Fatih Akin
Fatih Akin (türkisch Fatih Akın, phon. [ˈfati] [aˈkɯn],<ref>FORVO: All the words in the world, pronounced: fatih (Aussprache auf Türkisch) [tr], akın (Aussprache auf Türkisch) [tr]</ref> * 25. August 1973 in Hamburg) ist ein deutscher<ref name="munzinger">Fatih Akin im Munzinger-Archiv, abgerufen am 23. August 2015 (Artikelanfang frei abrufbar)</ref> Filmregisseur, Drehbuchautor, Darsteller und Produzent türkischer Abstammung.
Für seinen vierten Spielfilm Gegen die Wand mit Birol Ünel und Sibel Kekilli in den Hauptrollen wurde Akin 2004 mit dem Goldenen Bären, dem Deutschen Filmpreis und dem Europäischen Filmpreis ausgezeichnet. Diese Auszeichnungen haben zu seiner internationalen Bekanntheit beigetragen.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Wirken
Fatih Akin ist der Sohn türkischer Einwanderer. Sein aus Trabzon stammender Vater Enver siedelte 1966 nach Deutschland über. Seine Mutter folgte drei Jahre später. Geboren und aufgewachsen ist Akin im Hamburger Stadtteil Altona, wo er das Gymnasium Allee besuchte.
Zeitweise war er Mitglied in einer Jugendbande.<ref>„Hexenkessel Hamburg-Altona“, Kultur Spiegel, 28. September 1998, L 10, S. 18</ref> Bereits in der Schulzeit schrieb Akin Kurzgeschichten und kurze Drehbücher, machte erste Filmversuche mit einer Super-8-Kamera und wurde Mitglied einer Off-Theatergruppe am Hamburger Thalia Theater.
Karriere
1993 begann Akin mit Aushilfstätigkeiten vor und hinter den Filmkulissen bei der Wüste Filmproduktion der Hamburger Produzenten Stefan Schubert und Ralph Schwingel und arbeitete zunehmend als Autor, Regisseur und Schauspieler. Nach dem Abitur absolvierte er von 1994 bis 2000 das Studium Visuelle Kommunikation an der Hamburger Hochschule für bildende Künste (HfbK). Aus der Zusammenarbeit mit Schwingel gingen zunächst zwei Kurzfilme hervor, Sensin (1995) und Getürkt (1996). 1998 debütierte Akin als Spielfilmregisseur mit Kurz und schmerzlos, danach folgten mit Im Juli (2000) und Solino (2002) weitere Regiearbeiten, in denen er jeweils Moritz Bleibtreu die männliche Hauptrolle anvertraute.
2004 gründete Akin zusammen mit Andreas Thiel und Klaus Maeck die Filmproduktionsfirma Corazón International. Im selben Jahr realisierte er mit dem Spielfilm Gegen die Wand den ersten Teil einer geplanten Trilogie über Liebe, Tod und Teufel und verfilmte das Heinrich-Heine-Lied Die alten bösen Lieder als deutschen Beitrag für den von Lars von Trier produzierten Episodenfilm Europäische Visionen. Für Gegen die Wand erhielt Akin den Goldenen Bären auf der Berlinale 2004, später den Deutschen Filmpreis und den Europäischen Filmpreis.
Als Anerkennung seines Filmschaffens wurde Fatih Akin 2005 in die Jury der Filmfestspiele von Cannes eingeladen. Im Wintersemester 2005/06 erhielt er einen Lehrauftrag an der Hochschule für bildende Künste Hamburg.<ref>„Fatih Akin wird Professor“, Hintergrundartikel im Hamburger Abendblatt, 11. Oktober 2005</ref> Im selben Jahr veröffentlichte Fatih Akin seinen ersten abendfüllenden Dokumentarfilm Crossing The Bridge – The Sound of Istanbul, in dem er über die musikalische Vielfalt Istanbuls berichtet, und zeigte sich mit für das Drehbuch der interkulturellen Komödie Kebab Connection verantwortlich.
2007 wurde Fatih Akin Mitglied der Freien Akademie der Künste Hamburg. Im selben Jahr realisierte er mit Auf der anderen Seite den zweiten Teil seiner „Liebe, Tod und Teufel“-Trilogie. Das Drama feierte seine Weltpremiere im Wettbewerb des 60. Filmfestivals von Cannes und der Filmemacher wurde dort für sein Drehbuch und mit dem Sonderpreis der Ökumenischen Jury ausgezeichnet. Neben weiteren Preisen erhielt Auf der anderen Seite den Deutschen Filmpreis in den Kategorien Film, Regie und Drehbuch, den Drehbuchpreis bei der Europäischen-Filmpreisverleihung 2007.
