Bronchialkarzinom
Klassifikation nach ICD-10 | ||
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C34 | Bösartige Neubildung der Bronchien und der Lunge | |
C34.0 | Hauptbronchus, Carina tracheae, Hilus | |
C34.1 | Oberlappen | |
C34.2 | Mittellappen | |
C34.3 | Unterlappen | |
C34.8 | Bronchus und Lunge, mehrere Teilbereiche überlappend | |
C34.9 | Lokalisation nicht näher bezeichnet | |
ICD-10 online (WHO-Version 2013) |
Unter einem Bronchialkarzinom (auch Lungenkarzinom, bronchogenes Karzinom, Bronchuskarzinom, Lungenkrebs; englisch bronchial carcinoma, lung cancer) versteht man eine bösartige Neubildung entarteter Zellen der Bronchien oder Bronchiolen. Das Bronchialkarzinom ist eine der häufigsten bösartigen Erkrankungen des Menschen.
Das inhalative Tabakrauchen ist der mit Abstand wichtigste Risikofaktor für Lungenkrebs. Das Risiko steigt mit erhöhter Menge und Dauer des Rauchens.<ref>American Cancer Society: Cancer Facts & Figures 2012. (PDF; 1,8 MB) Atlanta: American Cancer Society, 2012, S. 15.</ref> Bei Männern ist es in etwa 90 %, bei Frauen in etwa 80 % der Fälle für die Entwicklung eines Bronchialkarzinoms verantwortlich.<ref>National Cancer Institute: Tobacco Facts. Abgerufen am 9. September 2012.</ref> Zweithäufigste Ursache ist das Wohnen in stark mit dem radioaktiven Edelgas Radon belasteten Räumen.<ref name="radon">Anja Schröder: Radon ist zweithäufigste Ursache für Lungenkrebs. Bundesamt für Strahlenschutz, Pressemitteilung vom 1. Februar 2005 beim Informationsdienst Wissenschaft (idw-online.de), abgerufen am 7. September 2012.</ref> Daneben gibt es zahlreiche andere Stoffe, die den Tumor auslösen können (beispielsweise Asbest oder Chrom), denen man beruflich oder umweltbedingt ausgesetzt sein kann.
Die Heilungsrate ist erheblich von der Art des Karzinoms und seiner Ausdehnung abhängig. Sie ist z. B. im Falle des kleinzelligen Bronchialkarzinoms immer noch sehr schlecht und liegt bei einer Fünfjahresüberlebensrate von unter zehn Prozent.
An Lungenkrebs sterben mehr Menschen als an Brustkrebs, Prostatakrebs und Dickdarmkrebs zusammen. Entwickelt der Patient die ersten Symptome (z. B. chronische Heiserkeit oder Bluthusten), ist es meist zu spät für eine erfolgreiche Therapie. Wenn aber Lungenkrebs frühzeitig (also meist per Zufall) entdeckt wird, ergibt sich laut American Cancer Society (ACS) eine Überlebensquote von 47 %.<ref>American Cancer Society (Memento vom 12. Juni 2006 im Internet Archive) (PDF)</ref> Gleichzeitig ist die Röntgenaufnahme der Lunge mit 50 % Anteil die am häufigsten durchgeführte Röntgenuntersuchung. Die zufällige Erkennung von Lungenkrebs im Frühstadium (Stage 1) im Röntgenbild ist allerdings schwierig. Es ist bekannt, dass Rundherde von fünf bis zehn Millimetern leicht übersehen werden können.<ref>N. Wu u. a.: Detection of small pulmonary nodules using direct digital radiography and picture archiving and communication systems. In: J Thorac Imaging 21, 2006, S. 27–31. PMID 16538152.</ref>
Inhaltsverzeichnis
- 1 Epidemiologie
- 2 Geschlechtsspezifische Epidemiologie
- 3 Ursachen
- 4 Entstehung
- 5 Symptomatik
- 6 Pathologie der Subtypen
- 7 Diagnostik
- 8 Kleinzelliges Bronchialkarzinom (SCLC) – Therapie
- 9 Nichtkleinzelliges Bronchialkarzinom (NSCLC) – Therapieoptionen
- 10 Literatur
- 11 Weblinks
- 12 Einzelnachweise
Epidemiologie
25 Prozent aller bösartigen Tumoren (Malignome) sind Bronchialkarzinome. Beim Mann ist es weltweit die häufigste Krebsart; in Deutschland nach dem Prostatakarzinom und dem kolorektalen Karzinom die dritthäufigste. Als Ursache von Krebssterbefällen liegt es bei Männern auf Platz eins.<ref>Krebs in Deutschland. RKI – Robert Koch-Institut.</ref> Die Inzidenz liegt in Mitteleuropa bei etwa 60 pro 100.000 Einwohner. Die Zahl der Neuerkrankungen – in Deutschland etwa 50.000 pro Jahr – weist eine steigende Tendenz auf. Unter den Todesursachen in Deutschland nimmt es mit rund 40.000 Todesfällen im Jahr die vierte Position ein, bei Männern gar die dritte.<ref>Statistisches Bundesamt: Todesursachen 2013.</ref> Der Altersgipfel der Erkrankungen liegt um das 60. Lebensjahr. Die durchschnittliche Fünfjahresüberlebensrate (d. h., wie viele Erkrankte nach fünf Jahren noch leben) beträgt lediglich fünf Prozent. Die Lebenserwartung des einzelnen Patienten ist aber sehr stark vom Stadium der Erkrankung (TNM-Klassifikation) und dem Subtypus (siehe unten) abhängig.
