1,2-Propandiol


aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Wechseln zu: Navigation, Suche
Strukturformel
Strukturformel von 1,2-Propandiol
Allgemeines
Name 1,2-Propandiol
Andere Namen
  • 1,2-Propylenglycol
  • 1,2-Dihydroxypropan
  • (RS)-1,2-Dihydroxypropan
  • (±)-1,2-Dihydroxypropan
  • (R)-1,2-Dihydroxypropan
  • (S)-1,2-Dihydroxypropan
  • E 1520
  • Monopropylenglycol
  • Monopropylenglykol
  • Propylenglycolum
Summenformel C3H8O2
CAS-Nummer
  • 57-55-6 [(RS)-1,2-Dihydroxypropan]
  • 4254-14-2 [(R)-1,2-Dihydroxypropan]
  • 4254-15-3 [(S)-1,2-Dihydroxypropan]
PubChem 1030
Kurzbeschreibung

ölige, farblose, fast geruchlose, hygroskopische, viskose Flüssigkeit<ref>Eintrag zu Propandiole. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 29. September 2014.</ref>

Eigenschaften
Molare Masse 76,09 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig

Dichte

1,04 g·cm−3 (25 °C)<ref name="merck index">Maryadele J. ONeil; Merck & Co., Inc. (Hrsg.): The Merck Index: An Encyclopedia of Chemicals, Drugs, and Biologicals. 14 Auflage. Elsevier, Whitehouse Station, NJ, USA 2006, ISBN 978-0-911910-00-1, S. 1350.</ref>

Schmelzpunkt

−68 °C<ref name="GESTIS">Eintrag zu 1,2-Propandiol in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 18. Januar 2008 (JavaScript erforderlich).</ref>

Siedepunkt

188,2 °C<ref name="merck index" />

Dampfdruck

0,11 hPa (20 °C)<ref name="GESTIS" />

Löslichkeit

mischbar mit Wasser, Ethanol<ref name="handbook">Robert C. Weast (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 58. Auflage. CRC Press, Cleveland 1977, ISBN 0-8493-0458-X.</ref>, Aceton, Chloroform, löslich in Diethylether<ref name="merck index" />

Brechungsindex

1,4324<ref name="handbook"/>

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung <ref name="GESTIS" />
keine GHS-Piktogramme
H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze
Thermodynamische Eigenschaften
ΔHf0

−501,0 kJ/mol<ref name="CRC90_5_25">David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press/Taylor and Francis, Boca Raton, FL, Standard Thermodynamic Properties of Chemical Substances, S. 5-25.</ref>

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C

1,2-Propandiol (1,2-Propylenglycol) ist eine klare, farblose, nahezu geruchlose und stark hygroskopische Flüssigkeit. 1,2-Propandiol gehört zu den mehrwertigen Alkanolen und ist an C2 chiral, es gibt also ein (R)-Enantiomer und ein (S)-Enantiomer. Wenn nicht ausdrücklich anders angegeben, beziehen sich in diesem Artikel alle Angaben auf das 1:1-Gemisch (Racemat) des (R)-Enantiomers und des (S)-Enantiomers.

Herstellung

Industriell wird 1,2-Propandiol durch Hydrolyse von Propylenoxid hergestellt. Abhängig vom Hersteller wird dafür entweder ein Hochtemperaturverfahren ohne Katalyse bei 200–220 °C oder ein katalytisches Verfahren bei 150–180 °C in Gegenwart eines Ionenaustauscherharzes oder kleiner Mengen Schwefelsäure oder Alkalien genutzt. Die Endprodukte dieser Verfahren enthalten 20 % 1,2-Propandiol (das durch Rektifikation gereinigt wird), 1,5 % Dipropylenglycol und kleinere Mengen anderer Polypropylenglycole.<ref>chemindustry.ru: 1,2-propanediol: chemical product info, Zugriff am 4. April 2011.</ref>