Während seiner Arbeit zu Auf der anderen Seite startete Akin ein dokumentarisches Langzeitfilmprojekt mit dem Titel Müll im Garten Eden über eine geplante Mülldeponie in Çamburnu, dem Heimatdorf seiner Großeltern. Der Film wurde 2012 während einer Sonderaufführung beim 65. Filmfestival von Cannes uraufgeführt.<ref>Fatih Akin – unser Mann für Cannes bei abendblatt.de, 16. Mai 2012 (abgerufen am 17. Mai 2012).</ref> Zum Episodenfilm Deutschland 09 – 13 kurze Filme zur Lage der Nation steuerte Akin das Stück Der Name Murat Kurnaz bei.
Vor der Herstellung seines mit 15 Millionen Euro teuersten Projektes The Cut wurde die Produktionsfirma Corazón International aufgelöst und Akin gründete die neue eigene Produktionsfirma Bombero International.<ref>Bombero International bei Filmportal.de</ref> The Cut, der dritte und letzte Teil seiner Trilogie, spielt vor dem Hintergrund des Völkermords an den Armeniern. Der Film wurde in den Wettbewerb der Internationalen Filmfestspiele Venedig 2014 eingeladen, floppte jedoch nach schlechten Kritiken an den deutschen Kinokassen.<ref>Fatih Akins „The Cut“ floppt an deutschen Kinokassen. In: Hamburger Abendblatt, abendblatt.de vom 11. November 2014</ref> Akin wurde wegen des Projekts von türkischen Rechtsextremen bedroht;<ref>Hasnain Kazim: Fatih Akin: Türkische Rechtsextreme bedrohen Filmemacher, spiegel.de – Website. Aufgerufen am 6. August 2014.</ref> dennoch besuchte er Anfang 2015 das Völkermordmuseum Zizernakaberd in der armenischen Hauptstadt Jerewan.
Im Juli 2015 wurde bekannt, dass Fatih Akin bei der Verfilmung von Wolfgang Herrndorfs Roman Tschick die Regie von David Wnendt übernimmt, den Herrndorf vor seinem Ableben als Regisseur bestimmt hatte.<ref>Hanns-Georg Rodek: Fatih Akin springt ein und verfilmt „Tschick“. In: Welt.de vom 25. Juli 2015</ref>
Persönliches
Akin ist deutscher Staatsbürger<ref name="munzinger" /> und wohnt in Hamburg-Ottensen. Er ist mit der Deutsch-Mexikanerin Monique Akin verheiratet – das Ehepaar hat zwei Kinder.<ref>Raue, Patricia: Fatih Akin: Der Regisseur des Rauen wird 40, Norddeutscher Rundfunk – Website. Aufgerufen am 25. August 2013.</ref>
Fatih Akin unterstützt seit 2009 gemeinsam mit anderen Freunden den Verein Soul kids.<ref>Vereinswebsite soul kids e.V.</ref> Aus Protest gegen das Schweizer Bauverbot für Minarette sagte Akin die Teilnahme an der Schweiz-Premiere von Soul Kitchen ab.<ref>Akin protestiert gegen Minarett-Bauverbot in der Schweiz → Erläuterung (Zugriff am 3. Dezember 2009)</ref>
Wegen der bei den Protesten in der Türkei 2013 verübten Polizeigewalt und der Medienzensur in der Republik Türkei schrieb Akin einen offenen Brief an den türkischen Staatspräsidenten Gül<ref>Offener Brief Akins an Staatspräsident Gül, Hamburger Abendblatt, 16. Juni 2013</ref> und unterstützte eine Initiative von Kulturschaffenden, die Angela Merkel und andere europäische Politiker aufforderte, sich für ein Ende der Gewalt gegen die türkische Bevölkerung einzusetzen.<ref>Offener Brief deutscher Kulturschaffender wegen Gewalt in Türkei, Die Zeit – Website, 16. Juni 2013</ref> „Ich appelliere an Ihr Gewissen: Stoppen Sie diesen Irrsinn!“ schrieb er in dem in deutscher und türkischer Sprache verfassten Schreiben.<ref>Fatih Akin appelliert an Abdullah Gül, Der Tagesspiegel – Website, 16. Juni 2013. Abgerufen am 23. Juni 2013</ref>
Filmografie
Kurzfilme
- 1994: Das Ende (Regie)<ref>Das Ende bei talent-film.net</ref>
- 1995: Sensin – Du bist es! (Regie und Drehbuch)
- 1996: Getürkt (Regie, Drehbuch und Darsteller)
- 2001: Die Liebenden vom Hotel von Osman (Darsteller)
- 2004: Die alten bösen Lieder (Beitrag zum Kompilationsfilm Europäische Visionen, Regie, Drehbuch und Produktion)
- 2009: Der Name Murat Kurnaz (Beitrag zum Episodenfilm Deutschland 09, Regie und Drehbuch)
- 2009: Chinatown (Beitrag zum Episodenfilm New York, I Love You, Regie und Drehbuch)
Spielfilme
- 1998: Kurz und schmerzlos (Regie und Drehbuch)
