Franziskaner (OFM)


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Datei:Coat of Arms of the Order of Friars Minor.svg
Das Emblem des Ordens zeigt ein Kreuz aus Holz, darunter kreuzen sich zwei Arme mit Stigmata, einer in einer Mönchskutte, auf einer Wolke
Datei:Franciscan Tau.JPG
Taukreuz, franziskanisches Zeichen

Die Franziskaner (Ordenskürzel: OFM; lateinisch ordo fratrum minorum, deutsch Orden der Minderen Brüder) sind ein franziskanischer Reformorden. Sie bilden heute – neben den Kapuzinern (OFMCap) und den Minoriten (OFMConv) – einen der drei Zweige des ersten Ordens des heiligen Franziskus.

Der Orden hat rund 16.000 Mitglieder weltweit und ist damit nach den Benediktinern und den Jesuiten der drittgrößte Männerorden der katholischen Kirche. Auf Deutschland bezogen ist die Franziskanische Familie (d. h. Franziskaner, Kapuziner und Minoriten) nach den Benediktinern (682 Mitglieder) die zweitstärkste Ordensgemeinschaft mit 592 Mitgliedern, gefolgt von den Jesuiten (325 Mitglieder).<ref>orden.de Stand: 31. Dezember 2014, abgerufen am 14. November 2015</ref>

Geschichte

Von der Gründung bis zum 16. Jahrhundert

Franziskus von Assisi (1181/1182 bis 1226) gründete den Orden der Minderen Brüder, der um 1210 vom Papst anerkannt wurde. Im Lauf der Jahrhunderte verzweigte sich dieser Orden in vielfältiger Weise (vergleiche den Überblicksartikel Franziskanische Orden). Etwa um 1370 entstand die Chronica XXIV Generalium.

Die heutigen Franziskaner (OFM) gingen aus der Observanzbewegung hervor, deren erste Gruppen etwa um die Mitte des 14. Jahrhunderts in Italien entstanden, bald aber auch in Spanien und Frankreich auftauchten. Kennzeichnend für diese Bewegung, die zu dieser Zeit auch in anderen Orden auftrat, war die Rückkehr zu einer strengeren Beachtung (Observanz) der ursprünglichen Ordensregel. Dazu gehörten eine strenge Befolgung des Armutsideals und eine Abwendung von den Städten und die Niederlassung in Einsiedeleien. Sie nahmen auch die ursprüngliche franziskanische Wanderpredigt wieder auf, in der sie die sozialen Missstände der damaligen Zeit anprangerten. Diese Gruppen, zu denen im 15. Jahrhundert z. B. Bernhardin von Siena, Johannes von Capestrano, Albert von Sarteano und Jakobus von der Mark gehörten, erhielten regen Zulauf und wurden, auch bedingt durch die Schwächung des ursprünglichen Stammordens, der sog. Konventualen, durch verschiedene äußere Einflüsse (Hundertjähriger Krieg, die Pest in den Städten, das Abendländische Schisma), schnell zu einer Mehrheit im Orden.

Ihr religiöser Eifer, die strenge Beachtung des Armutsideals und ihr Eintreten für die Belange der ärmeren Schichten brachte den Observanten bald die Anerkennung der kirchlichen und weltlichen Fürsten und der Bevölkerung ein. Im Jahre 1415 erhielten die französischen Observanten die Erlaubnis, einen eigenen commissarius zu wählen, der zwar dem Generalminister der Franziskaner unterstellt blieb, faktisch aber ein eigener Oberer war. Auch in anderen Ländern erhielten sie eigene Rechte. Diese Selbständigkeit, die eine Gefährdung der Einheit des Ordens darstellte, führte in der Folge zu Rivalitäten und Streitigkeiten innerhalb der verschiedenen Gruppen im Gesamtorden. Zwar wurden immer wieder Einigungs- und Reformversuche unternommen - so die nach Papst Martin V. benannten „Martinianischen Konstitutionen“ von 1430<ref>Bernhard Neidiger: Die Martianischen Konstitutionen von 1430 als Reformprogramm der Franziskanerkonventualen. Ein Beitrag zur Geschichte des Kölner Minoritenklosters und der Kölner Ordensprovinz im 15. Jahrhundert. In: Zeitschrift für Kirchengeschichte (ZKG) 95 (1984), S. 337-381.</ref> -, die jedoch nicht zum Erfolg führten, sodass eine Trennung unausweichlich war.

