DNA-Extraktion


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Eine DNA-Extraktion beschreibt die Extraktion von DNA aus Zellen. Die DNA-Extraktion ist eine Methode zur DNA-Reinigung.

Zellaufschluss

Die DNA eines Organismus kann auf mehreren Wegen isoliert werden. Die meisten Verfahren beginnen mit einer Konzentration der Zellen durch Zentrifugation und einem für die jeweilige Gruppe geeigneten Zellaufschluss des Zell-Niederschlags. So müssen z. B. bei pflanzlichen, pilzigen oder bakteriellen Zellen, welche im Vergleich zu tierischen Zellen, Mycoplasmen und einigen Archaeenarten zusätzlich zur Zellmembran eine Zellwand besitzen, meist zusätzliche enzymatische (z. B. Lysozym bei Bakterien oder Proteinase K zur Proteolyse) oder mechanische Zerkleinerungsschritte (Standmixer) erfolgen. Bei der Plasmidpräparation aus Bakterien wird oftmals als chemischer Zellaufschluss die alkalische Lyse verwendet. Nach einem Zellaufschluss folgt meist eine Klärung des Homogenates durch Filtration oder Zentrifugation. DNA aus Mitochondrien oder Chloroplasten können durch eine Zellfraktionierung von der DNA des Zellkerns getrennt werden.

Extraktionen

DNA ist ein polares Biopolymer mit relativ hoher molarer Masse, weshalb sie in unpolarer Umgebung durch die verkleinerte Hydrathülle und die daraus folgende Absenkung ihrer Löslichkeit ausfällt. Daneben ist DNA aufgrund des Desoxyribosephosphat-Rückgrates mit negativen Ladungen proportional zur Kettenlänge in sauren, wässrigen Lösungen unlöslich. Bei niedrigen pH-Werten sind die Phosphatgruppen und somit die negativen Ladungen der DNA mit Protonen abgesättigt, wodurch die Hydrathülle sich ebenfalls verkleinert.

Die meisten DNA-Extraktionen basieren nach dem Zellaufschluss auf zwei unterschiedlichen Verfahren, der Zwei-Phasen-Extraktion oder der Fällungsreaktion, letztere eventuell mit zusätzlicher selektiver Adsorption an eine DNA-bindende Matrix. Die Extraktionsverfahren werden zum Teil auch miteinander kombiniert. Bei den folgenden Methoden folgt meistens eine abschließende Ethanolfällung.

Zwei-Phasen-Extraktion

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RNA-Extraktion durch Zwei-Phasen-Extraktion und Ethanolfällung.

Die Zwei-Phasen-Extraktion basiert auf der unterschiedlichen Verteilung von Biomolekülen in einer organischen Phase, einer wässrigen Phase und der dazwischenliegenden Interphase. Hierzu zählen z. B. die Phenol-Chloroform-Extraktion, die Phenol-Chloroform-Isoamylalkohol-Extraktion und die Trizol-Extraktion.<ref>P. Chomczynski, N. Sacchi: Single-step method of RNA isolation by acid guanidinium thiocyanate-phenol-chloroform extraction. In: Anal Biochem. (1987) 162(1):156-9. PMID 2440339.</ref> Diese drei Methoden basieren auf einer Extraktionsmethode, welche 1959 für Lipide entwickelt wurde.<ref>E. G. Bligh, W. J. Dyer: A rapid method of total lipid extraction and purification. In: Can J Biochem Physiol. (1959) Aug;37(8):911-7. PMID 13671378.</ref> Die DNA sammelt sich bei der Extraktion nach Sacchi (mit Trizol, TriReagent, RNAzol oder DNAzol) in der Interphase, die RNA und die Kohlenhydrate in der wässrigen Phase und die Proteine und die Lipide in der organischen Phase. Dabei sorgt das Chaotrop Guanidiniumthiocyanat für eine Denaturierung aller Proteine, einschließlich DNAsen, RNAsen und Peptidasen. Die Interphase wird mit einer Pipette in ein neues Gefäß überführt. Anschließend wird die enthaltene DNA einer Ethanol- oder Isopropanolfällung unterzogen.

