KV55


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KV55
Grabmal von Echnaton

Ort Tal der Könige
Entdeckungsdatum Januar 1907
Ausgrabung Edward R. Ayrton
für Theodore M. Davis
Vorheriges
KV54
Folgendes
KV56
Tal der Könige
KV55
Tal der Könige
(östliches Tal)

KV55 (Kings' Valley no. 55) ist ein altägyptisches Grab mit der Nummer 55 im Tal der Könige. Trotz vorhandener Grabgegenstände mit Inschriften konnte das Grab lange Zeit keiner Person eindeutig zugeordnet werden. KV55 wurde unter anderem der Großen königlichen Gemahlin Teje oder Semenchkare zugeordnet. Fundstücke im Grab tragen die Namen Echnatons, Tejes und sogar Amenophis III. Eine im Jahr 2010 durchgeführte DNS-Analyse erhärtete allerdings die bereits vorher verbreitete Annahme, dass die im Grab gefundene, sehr schlecht erhaltene Mumie die von Pharao Echnaton ist.

KV55 ist unvollendet und gilt deshalb als provisorisches Grab.

Entdeckung und Ausgrabungen

KV55 wurde im Januar 1907 von Edward R. Ayrton entdeckt, der von 1905 bis 1908 für den US-amerikanischen Rechtsanwalt Theodore M. Davis grub. Die Ausgrabungen dauerten bis zum Jahr 1908 an. Von 1992 bis 1993 führte Lyla Pinch Brock in dem Grab abschließende Untersuchungen und Ausbesserungsarbeiten durch, ließ zurück gelassene Gegenstände sichern und säuberte das Grab anschließend. Die Funde im Grab sowie die Siegel ließen eine Datierung in die 18. Dynastie in die Regierungszeit Tutanchamuns zu.

Zustand des Grabes und Konservierungsarbeiten

Datei:KV55.svg
KV55
A – Eingang
B – Korridor
J – Grabkammer
Ja – kleine Seitenkammer

Nach der Graböffnung stellten Ayrton und Davis fest, dass das Grab bereits in der Antike durch eingedrungenes Wasser Schaden genommen hatte. Vermutlich wurde es deswegen nicht erweitert und nur für ein Notbegräbnis benutzt. Zudem hatte das über die Jahrhunderte hinweg eingedrungene Wasser alles im Grab vorhandene Holz so stark angegriffen, dass ein Großteil hiervon bereits bei der Öffnung des Grabes weitestgehend zerfiel.

Allerdings war der Wasserschaden nicht der einzige Grund, dass sich die Objekte nach der Öffnung des Grabes in schlechtem Zustand befanden. Seitens des Grabungsteams um Ayrton und Davis wurde weder sorgfältig vorgegangen<ref>Christian Jacq: Nofretete und Echnaton. Ein Herrscherpaar im Glanz der Sonne. Rowohlt, Hamburg 2000, ISBN 3-499-60758-1, S. 54.</ref>, noch wurden Konservierungsarbeiten vorgenommen oder alle Funde fotografisch dokumentiert. Auch der Grabungsbericht erweist sich als ungenau, und selbst die Publikation von Davis The Tomb of Queen Tiyi ist unvollständig: Funde wurden nicht beschrieben oder in einem falschen Zusammenhang aufgeführt.<ref name="Grimm54">Alfred Grimm, Sylvia Schoske: Das Geheimnis des goldenen Sarges: Echnaton und das Ende der Amarnazeit. München 2001, S. 54.</ref>

Architektur

Das Grab beziehungsweise die einzige Kammer ist über einen langen Gang erreichbar, der aus dem Eingangsbereich, einen mit Treppen versehenen Abschnitt und einem Korridor mit glattem Boden besteht. Die Wände von KV55 sind geglättet, jedoch nicht dekoriert und zum Teil mit Markierungen (sogenannte Graffiti) der Steinmetze versehen. Die Gesamtgröße des Grabes beträgt 84,3 m² und hat ein Gesamtvolumen von 185,25 m³.<ref name="TMP">Theban Mapping Project, Tomb 55 (englisch)</ref>

Die Funde

Alle Objekte in KV55 datieren in die Regierungszeiten von Amenophis III. bis Tutanchamun.

