Raubtiere
Raubtiere | ||||||||||||
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Südchinesischer Tiger mit Beute | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Carnivora | ||||||||||||
Bowdich, 1821<ref>T. Edward Bowdich: An Analysis of the Natural Classifications of Mammalia, for the Use of Students and Travelers. Paris 1821, S. 33 ff. (online bei GoogleBooks, frei downloadbar)</ref> | ||||||||||||
Überfamilien | ||||||||||||
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Die Raubtiere (Carnivora) sind eine Ordnung der Säugetiere (Mammalia), welche die Hundeartigen (Canoidea) und die Katzenartigen (Feloidea) einschließt.
Die 16 rezenten Familien der Raubtiere sind mit etwa 270 Arten in 110 Gattungen<ref name="WESTHEIDE_RIEGER_586">Harald Schliemann: Carnivora, Raubtiere. In: Wilfried Westheide, Reinhard Rieger: Spezielle Zoologie. Teil 2: Wirbel- oder Schädeltiere. Spektrum Akademischer Verlag, 2004, S. 586.</ref> nahezu weltweit verbreitet und ernähren sich als typische Beutegreifer überwiegend von Wirbeltieren. Traditionell werden sie in zwei hinsichtlich Aussehen und Lebensweise sehr unterschiedliche Gruppen eingeteilt: Die landlebenden „Landraubtiere“ (Fissipedia) der klassischen Systematik und die wasserlebenden Robben (Pinnipedia).<ref name="WESTHEIDE_RIEGER_586" />
Die wissenschaftliche Bezeichnung „Carnivora“ setzt sich aus den lateinischen Begriffen caro, carnis „Fleisch“ und vorare „verschlingen“ zusammen. Doch ernähren sich viele Raubtiere nicht ausschließlich von Fleisch; so sind etwa die Bären (Ursidae) opportunistische Allesfresser, und einige Arten, darunter der Große Panda, haben sich auf Pflanzennahrung spezialisiert.
Zoologen unterscheiden zwischen fleischfressenden (karnivoren) Tieren und den Carnivora als systematischer Einheit. In der Umgangssprache umfasst der Begriff „Raubtiere“ nicht nur die Carnivora, sondern alle „räuberischen“, also beutegreifenden Wirbeltiere, wie etwa Zahnwale, Haie, Krokodile, Raubbeutler, Greifvögel („Raubvögel“) oder theropode Dinosaurier („Raubsaurier“). Diese werden ökologisch als Prädatoren zusammengefasst.
Inhaltsverzeichnis
Merkmale
Allgemeines
Die Vertreter der Raubtiere sind sowohl hinsichtlich ihrer äußerlichen Attribute als auch ihrer Habitate sehr verschiedenartig. Diese Vielfalt wird im Vergleich zwischen dem kleinsten Raubtier der Erde, dem Mauswiesel, dessen Weibchen nicht einmal 50 g wiegen<ref>http://www.ak-wildbiologie.de/marder/mard1_09.htm</ref>, und dem größten Raubtier der Erde<ref>Bertelsmann Kinder-Tierlexikon, 2. Auflage, Seite 17</ref>, dem Südlichen Seeelefanten, dessen Bullen bis zu 6,5 Meter lang und mehr als 3,5 Tonnen schwer werden können<ref>http://www.world-of-animals.de/Tierlexikon/Tierart_See-Elefanten.html</ref>, besonders hervorgehoben. Sofern als Referenz alle beutegreifenden Wirbeltiere herangezogen werden, so wird dieser Vergleich mit dem Pottwal, welcher bis zu 20 Meter lang und 50 Tonnen schwer werden kann<ref>http://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/WWF-Arten-Portraet-Pottwal.pdf</ref><ref>http://derstandard.at/1333528645463/Video-Auge-in-Auge-mit-einem-der-groessten-Raubtiere-der-Erde</ref>, als größtes Raubtier der Erde umso imposanter.
Kiefer und Gebiss
Das Gebiss der landbewohnenden Raubtierfamilien baut auf folgender Zahnformel auf: Incisivi (Schneidezähne) 3/3, Canini (Eckzähne) 1/1, Prämolare (Vorbackenzähne) 4/4, Molare (Backenzähne) 3/3. Je nach Raubtierart sind die Ausprägungen unterschiedlich, wobei die Eckzähne, die so genannten Fangzähne, in der Regel extrem verlängert sind. Fast alle Arten besitzen je sechs kleine Schneidezähne im Ober- und Unterkiefer. Die wenigen Ausnahmen sind der Lippenbär, der in jeder Oberkieferhälfte nur zwei Schneidezähne besitzt, um durch die entstandene Lücke Insekten aufsaugen zu können, und der Seeotter, der im Unterkiefer insgesamt nur vier Schneidezähne trägt.