Geschlechtsspezifische Epidemiologie
Eine zunehmende Häufigkeit bei Frauen wird beobachtet; auch bei Frauen in Europa wird Lungenkrebs bald die häufigste Krebstodesursache sein, in Großbritannien und Polen ist dies schon der Fall.<ref>M. Malvezzi, P. Bertuccio, F. Levi, C. La Vecchia, E. Negri: European cancer mortality predictions for the year 2013. Ann Oncol (2013) doi:10.1093/annonc/mdt010.</ref> Das Verhältnis von erkrankten Männern zu Frauen liegt bei etwa 3:1, wobei es auf Grund der Änderung im Tabakkonsumverhalten von Frauen immer mehr zu einer Angleichung kommt (siehe Diagramm). Bedeutsam können Umwelteinflüsse oder genetische Ursachen sein, die Prognose ist bei Frauen etwas besser. Der Nichtraucher-Lungenkrebs ist bei Frauen häufiger als bei Männern.<ref>M. Serke: Gender-specific difference in lung cancer. In Pneumologie. 2013 May; 67 (5): S. 270–279.</ref>
Ursachen
Mit einem zeitlichen Versatz von 20 bis 30 Jahren verlaufen die beiden Kurven parallel verschoben.
Die Hauptursache bei der Entstehung des Tumorleidens ist der Tabakrauch. Er enthält etwa 2000 Stoffe, von denen mindestens 100 krebserregend (karzinogen) sind (beispielsweise Teer und eine Vielzahl anderer Kohlenwasserstoffverbindungen). Es wurde nachgewiesen,<ref> P. Vineis und N. Caporaso: Tobacco and cancer: epidemiology and the laboratory. In: Environ Health Perspect 103, 1995, S. 156–160, PMID 7737063.</ref> dass das im Tabakrauch enthaltene Benzo Dezember 2013, ISSN 2168-6114. doi:10.1001/jamainternmed.2013.12738. PMID 24322569.</ref>
Kleinzelliges Bronchialkarzinom (SCLC) – Therapie
Die Abkürzung SCLC steht für Small Cell Lung Cancer (kleinzelliges Lungenkarzinom). Das kleinzellige Bronchialkarzinom ist bei Diagnosestellung in der Regel inoperabel (70 %). Es spricht jedoch häufig zunächst gut auf eine Chemotherapie oder auch eine Strahlentherapie an (fast immer palliativ). Allerdings müssen sehr hohe Bestrahlungsdosen appliziert werden, um den Tumor nachhaltig zu zerstören (Tumorvernichtungsdosis 48–63 Gy). Bei kurativer Zielsetzung sollte zudem eine prophylaktische kraniale Bestrahlung erfolgen, um zerebrale Rezidive zu reduzieren. Durch die thorakale Bestrahlung >40 Gy besteht ein kalkuliertes Risiko von 1/20, dass der Patient eine Lungenfibrose entwickelt, die mitunter tödlich enden kann. Weitere seltene Strahlenfolgen sind sowohl Myo-/Perikarditis als auch Myelitis, die mit einer Latenz von neun Monaten bis zu einem Jahr auftreten können. Weiter möglich ist eine Speiseröhrenverbrennung mit Schluckstörungen. Damit kann eine Lebensverlängerung um einige Monate bis zu einem Jahr erreicht werden. Eine Operation kommt nur ausnahmsweise in Betracht:
- Bei Zufallsbefund SCLC während einer OP zur Abklärung eines zuvor unklaren, nur operativ diagnostizierbaren Lungenrundherds (OP dann nach den Regeln und mit der Radikalität wie bei NSCLC).
- Nach weitgehender Tumorzerstörung eines begrenzten SCLC (limited disease) durch Chemotherapie zur Vorbeugung gegen den fast obligaten und dann schlecht therapierbaren späteren Rückfall, solange dazu keine Lungenflügelentfernung notwendig ist.
- Polychemotherapie
- ACO-Schema (Adriamycin + Cyclophosphamid + Vincristin)
- CEV-Schema (Carboplatin + Etoposid + Vincristin)
- PE-Schema (Cisplatin + Etoposid)
- Cisplatin + Irinotecan
- Carboplatin + Etoposid
- bei Rezidiv Topotecan
- Bestrahlung
- Lungenbefund
- Schädel (prophylaktisch oder lokal bei Metastasen)
Nichtkleinzelliges Bronchialkarzinom (NSCLC) – Therapieoptionen
Im Folgenden werden die Therapieoptionen für die einzelnen Tumorstadien aufgezeigt. Die Darstellung orientiert sich an den detaillierten Leitlinien der amerikanischen und europäischen Fachgesellschaften. Die Abkürzung NSCLC steht für Non Small Cell Lung Cancer (nichtkleinzelliges Lungenkarzinom) und meint damit alle Lungentumore außer dem kleinzelligen Bronchialkarzinom (SCLC). Die Therapie des NSCLC ist aufgrund ständig zunehmender Erkenntnisse erheblichen Veränderungen ausgesetzt. Der folgende Überblick gibt deshalb nur einen ungefähren Eindruck der therapeutischen Möglichkeiten. Die Stadieneinteilung entspricht dem TNM-System (T: Größe des Tumors und seine Gewebsinfiltration: 0 = kein Tumor feststellbar, 1a = bis 2 cm, 1b = >2–3 cm, 2a = >3–5 cm, 2b = >5–7cm, 3 = >7 cm und/oder zusätzl. Befall weiterer Bereiche; N: Lymphknotenbefall: 0 = kein Befall, 1 = Befall benachbarter Lymphknoten, 2 = Befall entfernter Lymphknoten, 3 = Befall supraklavikulärer Lymphknoten oder Lymphknoten auf der anderen Lungenseite; M: Metastasenbildung: 0 = keine Metastasen feststellbar, 1 = Metastasen feststellbar).<ref>https://www.lungenkrebs.de/lungenkrebs/schweregrad</ref>
Das okkulte nichtkleinzellige Lungenkarzinom
Das okkulte nichtkleinzellige Lungenkarzinom ist durch die folgende klinische Stadieneinteilung definiert:
- TX, N1-3, M0
- TX, N0, M1
- TX, N1-3, M1
„Okkult“ ist ein Bronchialkarzinom, wenn der Ursprungstumor nicht gefunden wurde und die Diagnose nur z. B. durch einen zytologischen Befund gestellt wurde. Die Diagnostik wird sich dann meist auf eine Röntgenaufnahme des Thorax und eine Bronchoskopie beschränken. Kurzfristige Nachuntersuchungen (z. B. mittels CT) sind erforderlich, da sich der Primärtumor im Verlauf der Erkrankung doch noch zeigen kann.