Die bedeutendsten Fundstücke waren:

  • Eine Mumie im vergoldeten Holzsarg, die 2010 als Sohn von Amenophis III. und Vater des Tutanchamun identifiziert wurde.
  • Der vergoldete Holzsarg mit Intarsien, dessen Zuordnung jahrelang nicht sicher war.
  • Vier Kanopenkrüge aus Kalzit, die die Namen von Echnaton und Kija aufweisen.
  • Der vergoldete Holzschrein, der die Namen von Amenophis III., Königin Teje und Echnaton trägt.
  • Magische Ziegel mit dem Thronnamen Echnatons (Nefer-cheperu-Re-wa-en-Re).
  • Ein Geierkragen aus Gold. Ein vergleichbares Stück<ref>siehe hierzu Carter-Nr. 256p, The Griffith Institute. Tutankhamun: Anatomy of an Excavation. The Howard Carter Archives: Handlist description: Gold hawk collar, abgerufen am 1. Dezember 2015 (englisch)</ref> fand sich in KV62, dem Grab Tutanchamuns.
  • Gefäße und Deckel mit den Namen von Amenophis III., Teje und deren Tochter Sitamun.
  • Kleine Lehmsiegel, die Amenophis III. und Tutanchamun nennen.
  • Ein Tonsiegel, auf dem sowohl ein Besitz im Sinai als auch ein weiterer Grundbesitz der Prinzessin Sitamun erwähnt ist.

Weitere Gegenstände waren unter anderem ein bronzener Uräus, Sargtuchrosetten aus Gold und Bronze, ein goldenes Bahrenbruchstück, Figuren des Gottes Bes, Amulette sowie Schmuckperlen aus Gold, Lapislazuli und Karneol, Kästen und Möbelfragmente, Papyrusrollen sowie verschiedene rituelle Gegenstände.

Bei ihren Arbeiten fand Lyla Pinch Brock 1993 unter anderem ein Ostrakon, auf dem ein Plan verzeichnet war und bei dem es sich womöglich um einen Original-Plan beziehungsweise Arbeitsplan des Grabes handelte.<ref name="TMP" /> Zu weiteren Kleinfunden zählten wenige Stücke Goldfolie, verschieden große Glasperlen und Bruchstücke einer Figurine aus Kalzit.<ref>Roselyn Anne Campbell: Forgotten Sepulchers: The Uninscribed Tombs in the Valley of the Kings in Luxor, Egypt. University of Montana, Juli 2012, S. 156.</ref>

Die Mumie

Datei:KV55 scull.jpg
Schädel, entdeckt Januar 1907 von Edward Ayrton und Theodore Davis (Ägyptisches Museum Kairo)
Datei:Ataud kv55.jpg
Vergoldeter Sargdeckel aus Holz (Ägyptisches Museum Kairo, JE 39627)
Datei:Kiya canopic jar lid.jpg
Kanopenkrug mit Deckel (Ägyptisches Museum Kairo, JE 39637A)

Zum Zeitpunkt der Öffnung des Sarges war die Mumie bereits stark beschädigt und das wenige Gewebe und die Leinenbänder, die sie umgaben, lösten sich bei den Untersuchungen durch Ayrton und Davis vollständig auf. Erhalten sind heute nur noch Knochenüberreste, die sich seit der Entdeckung mit der Inventarnummer CG61075 im Ägyptischen Museum Kairo befinden.

Die Mumie wurde in den vergangenen einhundert Jahren mehrfach untersucht, wobei die geschlechtliche Zuordnung und die Identität lange umstritten blieben. Davis hielt die Mumie für die der Königin Teje. Daraufhin wurden die Knochen 1907 zur Untersuchung an Grafton Elliot Smith geschickt. Dieser schrieb wiederum an Arthur Weigall, dass vermutlich ein Fehler unterlaufen sei, denn in Wirklichkeit seien es die Gebeine eines jungen Mannes.<ref name="Reeves">Nicholas Reeves, Richard. H. Wilkinson: Das Tal der Könige. Geheimnisvolles Totenreich der Pharaonen. Augsburg 2000, S. 120–121.</ref> Seiner Meinung nach handelte es sich um ein vollständig entwickeltes männliches Skelett, und er schließe auf ein Sterbealter von 25 bis 26 Jahren.