Alle Landraubtiere tragen darüber hinaus ein charakteristisches Gebissmerkmal: die sogenannte P4/M1-Brechschere, die sich jeweils aus zwei scharfen Reißzähnen zusammensetzt und hervorragend geeignet ist, um Fleisch zu zerschneiden. In jeder Kieferhälfte bilden zwei Reißzähne eine solche Funktionseinheit. Der obere Reißzahn ist der letzte Vorbackenzahn im Oberkiefer (Prämolar 4 = P4), der untere ist der erste Backenzahn (Molar 1 = M1) im Unterkiefer. Bei Hyänen sind sie besonders kräftig und eignen sich sogar zum Aufbrechen großer Knochen, bei Allesfressern wie Bären und Kleinbären sind sie weniger ausgeprägt. Die restlichen Backenzähne der Raubtiere sind im Gegensatz zu den auffälligen Reißzähnen in der Regel eher klein. Die Zahl der Backenzähne ist bei einigen Gruppen reduziert, so beispielsweise bei den Katzen.
Das Gebiss der Robben unterscheidet sich deutlich von dem der landlebenden Raubtiere. Es ist darauf spezialisiert, schlüpfrige Fische festzuhalten und besteht aus einem oder zwei Paaren unterer Schneidezähne, relativ unauffälligen Eckzähnen und 12 bis 24 kegelförmigen, homodonten Backenzähnen. Extreme Abwandlungen sind die Stoßzähne des Walrosses oder die modifizierten Backenzähne der Krabbenfresser.
Charakteristisch für Raubtierschädel sind ausladende Jochbögen, eine große Schläfengrube als Ursprung für den kräftigen, zum Zubeißen wichtigen Schläfenmuskel, sowie die Verbindung von Augenhöhle und Schläfenfenster. Der Unterkiefer ist so im Oberkiefer verankert, dass er nur auf- und abwärts bewegt werden kann; Seitwärtsbewegungen wie etwa beim Kauen sind nicht möglich.
Gliedmaßen
Raubtiere besitzen vier oder fünf Zehen an jedem Fuß. Der Daumen kann den anderen Zehen nicht gegenübergestellt werden und ist bei einigen Arten zurückgebildet oder reduziert. Die Handwurzelknochen sind in der Regel verwachsen, wodurch das Handgelenk gefestigt wird. Das Schlüsselbein ist sowohl bei Robben als auch bei den anderen Gruppen reduziert oder ganz verschwunden. Es dient bei anderen Säugern dazu, Seitwärtsbewegungen der Gliedmaßen zu ermöglichen. Raubtiere, die vor allem darauf ausgerichtet sind, Beute zu verfolgen, bewegen ihre Beine jedoch hauptsächlich vor und zurück. Einige Raubtiere wie Katzen und Hunde gehen auf den Zehen, während andere wie die Bären Sohlengänger sind. Bei einigen, etwa Katzen und Schleichkatzen, findet man als Besonderheit einziehbare Krallen. Die Gliedmaßen der Robben sind stark modifiziert und zu Flossen umgebildet, bei denen die Zehen durch Schwimmhäute verbunden sind.
Organe
Wegen der meist geringen Spezialisierung bei der Nahrungsaufnahme ist, wie das Gebiss, auch der Verdauungstrakt im Vergleich zu vielen Pflanzenfressern recht ursprünglich und bietet dadurch eine höhere Anpassungsfähigkeit. Er besteht aus dem Magen und einem relativ kurzen Darm.
Weibliche Raubtiere verfügen über eine zweihörnige Gebärmutter. Sie haben bauchständige Milchdrüsen. Männliche Raubtiere (mit Ausnahme der Hyänen) haben einen Penisknochen (Baculum), die Hoden liegen außen.
Das relativ große Gehirn ist stark gefurcht.