Synthese von Propylenglycol

2007 betrug die weltweite Produktionskapazität 1.400.000 jato.<ref>WIESMANN, M.: „Propylenglykol – Ashland und Cargill bilden Joint Venture“, Vogel-Media, Process 18. Mai 2007.</ref> Im April 2015 nahm Dow Chemical eine 200.000 jato-Anlage bei Rayong in Thailand in Betrieb.<ref>Dow eyes continued growth with second petrochemical plant</ref>

(S)-(+)-1,2-Propandiol ist durch Abbaureaktion von D-Mannitol zugänglich.<ref>Richard Kuhn, Kichang Kum: Über die absolute Konfiguration des Sorbinöls. In: Chemische Berichte. 95, 1962, S. 2009–2011, doi:10.1002/cber.19620950823.</ref>

Eigenschaften

Propylenglycol ist mit Wasser und polaren organischen Lösemitteln mischbar. Bei hohen Temperaturen oberhalb 150 °C ist es oxidationsempfindlich. Es bildet mit Toluol und Xylol Azeotrope, nicht dagegen mit Wasser.<ref>BASF – 1,2-Propandiol USP (Produktbeschreibung Pharmaqualität)</ref>

Sicherheitstechnische Kenngrößen

1,2-Propandiol hat einen Flammpunkt bei 101 °C.<ref name="Brandes"/> Die Verbindung bildet somit erst oberhalb dieser Temperatur entzündliche Dampf-Luft-Gemische. Der Explosionsbereich liegt zwischen 2,6 Vol.‑% (80 g/m3) als untere Explosionsgrenze (UEG) und 12,6 Vol.‑% (400 g/m3) als obere Explosionsgrenze (OEG).<ref name="Brandes"/> Die Zündtemperatur beträgt 420 °C.<ref name="Brandes">E. Brandes, W. Möller: Sicherheitstechnische Kenndaten - Band 1: Brennbare Flüssigkeiten und Gase, Wirtschaftsverlag NW – Verlag für neue Wissenschaft GmbH, Bremerhaven 2003.</ref> Der Stoff fällt somit in die Temperaturklasse T2.

Gesundheitsrisiken

Es sind nach jahrzehntelanger Verwendung keine gravierenden Gesundheitsprobleme bekannt geworden. 1,2-Propandiol ist in der EU als Lebensmittelzusatzstoff zugelassen und trägt die Bezeichnung E 1520.

Bei der Inhalation von Propandiol sind Reizungen von Augen und Rachen beobachtet worden.<ref>G. Wieslander: Experimental exposure to propylene glycol mist in aviation emergency training: acute ocular and respiratory effects In: Occup Environ Med. 58(10), S. 649–655 (2001) PMID 11555686.</ref> Das Irritationspotenzial an der Haut ist in starkem Maße konzentrationsabhängig, ein geringer Zusatz von 10 bis 15 % wird aber allgemein als tolerierbar angesehen. Diese reizenden Eigenschaften genügen im toxikologischen Sinne nicht für eine entsprechende GHS-Einstufung.

Verwendung

1,2-Propandiol darf als Trägerstoff und Trägerlösungsmittel für Farbstoffe, Antioxidationsmittel, Emulgatoren und Enzyme verwendet werden.

Kosmetik & Hygiene

1,2-Propandiol ist in Hygieneartikeln wie Hautcremes, Zahnpasta, Mundwässern und Deos als Feuchthaltemittel enthalten. 1,2-Propandiol kommt als Kotensid in Mehrkomponentensystemen zur Anwendung und ist in der Lage, Wasser-in-Öl-Emulsionen zu fördern. Es kann die Löslichkeit verschiedener Stoffe deutlich verbessern und eine stabilere Dispersion von Arzneistoffen in Salben gewährleisten. Darüber hinaus kann es häufig zu einer deutlichen Resorptionsverbesserung verschiedener Wirkstoffe beitragen. Die antimikrobielle Wirksamkeit macht einen Einsatz weiterer Konservierungsmittel häufig überflüssig.

