Kirchliche Trauung


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Hochzeitsbank vor der kirchlichen Trauung

Als kirchliche Trauung wird die Schließung einer Ehe nach dem vorgeschriebenen Ritus einer Kirche bezeichnet (Eheschließungsform). Sie findet in aller Regel vor einem Geistlichen statt. In einigen Ländern kann die bürgerliche Eheschließung mit der kirchlichen Feier zusammenfallen. Im deutschen Sprachraum wird sie aber normalerweise getrennt davon in einem separaten Akt vor dem Repräsentanten der weltlichen Gemeinde vollzogen, und zwar in der Regel bereits vor der kirchlichen Trauung (bis 31. Dezember 2008 galt in Deutschland ein Verbot der religiösen Voraustrauung).

Nach römisch-katholischem Verständnis begründet die kirchliche Trauung die kirchenrechtliche Anerkennung bzw. Gültigkeit des Ehebundes, den sich (im Falle einer Ehe zwischen Christen) die Brautleute als Sakrament spenden. Kern der Trauung ist daher die Kundgebung des Ehekonsenses durch die Eheleute vor dem Traugeistlichen und den Trauzeugen. Eine öffentliche Bekanntmachung (Aufgebot) muss vorausgegangen sein; die Ehe ist im Kirchenbuch zu registrieren. Das von den Eheleuten gestiftete sakramentale Eheband ist nach katholischer Lehre zu Lebzeiten unauflöslich; Eheannullierung ist bei Vorliegen der Voraussetzungen möglich.

Nach dem in den evangelischen Kirchen im deutschen Sprachraum vorherrschenden Verständnis wird im Traugottesdienst dagegen lediglich das bereits abgegebene Versprechen vor Gott noch einmal wiederholt und eine vor dem Standesbeamten gültig geschlossene Ehe gesegnet (Segnungsgottesdienst). In Ländern, in denen die kirchliche Eheschließung staatlicherseits anerkannt wird und keine separate standesamtliche Trauung notwendig ist, betrachten aber auch die evangelischen Kirchen die kirchliche Trauung als konstitutiv für die Begründung der Ehe. Einen sakramentalen Charakter besitzt die Ehe nach allgemeiner protestantischer Auffassung nicht. Daher ist auch die Scheidung einer kirchlich gesegneten oder geschlossenen Ehe grundsätzlich möglich.

Gemeinsamkeiten

Die kirchliche Trauung gehört zu den Kasualien, den kirchlichen Amtshandlungen aus besonderem Anlass. Als solche wird sie in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Frankreich und bestimmten anderen Ländern staatlicherseits als rechtlich unbeachtlich angesehen und nur kirchenrechtlich anerkannt. In solchen Ländern muss das Paar im Normalfall vor der kirchlichen Eheschließung schon standesamtlich getraut sein. Dies ist beispielsweise in Österreich bis heute notwendig und war auch in Deutschland bis zu der zum 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Reform des Personenstandsgesetzes zwingend vorgeschrieben. Von den Kirchen selbst wird es auch seit der Reform in Deutschland im Regelfall verlangt. In Schweden, dem Vereinigten Königreich, Irland, Spanien, Polen, Italien sowie Ländern mit Staatskirchen (z. B. Griechenland, Norwegen und Dänemark) entfaltet die kirchliche Trauung dagegen auch zivilrechtliche Wirkungen oder kann bei der Personenstandsbehörde angezeigt und anerkannt werden.

Die christliche Trauung ist an den Ritus beziehungsweise die Gottesdienstordnung der jeweiligen Kirche gebunden. Häufig wird den Brautleuten aber die Möglichkeit geboten, den Gottesdienst im zulässigen Rahmen nach ihren Vorstellungen mitzugestalten. In den evangelischen Freikirchen ist das die Regel. Die christliche Trauung findet nahezu ausschließlich in der Kirche statt. Es gibt nur wenige Ausnahmen, in denen ein anderer Ort genehmigt wird. Heiratet man nicht in seiner eigenen Gemeinde, benötigt man die Zustimmung des zuständigen Pfarrers, der ein Dimissoriale erteilen muss. In den Freikirchen ist bei einer Auswärts-Hochzeit keine Zustimmung des eigenen Pfarrers nötig.