1931 folgte die Untersuchung durch Douglas E. Derry, der bereits die Mumie Tutanchamuns untersucht hatte und der das Alter der männlichen Mumie auf ca. 20 Jahre schätzte. Einen ersten Vergleich der Schädelmaße beider Mumien gibt Derry in Anhang I, Report upon the Examination of Tut-ankh-Amen's Mummy, im zweiten Band von Howard Carters Publikation „Das Grab des Tut-ench-Amun“. Die Aufstellung der Maße nennt als verglichene Personen Echnaton und Tutanchamun.<ref>Howard Carter: The Tomb of Tutankhamun. Band 2: The Burial Chamber. Bloomsbury, London 2014, ISBN 978-1-4725-7763-4, S. 113.</ref>

Eine 1966 von den Anatomen H. G. Harrison und A. Batrawi durchgeführte Untersuchung ergab unter anderem, dass zumindest einige Skelettteile eher feminin als maskulin seien, allerdings nicht in dem Maße, dass insgesamt von einer weiblichen Mumie ausgegangen werden könne. Auch hier wurde der Schädel erneut mit dem Tutanchamuns verglichen und wiederholt Gemeinsamkeiten festgestellt, insbesondere des Unterkiefers. Die Mumie wurde als die eines 20-jährigen Mannes angesehen. Spätere forensische Untersuchungen ergaben, dass der Leichnam aufgrund der Blutgruppen- und Gewebetests und der sehr auffälligen Übereinstimmung der Schädelmaße mit Tutanchamun verwandt sein könnte.<ref>Peter A. Clayton: Die Pharaonen. Bechtermünz, Augsburg 1994, ISBN 3-8289-0661-3, S. 126.</ref> Eine eindeutige Bestimmung der Identität war jedoch nicht möglich.

Eine Untersuchung, die 2007 im Rahmen einer großen Untersuchungsreihe mittels Computertomograph durchgeführt wurde, bestätigte die ältere Untersuchung hinsichtlich der Schädelvergleiche und fügte weitere Gemeinsamkeiten hinzu: eine leichte Skoliose, im Kieferknochen verbliebene Weisheitszähne und eine Gaumenspalte. Zahi Hawass deutet in einer Dokumentation des ZDF die Ergebnisse folgendermaßen: „Wir können nun sagen – dass es sich bei der Mumie aus Grab 55 nach den neuen Beweisen, nach dem Alter von über 25 Jahren und den Inschriften um Echnaton handeln kann.“<ref>ZDF Tatort Ägypten: Der Fall Nofretete: Echnaton im Tal der Könige - Liegt die Mumie des Ketzers in Grab 55? Auf: zdf.de vom 3. Juni 2007.</ref>

Im Jahr 2010 veröffentlichte eine Forschergruppe um Zahi Hawass die Ergebnisse von CT- und DNS-Untersuchungen, die stark darauf hindeuten, dass es sich bei der Mumie um Echnaton handelt. Den Ergebnissen zufolge ist der Tote ein Sohn von Amenophis III. und Vater von Tutanchamun. Auch das ermittelte Sterbealter passe zu dem von Echnaton.<ref>Zahi Hawass et al.: Ancestry and Pathology in King Tutankhamun’s Family. In: The Journal of the American Medical Association. (JAMA) 17. Februar 2010, Band 303, Nr. 7, S. 644, doi:10.1001/jama.2010.121 (Volltext).</ref>

Der vergoldete Sarg

Der sogenannte „anonyme Sarg“ ist aus Zypressenholz,<ref>Alfred Grimm, Sylvia Schoske: Das Geheimnis des goldenen Sarges. München 2001, S. 80.</ref> teilweise mit Goldfolie überzogen und hat Einlagen aus kobaltblauem, türkisfarbigem sowie durchsichtigem Glas und rötlichem Kalzedon. Folie und Intarsien bilden ein Federmuster, das als „Rischi“ bezeichnet wird. Dieses Federmuster findet sich beispielsweise auch auf Tutanchamuns Eingeweidesärgen und dem mittleren Sarg.