Adsorption an Silicagel

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Kommerziell erhältliche Kieselgelsäule, auf dem Kopf stehend

Bei dieser Fällungsmethode wird die DNA in leicht saurer Umgebung an eine Matrix aus Kieselgel (englisch silica gel), Glasfaserfilter oder Diethyl-Aminoethyl-Dextran (DEAE-Dextran) adsorbiert.<ref>H. C. Birnboim, J. Doly: A rapid alkaline extraction procedure for screening recombinant plasmid DNA. In: Nucleic Acids Res. (1979), Band 7(6), S. 1513-23. PMID 388356; PMC 342324 (freier Volltext).</ref><ref>M. A. Marko, R. Chipperfield, H. C. Birnboim: A procedure for the large-scale isolation of highly purified plasmid DNA using alkaline extraction and binding to glass powder. In: Anal Biochem. (1982), Band 121(2), S. 382-7. PMID 6179438.</ref><ref>R. Boom, C. J. Sol, M. M. Salimans, C. L. Jansen, P. M. Wertheim-van Dillen, J. van der Noordaa: Rapid and simple method for purification of nucleic acids. In: Journal of clinical microbiology. Band 28, Nummer 3, März 1990, S. 495–503, ISSN 0095-1137. PMID 1691208. PMC 269651 (freier Volltext).</ref><ref>R. Boom, C. Sol, M. Beld, J. Weel, J. Goudsmit, P. Wertheim-van Dillen: Improved silica-guanidiniumthiocyanate DNA isolation procedure based on selective binding of bovine alpha-casein to silica particles. In: Journal of clinical microbiology. Band 37, Nummer 3, März 1999, S. 615–619, ISSN 0095-1137. PMID 9986822. PMC 84491 (freier Volltext).</ref><ref>M. Beld, C. Sol, J. Goudsmit, R. Boom: Fractionation of nucleic acids into single-stranded and double-stranded forms. In: Nucleic acids research. Band 24, Nummer 13, Juli 1996, S. 2618–2619, ISSN 0305-1048. PMID 8692706. PMC 145977 (freier Volltext).</ref> Die Adsorption erfolgt unter DNA-fällenden Pufferbedingungen (mit Alkoholen und leicht saurem pH-Wert) bei Silica und Glasfaser über polare Wechselwirkungen, bei DEAE-Dextran durch ionische Wechselwirkungen. Die Probe kann mehrfach auf die Matrix aufgetragen werden, um die Ausbeute zu erhöhen. Anschließend wird die in der Chromatographiesäule enthaltene Matrix mit Chaotropen von den verunreinigenden DNA-bindenden Proteinen befreit. Die chaotropen Salze denaturieren die Proteine und halten sie in Lösung, während die DNA an die Matrix gebunden bleibt.<ref>T. A. Borodina, H. Lehrach, A. V. Soldatov: DNA purification on homemade silica spin-columns. In: Anal Biochem. (2003), Band 321(1), S. 135-7. PMID 12963065.</ref> Bei einer chemischen Gelextraktion, also der Extraktion von DNA aus Agarosegelen durch Auflösung des Gels, wird oftmals als alternatives Chaotrop Natriumiodid verwendet.<ref>B. Vogelstein, D. Gillespie: Preparative and analytical purification of DNA from agarose. In: Proc Natl Acad Sci U S A. (1979), Band 76(2), S. 615-9. PMID 284385; PMC 382999 (freier Volltext).</ref> Die Elution der DNA von der Matrix erfolgt durch Zugabe von Wasser oder leicht basischem Tris-Puffer mit EDTA (TE-Puffer). Nach der Elution der DNA von der Kieselgel-Matrix folgt meistens ebenfalls die Ethanolfällung.