Trennung in Observanten und Konventualen ab 1517

Diese Trennung wurde am 19. Mai 1517 durch Papst Leo X. mit der Bulle Ite et vos in vineam meam (dt. ‚Geht auch ihr in meinen Weinberg‘, Matth. 20,4) vollzogen und bestätigt. Mit dieser Bulle wurde der Franziskanerorden in zwei selbständige Zweige geteilt: die Konventualen (heute Minoriten, OFMConv) und die Observanten (Franziskaner, OFM).

Unterschiedliche Auffassungen über die Anwendung der Regel und die Verwirklichung der Armut und die verschiedenen äußeren Umstände in den einzelnen Staaten (z. B. die Reformation) führten in den folgenden Jahrzehnten zur weiteren Aufteilung der Observanten (aber auch der Konventualen) in verschiedene Gruppierungen. In Spanien kam es 1566/67 sogar zur Wiedervereinigung einer Gruppe reformierter Konventualen mit den Observanten.

Durch die schon im 15. Jahrhundert vollzogene Einteilung des Franziskanerordens in eine cismontane (Italien, Österreich, Ungarn und Polen) und eine ultramontane Familie (Spanien, Frankreich, Deutschland und Amerika), blieben weitere Reformimpulse auf die jeweiligen Familien und die Landesgrenzen beschränkt.

In Spanien entstand aus einer Eremitenbewegung in den Jahren nach der Spaltung ein reformierter Zweig, die Franziskaner-Barfüßer (Discalceaten), die von Petrus von Alcántara gegründet wurden und sich bald zu einem selbständigen Orden entwickelten. In den übrigen ultramontanen Ländern entstand gegen Ende des 16. Jahrhunderts ein weiterer Reformzweig, der sich Rekollekten (Zurückgezogene) nannte (zu diesem Zweig gehörten auch die meisten deutschen Franziskaner). Auch in Italien entwickelten sich Reformzweige der Observanten, deren wichtigster die Kapuziner (seit 1619 selbständig) waren, die als dritter Zweig des ersten Ordens bis heute existieren. Die anderen, kleineren Gruppen vereinigten sich später zum eigenen Zweig der Reformaten, die sich gleich ihren spanischen Brüdern die Selbständigkeit erkämpften, aber zur cismontanen Familie gehörten. Am Ende dieser Entwicklung standen also vier selbständige Gruppen, die sich aus dem Zweig der Franziskaner-Observanten entwickelt haben: die Observanten selbst, die Discalceaten, die Reformaten und die Rekollekten.

Union 1897

In den folgenden Jahrhunderten teilten die Franziskaner-Observanten-Familien das Schicksal aller franziskanischen Männerorden. Sie beteiligten sich an der Mission, mussten durch die Französische Revolution und die folgende Säkularisation erhebliche Einschränkungen hinnehmen und profitierten von der Aufbruchsphase in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, blieben aber die ganze Zeit über geteilt. Erst im Jahre 1897 wurden die auf vatikanischen Druck neu entstandenen Unions-Konstitutionen durch das Generalkapitel approbiert, und Papst Leo XIII. konnte am 4. Oktober 1897 die vier Familien mit der Unionsbulle Felicitate quadam zum neuen Orden der Minderen Brüder (Franziskaner OFM) vereinen. Am folgenden Tag trat die gesamte Ordensleitung mit ihrem Generalminister Aloysius Canali da Parma zurück. Der erste Generalminister des vereinten Ordens wurde der deutsche Franziskaner Aloysius Lauer, der auch schon in der Kommission zur Ausarbeitung der neuen, gemeinsamen Generalkonstitution den Vorsitz geführt hatte.