Die Kartuschen auf dem Sarg wurden gezielt entfernt und das Gesicht komplett zerstört. Deshalb dauert die Kontroverse über die Zuschreibung des Sarges und seines Besitzers seit Jahren an, so dass über seinen Besitzer zahlreiche Theorien aufgestellt wurden. 2001 wurde der Sarg durch das Münchener Staatliche Museum Ägyptischer Kunst eingehend untersucht und das Ergebnis von Alfred Grimm und Sylvia Schoske in „Das Geheimnis des goldenen Sarges“ veröffentlicht. Diese Untersuchung fügte allen bisher seit 1907 aufgestellten dreißig Theorien schließlich folgende hinzu: „Der anonyme Sarg aus KV55 kann – jedenfalls aufgrund des Autopsiebefundes und sämtlicher damit verbundener Implikationen nur für Echnaton selbst hergestellt worden sein! […] Der ursprünglich zur Grabausstattung Echnatons gehörende, dann jedoch aus religiösen Gründen obsolet gewordene und für Echnaton nicht benutzte innere Sarg fand in KV55 sekundäre Verwendung für das anonyme Notbegräbnis des für die Bestattung Tutanchamuns seiner eigenen Grabausstattung beraubten Semenchkare.“<ref name="Grimm54" />

Der komplette Sarg mit nachkonstruierter Sargwanne und restaurierten Goldfolien und originalem Sargdeckel befindet sich heute im Ägyptischen Museum Kairo (Inventar-Nr. JE39627) und wird dort als „Sarg Echnatons“ präsentiert. Der mehrfach gesplitterte Sargdeckel war nach seiner Entdeckung restauriert worden und ist seit 1915 im Museum in Kairo ausgestellt. Die Überreste der Sargwanne wurden 1931 als „fehlend“ im Register des Museums erfasst. Im 20. Jahrhundert waren die Goldfolien der Sargwanne und Holzfragmente unter nicht geklärten Umständen aus Ägypten ausgeführt und später in schlechtem Erhaltungszustand bei einem Sammler im Ausland aufgefunden worden. Von 1980 bis 2002 befanden sich die Teile danach im Münchener Staatlichen Museum Ägyptischer Kunst, wo die Sargwanne rekonstruiert und die Folien restauriert wurden. Der Sargdeckel wurde vom Ägyptischen Museum Kairo für die Sonderausstellung „Das Geheimnis des goldenen Sarges“ von Oktober 2001 bis Januar 2002 zur Verfügung gestellt. Im Februar 2002 wurde der vollständige Sarg des Echnaton dem Kairoer Museum übergeben.

Während der Restaurationsarbeiten in München wurden umfangreiche Untersuchungen der Goldfragmente der Sargwanne vorgenommen. Sie gaben nicht nur Aufschluss auf die Art der Verarbeitungen sondern auch Rückschlüsse auf die verarbeiteten Materialien. Trotz unterschiedlicher Stärke der Goldfolien konnte bei fünf von sechs Proben festgestellt werden, „dass relativ silberarmes, aber reines Gold verarbeitet worden war, wie es bisher noch von keiner primären Lagerstätte in Ägypten und Nubien berichtet wurde.“ Diese Goldverarbeitung in Form von Zementation wäre damit älter als bisher angenommen und dokumentiert.“<ref>Alfred Grimm, Sylvia Schoske: Das Geheimnis des goldenen Sarges. München 2001, S. 85.</ref>

Die Kanopen

Die Kanopenkrüge bestehen, wie die aus dem Grab Tutanchamuns, aus Kalzit. Die Deckel der vier Eingeweidegefäße sind nicht mit den Köpfen der vier Horussöhne versehen, sondern haben entsprechend der Zeit der 18. Dynastie menschenköpfige Deckel. Den schwer lesbaren Inschriften zufolge waren die Kanopen für Echnatons Nebenfrau Kija gefertigt, jedoch offenbar nie für ihre Bestattung verwendet worden. Sie wurden umgearbeitet und für das Begräbnis in KV55 benutzt.<ref name="Reeves" /> Drei der Kanopen befinden sich im Ägyptischen Museum Kairo, davon zwei im Depot und eine in der Ausstellung, die vierte im New Yorker Metropolitan Museum of Art.<ref>Michael E. Habicht: Semenchkare - Phantom-König(in) von Achet-Aton. epubli, Berlin 2014, ISBN 978-3-8442-8169-9, S. 37.</ref> Im Rahmen des King Tutankhamen Family Projects wurde auch eine der Kanopen untersucht, mit der Hoffnung DNA-fähiges Material zu finden.