Lyse durch Kochen

Bei einer Lyse durch Kochen (engl. boiling lysis) werden Zellen kurze Zeit nach Zugabe von Lysozym und Triton X-100 für 45 Sekunden gekocht, anschließend werden mit einem sterilen Zahnstocher die verklumpten Zelltrümmer (mit dem Großteil der chromosomalen DNA) entfernt.<ref>D. S. Holmes, M. A. Quigley: A rapid boiling method for the preparation of bacterial plasmids. In: Anal Biochem. (1981), Band 114, Nr. 1, S. 193-197. PMID 6269464.</ref><ref>L. V. Andreou: Isolation of plasmid DNA from bacteria. In: Methods Enzymol. (2013), Band 529, S. 135-142. doi:10.1016/B978-0-12-418687-3.00010-0. PMID 24011041.</ref> Nach einer Zentrifugation wird der nun geklärte Überstand einer Ethanolfällung unterzogen. Diese Methode wird meistens zur Plasmidisolation aus Bakterien verwendet, da die chromosomale DNA mit anderen Bestandteilen verklumpt. Diese Methode eignet sich bei erhöhter Probenanzahl, erzeugt jedoch eine vergleichsweise etwas geringere Ausbeute und Reinheit, da keine selektive Entfernung der Proteine erfolgt.

CTAB-Fällung

Eine andere Fällungsmethode nutzt die Extraktion von DNA mit Cetyltrimethylammoniumbromid (CTAB), welche anschließend mit einer Chloroform-Extraktion und der Ethanolfällung kombiniert wird.<ref>J. C. Murphy, M. A. Winters, S. L. Sagar: Large-scale, nonchromatographic purification of plasmid DNA. In: Methods Mol Med. (2006), Band 127, S. 351-62. PMID 16988465.</ref> Sie wird meistens bei pflanzlichen Zellen angewendet. Nach einer Zerkleinerung im Mörser erfolgt der Zellaufschluss durch Zugabe von CTAB, Polyvinylpyrrolidon und Mercaptoethanol in einem TRIS-Puffer bei einem pH-Wert von 8. Anschließend erfolgt meistens eine Chloroform-Isoamylalkohol- oder eine Chloroform-Octanol-Extraktion, bei der die DNA aufgrund des basischen pH-Werts in der wässrigen Phase verbleibt. Die wässrige Phase wird in einem neuen Reaktionsgefäß einer Ethanolfällung unterzogen.

Ethanolfällung

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Ethanolfällung von chromosomaler DNA aus Zucchini

Bei der Ethanol- oder Isopropanolfällung wird die DNA unter leicht sauren Bedingungen (pH 5,2) in einer weniger polaren (alkoholischen) Umgebung aufgrund der Verringerung der Löslichkeit ausgefällt.<ref>J. A. Zeugin, J. L. Hartley: Ethanol Precipitation of DNA. In: Focus (1985), Band 7(4). PDF.</ref> Wasser besitzt eine Dielektrizitätskonstante von 80,1 bei 25 °C, während diejenige von Ethanol bei etwa 24,3 liegt. Der niedrige pH-Wert bei der Ethanolfällung wird durch die Zugabe von saurer Kaliumacetat- oder Natriumacetat-Lösung erzielt. Dies hält die sonst negativ geladene DNA in einem teilweise protonierten, teilweise mit Kalium- oder Natriumionen gesättigten und ungeladenen Zustand, wodurch die Löslichkeit weiter gesenkt wird. Bei einer alternativen Verwendung von Ammoniumacetat können die Proteine vor der Ethanolzugabe separat gefällt und durch einen zusätzlichen Zentrifugationsschritt abgetrennt werden, was eine Extraktion von Plasmid-DNA ohne eine Verwendung von Silica erlaubt.<ref>J. Crouse, D. Amorese: Ethanol Precipitation: Ammonium Acetate as an Alternative to Sodium Acetate. In: Focus (1987), Band 9(2), S. 3–5. PDF.</ref> Bei niedrigen DNA-Konzentrationen oder kurzen DNA-Fragmenten unter 100 Basen(paaren) können der Fällungszeitraum auf mehrere Stunden verlängert und als Fällungshilfe Polymere wie z. B. Glykogen, tRNA oder lineares Polyacrylamid hinzugegeben werden. Da die Ethanolfällung relativ unsauber trennt und einige Proteine, Polysaccharide und RNA gleichzeitig mit der DNA präzipitieren, wird sie meist nur als abschließender Reinigungsschritt und mehrfach hintereinander an derselben Probe eingesetzt.