Verbreitungsgebiet und Lebensräume
Mit etwa 270 Arten sind die Raubtiere eine der artenreicheren Ordnungen der Säugetiere. Sie kommen auf allen Kontinenten vor, wobei sie in der Antarktis nur an den Küsten anzutreffen sind. Mit Ausnahme von Ohrenrobbenkolonien an der Südküste war Australien früher raubtierfrei, in historischer Zeit wurde jedoch der australische Dingo und in der Neuzeit Rotfuchs und Hauskatze durch den Menschen eingeführt.
Alle Familien der Katzenartigen sind, mit Ausnahme der Katzen selbst, die auch in Nord- und Südamerika vorkommen, natürlicherweise auf die alte Welt beschränkt. Zwei Familien der Katzenartigen, die Madagassischen Raubtiere und die Pardelroller, haben recht kleine Verbreitungsgebiete und kommen ausschließlich auf Madagaskar beziehungsweise in Zentralafrika vor. Die übrigen drei, Hyänen, Mangusten und Schleichkatzen, sind jeweils in Afrika, Asien und in Randgebieten in Europa verbreitet. Unter den Hundeartigen sind die Hunde, Bären und Marder fast weltweit verbreitet und fehlen ursprünglich nur in Australien und der Antarktis. Die Bären sind in Afrika allerdings mit dem Atlasbären im Holozän ausgestorben. Die Skunks sind in Südostasien und Amerika verbreitet, die Katzenbären mit einer Art auf Asien beschränkt und die Kleinbären leben ausschließlich in Amerika. In drei Familien bewohnen die Wasserraubtiere die Küstengewässer aller Kontinente, sowie einige wenige Süßwasserseen.
Die Lebensräume der Raubtiere sind vielseitig, und es gibt nur wenige Habitate, die sie nicht bevölkern. So findet man sie vom Packeisgürtel bis in tropische Regenwälder und von Küstenmeeren bis in trockene Wüsten.
Lebensweise
Sozialverhalten
Die Bandbreite des Sozialverhaltens ist nicht nur unter den Raubtieren an sich groß, sondern variiert auch deutlich innerhalb der einzelnen Tiergruppen. Oft steht die Gesellschaftsform in engem Zusammenhang mit der Jagdweise und Ernährung der jeweiligen Art. So leben einige Arten in Rudeln (Wölfe, Löwen) oder Kolonien (Seelöwen), andere als Einzelgänger (Leopard, Braunbär) oder in Familiengruppen (Schakale).
Ernährung
Die meisten Raubtiere sind Fleischfresser. Ihren Fleischbedarf decken sie durch Jagd oder das Fressen von Aas. Ein großer Teil der Carnivoren ist jedoch omnivor, also allesfressend, das heißt, sie nehmen neben Fleisch auch andere Nahrung wie Beeren oder Gräser zu sich. Viele kleinere Raubtiere wie Mangusten, aber auch einige größere Arten wie Löffelhund, Erdwolf und Lippenbär ernähren sich zu großen Teilen von Wirbellosen, vornehmlich Insekten. Einige Raubtierarten, darunter der Große Panda, der Pardelroller oder der Wickelbär, sind sogar vorrangig oder fast ausschließlich Pflanzenfresser. Dennoch findet man zahlreiche hochspezialisierte Beutegreifer innerhalb dieser Ordnung.
Die Art und Weise, wie Raubtiere ihre Opfer erlegen, ist sehr vielseitig. Einige Arten, etwa die Wildhunde, hetzen ihre Beute bis zur Erschöpfung, andere schleichen sich nah an ihre Beute heran und überraschen sie mit einem schnellen Angriff, so beispielsweise die Katzen. Marder sind fähig, schnell kletternden Eichhörnchen in Bäumen nachzustellen, Wiesel verfolgen Nagetiere in ihre Gänge und Robben jagen Fische. Große Robben wie Seeelefanten erreichen dabei Tiefen von über 1000 Metern. Einige Raubtiere sind in der Lage, Tiere zu erlegen, die um einiges größer sind als sie selbst. Zum Beispiel können Tiger Gaure (große Rinder aus Südostasien) erlegen, und das Hermelin kann ein Kaninchen töten, das ein Vielfaches seines Körpergewichtes wiegt. Einige Arten setzen vor allem auf Gruppenjagd, während andere im Alleingang jagen.
Fortpflanzung
Die meisten Raubtierarten werfen etwa einmal pro Jahr, kleinere Arten auch mehrmals. Bei großen Arten wie den Großkatzen und Bären vergehen meist zwei bis drei Jahre zwischen zwei Würfen. Die Tragzeit schwankt zwischen 50 und 115 Tagen. Die Jungen kommen in der Regel klein, blind und unfähig zum eigenständigen Überleben zur Welt.
