art | Angenommener Wirkungsgrad | Daten aus verschiedenen Quellen |
---|---|---|
Wasserstoff aus Erdgasreformation | 0,75 | Praxiswerte für großtechnische Reformation und Aufbereitung |
Strom aus Kohlekraftwerken | 0,38 | 38 % Wirkungsgrad im Mittel der deutschen Kohlekraftwerke. 2010 beträgt der Anteil der Stein- und Braunkohlekraftwerke an der deutschen Stromerzeugung 43 %. |
Stromtransport | 0,92 | 8 % Verluste im Stromnetz<ref name="Wasserstofftransport" /> |
Transport und Aufbereitung Motorenbenzin | 0,85 | Die Erzeugung und Bereitstellung fossiler Kraftstoffe wie Benzin und Diesel aus Erdöl erfolgt bei Wirkungsgraden bis 85 %.<ref>Wirkungsgrade verschiedener Energieketten (Quelle: Hydrogen Center Austria, Stand: 2009; PDF; 178 kB)</ref> |
Ottomotor | 0,24 | Ottomotoren besitzen einen Wirkungsgrad von 10–37 % |
Für Strom aus einem Kohlekraftwerk ergibt sich mit der Energiekette
- Kohlekraftwerk → Stromtransport ein Wirkungsgrad von 0,38 × 0,92 = 0,35.
Für ein Brennstoffzellenfahrzeug mit fossiler Wasserstofferzeugung durch Elektrolyse ergibt sich für die Energiekette
- Kohlekraftwerk → Stromtransport → Elektrolyse → Verdichtung → BSZ → Elektromotor ein Wirkungsgrad von 0,38 × 0,92 × 0,8 × 0,88 × 0,6 × 0,95 = 0,14.
Für ein Brennstoffzellenfahrzeug mit fossiler Wasserstofferzeugung durch Erdgasreformation (derzeit Standard) ergibt sich mit der Energiekette
- Dampfreformation → Verdichtung → BSZ → Akku → Elektromotor ein Wirkungsgrad von 0,75 × 0,88 × 0,6 × 0,94 × 0,95 = 0,35.
Für ein akkugetriebenes Elektrofahrzeug mit Aufladung durch reinen Kohle-Strom ergibt sich mit der Energiekette
- Kohlekraftwerk → Stromtransport → Akku → Elektromotor ein Wirkungsgrad von 0,38 × 0,92 × 0,94 × 0,95 = 0,31.
Der reale Strommix in Deutschland erhöht den Wirkungsgrad je nach Anteil der Stromerzeuger.
Für ein Fahrzeug mit Ottomotor ergibt sich mit der Energiekette
- Transport und Aufbereitung Motorenbenzin → Ottomotor ein Wirkungsgrad von 0,85 × 0,24 = 0,20.
Der Vergleich zeigt, dass die Gesamtwirkungsgrade einer Wasserstoffwirtschaft durchaus über denen der etablierten fossilen Energiewirtschaft liegen können.
Zum Vergleich: Wirkungsgrade bei Elektrofahrzeugen
Bei Aufladung mit Ökostrom aus Eigenerzeugung ergibt sich für batteriegetriebene Elektrofahrzeuge mit der Energiekette
- Photovoltaikanlage/Wechselrichter → Akku stationär → Akku im Fahrzeug → Elektromotor
ein Wirkungsgrad von 0,9 × 0,94 × 0,94 × 0,95 = 0,75 und für Elektrofahrzeuge mit Brennstoffzelle mit der Energiekette
- Photovoltaikanlage/Wechselrichter → Akku stationär → Elektrolyse → Verdichtung auf 700 bar → Brennstoffzelle → Elektromotor
ein Wirkungsgrad von 0,9 × 0,94 × 0,8 × 0,88 × 0,6 × 0,95 = 0,34.
Dabei bleibt unberücksichtigt, dass eine Eigenherstellung von Wasserstoff durch Photovoltaikgleichstrom vor Ort und Höchstkompression /Betankung für den privaten Eigenbedarf im Gegensatz zum Eigenverbrauch von Strom technisch nicht existent ist. Bei Transport des regenerativen Stromes über das Wechselstromnetz und dem notwendigen Transport des Wasserstoffes zu den Tankstellen und dessen Lagerung (zumeist als Flüssigwasserstoff) wird der Wirkungsgrad der Gesamtkette für Brennstoffzellenfahrzeuge mit 20 - 25 % angegeben.<ref name="Bossel2006"/>
Der Vergleich zeigt, dass batteriegetriebene Fahrzeuge den besseren Wirkungsgrad besitzen. Bei zusätzlichem Bedarf an Heizung/Kühlung wird Energie für die Wärme/Kälte-Erzeugung benötigt. Dies kann die Reichweite abhängig von Batteriegewicht und Temperatur um bis zu 50 % verringern.<ref>Reichweite von Elektroautos sinkt im Winter drastisch (Quelle: Heise.de Stand: 14. Dezember 2011)</ref> Auch bei Brennstoffzellen-Kfz entstehen wie bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor im Winterbetrieb deutlich höhere Verbräuche. Durch die höhere mitgeführte Energiemenge wirken sich diese Mehrverbräuche allerdings nicht so deutlich auf die Reichweite aus wie beim Elektroauto.