Grundsätzlich setzt die kirchliche Trauung voraus, dass beide Eheleute einer Konfession angehören und mindestens ein Partner Mitglied der jeweiligen Kirche ist. Bei Partnern unterschiedlicher Konfession überlassen die großen Kirchen den Pfarrern bzw. Kirchengemeindeleitungen vor Ort die Entscheidung, ob das Paar dennoch getraut werden kann. In manchen Fällen ist insbesondere in der römisch-katholischen Kirche zusätzlich eine Genehmigung des Ortsbischofs einzuholen.

Die kirchliche Trauung steht in den meisten Kirchen nur verschiedengeschlechtlichen Paaren offen. In einigen protestantischen Kirchen gibt es eine Segnung gleichgeschlechtlicher Paare. Als erste europäische Territorialkirche ermöglicht die evangelisch-lutherische Kirche Schwedens homosexuellen Paaren seit dem 1. November 2009 eine regelrechte kirchliche Heirat. Ab 2012 hat auch die Dänische Kirche gleichgeschlechtlichen Paaren eine kirchliche Trauung ermöglicht.<ref>Der Standard:Kirchliche Trauung für dänische Lesben und Schwule</ref> Seit November 2015 hat die Norwegische Kirche die kirchliche Trauung gleichgeschlechtlicher Paare erlaubt.<ref>Bischöfe einstimmig für Ehe für alle - Norwegens Kirche öffnet die Ehe für Schwule und Lesben, Queer.de 2. November 2015</ref> In Nordamerika haben die United Church of Canada, die United Church of Christ. die Metropolitan Community Church, die Presbyterian Church (U.S.A.)<ref>CNN:Presbyterians vote to allow same-sex marriage</ref> und die anglikanische Episkopalkirche der Vereinigten Staaten von Amerika<ref>NBCNews:Episcopalians Vote to Allow Gay Marriage in Churches</ref> kirchliche Trauungen für gleichgeschlechtliche Paare ermöglicht. Im August 2013 erfolgte die erste kirchliche Trauung eines gleichgeschlechtlichen Paares in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau.<ref>stern.de:Kleine Kirchen Revolution, Evangelische Kirche traut erstes homosexuelles Paar</ref>

Römisch-katholische Kirche

Die römisch-katholische Lehre kennt grundsätzlich zwei Formen der Ehe: die sakramentale und die natürliche. Die Eheschließung zwischen Christen ist nach katholischer Auffassung stets ein Sakrament. Der Ehebund wird, abgesehen von Sonderfällen, im Rahmen einer liturgischen Feier öffentlich bekundet. Das Ehesakrament spenden sich nach katholischer Lehre die Brautleute gegenseitig.<ref>Konzil von Trient Session XXIV</ref> Die Erfüllung der Formnormen in der Feier der Trauung ist die Voraussetzung für die kirchenrechtliche Anerkennung der Gültigkeit der Ehe. Sie findet in der Regel innerhalb der so genannten Brautmesse statt; auch ein Wortgottesdienst genügt der Form. Zur Vorbereitung auf das Sakrament der Ehe kennt die Kirche die Einrichtung der Ehepastoral, die beispielsweise Ehevorbereitungskurse oder andere Formen der seelsorglichen Betreuung vor und nach der Eheschließung umfasst.