Bei einigen Marderartigen und Bären tritt eine verzögerte Entwicklung des Embryos auf. Dieser als Keimruhe bezeichnete Mechanismus verlängert die Tragzeit und stellt sicher, dass die Jungen zu einer möglichst günstigen Jahreszeit geboren werden.
Systematik
Äußere Systematik
Die Raubtiere werden heute aufgrund molekulargenetischer Befunde zur großen Säugerlinie der Laurasiatheria gezählt, zu denen auch die Insektenfresser, Fledertiere, Unpaarhufer, Cetartiodactyla (Wale und Paarhufer) und Schuppentiere gehören. Innerhalb der Laurasiatheria werden die Raubtiere heute meist zusammen mit den Schuppentieren und den ausgestorbenen Creodonten in eine gesonderte Gruppe, die Ferae, gestellt. Deren Schwestergruppe wären nach dieser Auffassung die Unpaarhufer. Ein mögliches Kladogramm der Laurasiatheria sieht folgendermaßen aus:<ref>nach Westheide/Rieger (2004), S. 503.</ref>
Laurasiatheria |
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Während die Ferae heute als relativ sicher angesehen werden, gibt es bzgl. der Systematik innerhalb der Laurasiatheria noch regelmäßige Diskussionen.
Innere Systematik
Grobsystematik
Die klassische Einteilung der Raubtiere sah zwei Unterordnungen vor, die Landraubtiere und die Wasserraubtiere; letztere waren dabei die Robben, erstere alle landbewohnenden Raubtiere. Nach heutigem Stand ist diese Unterteilung überholt, da Robben sich aus hundeartigen Raubtieren entwickelten und daher diesen zuzuordnen sind. Diese Zugehörigkeit basiert sowohl auf morphologischen als auch auf molekulargenetischen Untersuchungen. Demnach spalteten sich die frühen Raubtiere nicht zuerst in Land- und Wasserraubtiere auf, sondern in Hundeartige (Canoidea) und Katzenartige (Feloidea). Schon lange unterscheidet man diese zwei Stammlinien, wobei früher allerdings die Robben nicht zu den Hundeartigen gerechnet wurden.
Unbestritten ist heute, dass die drei Familien der Robben ein monophyletisches Taxon sind, also alle auf einen gemeinsamen Vorfahren zurückgehen. Auch die Monophylie der traditionell unterschiedenen Landraubtier-Familien bestätigte sich größtenteils. Dies gilt insbesondere für Hunde, Bären, Hyänen und Katzen. Die anderen herkömmlichen Familien, die Marderartigen, Kleinbären, Schleichkatzen und Mangusten, haben noch immer Gültigkeit, mussten jedoch teilweise etwas umstrukturiert werden, um den neuen taxonomischen Befunden gerecht zu werden. So bilden die Skunks zusammen mit den Stinkdachsen Südostasiens eine eigene Familie, der Kleine Panda ist in einer eigenen Familie Ailuridae abgetrennt und die Madagassischen Raubtiere bilden ein monophyletisches Taxon. Der Pardelroller und die Linsangs stellen nach molekulargenetischen Untersuchungen ebenfalls jeweils eigenständige Familien dar.
- Hundeartige (Canoidea)
- Hunde (Canidae) (mit Wölfen, Füchsen und Schakalen)
- Bären (Ursidae)
- Walrosse (Odobenidae)
- Ohrenrobben (Otariidae)
- Hundsrobben (Phocidae)
- Kleine Pandas (Ailuridae)
- Skunks oder Stinktiere (Mephitidae)
- Kleinbären (Procyonidae)
- Marder (Mustelidae)
- Katzenartige (Feloidea)
- Pardelroller (Nandiniidae)
- Katzen (Felidae)
- Linsangs (Prionodontidae)
- Schleichkatzen (Viverridae)
- Hyänen (Hyanidae)
- Mangusten (Herpestidae)
- Madagassische Raubtiere (Eupleridae)
Systematik auf Familienebene
Die genaueren verwandtschaftlichen Verhältnisse der Raubtierfamilien untereinander konnten jüngst durch molekulargenetische Analysen etwas aufgehellt werden, wenn auch einzelne Fragen noch immer ungeklärt sind. Als sicher gilt heute, dass innerhalb der Hundeartigen die Caniden (Hunde) allen anderen heutigen Gruppen, die als Arctoidea zusammengefasst werden, gegenüberstehen. Die Arctoidea selbst gliedern sich in die drei Hauptkladen Bären, Robben und Musteloidea. Zu letzteren zählen die Katzenbären, Skunks, Kleinbären und Marder. Die Systematik unter den Musteloidea ist nicht ganz gesichert, doch Marder und die Kleinbären scheinen eine Einheit zu bilden, deren Schwestergruppe die Skunks sind. Diesen drei Gruppen stünden demnach die Katzenbären als gesonderte Gruppe innerhalb der Musteloidea gegenüber. Zu den Katzenbären gehört nach heutigen Erkenntnissen nur der Kleine Panda. Der Große Panda hingegen wird heute den Großbären (Ursidae) zugeteilt. Unklar bleibt unter den Hundeartigen die Stellung der ausgestorbenen Amphicyonidae.
