Echte Katzen
Echte Katzen | ||||||||||||
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Europäische Wildkatze | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Felis | ||||||||||||
Linnaeus, 1758 |
Die Echten Katzen<ref name="G.2009:334"/> oder Altwelt-Wildkatzen<ref name="L1988:292"/> (Felis) sind eine zu den Kleinkatzen gehörende Gattung der Katzen. Sie sind mit vier Arten in Afrika, Europa und Asien verbreitet und bewohnen nahezu alle Lebensräume ihres Verbreitungsgebietes. Unterschieden werden die Schwarzfußkatze, die Rohrkatze, die Sandkatze und die Wildkatze. Zu den Echten Katzen gehört auch die weltweit verbreitete Hauskatze, der die anderen Vertreter zum Verwechseln ähnlich sehen.
Bei den Echten Katzen handelt es sich um kleine bis mittelgroße Katzen mit kurzer Schnauze, spitzen Ohren und langem Schwanz. Ihr Fell ist gewöhnlich gelbbraun bis grau und weist meist querlaufende Fleckenreihen oder Streifen und einen gestreiften Schwanz auf. Die hauptsächlich solitären Fleischfresser ernähren sich von kleinen Säugetieren, Vögeln, Echsen und Insekten. Benannt nach dem lateinischen Namen für die Katze wurde die Gattung Felis 1758 durch Carl von Linné beschrieben.
Inhaltsverzeichnis
Körperbau
Allgemeine Merkmale
Alle Arten der Echten Katze ähneln mehr oder weniger der Hauskatze und können mit dieser verwechselt werden.<ref name="G.2009:334"/><ref name="W2008:392"/> Es handelt sich um kleine bis mittelgroße Katzen mit einer Kopf-Rumpf-Länge von 36 bis 112 Zentimetern und einem Körpergewicht von einem bis 13 Kilogramm.<ref name="P1951:5"/><ref name="S2013:197"/> Sie umfassen somit einige der kleinsten Arten der Katzen, weisen ansonsten jedoch deren klassische Körperform auf.<ref name="S2013:196"/><ref name="S2013:197"/> Ihr Körper ist kräftig und länglich gebaut und die Schultern liegen tiefer als die Kreuzgegend.<ref name="S2013:197"/> Mit 38 bis 60 Prozent der Kopf-Rumpf-Länge ist der gut entwickelte Schwanz gewöhnlich mehr als halb so lang wie der restliche Körper, manchmal jedoch auch etwas kürzer.<ref name="S2013:197"/><ref name="P1951:5"/>
Der Kopf der Echten Katzen ist rundlich und die Schnauze ist vergleichsweise kurz.<ref name="W2008:392"/><ref name="P1951:5"/> Die Ohrmuscheln verjüngen sich zur Spitze hin. Unter starkem Licht zieht sich die Pupille der Augen zu einem vertikalen Schlitz zusammen.<ref name="P1951:5"/> Die Beine sind kurz bis mittellang und ihre Pfoten sind klein, schmal und rundlich.<ref name="S2013:197"/><ref name="P1951:5"/> An den Vorderpfoten befinden sich gewöhnlich fünf Zehen und an den hinteren vier.<ref name="A.2009:128"/><ref name="S2013:197"/> Alle Zehen weisen einziehbare Krallen auf, die Krallenscheiden sind jedoch vergleichsweise schwach entwickelt.<ref name="A.2009:128"/><ref name="P1951:5"/>
Fell und Farbe
Das Fell der Echten Katzen ist relativ kurz und dicht.<ref name="S2013:197"/> Etwas Wollhaar ist immer vorhanden, auch bei tropischen Formen oder im Sommer. Die Ohrmuscheln sind manchmal mit einem kurzen Haarbüschel besetzt und teilweise ist ein Rückenkamm ausgebildet. Die Haare des Körpers, des Schwanzes und der Beine sind sonst jedoch recht gleichförmig und an den Wangen befinden sich keine Fransen. Die Nackenhaare fallen nach hinten ab.<ref name="P1951:5"/>
Abhängig von der Umgebung ist der Grundton der Fellfarbe sehr variabel und reicht von gelbbraun bis grau. Der obere Teil der Grannenhaare hat diesen Farbton, ihre Spitze ist dagegen in unterschiedlichem Maße dunkler.<ref name="P1951:5"/> Das Fell ist einfarbig bis stark gemustert.<ref name="S2013:197"/> Am Körper besteht die Musterung meist aus querlaufenden Fleckenreihen.<ref name="A.2009:128"/><ref name="W2008:392"/> Dabei handelt es sich um volle Flecken, nicht um Rosetten. An den Flanken können die Flecken zu Querstreifen verschmolzen sein, nie jedoch zu Längsstreifen. Hinter den Schultern ist die Tendenz zu Querstreifen besonders ausgeprägt. Diese für die Echten Katzen charakteristische Musterung kann jedoch bei erwachsenen Tieren schwach ausgeprägt sein oder gänzlich fehlen.<ref name="P1951:5"/> Melanismus kommt in der Natur nur selten vor, wurde jedoch von der Rohrkatze in Pakistan berichtet.<ref name="S2013:197"/>