Tumoren, die auf diese Weise entdeckt worden sind, befinden sich meist noch in einem frühen Stadium. Durch eine rechtzeitige Operation und vollständige chirurgische Entfernung sind diese Tumoren heilbar. Falls der Primärtumor gefunden werden kann, gestaltet sich die weitere Behandlung abhängig vom genauen Tumorstadium des Patienten.
Patienten mit einem okkulten Bronchialkarzinom tragen ein erhöhtes Risiko für Karzinome an anderen Orten in der Lunge, so dass eine regelmäßige Nachsorge erforderlich ist.
NSCLC Stadium 0
Das Stadium 0 ist in der folgenden Staging-Gruppe beschrieben:
- Tis, N0, M0
Das NSCLC Stadium 0 entspricht dem Carcinoma in situ der Lunge. Diese Tumoren sind definiert durch ihr nichtinvasives Wachstum: Sie sind noch nicht in das umgebende Gewebe eingedrungen (Invasion) und haben noch nicht metastasiert. Deshalb sind die Chancen groß, dass ein solcher Tumor durch die chirurgische Entfernung geheilt werden kann.
Nicht selten finden sich aber in der Lunge von Patienten mit einem In-situ-Karzinom weitere, unabhängige (primäre) Karzinome, von denen viele nicht mehr zu operieren (resektabel) sind.
Bei wenigen als geeignet angesehenen Patienten wurde eine endoskopische Phototherapie mit einem Hämatoporphyrin-Derivat als mögliche Alternative zur chirurgischen Entfernung vorgeschlagen. Diese Behandlung, die derzeit in klinischer Erprobung ist, scheint am wirksamsten für sehr früh entdeckte zentral sitzende Tumoren zu sein, die sich weniger als einen Zentimeter in den Bronchus hinein erstrecken. Ob diese Behandlungsform wirklich geeignet ist, Lungenkrebs im frühen Stadium zu heilen, muss aber noch besser erforscht werden.
Standardbehandlung:
Chirurgische Entfernung (Segment- oder Keilresektion) mit dem Ziel, möglichst viel Lungengewebe zu sparen. Patienten mit einem Carcinoma in situ der Lunge haben ein sehr hohes Risiko für weitere Lungentumoren, so dass weitere Operationen notwendig werden können.
Als experimentelle Behandlung kann man eine endoskopische photodynamische Therapie diskutieren.
NSCLC Stadium I
Das nichtkleinzellige Bronchialkarzinom im Stadium I umfasst die folgenden klinischen Stadieneinteilungen:
- T1, N0, M0 → IA
- T2, N0, M0 → IB
Standardbehandlung
Die übliche Behandlung im Stadium I ist die vollständige chirurgische Entfernung des Tumors. Wie vor jeder Operation muss der medizinische Allgemeinzustand des Patienten sorgfältig überprüft werden. Der Arzt muss dabei besonders auf die funktionelle Reserve der Lungen achten, um abzuschätzen, ob die chirurgische Behandlung einen Nutzen erwarten lässt. Der Tumorherd kann nur mit dem umgebenden Lungengewebe entfernt werden, so dass sich infolge der Operation auch die Vitalkapazität der Lunge verringert. Wenn die Lungenfunktion schon vor der Operation eingeschränkt ist, kann eine Operation schwierig oder unmöglich werden.
Behandlungsmöglichkeiten:
- Lobektomie oder segmentale, Keil- oder Manschettenresektion, wie angemessen.
- Strahlentherapie in kurativer Intention (für potentiell resektable Patienten mit medizinischen Kontraindikationen für eine Resektion).
- Klinische Studien zur adjuvanten Chemotherapie nach Resektion.
- Studien zur adjuvanten Chemoprävention.
- Endoskopische photodynamische Therapie (derzeit in klinischer Prüfung; besonders geeignet für ausgewählte Patienten im Stadium T1, N0, M0, keine Standardtherapie).
Operationsrisiko
Die unmittelbare postoperative Sterblichkeit hängt vom Alter ab, man muss aber mit einer Mortalität von drei bis fünf Prozent nach Lobektomie (Entfernung eines Lungenlappens) rechnen. Patienten mit eingeschränkter Lungenfunktion wird der Arzt eher eine Segment- oder Keilresektion des Tumors vorschlagen.
Belastungstests können helfen, Patienten mit eingeschränkter Lungenfunktion zu erkennen, die doch eine Lungenresektion tolerieren können. Die Verfügbarkeit der video-assistierten thorakalen Keilresektion erlaubt begrenzte Resektionen bei Patienten mit eingeschränkter Lungenfunktion, bei denen normalerweise keine Lobektomie durchgeführt werden kann.