- 1999: Black Souls (Kismet) (Hauptdarsteller)
- 2000: Im Juli (Regie und Drehbuch)
- 2002: Solino (Regie)
- 2004: Gegen die Wand (Regie, Drehbuch und Produktion)
- 2005: Diebstahl alla turca (Darsteller)
- 2005: Kebab Connection (Drehbuch)
- 2006: Takva – Gottesfurcht (Takva) (Produktion)
- 2007: Auf der anderen Seite (Regie, Drehbuch und Produktion)
- 2008: Chiko (Produktion)
- 2009: Soul Kitchen (Drehbuch, Regie und Produktion)<ref>„Soul Kitchen“ – Jasmin Ramadans Roman zum Film von Fatih Akin, Website des Goethe-Instituts, November 2009</ref>
- 2009: Min dît (Produktion)
- 2011: Blutzbrüdaz (Produktion)
- 2014: The Cut (Drehbuch, Regie und Produktion)
Dokumentarfilme
- 2001: Wir haben vergessen zurückzukehren (Regie und Drehbuch)
- 2005: Crossing The Bridge – The Sound of Istanbul (Regie, Drehbuch und Produktion)
- 2012: Müll im Garten Eden (Regie und Drehbuch)
Musikvideos
- 2002: Digger Dance: Digger is a dancer
- 2010: Aynur Doğan: Rewend
Auszeichnungen
- 1998: Bayerischer Filmpreis, Bronzener Leopard des Internationalen Filmfestivals von Locarno und weitere Auszeichnungen für Kurz und schmerzlos
- 2001: Adolf-Grimme-Preis für Kurz und schmerzlos (zusammen mit Adam Bousdoukos, Aleksandar Jovanovic und Mehmet Kurtuluş)
- 2001: Jupiter – Bester nationaler Regisseur für Im Juli
- 2002: William-Dieterle-Filmpreis
- 2002: DEFA-Nachwuchspreis
- 2004: Goldener Bär der Berlinale 2004, Deutscher Filmpreis und Europäischer Filmpreis 2004 für Gegen die Wand
- 2007: Prix du Jury oecuménique der Internationalen Filmfestspiele von Cannes für Auf der anderen Seite
- 2007: Preis für das beste Drehbuch bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes für Auf der anderen Seite
- 2007: Norddeutscher Filmpreis in der Kategorie bester Spielfilm für Auf der anderen Seite
- 2007: Europäischen Filmpreis 2007 als bester Drehbuchautor für Auf der anderen Seite
- 2007: Lux-Filmpreis der EU für seinen Film Auf der anderen Seite
- 2007: Bayerischer Filmpreis 2007 als bester Regisseur für Auf der anderen Seite
- 2008: Karlsmedaille für europäische Medien
- 2008: Deutscher Filmpreis in den Kategorien Beste Regie und Bestes Drehbuch für Auf der anderen Seite
- 2009: Spezialpreis der Jury der Filmfestspiele von Venedig für Soul Kitchen
- 2010: Verdienstkreuz am Bande<ref>Verdienstorden für Fatih Akin, abgerufen am 18. September 2012</ref>
- 2010: Norddeutscher Filmpreis in der Kategorie bester Spielfilm für Soul Kitchen
- 2011: Ehrenpreis des 16. Filmfestival Türkei/ Deutschland<ref>Seite des Festivals abgerufen am 18. März 2011</ref>
- 2011: Stern auf dem Boulevard der Stars in Berlin
- 2012: Peter-Weiss-Preis<ref>mv-online.de: Filmemacher Fatih Akin bekommt Bochumer Peter-Weiss-Preis, 28. August 2012, abgerufen am 28. August 2012</ref>
- 2014: Douglas-Sirk-Preis
Schriften
- Soul Kitchen: Drehbuch von Fatih Akin, herausgegeben von Mette Hermann und Merete Vonsbaek sowie einem Nachwort von Oliver Möbert. Tyskforlaget, Dänemark, 2012, ISBN 87-90755-75-8; ISBN 978-8790755-751.
- Im Clinch. Die Geschichte meiner Filme. Hrsg. von Volker Behrens und Michael Töteberg. Rowohlt, Reinbek 2011, ISBN 978-3-498-00669-3.
Siehe auch
Weblinks
- Fatih Akin in der Internet Movie Database (englisch)
- Fatih Akin bei filmportal.de
- Literatur von und über Fatih Akin im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Vom Migrantenkino zum Mainstream – Goethe-Institut China – Website, Mai 2010
- Die urbanen Heimatfilme des Fatih Akin – Filmzyklus in Zürich
- Deutschlandfunk (DLF) Kulturfragen vom 28. September 2014: Fatih Akins "The Cut". Die Diskussion über den Völkermord emanzipieren, Fatih Akin im Gespräch mit Christoph Schmitz
Einzelnachweise
<references />
Personendaten | |
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NAME | Akin, Fatih |
ALTERNATIVNAMEN | Akın, Fatih |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Filmregisseur türkischer Herkunft |
GEBURTSDATUM | 25. August 1973 |
GEBURTSORT | Hamburg-Altona |