21. Jahrhundert

Im Dezember 2014 wurde von schweren finanziellen Problemen und einer bevorstehenden Insolvenz des Gesamtordens berichtet, hausinterne Ermittlungen hätten "zweifelhafte Finanzoperationen" aufgezeigt, staatliche Ermittlungsbehörden wurden eingeschaltet.<ref name=WeltN24>Franziskaner vor Pleite wegen dubioser Geschäfte, WeltN24 GmbH. 19. Dezember 2014. Abgerufen am 5. Januar 2015. </ref><ref name=BR>Dubiose Finanzgeschäfte Franziskaner-Orden von Pleite bedroht, Bayrischer Rundfunk. 20. Dezember 2014. Abgerufen am 5. Januar 2015. </ref><ref>Spiegel Online - Dubiose Finanzgeschäfte: Franziskanern droht die Pleite. Artikel vom 19. Dezember 2014, abgerufen am 20. Dezember 2014.</ref> Unter anderem sollen Gelder in Gesellschaften investiert worden sein, gegen die wegen illegalen Geschäften, etwa Drogen- und Waffenhandel, ermittelt wird. Schweizer Justizbehörden sollen Bankkonten des Ordens beschlagnahmt haben.<ref>diepresse.com - Orden pleite? Schweiz beschlagnahmt Franziskaner-Konten. Artikel vom 19. Dezember 2014, abgerufen am 20. Dezember 2014.</ref> Der franziskanische Generalminister Michael Anthony Perry beschrieb dies in einem offenen Brief an seine Ordensbrüder: der Orden "hat schwere, ich unterstreiche schwere finanzielle Probleme mit einem beträchtlichen Betrag an Schulden".<ref name=WeltN24 />

Die rund einhundert lokalen Provinzen des Ordens - so auch die Deutsche Franziskanerprovinz mit ihren Klöstern und Einrichtungen - sind finanziell selbständig und daher nicht direkt betroffen. Die deutschen Franziskaner fühlen sich dennoch im Rahmen der franziskanischen Solidargemeinschaft herausgefordert und fordern konsequente Aufklärung, einen transparenten und verantworteten Umgang des Ordens mit den materiellen Gütern und die Verbesserung entsprechender Kontrollmechanismen.<ref>franziskaner.de, Presseerklärung der Deutschen Franziskanerprovinz vom 19. Dezember 2014, abgerufen am 11. März 2015.</ref>

Ende 2014 war der Franziskanerorden in 120 Ländern tätig und hatte weltweit 13.632 Mitglieder, darunter sechs Kardinäle, 113 Bischöfe und 1140 Novizen und Postulanten. 1161 Franziskaner lebten in Afrika und Nahost, 3334 in Lateinamerika, 1273 in Nordamerika, 1423 in Asien und Ozeanien, 2442 in Osteuropa und 3999 in Westeuropa.<ref>Franziskaner. Magazin für franziskanische Kultur und Lebensart. ZHeitschriftz der Deutschen Franziskaner. (Hrsg.: Provinzialat der Deutschen Franziskaner) Sommer 2015, S. 33.</ref>

Anliegen und Merkmale des Ordens

Datei:Bernardyn z klasztoru w Kalwarii Zebrzydowskiej.JPG
Franziskaner tragen in der Regel einen braunen Habit mit weißem Strick.