Damit eine Trauung gefeiert werden kann, muss das Brautpaar zunächst mit einem Priester Kontakt aufnehmen. Ist dies nicht der Pfarrer der Pfarrei am Wohnsitz, so muss eine Kirche gefunden werden, in der die Brautmesse gefeiert werden kann. Der Wohnortpfarrer erstellt dann eine Trauüberweisung an den trauenden Priester. Das Brautpaar muss Taufbescheinigungen der beiden Pfarreien vorlegen, in denen die Brautleute getauft wurden. Die Bescheinigungen dürfen nicht älter als sechs Monate sein. In Deutschland muss vor der kirchlichen Hochzeit eine standesamtliche Eheschließungsbescheinigung vorgelegt werden, soweit nicht, wie seit 1. Januar 2009 möglich, ausnahmsweise eine rein kirchliche Trauung beim Bischöflichen Ordinariat beantragt wird.<ref>Papiere für die katholische Eheschließung</ref> Vor der Trauung ist ein Ehevorbereitungsgespräch (sinnvollerweise mit dem trauenden Priester) vorgeschrieben. Dessen Ergebnis wird im Ehevorbereitungsprotokoll<ref>Formblatt Ehevorbereitungsprotokoll (PDF; 102 kB)</ref> dokumentiert. Das Protokoll endet mit den Unterschriften der Trauzeugen und der Registrierung der Trauung. In den Anmerkungen des Eheprotokolls ist die Lehre der katholischen Kirche über die Ehe wiedergegeben.

Die Ehe kann auch ohne Priester oder Diakon vor nur zwei Zeugen gültig geschlossen werden, wenn für längere Zeit (1 Monat) ein zuständiger Priester nicht zu erreichen ist. (Can. 1116 CIC)<ref>Katholischer Katechismus der Bistümer Deutschlands. Herder, Freiburg (Breisgau) 1955, S. 186.</ref> Dem zuständigen Pfarrer ist die so geschlossene Ehe zu melden. Auch können nach Can. 1112 CIC Laien zur Eheschließungsassistenz delegiert werden.

In der römisch-katholischen Kirche ist für Ehen mit einem orthodoxen Partner oder mit einem Nichtchristen zusätzlich eine Genehmigung des zuständigen Bischofs vorgeschrieben. Will ein Katholik einen nicht-katholischen Partner nicht im Rahmen einer katholischen Trauungsfeier heiraten, sondern im Ritus einer anderen Konfession oder, etwa bei der Eheschließung mit einem Nichtchristen, nur standesamtlich, so muss er über den Ortspfarrer beim Bischof eine besondere Genehmigung einholen (Dispens von der Formpflicht).

Sakramentale Eheschließung

Die Ehe zwischen zwei getauften Christen gehört nach römisch-katholischer Lehre zu den sieben Sakramenten: Als solches gezählt wird die Ehe seit dem Zweiten Laterankonzil (1139); diese Lehre wurde auf der Synode von Verona (1184) und bei weiteren Gelegenheiten ausdrücklich lehramtlich bestätigt und schließlich 1547 durch das Konzil von Trient gegen die Reformatoren feierlich dogmatisiert.<ref>Vgl. Udo Breitbach: Die Vollmacht der Kirche Jesu Christi über die Ehen der Getauften. Zur Gesetzesunterworfenheit der Ehen nichtkatholischer Christen (= Tesi Gregoriana. Serie Diritto Canonico. Bd. 27). Pontificia Università Gregoriana, Rom 1998, ISBN 88-7652-786-9, S. 20–22, (Zugleich: Rom, Pontificia Università Gregoriana, Dissertation, 1997).</ref><ref>Vgl. Joachim Piegsa: Das Ehesakrament (= Handbuch der Dogmengeschichte. Bd. 4: Sakramente, Eschatologie. Fasz. 6). Herder, Freiburg (Breisgau) u. a. 2002, ISBN 3-451-00740-1, S. 61.</ref> Anders als im Verständnis der orthodoxen und ostkirchlichen Theologie wird die sakramentale Ehe dabei nicht durch den trauenden Priester gestiftet, vielmehr spenden sich die Ehepartner nach lateinischer Auffassung gegenseitig das Ehesakrament. Die deutschen Bischöfe definieren die sakramentale Ehe als „die eheliche Gemeinschaft eines Mannes und einer Frau, die durch Glauben und Taufe am Leben Christi teilhaben und in die Kirche eingegliedert sind“.<ref>Liturgische Institute Salzburg, Trier und Zürich (Hrsg.): Die Feier der Trauung. 9. Auflage, Ausgabe für Brautleute und Gemeinde. Herder, Freiburg (Breisgau) u. a. 2006, ISBN 3-451-21877-1, S. 10.</ref> Als wesentliche Eigenschaften der Ehe werden die Einheit (Treue, Einpaarigkeit und Heterosexualität, also ein Mann und eine Frau) und die Unauflöslichkeit gesehen.