Heilungschancen, Rezidivrisiko
Bei Patienten mit Lungenkrebs im Stadium I, die eine Lobektomie (Entfernung eines ganzen Lungenlappens) erhalten hatten, traten weniger oft Lokalrezidive (Wiederauftreten des Tumors an der Stelle des Ursprungstumors) auf als bei Patienten, bei denen nur eine begrenzte Resektion (Segment- oder Keilresektion) durchgeführt worden war. Bezüglich des Gesamtüberlebens konnten aber keine statistisch signifikanten Unterschiede festgestellt werden. Anderen wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge besteht möglicherweise ein Überlebensvorteil für die Lobektomie bei Patienten, deren Tumor-Durchmesser größer als drei Zentimeter ist, nicht aber bei Tumoren, deren Durchmesser kleiner als drei Zentimeter ist. In jedem Fall war aber die Rate an Lokalrezidiven nach Lobektomie signifikant geringer, unabhängig von der Größe des Primärtumors.
Behandlungsmöglichkeiten bei inoperablen Patienten
Patienten mit inoperabler Erkrankung im Stadium I, die eine ausreichende Lungenreserve haben, können palliativ mit einer Strahlentherapie behandelt werden.
Bei Patienten, die älter als 70 Jahre waren und an einem prinzipiell operablen Tumor (< 4 cm) litten, jedoch aus medizinischen Gründen nicht operiert werden konnten oder nicht operiert werden wollten, war das Fünfjahresüberleben nach Strahlentherapie vergleichbar mit der operativen Tumorentfernung.
In den zwei größten zu diesem Problem retrospektiv (erst nach Abschluss der Behandlung) dokumentierten Fallserien erreichten Patienten mit inoperabler Erkrankung, die eine Strahlentherapie erhalten hatten, Fünfjahresüberlebensraten von 10 und 27 Prozent. In beiden Fallserien zeigte sich, dass Patienten mit T1, N0-Tumoren bessere Behandlungsergebnisse aufwiesen; in dieser Untergruppe wurden Fünfjahresüberlebensraten von 60 und 32 Prozent dokumentiert.
Die Operation ergänzende (adjuvante) Therapie
Viele Patienten, die chirurgisch behandelt worden sind, entwickeln im Verlauf dennoch erneute Tumoren am Ort des Ursprungstumors oder Fernmetastasen. Diesen Patienten wäre vielleicht mit einer ergänzenden Strahlen- oder Chemotherapie unmittelbar nach der Operation besser zu helfen.
Eine zusammenfassende Analyse (Metaanalyse)
der bislang zu diesem Thema vorliegenden wissenschaftlichen Studien verglich die postoperative Strahlentherapie mit der alleinigen Operation. Es zeigte bei Patienten mit Bronchialkarzinom im Stadium I oder II ein um sieben Prozent geringeres (!) Gesamtüberleben bei adjuvanter Strahlentherapie. Einschränkend muss man zu diesen Daten sagen, dass unklar ist, ob die Ergebnisse mit moderner Strahlentherapie vielleicht besser ausgefallen wären. In den letzten Jahren hat sich die Technik der Strahlentherapie sehr verbessert. Es gelingt heute besser als mit den älteren Geräten, das Zielvolumen der Bestrahlung auf den Tumor zu fokussieren und den Anteil des gesunden Gewebes im Strahlenfeld möglichst klein zu halten.
NSCLC Stadium II
Das NSCLC imStadium II ist definiert durch die folgenden klinischen Stadiengruppen:
- T1, N1, M0
- T2, N1, M0
- T3, N0, M0
Behandlung der Wahl für Patienten mit NSCLC im Stadium II ist die Operation. Vor der Operation ist es erforderlich, den medizinischen Allgemeinzustand des Patienten sorgfältig zu überprüfen. Besonders wichtig ist das Abschätzen der funktionellen Reserve der Lungen. Hiervon hängt ab, ob die chirurgische Behandlung einen Nutzen bringen kann. Die unmittelbare postoperative Sterblichkeit (das Risiko, an Komplikationen der Operation zu versterben) hängt vom Alter ab. Man muss mit einer Mortalität von fünf bis acht Prozent nach Pneumonektomie und von drei bis fünf Prozent nach Lobektomie rechnen.
Patienten mit inoperablem Stadium II und ausreichender Lungenreserve können mit einer Strahlentherapie behandelt und hierdurch auch geheilt werden. Patienten in exzellentem Allgemeinzustand können mit einer Dreijahresüberlebensrate von bis zu 20 Prozent rechnen, wenn die Strahlentherapie wie geplant und mit dem Ziel, eine Heilung zu erreichen, durchgeführt werden konnte. In der bislang größten retrospektiven Fallserie wurden 152 Patienten mit aus medizinischen Gründen inoperablen NSCLC dokumentiert, die eine definitive Radiotherapie erhalten hatten. Die Fünfjahresüberlebensrate dieser Patienten erreichte 10 %; die Patienten mit T1-Tumoren (44 von 152 Patienten) erreichten ein krankheitsfreies Überleben von 60 %.