Innerhalb der Katzenartigen stellten sich überraschend die Pardelroller, die gegenwärtig mit nur einer Art in Zentralafrika vertreten sind, als eigene Familie heraus, die allen anderen überlebenden Familien aus dem Katzenzweig gegenüberstehen. Des Weiteren bilden alle Madagassischen Raubtiere eine monophyletische Gruppe, die nahe mit den Mangusten verwandt ist. Die Schwestergruppe dieser beiden Gruppen dürften die Hyänen sein. Bei den Katzenartigen wären demnach neben den Pardelrollern drei Hauptlinien zu unterscheiden: (1) Die Katzen und die Linsangs, (2) die Schleichkatzen (ohne Pardelroller und Madagassische Raubtiere) und (3) eine Gruppe, die sich aus Hyänen, Mangusten und Madagassischen Raubtieren zusammensetzt. Unklar ist, ob die Katzen oder die Schleichkatzen dem Hyänen-Mangusten-Zweig näher stehen. Ungeklärt ist auch die genaue Stellung der ausgestorbenen Nimravidae, Barbourofelidae sowie der hyänenähnlichen Stenoplesictidae und Percrocutidae.
Ein mögliches Kladogramm der Raubtierfamilien könnte folgendermaßen aussehen:
Raubtiere (Carnivora) |
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Stammesgeschichte
Aufspaltung in Katzen- und Hundeartige
Nach der herkömmlichen Meinung hatten sich die Raubtiere schon im frühen Paläozän in die beiden großen Raubtier-Stammlinien, die Katzenartigen (Feliformia) und die Hundeartigen (Caniformia), aufgespalten. Als älteste Gruppe der ersteren galt bisher die ausgestorbene Familie Viverravidae, die bereits im Paläozän nachgewiesen ist. Einer ihrer Vertreter war beispielsweise die zierliche, baumlebende Gattung Protictis. Als früheste Gruppe der Hundeartigen wurden meist die Miacidae angesehen, die etwa ab dem späten Paläozän auftreten. (Ursprünglich wurden die Miaciden sogar als Vorläufer aller Raubtiere angesehen.) Ihre Pfoten waren flexibel, was auf Kletterfähigkeiten hinweist, und sie besaßen ein vollständiges Gebiss mit 44 Zähnen. Auch die Brechschere war bereits entwickelt.
Neuere Studien weisen allerdings darauf hin, dass die Miaciden und Viverraviden nicht die direkten Vorfahren der beiden Raubtierlinien sind, sondern sogar ganz außerhalb der Carnivora anzusiedeln sind. Die Miaciden scheinen nicht einmal eine monophyletische Gruppe zu sein. Viverraviden und Miaciden werden aber auch nach diesen Befunden mit den Raubtieren zu einem Taxon, den Carnivoramorpha, zusammengefasst. Diesen Ergebnissen zufolge hätten sich die beiden Hauptlinien der Carnivora erst vor etwa 43 Millionen Jahren auseinanderentwickelt.
Entwicklung der Katzenartigen
Eine der ältesten Familien aus dem Katzenzweig sind die Nimravidae, die sehr stark an Katzen (Felidae) erinnern, aber als separate Familie angesehen werden. Sie traten erstmals im späten Eozän Nordamerikas und Eurasiens auf. Eine weitere Familie, die Barbourofelidae, wurden ursprünglich als Unterfamilie der Nimravidae angesehen, doch gelten sie heute als eigene Familie. Die Barbourofelidae starben erst im späten Miozän mit der nordamerikanischen Gattung Barbourofelis aus.