Wärmeträger

1,2-Propandiol ist wie Ethylenglycol als Wärmeträgermedium in der Solarthermie geeignet. Bei Verwendung als Kühlflüssigkeit schwankt die Wärmekapazität je nach Wasserzusatz von 2,5 bis 4,2 kJ/(kg·K) für reines Wasser. Ein 50/50-Gemisch friert bei −35 °C, siedet bei 104 °C und erreicht eine Wärmekapazität von 3,5 kJ/(kg·K).<ref>Fa. Clariant – 1,2-Propylenglycol/Wasser als Wärmeträger</ref> Bei Einsatz in Kühlanlagen der Lebensmittelverarbeitung ist wegen der Ungiftigkeit ausschließlich Propylenglycol zulässig.

Tabak und elektrische Zigaretten

1,2-Propandiol ist in fast allen Tabakprodukten als Zusatzstoff enthalten.<ref>BMELV.de: Was steckt in meiner Zigarette wirklich drin?, Zugriff am 4. April 2011.</ref> Propandiol wird zusammen mit Glycerin sowohl dem Zigarettentabak als auch dem Wasserpfeifentabak zugesetzt. Aufgrund der Tabakverordnung ist der Feuchthaltemittelgehalt im Rauchtabak auf 5 % begrenzt. Da eine aktuelle Untersuchung des Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) erhebliche Mengen Glycerin und Propandiol im Rauch von feuchtem Wasserpfeifentabak gemessen und auf mögliche Gesundheitsgefahren hingewiesen hat,<ref>BfR: Feuchthaltemittel in Wasserpfeifentabak erhöhen das gesundheitliche Risiko, Pressemitteilung vom 3. August 2011.</ref> ist eine Heraufsetzung dieser Grenze für Wasserpfeifentabak nicht zu erwarten. Daneben wird Propandiol in wässriger Lösung in den Befeuchtungssystemen von Humidoren verwendet (relative Luftfeuchte über 70 %).

1,2-Propandiol ist auch ein häufiger Bestandteil sog. Nebelfluide. Es findet neben Glycerin auch Verwendung in Liquiden von sogenannten elektrischen Zigaretten.

Propandiol-Einsatz in der Milchviehfütterung

Seit einiger Zeit wird 1,2-Propandiol auch als Futterzusatz für Milchkühe verwendet. Durch die immer weiter steigende Milchleistung der Kühe, die mittlerweile bei Hochleistungsmilchkühen um etwa 50 Liter/Tag liegt, kommt es immer häufiger zu einem Nachlassen der Milchleistung nach dem Kalben. Insbesondere in der sogenannten Transitphase, den beiden Wochen vor dem Kalben, und in der ersten Laktationsphase hat sich im Rahmen geeigneter Fütterungsstrategien und Futterrationen die zusätzliche Verabreichung von 1,2-Propandiol zur Vorbeugung gegen Ketose sowie zur Leistungsstabilisierung bewährt.<ref>Annette Menke: Milchleistungsfutter im Test, 11. Juli 2005.</ref>

Alternativ darf auch 1,2,3-Propantriol (Glycerin) verfüttert werden. Es handelt sich hierbei um eine undestillierte Rohproduktqualität aus der Fettsäure-Herstellung durch Verseifung.

Einsatz in der Medizin

In der Veterinärmedizin wird Propylenglycol (meist in 50%iger Verdünnung) bei übermäßigen Verhornungen der Haut eingesetzt.<ref>Ch. Noli und F. Scarampella: Hyperkeratose der Ballen. In: Praktische Dermatologie bei Hund und Katze. Schlütersche Verlagsanstalt, 2. Aufl. 2005. ISBN 3-87706-713-1, S. 328.</ref> Zudem wird es zur Verdünnung anderer Arzneistoffe (z. B. Ivermectin) eingesetzt.

Einzelnachweise

<references />

Weblinks