Scheitel und Nacken der Echten Katzen weisen üblicherweise vier bis fünf Längsstreifen auf, die manchmal bis zu den Schultern reichen. Diese können jedoch auf dem Kopf auch in Flecken aufgelöst sein und manchmal fehlen. An der Seite des Kopfes verläuft ein Streifen vom Augenwinkel nach hinten und an der Wange befinden sich üblicherweise zwei weitere Streifen.<ref name="P1951:5"/> Die Rückseite der Ohrmuscheln ist gelb-rötlich gefärbt, manchmal mit einer schwarzen Umrandung.<ref name="S2013:197"/> Der bei vielen anderen Kleinkatzen vorkommende auffällige weiße Fleck ist dagegen nie vorhanden. Die Körperunterseite ist zumindest in der Mitte gefleckt. Die Kehle kann drei Querbänder aufweisen, von denen das hinterste immer erhalten ist, wenn auch manchmal nur schwach ausgeprägt. An den Vorderbeinen befindet sich zumindest ein Streifen, der auf der Innenseite unterhalb des Ellenbogens liegt. Die Hinterbeine sind an der Außenseite zumindest oberhalb des Sprunggelenkes gestreift. Die Fußsohlen sind schwarz und an den Hinterfüßen reicht diese Färbung häufig bis zum Sprunggelenk hinauf. Oberseits kann der Schwanz durchgehend gebändert sein, in der hinteren Hälfte ist er immer kräftig gestreift und er kann eine schwarze Spitze aufweisen. Die Musterung der Beine, des Schwanzes und gewöhnlich auch der Körperunterseite ist auch dann vorhanden, wenn die sonstige Körpermusterung fehlt.<ref name="P1951:5"/>
Schädel und Gebiss
Der rundliche Schädel der Echten Katzen ist außer bei der Rohrkatze relativ breit und hoch.<ref name="P1951:5"/><ref name="W2008:392"/><ref name="S2013:197"/> Verglichen mit dem anderer Katzen ist er leicht gebaut mit schlanken Jochbögen, großen Augenhöhlen und einer großen, aufgeblähten Hirnkapsel.<ref name="S2013:197"/> In der Seitenansicht ist das obere Profil des Schädels konvex.<ref name="P1951:5"/>
Die Schnauze ist kurz und fällt üblicherweise steiler ab als bei den meisten anderen Katzen, sodass die Nasenlöcher im Verhältnis zum Scheitel tiefer liegen.<ref name="P1951:5"/><ref name="W2008:392"/> Der Abstand von der Schnauze zum gewöhnlich merklich hervorspringenden Vorderrand der Augenhöhlen ist kleiner als deren größter Durchmesser.<ref name="W2008:392"/><ref name="P1951:5"/> Die hintere Begrenzung der Augenhöhle befindet sich allenfalls etwas vorderhalb der Schädelmitte. Sie wird durch Fortsätze des Stirnbeins und des Jochbeins gebildet, die sich manchmal berühren. Dabei stellen die breiten, stumpfen und bänderartigen Stirnbeinfortsätze ein besonders charakteristisches Merkmal der Echten Katzen dar. Die Knochenleisten des Hirnschädels sind vergleichsweise schwach ausgebildet. Die Temporalleisten treffen sich allenfalls auf dem Scheitel.<ref name="P1951:5"/> Ist ein Scheitelkamm vorhanden, so ist dieser nur schwach entwickelt, kurz und auf den hinteren Teil des Scheitels beschränkt.<ref name="P1951:6"/><ref name="S2013:197"/> Der knöcherne Gaumen ist so breit wie lang oder breiter.<ref name="W2008:392"/> Die Fossa mesopterygoidea des Keilbeins ist breit, ihre Seiten verlaufen parallel zueinander oder vorne auseinander und ihr Vorderrand ist leicht bikonkav.<ref name="P1951:6"/> Die Paukenblasen sind stark aufgebläht, insbesondere bei der Sandkatze und bei der Schwarzfußkatze.<ref name="S2013:197"/> Das Ectotympanicum ist stark vergrößert und manchmal so ausgedehnt wie das Entotympanicum, gewöhnlich ist es jedoch erheblich kleiner.<ref name="P1951:6"/><ref name="W2008:392"/>