Der vergoldete Holzschrein

Der demontierte vergoldete Holzschrein konnte aufgrund der Inschriften Königin Teje zugeordnet werden. Er zeigt eine Szene mit Echnaton und seiner Mutter bei der Anbetung des Gottes Aton. Allerdings wurde hier die Gestalt des Königs bis auf die Umrisse sowie die Namenskartuschen (Geburts- und Thronname) entfernt. Erhalten blieb jedoch die Titulatur des Gottes Aton. Harold Jones fertigte eine Zeichnung der Rückwand des Schreines an, auf der die Inschriften wiedergegeben sind und denen zufolge Echnaton den Schrein für seine Mutter anfertigen ließ.<ref>Cyril Aldred: Echnaton. Gott und Pharao Ägyptens. Herrsching 1986, S. 223.</ref>

Sowohl das Vorhandensein von Tejes Holzschrein als auch eine Reihe der kleineren Grabbeigaben ließ den Schluss zu, dass ihre Mumie für einige Zeit in diesem „Notgrab“ gelegen haben muss. Ihre Mumie und der größte Teil ihrer Grabausstattung wurden jedoch nicht gefunden, was auf eine Umbettung hindeutet. Diese erfolgte zu einem nicht bekannten Zeitpunkt nach KV35, dem Grab Amenophis II. Der Vergleich einer Haarprobe der dort gefundenen sogenannten „Älteren Dame“ (KV35EL) mit der Mumie Tutanchamuns ergab eine nahe Verwandtschaft. Als Ergebnis einer erneuten Untersuchung dieser Mumie im Jahr 2007 mittels Computertomograph gab Zahi Hawass bekannt, dass dieses nicht eindeutig sei und es weiterer Untersuchungen bedürfe.<ref>Pressemitteilung Zahi Hawass: CT-scans of Egyptian Mummies from the Valley of the Kings. vom 10. Juli 2007 (englisch)</ref> Die 2010 im Rahmen des Tutankhamun Family Projects durchgeführte Genanalyse ergab, dass es sich bei der „Älteren Dame“ nicht nur um die Tochter von Juja und Tuja handelt, sondern auch um die Mutter der skelettierten männlichen Mumie im Grab. Dadurch bestätigte sich die Identität der Mumie KV35EL als Königin Teje.<ref>Zahi Hawass et al.: Ancestry and Pathology in King Tutankhamun’s Family. In: The Journal of the American Medical Association (JAMA) 17. Februar 2010, Bd. 303, Nr. 7, S. 638–647.</ref>

Dass Tejes Holzschrein in KV55 gefunden wurde, liegt vermutlich daran, dass die Arbeiter ihn wegen seiner Größe im Zuge der Umbettung nicht heraus transportieren konnten, da der Korridor mit Geröll angefüllt war und dieses zuerst hätte entfernt werden müssen.<ref name="Reeves" /> Die Fragmente des vergoldeten Holzschreins befinden sich heute im Ägyptischen Museum Kairo (JE57175).

Die magischen Ziegel

Im Grab wurden vier sogenannte „Magische Ziegel“, auch Zauberziegel genannt, gefunden. Diese waren jedoch nicht wie üblich nach den Himmelsrichtungen ausgerichtet. Einer der Ziegel lag unter der hölzernen Bahre des Sarges. Die Zaubersprüche auf dem nördlichen und südlichen Ziegel nennen Echnatons Thronnamen Nefer-cheperu-Re-wa-en-Re („Mit vollkommenen Gestalten, Einziger des Re“). Der westliche und östliche Ziegel enthalten keine Namen und der östliche Ziegel ist nur bruchstückhaft erhalten.<ref>Theodore M. Davis, G. Maspero, Grafton Elliot Smith et al.: The tomb of Queen Tîyi. The discovery of the tomb. London 1910, S. 26–27.</ref> Diese beiden Ziegel sind zudem mit hieratischer Schrift versehen.<ref>Michael E. Habicht: Semenchkare - Phantom-König(in) von Achet-Aton. epubli, Berlin 2014, ISBN 978-3-8442-8169-9, S. 42.</ref> Nicholas Reeves zufolge legt der Text auf den Ziegeln nahe, dass sowohl der Sarg, die Kanopenkrüge und der Leichnam die von Echnaton waren.<ref name="Reeves" />