Eine kirchliche Eheschließung ist nur gültig, wenn die Partner keinem Ehehindernis unterliegen, keine Ungültigkeitsgründe wie z. B. Konsensmängel oder Willensmängel vorliegen und die kirchlichen Formvorschriften eingehalten werden. Die Formpflicht verlangt, dass der trauungsberechtigte Geistliche (Priester oder Diakon mit Trauungserlaubnis des Bischofs) im Beisein von zwei Zeugen den Ehekonsens erfragt. Im Fall einer gemischtkonfessionellen Verbindung kann mit einer Sondererlaubnis (Dispens) von der Einhaltung der kirchlichen Eheschließungsform befreit werden.

Die bürgerliche Eheschließung unter Beteiligung eines Katholiken wird kirchlicherseits nicht als Begründung einer wirklichen Ehe, sondern als bloßer bürokratischer Akt ohne religiöse Bedeutung angesehen. Die Zivilehe zwischen zwei getauften Christen, die nicht der katholischen Kirche angehören, wird dagegen als sakramental betrachtet, ist also prinzipiell unauflöslich. Das liegt daran, dass Nichtkatholiken nach dem 1983 in Kraft getretenen Codex Iuris Canonici, dem die Theologie des Zweiten Vatikanischen Konzils zugrunde liegt, nicht dem katholischen Kirchenrecht und damit auch nicht der Formpflicht unterliegen, sodass ihre Eheschließung nicht aufgrund der Nichteinhaltung der katholischen Eheschließungsform für ungültig erklärt werden kann, weil diese Form für sie gar nicht verpflichtend ist. Nach früherem katholischen Kirchenrecht galten dagegen prinzipiell alle Christgläubigen als dem päpstlichen kanonischen Recht unterworfen, sodass außerhalb der römisch-katholischen Kirche geschlossene Ehen früher grundsätzlich nicht als sakramental galten.<ref>Vgl. Udo Breitbach: Die Vollmacht der Kirche Jesu Christi über die Ehen der Getauften. Zur Gesetzesunterworfenheit der Ehen nichtkatholischer Christen (= Tesi Gregoriana. Serie Diritto Canonico. Bd. 27). Pontificia Università Gregoriana, Rom 1998, ISBN 88-7652-786-9, S. 7, (Zugleich: Rom, Pontificia Università Gregoriana, Dissertation, 1997).</ref> Zu beachten ist hierbei, dass die konstitutive Formpflicht erst durch das Tridentinische Konzil, 24. Session, mit dem Dekret Tametsi verbindlich vorgeschrieben wurde; denn bis ins 16. Jahrhundert galten auch heimlich bzw. „informell“ (ohne Mitwirkung eines Geistlichen) geschlossene Ehen (so genannte „Klandestinehen“) nach lateinischem Kirchenrecht als bindend geschlossen.