Standard-Behandlungsoptionen:
- Lobektomie; Pneumonektomie oder segmentale, Keil-, oder Manschettenresektion je nach Einschätzung der Chirurgen
- Strahlentherapie in kurativer Absicht (für potentiell operable Patienten, die medizinische Kontraindikationen gegen eine Operation aufweisen)
- Klinische Studien zur adjuvanten Chemotherapie mit oder ohne andere Behandlungsarten (Chemo-, Strahlentherapie) nach kurativer Operation
- Klinische Studien zur Strahlentherapie nach vollständiger Entfernung des sichtbaren Tumors
NSCLC Stadium IIIA
Das NSCLC IIIA wird durch die folgenden klinischen Stadiengruppen definiert:
- T1, N2, M0
- T2, N2, M0
- T3, N1, M0
- T3, N2, M0
Patienten im klinischen Stadium IIIA (N2) haben eine Fünfjahresüberlebensrate von 10 bis 15 %. Patienten mit großem Mediastinaltumor (= Tumor auf dem Röntgenbild sichtbar) haben demgegenüber eine Überlebensrate von zwei bis fünf Prozent. Abhängig von den klinischen Begleitumständen werden Patienten mit nichtkleinzelligem Bronchialkarzinom (NSCLC) im Stadium IIIA mit Strahlentherapie, Chemotherapie, Operation und Kombinationen dieser Modalitäten behandelt. Obgleich bei den meisten Patienten mit einer Strahlentherapie kein vollständiges Tumoransprechen erreicht werden kann, gibt es doch einen reproduzierbaren Langzeitüberlebens-Vorteil bei fünf bis zehn Prozent der Patienten, die mit einer Standardtherapie (fraktionierte Bestrahlung bis 60 Gy) behandelt worden sind. Oft kommt es darüber hinaus zu einer guten Symptomkontrolle.
Patienten in exzellentem Allgemeinzustand und solche, bei denen sich erst während der Operation zeigt, dass der Tumor nicht operativ entfernt werden kann, werden mit hoher Wahrscheinlichkeit von der Strahlentherapie profitieren.
Die Langzeitergebnisse bei Patienten mit NSCLC im Stadium IIIA sind leider nach wie vor nicht günstig. Um einen Erkenntnisfortschritt zu ermöglichen, sollten diese Patienten, wann immer möglich, in klinischen Studien behandelt werden.
Die zusätzliche Gabe von moderner Chemotherapie auf der Basis von Cisplatin zur Strahlentherapie kann das Überleben, verglichen mit der alleinigen Strahlentherapie, um bis zu zehn Prozent verbessern. Die optimale Reihenfolge von Chemo- und Strahlentherapie und die Durchführung der Chemotherapiegabe muss noch festgelegt werden; sie wird derzeit in klinischen Studien erforscht.
Deren Ergebnisse sind bislang ermutigend. Eine kombinierte Therapie mit Chemotherapie und Operation und/oder Strahlentherapie sollte Patienten in gutem Allgemeinzustand mit NSCLC Stadium IIIA immer angeboten werden.
In der Behandlung des Bronchialkarzinoms konnte bislang kein Vorteil für eine Immuntherapie gezeigt werden.
Standard-Behandlungsoptionen
- alleinige Operation bei operablen Patienten ohne große Tumormasse („bulky disease“)
- alleinige Strahlentherapie bei Patienten, die keine neoadjuvante Chemotherapie plus Bestrahlung erhalten können
- Chemotherapie in Kombination mit anderen Modalitäten
Sonderfall: Pancoast-/Sulcus superior-Tumoren (T3, N0 oder N1, M0)
Tumoren des Sulcus superior stellen eine eigene Krankheitsgruppe innerhalb der Bronchialkarzinome dar. Sie müssen gesondert behandelt werden. Tumoren des oberen Brustkorbs wachsen eher invasiv an Ort und Stelle und neigen weniger zur Fernmetastasierung. Entsprechend kann eine lokal begrenzte Erkrankung besonders im Erkrankungsstadium T3, N0 noch heilbar sein. Strahlentherapie alleine oder gefolgt von der Operation oder die alleinige Operation in ausgewählten Fällen können mit Fünfjahresüberlebensraten von 20 Prozent oder mehr für manche Patienten eine Heilung bedeuten. Patienten mit stärker invasiven Tumoren in diesem Gebiet oder echten Pancoast-Tumoren haben eine schlechtere Prognose und profitieren im Allgemeinen nicht von einer primär chirurgischen Therapie. Eine Operation kann aber im Verlauf durchgeführt werden, um das vollständige Ansprechen des bestrahlten Tumors zu dokumentieren und das nekrotische Gewebe zu entfernen. Besonders bei Patienten im Stadium T4, N0 oder N1 kann die gleichzeitige Chemo- und Strahlentherapie, gefolgt von der Operation, gute Ergebnisse zeigen.
Standard-Behandlungsoptionen:
- Strahlentherapie und Operation
- Alleinige Strahlentherapie
- Alleinige Operation (in ausgewählten Fällen)
- Chemotherapie in Kombination mit anderen Modalitäten
- Klinische Studien mit Behandlungen mit kombinierten Modalitäten
Sonderfall: Tumoren der Brustwand (T3, N0 oder N1, M0)
Patienten mit großen Primärtumoren, die direkt die Brustwand infiltrieren, können mit einer alleinigen Operation ein Langzeit-Überleben erreichen, vorausgesetzt, der Tumor wurde vollständig reseziert.
Standard-Behandlungsoptionen:
- Operation.
- Operation und Strahlentherapie.
- alleinige Strahlentherapie.
- Chemotherapie in Kombination mit anderen Modalitäten.
NSCLC Stadium IIIB
NSCLC IIIB umfasst die folgenden klinischen Tumorstadien:
- jedes T, N3, M0
- T4, jedes N, M0
Patienten mit NSCLC im Stadium IIIB sind mit einer alleinigen Operation nicht ausreichend therapiert. Sie werden am besten mit initialer Chemotherapie, Chemotherapie plus Strahlentherapie oder alleiniger Strahlentherapie behandelt. Die Behandlung wird abhängig von der genauen Lokalisation des Tumors und dem Allgemeinzustand des Patienten festgelegt. Die meisten Patienten in sehr gutem Allgemeinzustand kommen für eine Therapie mit kombinierten Modalitäten in Frage. Patienten mit einem malignen Pleuraerguss können nur selten mit Strahlentherapie, sondern sollten eher wie Patienten im Tumorstadium IV behandelt werden. Viele randomisierte Studien mit Patienten mit nichtoperablem NSCLC im Stadium III zeigen, dass die präoperative (neoadjuvante) oder gleichzeitige Behandlung mit einer Chemotherapie auf der Basis von Cisplatin und die Bestrahlung des Thorax mit einer Verbesserung der Überlebensrate einhergeht.