Die Franziskaner leben, wie alle Bettelorden, in Armut und verdienen ihren Lebensunterhalt durch Arbeiten handwerklicher, sozialer, pastoraler und pädagogischer Art. Franziskus von Assisi schreibt in seinem Testament an seine Brüder: „Ich arbeitete mit meinen Händen und will arbeiten; und es ist mein fester Wille, dass alle anderen Brüder eine Handarbeit verrichten, die ehrbar ist. Die es nicht können, sollen es lernen […]“. Auch Betteln diente dem Lebensunterhalt der Brüder. Ein wichtiger Bestandteil des franziskanischen Lebens war die Seelsorge, die sie intensiver betrieben als andere kontemplative Orden. Daher siedelten sie sich vornehmlich dort an, wo der Bedarf an geistiger Fürsorge am größten war, in den langsam aufblühenden Städten. Da sie dennoch die notwendige Distanz zur laikalen Welt wahrten, können ihre Spuren vor allem in städtischen Randgebieten gefunden werden.

Gottes Wort vom Frieden und der Erlösung sollen sie vor allem durch ihr Beispiel, aber auch durch das Predigen verkünden. Die Predigt erlangt durch ihr vorbildliches apostolisches Leben, die vita apostolica, gewissermaßen eine höhere Glaubwürdigkeit. Das Leben der Franziskanerbrüder war und ist sehr bescheiden. Der Selbstanspruch, ein bewusstes Leben mit der Schöpfung zu führen, hängt eng mit der Abkehr von irdischem Reichtum zusammen. Durch die Betonung dieses Aspektes erlangen die Franziskaner seit Beginn der ökologischen Bewegung in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts ein verstärktes Ansehen.

Ihre Kirchen sind eher schlicht gehalten und beherbergen kaum Kunstschätze. Bemerkenswert ist allerdings die Größe der Bauten, die notwendig war, um die wachsenden Stadtbevölkerungen seelsorgerisch zu versorgen.

Das Taukreuz, auch bekannt als das Antoniuskreuz, ist das von Franz von Assisi gewählte Kennzeichen des Ordens. Er verstand es als Segenszeichen und verwendete es selbst als Unterschrift.

Der Franziskanerknoten ziert das Ende der Kordel, die Zingulum genannt wird und mit der der Habit zusammengebunden wird. Er ist ein dreifacher Überhandknoten und symbolisiert die drei Evangelischen Räte der Armut, der Ehelosigkeit und des Gehorsams, zu denen sich jeder Franziskaner in der Profess verpflichtet.

Franziskanerprovinzen im deutschsprachigen Raum

Heute hat der Orden in Deutschland und Österreich je eine Provinz. In der Schweiz existiert eine zur österreichischen Provinz gehörende Kustodie.

Deutschland

  • Deutsche Franziskanerprovinz von der Heiligen Elisabeth mit Provinzialat in München (St.-Anna-Kloster), etwa 350 Brüder (September 2013) in 40 Niederlassungen. Erster Provinzial war ab 2010 P. Norbert Plogmann, er starb am 26. Februar 2012. Nachfolger ist P. Cornelius Bohl.

Bis zur Fusion am 1. Juli 2010<ref>Neue Franziskanerprovinz in Deutschland gegründet. orden-online.de/news, 5. Juli 2010</ref> bestanden in Deutschland vier Provinzen:

Außerdem gibt es in Deutschland Niederlassungen polnischer (Kloster Marienweiher, Kloster Gößweinstein, Bensheim, Amberg), kroatischer und brasilianischer (Kloster Mörmter, Kloster Bardel) Franziskanerprovinzen.

Österreich und Südtirol

Im Oktober 2007 wurden die Tiroler Franziskanerprovinz vom Seligen Engelbert Kolland mit Provinzialat in Innsbruck und die Wiener Franziskanerprovinz zum Heiligen Bernardin von Siena mit Provinzialat in Wien vereint.<ref>Die neue Franziskanerprovinz Austria vom hl. Leopold – Ab 21. Oktober 2007. franziskaner.at</ref>

Leitung/Provinzial

Kustodie in der Schweiz

  • Hauptsitz in Näfels, etwa 30 Brüder in drei Klöstern

Generalminister der Franziskaner (OFM)

Die Generalminister des Ordens sind in der Liste franziskanischer Generalminister aufgeführt.

Literatur

Weblinks

Commons Commons: Franziskanerklöster – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

<references />