Umwelt- und Klimaschutz
Die Nutzung von erneuerbaren Energien ist an sich klimaneutral und emissionsfrei. Bei Nutzung von Biomasse gilt das auch in einer Wasserstoffwirtschaft. Es entstehen weder bei der Vergasung zu Wasserstoff noch bei der Nutzung des Wasserstoffs irgendwelche Luftschadstoffe. Allerdings muss der Aufwand für Anbau, Gewinnung und Verarbeitung der Biomasse bei einer ökologischen Betrachtung berücksichtigt werden. Die Nutzung der Biomasse enthält sogar zwei Optionen, um den Treibhauseffekt rückgängig zu machen.
- Die Speicherung des CO2 im Untergrund, welches bei der Herstellung von Wasserstoff zwangsläufig in konzentrierter Form anfällt.
- Die Einarbeitung von Bio-Koks in den Acker, wenn man die Vergasung entsprechend steuert. Das macht den Acker fruchtbarer und ist als Terra preta bekannt.
Durch den Wegfall von Emissionen entfallen die sozialen Kosten der Energieerzeugung. Diese sind von gleicher Größenordnung wie die direkt zu zahlenden Energiekosten.
2003 befürchteten Wissenschaftler des California Institute of Technology in Pasadena aufgrund von Simulationen, dass eine umfassende Wasserstoffwirtschaft rund 100 Million Tonnen Wasserstoff in die Atmosphäre freisetzen und damit die Ozonschicht schädigen könnte.<ref>Wasserstoff als Ozonkiller? (Quelle: Umweltdialog.de Mediengruppe macondo Stand: 30. September 2003)</ref>
Nach neueren wissenschaftlichen Untersuchungen des Forschungszentrums Jülich im Jahr 2010 wird dieser Effekt bei realistischen Annahmen aber verschwindend gering sein. Der positive Effekt durch Verzicht auf fossile Energieträger überwiegt. Ursprünglich wurde davon ausgegangen, dass ca. 20 % des Wasserstoffes in die Atmosphäre entweicht. Aufgrund der technologischen Entwicklung wird aber heute davon ausgegangen, dass weniger als 2 % entweichen. Hinzu kommt dass der Wasserstoff seine volle, Ozon schädigende Wirkung nur im Beisein von FCKW entfaltet. Mit dem Rückgang des FCKW in den nächsten Jahren wird der Wiederaufbau der Ozonschicht überwiegen.<ref>Wasserstoff ist keine Gefahr für die Ozonschicht (Quelle: Energie Agentur NRW Stand: 25. Februar 2010)</ref>
Unfallrisiko in einer Wasserstoffwirtschaft
Wasserstoff ist, wie z. B. Benzin oder Erdgas, hochentzündlich. Bei technischen Anlagen müssen die spezifischen Eigenschaften des Wasserstoffs berücksichtigt werden. Die chemische Industrie nutzt Wasserstoff seit über hundert Jahren in großen Mengen, sodass hinreichende Erfahrungen im Umgang mit Wasserstoff bestehen.<ref>Deutscher Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband: Wasserstoff - der neue Energieträger (PDF; 153 kB), Stand: 22. März 2004</ref>
Wasserstoff ist wegen der geringen Dichte ein sehr flüchtiges Gas. Im Freien kann es sich sehr schnell in höhere Luftschichten verflüchtigen.<ref>Medienforum Deutscher Wasserstofftag, Axel Stepken:Wasserstoff – So sicher wie Benzin (PDF; 704 kB).</ref> Allerdings sind auch reale Unfälle bekannt, in denen sich entzündliche Wasserstoffgemische am Boden ansammelten, denn Sauerstoff/Wasserstoff-Gemische mit einem Anteil von unter 10,5 Volumenprozent Wasserstoff sind schwerer als Luft und sinken zu Boden. Die Entmischung erfolgt nicht unmittelbar,<ref>ZDF Abenteuer Wissen vom 11. Juli 2007: Dr. Henry Portz, Brandexperten ermitteln rätselhafte Brandursache eingefügt am 9. Februar 2012</ref> sodass bis zur Unterschreitung der 4-Volumenprozent-Grenze die Zündfähigkeit erhalten bleibt. Beim Umgang mit Wasserstoff müssen Sicherheitsvorschriften und Entlüftungsanlagen dieses Verhalten berücksichtigen.