Patienten mit einem Tumor im Stadium IIIB kommen darüber hinaus auch für eine thorakale Bestrahlung in Frage, um gegebenenfalls Symptome (Husten, Luftnot, Hämoptysen, Schmerzen) besser beherrschen zu können.
- T4 oder N3, M0
Ein Patient mit Befall der supraklavikulären Lymphknoten, der sonst gut für die kurative Strahlentherapie geeignet ist, wird wahrscheinlich drei Jahre überleben. Obwohl die meisten dieser Patienten nicht vollständig auf die Strahlentherapie ansprechen, führt diese Behandlung doch oft zu einer Besserung der Tumorsymptome (Palliation). Patienten in sehr gutem Allgemeinzustand und diejenigen, bei denen erst während der Operation festgestellt wird, dass die Erkrankung doch inoperabel ist, werden sehr wahrscheinlich von der Strahlentherapie profitieren. Manche Patienten haben mit einer adjuvanten Chemotherapie einen bescheidenen Überlebensvorteil. Die Zugabe von Chemotherapie zur Strahlentherapie ging in einigen prospektiven klinischen Studien mit einer Verbesserung des langfristigen Überlebens einher, aber nicht in allen. Eine zusammenfassende Analyse (Metaanalyse) des bisherigen Wissensstandes zeigte einen absoluten Überlebensvorteil von vier Prozent nach zwei Jahren, wenn die Strahlentherapie um eine Chemotherapie auf der Grundlage von Cisplatin erweitert wurde. Die optimale Abfolge der einzelnen Therapiemodalitäten muss noch festgelegt werden und wird derzeit in klinischen Studien untersucht.
Standard-Behandlungsoptionen:
Erstlinientherapie
- Alleinige Strahlentherapie
- Chemotherapie in Kombination mit Strahlentherapie
- Chemotherapie und gleichzeitige Strahlentherapie
- Platinhaltige Chemotherapie und Therapie mit Bevacizumab (VEGF-Antikörper)
- Alleinige Chemotherapie
Zweitlinientherapie
- Erlotinib (EGFR-Inhibitor)
NSCLC Stadium IV
Das Stadium IV des nichtkleinzelligen Bronchialkarzinoms ist definiert durch das folgende klinische Stadium:
- Jedes T, jedes N, M1
Patienten mit metastasiertem NSCLC sprechen subjektiv und objektiv auf eine palliative Chemotherapie auf der Grundlage von Cisplatin oder Carboplatin an. Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass bei Patienten im Stadium IIIB oder IV die Cisplatin-basierte Chemotherapie gegenüber der bestmöglichen unterstützenden Therapie einen geringen Vorteil hinsichtlich des Kurzzeit-Überlebens bewirkt. Obgleich die toxischen Nebenwirkungen unterschiedlich ausgeprägt sein können, sind die Ergebnisse der meisten Studien auf der Basis einer platinhaltigen Kombinationstherapie ähnlich. Die Therapieregime, die Cisplatin mit anderen Substanzen kombinieren, zeigen keine signifikanten Unterschiede im Ansprechen, der Ansprechdauer oder im Überleben. Patienten in gutem Allgemeinzustand und einer begrenzten Anzahl von Fernmetastasen haben ein besseres Ansprechen und Überleben, wenn sie eine Chemotherapie erhalten, verglichen mit anderen Patienten, die nur unterstützend (supportiv) behandelt werden.
In einer groß angelegten wissenschaftlichen Untersuchung lag die Ansprechrate für alle Patienten bei 19 %, die mediane Überlebenszeit war 7,9 Monate, unabhängig von der verwendeten Medikamentenkombination, vorausgesetzt, die Behandlung enthielt ein Platinmedikament. Patienten mit einem reduzierten Allgemeinzustand erfuhren mehr toxische Nebenwirkungen und überlebten kürzer als Patienten in gutem Allgemeinzustand.
Nach aktuellem Wissensstand kann kein spezielles Therapieprotokoll (auf der Basis eines Platin-Medikaments) als Standardtherapie empfohlen werden. Außerhalb klinischer Studien sollten nur Patienten in gutem Allgemeinzustand mit messbaren/evaluierbaren Tumorläsionen behandelt werden, die nach vollständiger Aufklärung über die zu erwartenden Risiken und den begrenzten Nutzen eine solche Therapie wünschen.
Die Strahlentherapie kann effizient sein, um Symptome eines lokalen Befalls gezielt zu lindern, wie z. B. tracheale, ösophageale oder bronchiale Kompression; Knochen- oder Hirnmetastasen; Schmerzen; Stimmbandlähmung; Hämoptyse oder obere Einflussstauung. In einigen Fällen wurde eine endobronchiale Laser- und/oder Brachytherapie eingesetzt, um eine Verlegung der großen Atemwege (Luftröhre, Bronchien) zu behandeln. Diese therapeutische Option kann es einem Patienten in sonst gutem Allgemeinzustand ermöglichen, ein akzeptables Leben weiterzuführen.
Im seltenen Fall, dass ein Patient gleichzeitig einen resektablen Lungentumor und eine solitäre Hirnmetastase hat, ist die Resektion der Metastase gleichzeitig mit dem Tumor indiziert. Eine geeignete postoperative Chemotherapie und/oder Strahlentherapie der Primärtumor-Stelle (und mit postoperativer Ganzhirnbestrahlung in täglichen Fraktionen von 1,8 bis 2,0 Gy) wird angewendet, um die langfristigen toxischen Auswirkungen auf das normale Hirngewebe zu vermeiden.