Der erste Vertreter der Katzen selbst war Proailurus aus dem Oligozän und Miozän Europas. Er war etwa so groß wie ein Ozelot. Im Miozän wanderten die Katzen erstmals nach Nordamerika ein und verdrängten schnell die dort lebenden Nimraviden. Im Pliozän wanderten sie auch nach Südamerika ein. Die anderen Familien der Katzenartigen blieben, abgesehen von einer nordamerikanischen Hyänengattung des Pliozäns, auf die Alte Welt beschränkt und erreichten nie den amerikanischen Kontinent.
Entwicklung der Hundeartigen
Die zweite Linie der Raubtiere sind die Hundeartigen. Ihre namensgebende Familie, die Hunde (Canidae), ist entwicklungsgeschichtlich vor allem in Nordamerika vertreten und war ursprünglich auf diesen Kontinent beschränkt. Die Gattung Hesperocyon aus dem mittleren Eozän war der erste bekannte Vertreter dieser Familie. Die Hunde erreichten Europa im Miozän, Afrika, Asien und Südamerika nicht vor dem Pliozän.
Auch die zweite Familie, die Bären, tauchte zuerst in Nordamerika auf und erreichte Eurasien und Afrika im Miozän. Im Gegensatz zu den heutigen Formen war der erste Bär noch ziemlich klein. Parictis aus dem späten Eozän hatte einen nur 7 cm langen Schädel. Die anderen Familien der Hundeartigen, zu denen neben den heute noch existierenden auch die ausgestorbene Familie der Amphicyonidae gehörte, sind spätestens ab dem frühen Oligozän sowohl in Nordamerika als auch in der Alten Welt nachweisbar. Südamerika erreichten die Hundeartigen genau wie die Katzen erst im Pliozän, nach der Entstehung der mittelamerikanischen Landbrücke. Lediglich die Kleinbären sind schon ab dem späten Miozän auf diesem Kontinent nachgewiesen.
Die Robben, die innerhalb der Hundeartigen zur Gruppe der Arctoidea zählen, sind erst aus dem Oligozän bekannt. Enaliarctos etwa hatte bereits Flossen und lebte im späten Oligozän Kaliforniens. Die Backenzähne dieser frühen Gattung waren noch kaum modifizierte Reißzähne, wie sie für Landraubtiere typisch sind. Vertreter, die den drei Robbenfamilien zugeordnet werden können, sind aus dem Miozän bekannt. Ohrenrobben und Walrosse waren damals an den Küsten des Nordpazifik verbreitet, während die Hundsrobben im Nordatlantik lebten.
Ausgestorbene Fleischfresser anderer Säugetiergruppen
Bevor sich die Carnivora zu den Gipfelräubern entwickelten, wurde diese Nische von zwei anderen Säugerordnungen ausgefüllt, die bereits vor langer Zeit ausstarben. Die ersten waren die Mesonychia, fleischfressende Huftiere, die im Paläozän und Eozän verbreitet waren. Sie brachten die ersten großen Fleischfresser unter den höheren Säugetieren hervor. Eine zweite Gruppe räuberischer Säugetiere waren die Creodonten („Scheinraubtiere“). Im frühen Paläogen waren die eigentlichen Raubtiere noch verhältnismäßig klein, die Creodonten jedoch waren mit einer beachtlichen Formenfülle großer Fleischfresser vertreten. Ebenso wie die Carnivora hatten die Creodonten ein Brechscherengebiss entwickelt. Die Brechscheren von Raubtieren und Creodonten bestanden jedoch jeweils aus unterschiedlichen Backenzähnen, ein Beleg dafür, dass beide Gruppen sich unabhängig voneinander, also konvergent, entwickelt haben.