Bedeutung des Grabes

Für die Forschung zur Amarna-Zeit haben KV55 und die darin gefundenen Gegenstände innerhalb der letzten Jahre an Bedeutung gewonnen. Zudem ist das „Amarna-Grab“ aufgrund seines Inhaltes eines der am kontroversesten diskutierten Gräber im Tal der Könige und eines, über das wohl am meisten geschrieben wurde.

Die Lage, der Gesamtzustand und die gefundenen Objekte lassen vermuten, dass dieses Grab für ein Notbegräbnis verwendet und aufgrund der Siegel Tutanchamuns von diesem ausgerichtet worden war. Allerdings wurden dem Grab Gegenstände entnommen, die dann für Tutanchamuns eigene Bestattung in KV62 wieder Verwendung fanden.

Seit seiner Entdeckung wurde das Grab im Laufe zahlreicher Untersuchungs- und Auswertungsarbeiten unterschiedlichen Besitzern zugesprochen. Aufgrund des Schreines der Königin Teje hielt Davis das Grab für das ihre und veröffentlichte 1910 den Fund als „Das Grab der Königin Teje“.<ref name="Reeves" /> Nicholas Reeves sieht KV55 als die Sekundärgräber Echnatons und Tejes, die zuvor im Königsgrab von Amarna bestattet worden waren,<ref name="Schneider">Thomas Schneider: Lexikon der Pharaonen. München 1997, S. 261.</ref> worauf die Funde, die in Verbindung zu Echnatons ehemaliger Hauptstadt standen, hindeuteten. Die Meinungen über den Eigentümer des Grabes sind geteilt. Aufgrund verschiedener Untersuchungen und Altersbestimmungen der Mumie gehen einige Ägyptologen davon aus, KV55 sei das Grab Semenchkares.<ref name="Schneider" /> Andere ordnen es Echnaton zu. Obwohl die Kanopen ursprünglich den Namen von Echnatons großer Geliebter Kija tragen, wurde diese bisher nicht als Besitzerin des Grabes betrachtet.

Nutzung des Grabes in der Neuzeit

Nach der Entdeckung des Tutanchamun-Grabes (KV62) im Tal der Könige wurde Grab KV55 als Dunkelkammer für die fotografischen Arbeiten von Harry Burton während der Ausgrabung benutzt, so wie andere Gräber als Laboratorium oder Lagerraum verwendet wurden.

Siehe auch

Literatur

  • Theodore M. Davis, Gaston Maspero, Grafton Elliot Smith et al.: The tomb of Queen Tîyi. The discovery of the tomb (= Theodore M. Davis’ excavations: Bibân el Molûk.). Constable, London 1910.
  • Alfred Grimm, Sylvia Schoske (Hrsg.): Das Geheimnis des goldenen Sarges: Echnaton und das Ende der Amarnazeit. Staatliches Museum Ägyptischer Kunst, München 2001, ISBN 3-87490-722-8.
  • Nicholas Reeves: The Complete Tutankhamen. The King. The Tomb. The Royal Treasure. Thames & Hudson, London 2000, ISBN 0-500-27810-5.
  • Nicholas Reeves: Echnaton. Ägyptens falscher Prophet (= Kulturgeschichte der antiken Welt. Bd. 91). von Zabern, Mainz 2002, ISBN 3-8053-2828-1.
  • Nicholas Reeves: Faszination Ägypten. Die großen archäologischen Entdeckungen von den Anfängen bis heute. Frederking & Thaler, München 2001, ISBN 3-89405-430-1, S. 115-116.
  • Nicholas Reeves, Richard H. Wilkinson: Das Tal der Könige. Geheimnisvolles Totenreich der Pharaonen. Bechtermünz, Augsburg 2000, ISBN 3-8289-0739-3, S. 120-121.
  • Thomas Schneider: Lexikon der Pharaonen. Artemis & Winkler, München 1997, ISBN 3-7608-1102-7, S. 352-353.

Weblinks

Commons Commons: KV55 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

<references />

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