Bei engmaschig beobachteten asymptomatischen Patienten kann die Therapie oft so lange verzögert werden, bis Symptome oder Zeichen der Tumorprogression auftreten.
Standard–Behandlungsoptionen
- Strahlentherapie, primär in palliativer Intention bei lokalem Tumorwachstum
- Chemotherapie. Die folgenden Therapieprotokolle sind mit ähnlichen Überlebensraten assoziiert:
- Cisplatin plus Vinblastin plus Mitomycin C
- Cisplatin plus Vinorelbin
- Cisplatin plus Paclitaxel
- Cisplatin plus Docetaxel
- Cisplatin plus Gemcitabin
- Carboplatin plus Paclitaxel
3. platinhaltige Chemotherapie und Therapie mit Bevacizumab (VEGF-Antikörper)
4. Therapie mit Erlotinib (EGFR-Inhibitor)
Das deutlich besser verträgliche Carboplatin (Dosierung nach AUC) ist vermutlich dem Cisplatin in der Wirkung nicht unterlegen.
Neue Substanzen zur Therapie des fortgeschrittenen Bronchialkarzinoms
In den letzten Jahren haben sich neue Medikamente zur Therapie des Bronchialkarzinoms etabliert. Die Basis für ihre Entwicklung war und ist die rasch zunehmende Kenntnis über die biologischen Grundlagen der Tumorentstehung. Diese Substanzen wirken sehr viel zielgerichteter als eine Chemotherapie und richten sich gegen bestimmte Oberflächenmerkmale des Tumors. Da die Tumorentstehung und -metastasierung ein sehr komplexes Geschehen ist, wurden bereits mehrere verschiedene Zielstrukturen identifiziert, die sich als Ansatzpunkt zur Tumorbekämpfung eignen. Einige der neu entwickelten Medikamente haben sich bereits in großen Studien bewährt und haben die Zulassung zur Therapie des Bronchialkarzinoms erhalten. Es handelt sich um Bevacizumab, Pemetrexed und Erlotinib.
Bei Bevacizumab handelt es sich um einen monoklonalen Antikörper, der gegen den vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor (VEGF, Vascular Endothelial Growth Factor) gerichtet ist. Der Antikörper fängt diesen für die Durchblutung des Tumors unerlässlichen Wachstumsfaktor ab, wodurch in der Folge keine neuen Blutgefäße mehr entstehen und auch bereits bestehende Gefäße im und zum Tumor hin verkümmern. Dadurch wird das Fortschreiten des Tumorwachstums verzögert. Insbesondere bei Patienten mit einem Tumor vom Adenokarzinomtyp konnte damit ein mittleres Überleben von mehr als 14 Monaten erreicht werden. Bevacizumab wird zusätzlich zu einer platinhaltigen Chemotherapie zur Erstlinienbehandlung von Patienten mit inoperablem fortgeschrittenen, metastasiertem oder rezidivierenden NSCLC, außer bei vorwiegender Plattenepithel-Histologie, angewendet.
Erlotinib gehört zur Gruppe der Tyrosinkinase-Inhibitoren. Diese sind kleine Moleküle, die gezielt das Enzym Tyrosinkinase hemmen, das Signale, die über zellständige Rezeptoren ankommen, in die Zelle weiterleitet. Erlotinib hemmt spezifisch die Übertragung von Wachstumssignalen über die Tyrosinkinase des EGF(Epidermal Growth Factor)-Rezeptors, der auf Tumorzellen vermehrt vorkommt und der an der Entstehung und am Wachstum von Tumorzellen beteiligt ist. Auf diese Weise können Tyrosinkinase-Inhibitoren das Wachstum der Tumorzellen hemmen. Erlotinib ist in Deutschland für die Zweit- und Drittlinientherapie des fortgeschrittenen Lungenkrebs im Stadium IIIB/IV zugelassen, da die klinischen Studien eine signifikante Verbesserung der Überlebenszeit und der Lebensqualität zeigten.
Pemetrexed entspricht aufgrund seines Wirkmechanismus eher einem modernen Chemotherapie-Medikament.
Eine Vielzahl weiterer Medikamente zur zielgerichteten Therapie von Tumoren wie dem Bronchialkarzinom befindet sich in klinischer Erprobung. Der Stellenwert dieser modernen Therapeutika kann noch nicht abschließend beurteilt werden. Generell gilt für die meisten Medikamente, dass sie erheblich weniger Nebenwirkungen haben als die bislang bekannten Chemotherapeutika. Nicht alle Patienten scheinen nach den bislang bekannten Daten von einer zielgerichteten molekularen Therapie zu profitieren. Im Rahmen laufender wissenschaftlicher Studienprogramme versucht man, vorab z. B. anhand einer Gewebeprobe diejenigen Patienten zu identifizieren, die voraussichtlich den meisten Nutzen von der Behandlung haben könnten.