Die heute verwendeten Drucktanks halten (im Gegensatz zu Benzintanks) auch schwere Unfälle unbeschadet aus.<ref>Spektakulärer Test zeigt: Wasserstoff im Auto muss nicht gefährlicher sein als Benzin</ref><ref>Sicherheitsaspekte bei der Verwendung von Wasserstoff</ref><ref>Video: Chrashversuch der University of Miami</ref> Wasserstofffahrzeuge mit Drucktanks können problemlos in Parkhäusern und Tiefgaragen geparkt werden. Es existiert keine gesetzliche Bestimmung, die das einschränkt.
Im Gegensatz dazu dürfen Fahrzeuge mit Flüssigwasserstoff nicht in geschlossenen Räumen abgestellt werden, da sich durch das Ausgasen explosive Gasansammlungen bilden können.<ref name="heise_BMWHydrogen7"> heise online, 22. November 2006 Unterwegs im Wasserstoff-7er eingefügt am 8. Februar 2012</ref>
Kritik
Eine Wasserstoffwirtschaft ist zurzeit nirgends im großen Stil verwirklicht und die Umsetzbarkeit ist umstritten.<ref>Zeit Online, 7. Oktober 2004: Die Mär vom Wasserstoff</ref><ref>Ulf Bossel, in "Technologiefolgenabschätzung - Theorie und Praxis"; No.1, 15.Jg – April 2006: Wasserstoff löst keine Energieprobleme, PDF</ref> Folgende Aussagen werden angezweifelt: Die Wasserstoffwirtschaft wird als Alternative zur Stromwirtschaft dargestellt. Die Befürworter einer Wasserstoffwirtschaft heben die angebliche bessere Speicherbarkeit von Wasserstoff gegenüber derjenigen von Strom hervor. Wasserstoff besitze die Eigenschaft einer guten Kurzzeitspeicherung in Form von tolerierbaren Druckschwankungen in einem Pipeline-Verteilungsnetz (die Pipeline selbst ist der Speicher), sowie der Langzeitspeicherungsfähigkeit in Kavernen (so wie zurzeit Erdgas gespeichert wird). Benötigte elektrische Energie könne aus Wasserstoff vor Ort mit Hilfe von Brennstoffzellen mit einem Wirkungsgrad<ref>Fa Gennex: Brennstoffzellenmodul für hocheffiziente Stromerzeugung (Quelle: Ceramic Fuel Cells GmbH Stand: April 2010; PDF; 362 kB)</ref><ref>Fuel Cell Power Modules der Fa. HYDROGENICS(Quelle: Hydrogenics GmbH Stand: 2009; PDF; 2,3 MB)</ref> erzeugt werden, der deutlich den der deutschen Kraftwerke überträfe:<ref>Energieeffizienz bei der Stromerzeugung (Quelle: Umweltbundesamt Stand: Juli 2009)</ref> Allerdings betrachten die angeführten Quellen zur Energieeffizienz der Brennstoffzellen lediglich die Umwandlung von Erdgas beziehungsweise Wasserstoff in Strom, berücksichtigen jedoch die Energieverluste nicht, die bei der Herstellung, Speicherung und Verteilung des benötigten Wasserstoffs anfallen<ref>Technologiefolgeabschätzung, Theorie und Praxis, Nr. 1, 15. Jahrgang - April 2006, S. 27-33: Wasserstoff löst keine Energieprobleme, aufgerufen 14. August 2012</ref>. Auch wird der geringe volumenbezogene Energiegehalt selten berücksichtigt: „Ein 40-Tonner kann gerade mal 350 Kilogramm gasförmigen Wasserstoff transportieren“, sagt Bossel, „und auch flüssiger Wasserstoff ist leicht wie Styropor.“<ref>heise.de, 24. Mai 2007: Auf Wiedersehen Wasserstoff, Abschnitt: Speicherung vernichtet Energie, aufgerufen 11. September 2013</ref>
Siehe auch
Literatur
- Jeremy Rifkin, Die H2-Revolution, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-596-16029-4.
- Joseph J. Romm: Der Wasserstoff-Boom. Wunsch und Wirklichkeit beim Wettlauf um den Klimaschutz (Originaltitel: The Hype About Hydrogen, übersetzt von Jörg G. Moser), Wiley-VCH, Weinheim 2006, ISBN 978-3-527-31570-3.
- Alf-Sibrand Rühle: Wasserstoff und Wirtschaft. Investieren in eine saubere Zukunft, Hydrogeit Verlag, Kremmen 2005, ISBN 978-3-937863-02-3.
Einzelnachweise
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