Neben dem Eheversprechen (Jawort) als Ausdruck des Ehewillens ist nach katholischem Verständnis für das endgültige Zustandekommen einer sakramentalen Ehe auch der körperliche Vollzug (Geschlechtsverkehr) erforderlich. Die gültig geschlossene Ehe (matrimonium ratum) wird erst durch den (zumindest einmaligen) sexuellen Akt vollzogen (consummatum) und damit unauflösbar; vorher hat sie zwar bereits sakramentalen Charakter, doch ist eine Auflösung durch päpstlichen Hoheitsakt noch möglich. Diese, nach verbreiteter Annahme auf germanischen Rechtsbräuchen beruhende Regelung setzte sich mit der von Anselm von Laon ausgehend entwickelten zweistufigen Ehelehre des Kanonisten Gratian († ca. 1158), der zwischen einer „begonnenen“ (matrimonium initiatum) und einer durch kopulativen Vollzug „beschlossenen“ (ratum) Ehe unterschied (Kopulationstheorie), gegen die von anderen Theologen und Päpsten (Ivo von Chartres, Petrus Lombardus, Innozenz III.) noch bis ins 13. Jahrhundert hinein vertretene Lehre durch, die Ehe komme allein durch die Zustimmung der Eheleute gültig zustande (Konsenstheorie).<ref name="Saurwein">Vgl. Erich Saurwein: Der Ursprung des Rechtsinstitutes der päpstlichen Dispens von der nicht vollzogenen Ehe. Eine Interpretation der Dekretalen Alexanders III. und Urbans III. (= Analecta Gregoriana. Bd. 215 = Analecta Gregoriana. Series Facultatis Iuris Canonici. Sec. B, Nr. 43). Pontificia Università Gregoriana, Rom 1980, S. 12–24, (Zugleich: Rom, Pontificia Università Gregoriana, Dissertation, 1977).</ref> Hintergrund des zweistufigen Ehemodells, das die tatsächliche Übergabe (traditio) der Braut durch den Vater an den Gatten als ehebegründendes Element in den Vordergrund stellt,<ref>Vgl. Georg Fischer: Die Problematik der Ehe als Vertrag und Sakrament in der Entwicklung des kirchlichen Eherechts (= Europäische Hochschulschriften. Reihe 2: Rechtswissenschaft. Bd. 3594). Lang, Frankfurt am Main u. a. 2003, ISBN 3-631-50331-8, S. 115–121, (Zugleich: Marburg, Universität, Dissertation, 2002).</ref> ist möglicherweise der Umstand, dass im 12. Jahrhundert zwischen Eheversprechen und Heimführung der Braut häufig lange Zeitspannen lagen. Die moderne Anschauung geht im Wesentlichen auf den Juristen und späteren Papst Rolando Bandinelli (Alexander III., reg. 1159–1181) zurück,<ref name="Saurwein" /> der insbesondere der Auffassung zum Durchbruch verhalf, wonach auch die nicht vollzogene Ehe (anders als das bloße Verlöbnis) einen zwar nur unvollkommenen, aber dennoch bereits sakramentalen Ehecharakter besitzt und daher nur vom Papst und nicht von den Eheleuten selbst aufgelöst werden kann. Aus diesem Grund ist auch die so genannte Josefsehe, bei der die Partner bewusst auf den sexuellen Vollzug ihrer Ehe verzichten, aus katholischer Sicht eine in vollem Sinne sakramentale Verbindung.

Eheleute, die in einer gültig geschlossenen und vollzogenen sakramentalen Ehe miteinander verbunden sind, können sich zwar wieder trennen („Trennung von Tisch und Bett“), eine regelrechte Scheidung (Auflösung des Ehebandes) ist aber nach kirchlichem Verständnis nicht möglich. Eine kirchliche Wiederverheiratung bürgerlich Geschiedener ist demzufolge grundsätzlich ausgeschlossen. Ein zweites Mal kirchlich heiraten kann nur der, dessen frühere Ehe nicht mehr besteht (Tod des Partners) oder von Anfang an ungültig war („Ehenichtigkeit“). Neue Eheschließungen nach dem Tod der jeweiligen Partner sind (anders als etwa in der Orthodoxie) in beliebiger Zahl zulässig, solange kein Ehehindernis besteht.

Falls die von der römisch-katholischen Kirche als elementar angesehenen Ehevoraussetzungen zum Zeitpunkt der Eheschließung nicht gegeben waren, ist es möglich, die Ungültigkeit der Ehe von einem kirchlichen Gericht feststellen zu lassen (Eheannullierung). Mit der Annullierung erkennt die Kirche an, dass die Verbindung, die in diesem Fall Putativehe („vermeintliche Ehe“) genannt wird, aufgrund der fehlenden Voraussetzungen von Anfang an ungültig war.

Die bürgerliche Trauung ist in vielen Ländern, bis Ende 2008 auch in Deutschland, Voraussetzung für eine kirchliche Eheschließung. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine innere Voraussetzung nach kirchlichem Recht. Vielmehr wird dem Staat kirchlicherseits lediglich eine Zuständigkeit für die bürgerlichen Rechtsfolgen des Ehevertrags (Namens- und Standesrechte, eheliches Güterrecht und Erbrecht) sowie das Recht zugestanden, bei Streitigkeiten darüber in einem zivilrechtlichen Verfahren zu entscheiden. Soweit staatliche Gesetzgebung und Rechtsprechung in die von der Kirche beanspruchten Zuständigkeiten eingreifen, werden sie von der Kirche nicht anerkannt.