Übersicht der Stadien und Therapien des NSCLC
Bezeichnung | Stadieneinteilung | Therapieoptionen/Standardbehandlungen | Bemerkungen |
---|---|---|---|
okkultes NSCLC | TX, N1-3, M0 TX, N0, M1 oder TX, N1-3, M1 |
eher keine Operation, da auffällig im Fernmetastasen-Stadium IV, typisch als CUP-Syndrom (cancer of unknown primary) | werden meist eben nicht in frühem Stadium erkannt, da durch lokale oder Fernmetastasierung aufgefallen |
NSCLC Stadium 0 | Tis, N0, M0 | Segment- oder Keilresektion, evtl. photodynamische Therapie |
Carcinoma in situ |
NSCLC Stadium I | T1, N0, M0 = IA T2, N0, M0 = IB |
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NSCLC Stadium II | T1, N1, M0 T2, N1, M0 T3, N0, M0 |
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NSCLC Stadium IIIA | T1, N2, M0 T2, N2, M0 T3, N1, M0 T3, N2, M0 |
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bislang kein Vorteil für eine Immuntherapie |
Sonderfall: Pancoast-/Sulcus superior-Tumoren | T3, N0 oder N1, M0 |
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Sonderfall: Tumoren der Brustwand | T3, N0 oder N1, M0 |
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NSCLC Stadium IIIB | jedes T, N3, M0 T4, jedes N, M0 |
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NSCLC Stadium IV | Jedes T, jedes N, M1 |
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Carboplatin besser verträglich |
Nutzen der Chemotherapie im fortgeschrittenen Stadium
Nutzen einer palliativen Chemotherapie
Die systemische Behandlung des NSCLC begann in den 1970er Jahren, im Wesentlichen mit Doxorubicin- und Cyclophosphamid-haltigen Therapien. Meist war das objektive Ansprechen des Tumors nur von kurzer Dauer und ein Einfluss auf die Überlebenszeit nicht nachweisbar. Die Entdeckung des Cisplatin und seiner Wirksamkeit beim NSCLC führte zu dessen Einbeziehung in verschiedene Kombinations-Chemotherapien. Während die Ansprechraten höher waren als bei älteren Protokollen ohne Cisplatin, war auch die Toxizität stärker. Darüber hinaus gelang es in randomisierten Studien in dieser Zeit, die verschiedene Chemotherapieregimes verglichen, nicht, einen Überlebensvorteil zu dokumentieren, so dass der Nutzen der Chemotherapie für diese Erkrankung insgesamt in Frage gestellt war.
Chemotherapie verglichen mit bestmöglicher supportiver Therapie
Mehrere wissenschaftliche Studien haben Kombinationstherapien oder Behandlungen mit einzelnen Substanzen mit der bestmöglich unterstützenden Fürsorge (Best Supportive Care) verglichen.
Nicht alle Untersuchungen zeigten einen Überlebensvorteil für die Chemotherapie, und wenn dieser nachweisbar war, war er eher klein, aber statistisch signifikant. Das häufige Auftreten behandlungsbedingter toxischer Nebenwirkungen in vielen Studien ließ die Frage aufkommen, ob die bescheidenen Überlebensvorteile überhaupt zu rechtfertigen seien. In vielen Studien wurde deutlich, dass sich die Symptome des Lungenkrebses unter der Therapie verbesserten.
Optimale Dauer der palliativen Therapie
Es ist nicht eindeutig geklärt, wie lange die Therapie optimaler Weise durchgeführt werden sollte, um einerseits den maximalen Überlebensvorteil und bestmögliche Kontrolle der Tumorsymptome zu erreichen. Andererseits sollte, da die Chemotherapie in palliativer Absicht durchgeführt wird, d. h. um Symptome zu lindern und bei unheilbarer Erkrankung die Lebenszeit zu verlängern, eine kürzere Behandlungsdauer mit weniger toxischen Nebenwirkungen einhergehen. Diese Frage ist nur in wenigen Studien untersucht worden. Auf der Basis dieser Studien und der Leitlinien für die Behandlung des nichtresektablen NSCLC der Amerikanischen Gesellschaft für klinische Onkologie wird empfohlen, die Erstlinien-Therapie bei Patienten mit NSCLC im Stadium IV auf vier bis sechs Zyklen zu beschränken.
Literatur
- Kumar, Abbas, Fausto: Robbins and Cotrane Pathologic Basis of Disease. 7. Auflage, Elsevier Saunders, 2005, ISBN 0-7216-0187-1, S. 757–766.
- Classen, Diehl, Kochsiek: Innere Medizin. 4. Auflage. Urban & Schwarzenberg, München 1998, ISBN 3-541-11674-9, S. 1459–1463.
- Berger, Engelhardt, Mertelsmann: Das Rote Buch: Hämatologie und Internistische Onkologie. 3. Auflage. Ecomed, Landsberg/Lech 2006, ISBN 3-609-51213-X.
- Stefan Fischer, Joachim Hartlapp, Wolfgang Wagner (Hrsg.): Interdisziplinäre Behandlung des Lungenkarzinoms. Pabst, 2015, ISBN 978-3-95853-039-3.
Weblinks
Leitlinien/Empfehlungen zu Diagnostik, Therapie und Nachsorge
- Interdisziplinäre S3-Leitlinie zur Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Lungenkarzinoms der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und der Deutschen Krebsgesellschaft, AWMF-Register Nr. 020/007, Stand: 02/2010
- Englische Kurzfassung der Interdisziplinären S3-Leitlinie Lungenkarzinoms (2010, PDF-Datei; 1,4 MB)
Aktuelle Informationen, Therapiestudien, neue Medikamente
- Cancernet/Uniklinik Bonn: Grundlagen »nichtkleinzelliges und kleinzelliges Bronchialkarzinom«
- National Cancer Institute (NCI) (englisch)
Pathologische Aufnahmen
- PathoPic – Bilddatenbank der Universität Basel: Histologische Bilder von Bronchialkarzinomen
- PathoPic – Bilddatenbank der Universität Basel: Makroskopische Bilder von Bronchialkarzinomen
- PathoPic – Bilddatenbank der Universität Basel: Zytologische Bilder von Bronchialkarzinomen
Epidemiologie
Einzelnachweise
<references/>
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