3 | · | 1 | · | 3 | · | 1 | = 30 |
3 | · | 1 | · | 2 | · | 1 |
Das Gebiss der Echten Katzen weist auf die Fleischnahrung hin und ist mit insgesamt 30 Zähnen besetzt.<ref name="A.2009:128"/> In jeder Oberkieferhälfte befinden sich drei Schneidezähne, ein Eckzahn, drei Vorbackenzähne und ein echter Backenzahn. Die Unterkieferhälften weisen zwei statt drei Vorbackenzähne auf.<ref name="S2013:197"/>
Lebensraum, Lebensweise und Verhalten
Echte Katzen bewohnen alle Lebensräume ihres Verbreitungsgebietes außer die geschlossenen tropischen Wälder Afrikas.<ref name="S2013:197"/><ref name="P1951:5"/> Die ausschließlichen Fleischfresser erbeuten gewöhnlich Säugetiere und Vögel, die kleiner sind als sie selbst, sowie Echsen und Insekten.<ref name="A.2009:128"/><ref name="S2013:197"/> Obwohl sie schon relativ früh wissenschaftlich beschrieben wurden, ist über die sonstige Lebensweise und die Sozialstruktur einiger Formen wenig bekannt. Echte Katzen leben hauptsächlich solitär und ihre soziale Ordnung entspricht im Wesentlichen der für Katzen üblichen. So gibt es nur eine geringe Überschneidung zwischen den Revieren gleichgeschlechtlicher Tiere. Das Revier eines Männchens überlappt sich dagegen gewöhnlich mit den kleineren Revieren von einem oder zwei Weibchen.<ref name="S2013:197"/> Allgemein bekannt ist das Schnurren der Jungtiere und ihrer Mutter.<ref name="A.2009:128"/>
Verbreitung und Stammesgeschichte
Verbreitung
Das natürliche Verbreitungsgebiet der Echten Katzen liegt in der Alten Welt. Alle Arten kommen in Afrika vor, die Schwarzfußkatze nur dort. Die anderen Arten sind teilweise bis weit nach Europa und Asien hinein verbreitet. Nördlich reicht ihr Vorkommen etwa bis zum 60. Breitengrad und östlich bis nach Südostasien. Sie fehlen auf der Malaiischen Halbinsel und auf den Sundainseln.<ref name="S2013:197"/><ref name="P1951:5"/>
Stammesgeschichte
Fossilfunde der heutigen Vertreter der Echten Katzen stammen aus dem Oberpliozän bis Altpleistozän und dem Holozän Asiens, aus dem ausgehenden Altpleistozän bis Holozän Europas<ref name="K2011:1380"/> sowie aus dem Pliozän bis Holozän Afrikas.<ref name="MB1997:231"/><ref name="W2010:644"/> Verglichen mit den Eigentlichen Großkatzen gibt es jedoch nur wenig Funde. Felis attica, der wahrscheinlichste fossile Vorfahre, wurde durchgehend im Obermiozän Eurasiens gefunden. Als weiterer möglicher Vorfahre wird Felis lunensis aus dem Oberpliozän und dem europäischen Altpleistozän genannt. Laut neueren Untersuchungen von 2006 spalteten sich die Echten Katzen jedoch schon vor etwa 6,2 Millionen Jahren von den Altkatzen ab. Sie entstanden in Asien und wanderten vermutlich bereits im Obermiozän in Afrika ein. Dort stammen die ältesten zu den Echten Katzen gehörenden Fossilien aus Toros-Menalla im Tschad,<ref name="P2008:1380"/> bereits ins Pliozän gehören Funde aus Kanapoi in Kenia, die auf etwa 4,1 Millionen Jahren datieren. Aus der Zeit danach gibt es nur sporadische Funde in Afrika, der früheste Nachweis eines heutigen Vertreters (Felis silvestris) gehört ins ausgehende Pliozän und stammt aus Ahl al Oughlam in Marokko.<ref name="W2010:644"/> Aufgrund klimatischer und geographischer Isolationsereignisse wurden die Populationen durch Gewässer, Wüsten und Gebirge voneinander getrennt. Als Anpassung an aride und mesische Umweltbedingungen entwickelten sie sich schließlich zu den heutigen Arten weiter.<ref name="S2013:197"/>
Systematik und Nomenklatur
Systematik
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Kladogramm der Echten Katzen nach Nyakatura und Bininda-Emonds (2012)<ref name="NB2012:F10"/> |