Auf den Kontinenten Australien und Südamerika, wo lange Zeit keine modernen Raubtiere lebten, wurde die Rolle größerer Fleischfresser ursprünglich von verschiedenen Beuteltierarten ausgefüllt. In Südamerika lebten bis in das Pliozän fleischfressende Beuteltiere der Ordnung Sparassodonta, zu denen auch die den säbelzahnkatzenähnliche Gattung Thylacosmilus gehörte. Mit der Bildung der mittelamerikanischen Landbrücke und dem großen amerikanischen Faunenaustausch am Ende des Pliozäns wanderten Carnivora aus Nordamerika ein und verdrängten ihre südamerikanischen Konkurrenten. Unter den speziellen Bedingungen Australiens konnten sich unter den Beutelsäugern einige mittelgroße Fleischfresser entwickeln, wie etwa die Beutelmarder und der Beutelteufel, die zu den Raubbeutlern gehören. Einer anderen Familie der Raubbeutlerartigen gehört der Beutelwolf an, der im 20. Jahrhundert verschwand. Fleischfresser außerhalb der Raubbeutlerartigen waren z. B. die Beutellöwen, die im Pleistozän ausstarben, oder fleischfressende Känguruarten der Gattung Ekaltadeta, die bereits im Obermiozän ausstarben.
Bedeutung, Geschichte, Kultur
Seit Urzeiten sind große Raubtiere die Nahrungskonkurrenten des Menschen. Viele Raubtiere wurden als Feinde der Nutztiere des Menschen verfolgt und verloren einen Großteil ihres Lebensraumes durch die Ausbreitung und Konkurrenz des Menschen. Auch die Jagd auf Wildtiere verübelte ihnen der Mensch und dezimierte sie aus diesem Grund. So wurden Großraubtiere im Yellowstone-Nationalpark selbst nach der Nationalpark-Gründung verfolgt und der Wolf dabei ausgerottet. Viele Raubtiere wurden oder werden auch wegen ihres Fells zur Herstellung von Kleidung und als Jagdtrophäen bejagt. Heute sind etliche Arten vom Aussterben bedroht und besonders die Bestände der großen Raubtiere sind vielfach bis auf kleine Reliktpopulationen zusammengeschmolzen.
Stellenweise ist heute allerdings ein Umdenken zu erkennen. Vor allem in Europa und Nordamerika scheinen einige Großraubtiere wieder etwas an verlorenem Boden gutmachen zu können. So wurden Wölfe im Yellowstone-Nationalpark wiedereingeführt und in Mitteleuropa etablieren sich zunehmend Bären, Wölfe und Luchse. Einige anpassungsfähige Arten, wie etwa Rotfuchs oder Marder, dringen immer mehr in menschliche Siedlungen vor und finden selbst in modernen Großstädten ein Auskommen.
Besonders die großen Arten wie Löwe, Tiger, Bär und Wolf haben mythische Bedeutung erlangt und Eingang in zahlreiche Sagen gefunden.
Einige Arten (vor allem Haushund und Hauskatze) werden vom Menschen auch als Haustiere gehalten. Verschiedene Marder werden wegen ihres Felles oder im Falle des Frettchens zur Kaninchen- und Hasenjagd gezüchtet.
Mehrere Raubtierarten, wie etwa der Rotfuchs, sind Überträger gefährlicher Seuchen wie der Tollwut.
Einzelnachweise
<references />
- John J. Flynn u. a.: Molecular Phylogenie of the Carnivora (Mammalia): Assessing the Impact of Increased Sampling on Resolving Engimatic Relationships. Systematic Biology 54 (2), 2005; S. 317–337. doi:10.1080/10635150590923326 Volltext
- Gina D. Wesley-Hunt, John J. Flynn: Phylogeny of the Carnivora: Basal Relationships among the Carnivoramorphans, and assessment of the position of 'Miacoidea' relative to Carnivora. Journal of Systematic Palaeontology 3 (1), 2005; S. 1-28. doi:10.1017/S1477201904001518
Literatur
- D. E. Wilson, D. M. Reeder: Mammal Species of the World. Johns Hopkins University Press, 2005, ISBN 0-8018-8221-4.
- David Macdonald: Die große Enzyklopädie der Säugetiere. Könemann in der Tandem Verlag, 2004, ISBN 3-8331-1006-6.
- Thomas S. Kemp: The Origin & Evolution of Mammals. Oxford University Press, Oxford 2005, ISBN 0-19-850761-5.
- Don E. Wilson, Russell A. Mittermeier (Hrsg.): Handbook of the Mammals of the World. Volume 1: Carnivores. Lynx Edicions, 2009, ISBN 978-84-96553-49-1.
Weblinks
- Raubtiere: Die gefährlichen Helfer, Artikel von Peter Laufmann in Spiegel Online, 5. Februar 2012 (ursprünglich erschienen in natur+kosmos, Heft 2/2012)