Wie schon in früheren Epochen ist mittlerweile auch in Deutschland wieder eine Eheschließung möglich, die ausschließlich kirchlich, jedoch nicht öffentlich oder bürgerlich vollzogen wird und dementsprechend auch keine bürgerlichen Rechtsfolgen hat. Diese in Kirchenkreisen als Gewissensehe bezeichnete Sonderform ist kirchenrechtlich eine voll gültige, sakramentale Ehe. Für die Durchführung einer kirchlichen Trauung ohne vorausgegangene bürgerliche Eheschließung benötigt man eine Dispens vom Ortsbischof, die nur in begründeten Ausnahmefällen erteilt wird.

Nichtsakramentale Eheschließung

Jede staatlich und möglicherweise auch kirchlich (mit Dispens vom Ehehindernis der Religionsverschiedenheit) geschlossene Ehe zwischen einer getauften und einer ungetauften Person bzw. zwischen zwei ungetauften Personen wird nicht als eine sakramentale, sondern als natürliche Ehe angesehen (Naturehe). Eine gültig geschlossene nicht sakramentale Ehe ist nach dem Kirchenrecht unter bestimmten Bedingungen unter Inanspruchnahme des Petrinischen Privilegs zu Gunsten des Glaubens durch päpstlichen Hoheitsakt (Dispens) auflösbar. Eine zwischen Ungetauften geschlossene Ehe kann unter bestimmten Voraussetzungen auch aufgrund des Paulinischen Privilegs aufgelöst werden, wenn einer der Partner sich taufen lässt und der andere die friedliche Fortsetzung der Ehe unter diesen Umständen verweigert.

Römisch-katholisches Eherecht

In der römisch-katholischen Kirche ist das Eherecht in einem eigenen Titel des Codex Iuris Canonici geregelt (Can. 1055 bis Can. 1165; unterteilt in zehn Kapitel). Nach katholischem Verständnis ist die wie oben beschrieben wirksam geschlossene Ehe unter Getauften als Sakrament aufzufassen (Can. 1055 f.). Sie kommt „durch den Konsens der Partner zustande“, also den „Willensakt, durch den Mann und Frau sich in einem unwiderruflichen Bund gegenseitig schenken und annehmen, um eine Ehe zu gründen“ (Can. 1057: Ehekonsens). Die gültige und vollzogene Ehe kann durch keine menschliche Gewalt und aus keinem Grunde, außer durch den Tod, aufgelöst werden (Can. 1141). Katholiken sollen gefirmt sein und vor der Eheschließung möglichst das Bußsakrament und die Kommunion empfangen (Can. 1065).

Ehehindernisse und Dispens

Gemäß Can. 1059 richtet sich die Ehe von Katholiken, auch wenn nur ein Partner katholisch ist, nicht allein nach dem göttlichen, sondern auch nach dem kirchlichen Recht, unbeschadet der Zuständigkeit der weltlichen Gewalt hinsichtlich der rein bürgerlichen Wirkungen dieser Ehe. Im Einzelnen sind vor allem folgende Vorschriften von Bedeutung:

  • Der Mann muss mindestens das 16., die Frau das 14. Lebensjahr vollendet haben, wobei die Bischofskonferenz ein höheres Mindestalter festsetzen kann (Can. 1083).
  • Es darf keine „dauernde Unfähigkeit zum Beischlaf, sei sie auf seiten des Mannes oder der Frau, sei sie absolut oder relativ“ vorliegen; Unfruchtbarkeit allein schadet dagegen nicht (Can. 1084).
  • Keiner der Eheschließenden darf bereits wirksam verheiratet sein, auf den Vollzug der bestehenden Ehe kommt es dabei nicht an (Can. 1085).
  • Es darf nicht ein Partner katholisch, der andere aber ungetauft sein (Can. 1086). Eine Dispens ist hier unter besonderen Voraussetzungen möglich.
  • Der Mann darf nicht das Weihesakrament empfangen haben (Can. 1087) und weder Mann noch Frau dürfen durch ein kirchenrechtlich gültiges Gelübde der Ehelosigkeit (etwa Ordensgelübde) gebunden sein (Can. 1088).
  • Die Frau darf nicht zur Eheschließung entführt worden sein (Can. 1089) und es darf nicht im Hinblick auf die Eheschließung eine Person getötet worden sein („Gattenmord“, Can. 1090)
  • Die Eheschließenden dürfen nicht in gerader Linie blutsverwandt sein und auch in der Seitenlinie darf keine Blutsverwandtschaft bis einschließlich zum vierten Grad vorliegen (Can. 1091); ebenso wenig dürfen sie verschwägert sein (Can. 1092). Vom Hindernis der Blutsverwandtschaft in gerader Linie und im zweiten Grad der Seitenlinie gibt es auch keinen Dispens.
  • Auch „Mischehen“ zwischen Katholiken und Getauften, die nicht der katholischen Kirche angehören, sind ohne ausdrückliche Erlaubnis verboten (Can. 1124).

Nach Can. 1078 kann der Ortsordinarius von allen Hindernissen kirchlichen (nicht dagegen göttlichen) Rechts dispensieren (befreien); ausgenommen sind aber diejenigen Hindernisse, deren Dispens dem Apostolischen Stuhl, also dem Papst, vorbehalten ist. Dazu gehören die Weihe, das öffentliche, feierliche Gelübde der Ehelosigkeit und der Gattenmord.

Eheschließung

Nach katholischem Verständnis ist die Erfüllung der Formnormen im Rahmen des kanonischen Trauungsaktes die Voraussetzung für die Anerkennung und damit kirchenrechtlichen Wirksamkeit der Eheschließung.

Die eigentliche Eheschließung ist das Ehesakrament, das sich die Brautleute selber spenden im Willensakt, lebenslang ihre Ehe zu führen.<ref>Konzil von Trient Sessio XXIV</ref> Wegen dieser vertraglichen Einigung in einer Konsensehe werden Mindestanforderungen an die Verständnisfähigkeit der Eheschließenden gefordert. Konkret ist nach Can. 1096 „erforderlich, dass die Eheschließenden zumindest nicht in Unkenntnis darüber sind, dass die Ehe eine zwischen einem Mann und einer Frau auf Dauer angelegte Gemeinschaft ist, darauf hingeordnet, durch geschlechtliches Zusammenwirken Nachkommenschaft zu zeugen“.

Eine Verständigung der Brautleute vor der Trauung, die ersten Jahre als „Probezeit“ zu verstehen oder sich auf eine bestimmte Kinderzahl festlegt.<ref>Vgl. Bertram Zotz: Kinderzahl und Ehewille. Überlegungen zur konsensrechtlichen Relevanz der vorausgehenden Begrenzung der Kinderzahl aus einer konkret beabsichtigten Ehe. In: Konrad Breitsching, Wilhelm Rees: Recht – Bürge der Freiheit. Festschrift für Johannes Mühlsteiger SJ zum 80. Geburtstag (= Kanonistische Studien und Texte. Bd. 51). Duncker & Humblot, Berlin 2006, ISBN 3-428-12262-3, S. 877–889.</ref> führt grundsätzlich zur Ungültigkeit der Ehe.

Der Konsens liegt ebenfalls nicht vor bei einem Irrtum über die Person (error in persona, Can. 1097), bei arglistiger Täuschung (Can. 1098), Zwang (Can. 1103) usw.

Sofern auch nur ein Partner katholisch ist, finden (vgl. oben, bestätigt in Can. 1117) besondere Formvorschriften Anwendung: Die Partner müssen gleichzeitig anwesend sein (Can. 1104, wobei Stellvertretung möglich ist!) und vor dem Ortsordinarius oder einem beauftragten Priester oder Diakon und mehreren Zeugen den Konsens erklären. Die standesamtliche Eheschließung, bei der auch nur ein Katholik beteiligt ist, ist also nach katholischem Kirchenrecht formnichtig. Nach weltlicher Scheidung ist deshalb kirchliche Eheschließung möglich: eine Ehe bestand ja zuvor gar nicht. Für die Ehe zweier Nicht-Katholiken gelten die genannten Formvorschriften dagegen nicht. Heiraten also beispielsweise zwei evangelische Christen oder zwei Atheisten standesamtlich, so ist deren Ehe nach katholischem Kirchenrecht wirksam und unauflöslich; nach weltlicher Scheidung ist daher eine kirchliche Trauung mit einem katholischen Partner nicht mehr möglich.