Endotoxinentfernung

In manchen Fällen muß die DNA von kontaminierenden Endotoxinen befreit werden, z. B. zur Vermeidung einer Aktivierung des TLR-4 bei einer Anwendung gereinigter Plasmid-DNA in TLR4-positiven Organismen. Hierzu werden unter anderem die Zwei-Phasen-Wolkenpunktextraktion mit Triton-X114 oder die Chromatographie verwendet,<ref>Pérola O. Magalhães, André M. Lopes, Priscila G. Mazzola, Carlota Rangel-Yagui, Thereza C. V. Penna, Adalberto Pessoa Jr.: Methods of Endotoxin Removal from Biological Preparations: a Review. In: J Pharm Pharmaceut Sci. (2007), Band 10, Nummer 3, S. 388–404. PDF</ref><ref>US-Patent US20130004562.</ref> beide Methoden nacheinander<ref>A. Rozkov, B. Larsson, S. Gillström, R. Björnestedt, S. R. Schmidt: Large-scale production of endotoxin-free plasmids for transient expression in mammalian cell culture. In: Biotechnology and bioengineering. Band 99, Nummer 3, Februar 2008, S. 557–566, ISSN 1097-0290. doi:10.1002/bit.21603. PMID 17680665. </ref><ref>W. Pi, C. Sun, Z. Song, L. Ma, S. Liu, D. Bai, Y. Cai, S. Liu: [Purification of plasmid DNA using anion-exchange chromatography and removal of endotoxin]. In: Se pu = Chinese journal of chromatography / Zhongguo hua xue hui. Band 25, Nummer 6, November 2007, S. 809–813, ISSN 1000-8713. PMID 18257294.</ref> oder in Kombination.<ref>Patent WO 95/21177, US-Patent US5747663 A, US6953686, Europäisches Patent EP211968.</ref>

Die Wolkenpunktextraktion basiert auf der Phasentrennung einer einprozentigen (m/V) Triton-X114-Lösung oberhalb von 22 °C oder nach der Zugabe von Salzen und Natriumlaurylsulfat.<ref>R. Ma, J. Zhao, H. C. Du, S. Tian, L. W. Li: Removing endotoxin from plasmid samples by Triton X-114 isothermal extraction. In: Analytical biochemistry. Band 424, Nummer 2, Mai 2012, S. 124–126, ISSN 1096-0309. doi:10.1016/j.ab.2012.02.015. PMID 22370278.</ref>

Als Material in einer Chromatographiesäule zur Endotoxinentfernung wird unter anderem Hydroxyapatit, Polystyren, Dowex 1-X2, Aktivkohle oder Polymyxin-B-modifiziertes Säulenmaterial verwendet.<ref>S. K. Maitra, T. T. Yoshikawa, L. B. Guze, M. C. Schotz: Properties of binding of Escherichia coli endotoxin to various matrices. In: Journal of clinical microbiology. Band 13, Nummer 1, Januar 1981, S. 49–53, ISSN 0095-1137. PMID 7007429. PMC 273719 (freier Volltext).</ref><ref>M. Cotten, A. Baker, M. Saltik, E. Wagner, M. Buschle: Lipopolysaccharide is a frequent contaminant of plasmid DNA preparations and can be toxic to primary human cells in the presence of adenovirus. In: Gene therapy. Band 1, Nummer 4, Juli 1994, S. 239–246, ISSN 0969-7128. PMID 7584087.</ref>

Literatur

Einzelnachweise

<references />en:DNA extraction fr:Extraction d'ADN lt:DNR išskyrimas nl:DNA-extractie zh:DNA提取