Wirkung und Trennung

Für die Wirkung der Eheschließung ist zu unterscheiden. Neben der ungültigen und der gültigen Eheschließung (vgl. dazu oben) kennt das katholische Kirchenrecht auch die gültige und vollzogene Ehe, nämlich dann, wenn „die Ehegatten auf menschliche Weise miteinander einen ehelichen Akt vollzogen haben, der aus sich heraus zur Zeugung von Nachkommenschaft geeignet ist, auf den die Ehe ihrer Natur nach hingeordnet ist und durch den die Ehegatten ein Fleisch werden“ (Can. 1061), was bei „Zusammenwohnen“ nach der Eheschließung (widerleglich) vermutet wird.

Die gültige Ehe ist unauflösbar, wenn sie vollzogen ist; andernfalls kann sie immerhin durch Gnadenakt aus einem gerechten Grund auf Bitten beider Partner oder eines Partners, selbst wenn der andere dem widerstrebt, vom Papst aufgelöst werden, Can. 1142. Dieses gerichtliche „Nichtvollzugsverfahren“ ist in den Can. 1697 ff. geregelt. Daneben kommt die „Trennung bei bleibendem Eheband“ in Betracht, Can. 1151 ff.

Ungültige Eheschließungen können gegebenenfalls im Wege der Gültigmachung, Can. 1156 ff, geheilt werden. In einem speziellen kirchengerichtlichen Verfahren, dem „Nichtigkeitsverfahren“ vor dem Offizial (Can. 1671 ff.) kann aber auch die Nichtigkeit geltend gemacht werden (vgl. dazu Eheannullierung). Gemäß den Ausführungen des Offizialats in Osnabrück kann man zwei Arten der Ehenichtigkeitsgründe unterscheiden: „Gründe, die den Ehewillen der Brautleute betreffen, und Gründe, die sich auf ihre Ehefähigkeit beziehen. ( Englisch, Italienisch, Portugiesisch, Spanisch, leider nicht auf deutsch)</ref>

Bis dass der Tod euch scheidet

Das Versprechen der unbedingten Liebe, einander im Leben und im Sterben treu zu bleiben, wurde von der Kirche in ihre Trauliturgie aufgenommen. Bei der kirchlichen Trauung tauchte die Formel „bis dass der Tod euch scheidet“ erstmals im Sarum Manual (Salisbury 1508) auf. Damals noch nicht als Frage, sondern in der Konsenserklärung. Ursprünglich gab es diese Formel nur auf Englisch – „til death vs depart“ – und nicht auf Latein. Das fand dann Eingang in das Book of Common Prayer von 1549 und wurde 1661 in „till death do us part“ geändert.

In deutschen evangelischen Agenden ist es nicht vor dem Ende des 19. Jahrhunderts nachweisbar und findet dann Eingang in die Erfragung des Konsenses „willst du […] in guten wie in bösen Tagen, bis der Tod euch scheidet?“ In deutschen evangelischen Agenden gibt es bis in das dritte Viertel des 20. Jahrhunderts nur die Frage, jedoch keine gegenseitige Erklärung. Martin Luther begnügt sich in seinem Traubüchlein mit der schlichten Frage: „Hans, willst du Greten zum ehelichen Gemahl haben? Dicat: Ja.“ und lässt dann Matthäus 19,6 lesen: „Was Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden.“

In den orthodoxen Kirchen gibt es die Einschränkung nicht, dass das Eheband nach dem Tod des Partners endet. Das hat zur Konsequenz, dass die Wiederheirat nach dem Tod des Partners genau so bewertet und gehandhabt wird wie nach einer Scheidung der Partner.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

<references />