Palmengewächse


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Palmengewächse
Kanarische Dattelpalme (Phoenix canariensis)

Kanarische Dattelpalme (Phoenix canariensis)

Systematik
Unterabteilung: Samenpflanzen (Spermatophytina)
Klasse: Bedecktsamer (Magnoliopsida)
Monokotyledonen
Commeliniden
Ordnung: Palmenartige
Familie: Palmengewächse
Wissenschaftlicher Name der Ordnung
Arecales
Bromhead
Wissenschaftlicher Name der Familie
Arecaceae
Schultz Sch.

Die Palmengewächse oder Palmen (Arecaceae oder Palmae)<ref name="ICBN18.5" /> sind die einzige Familie der Ordnung der Palmenartigen (Arecales) innerhalb der Monokotyledonen (Einkeimblättrigen Pflanzen). Verwandte Arten waren schon vor etwa 70 Millionen Jahren in der Kreidezeit weit verbreitet. Die Familie enthält 183 Gattungen mit etwa 2600 rezenten Arten.

In der Familie der Palmengewächse finden sich das längste Blatt (bei Palmen der Gattung Raphia mit bis zu 25 Meter Länge), der größte Samen (von der Seychellenpalme (Lodoicea maldivica) mit bis zu 22 Kilogramm Gewicht) sowie mit einer Länge von etwa 7,5 Metern der längste Blütenstand (in der Gattung Corypha mit geschätzten 10 Millionen Blüten pro Blütenstand) des Pflanzenreichs.<ref name="APWeb" />

Merkmale

Die Vertreter der Palmengewächse sind sehr vielgestaltig. Sie sind klein, mittelgroß oder groß, sie stehen einzeln oder in Gruppen (Cluster), sie sind bewehrt oder unbewehrt. Sie können mehrmals im Leben (pleonanth) oder nur einmal im Leben blühen (hapaxanth). Sie sind zwittrig, polygam, monözisch oder diözisch.<ref name="GP2FamilyDescription">John Dransfield, Natalie W. Uhl, Conny B. Asmussen, William J. Baker, Madeline M. Harley, Carl E. Lewis: Genera Palmarum. The Evolution and Classification of Palms. Zweite Auflage. Royal Botanic Gardens, Kew 2008, ISBN 978-1-84246-182-2, S. 136 f.</ref>

Der Stamm ist „verholzt“. Er ist schlank bis massiv, sehr kurz bis sehr hoch, er kann kriechend, unterirdisch, kletternd oder aufrecht sein. Normalerweise ist der Stamm im oberirdischen Bereich unverzweigt, selten ist er dichotom verzweigt. Dem Stamm fehlt ein Kambium, Palmen verfügen daher über kein sekundäres Dickenwachstum, weshalb sie nicht zu den Bäumen gerechnet werden. Bei manchen Palmen tritt jedoch ein diffuses Dickenwachstum auf. Die Internodien sind kurz bis lang. Die Blattnarben sind auffällig bis unauffällig. Bei manchen Palmen treten Stelzwurzeln auf.<ref name="GP2FamilyDescription"/>

Blätter

Die Laubblätter sind wechselständig und stehen in spiraliger Anordnung, selten zweizeilig (distich). Die Blattspreite wird anfangs immer ungeteilt gebildet, häufig spaltet sie sich später auf. Die Blätter können mit Stacheln oder Borsten bewehrt sein, sie sind kahl oder verschiedenartig mit Schuppen und/oder Haaren besetzt. Manchmal besitzen sie ein Ligula-ähnliches Anhängsel an beiden Seiten oder vor dem Blattstiel. Die Blattscheiden bilden manchmal einen Kronschaft. Der Blattstiel ist meist deutlich ausgebildet. Er ist unbewehrt oder verschieden bewehrt. Eine Hastula kann ausgebildet sein oder fehlen.<ref name="GP2FamilyDescription"/>

Die Form der Blattspreite ist gefächert (palmat, Fächerpalme), costapalmat, gefiedert (pinnat), doppelt gefiedert (bipinnat), zweiteilig (bifid) oder ungeteilt, dann aber mit fiederförmiger Aderung. In der Knospe ist das Blatt gefaltet. Später reißt die Spreite entweder entlang der adaxialen Faltkanten (induplicat) auf oder entlang der abaxialen Kanten (reduplicat). Nur selten reißt sie zwischen den Faltkanten auf oder gar nicht. Die derart entstehenden Segmente oder Fiederchen sind lanzettlich oder linealisch bis hin zu rhombisch oder keilförmig. Im Querschnitt sind die Fiederchen bei den induplicaten Blättern V-förmig, bei den reduplicaten Λ-förmig. Sie sind einfach oder mehrfach gefaltet, meist besitzen sie eine Mittelrippe und zahlreiche parallel verlaufende Nebenadern. Die Segmente reißen selten zwischen diesen Nebenadern weiter ein. Die Spreite kann unterschiedlich behaart oder beschuppt sein, auch Stacheln und Borsten kommen vor. Die proximalen Blättchen können bei kletternden Arten zu Dornen umgewandelt sein (Akanthophylle), die Rhachis kann distal zu einer Kletterhilfe (Ranke) umgebildet sein und kann dann ebenfalls Akanthophylle tragen.<ref name="GP2FamilyDescription"/>

Generative Merkmale

Die Blütenstände befinden sich meist seitlich oder seltener an der Spitze. Befindet sich der Blütenstand an der Spitze der Palme (endständig = terminal), dann stirbt die Pflanze nach dem Blühen und der Samenbildung ab; diese Arten sind hapaxanth, also mehrjährig, alle anderen sind ausdauernd. Die meistens stark verzweigten Blütenstände sind im knospigen Zustand von einer Spatha als Schutz umhüllt. Die Blüten können zwittrig sein, aber meistens sind sie eingeschlechtig. Es gibt einhäusige (monözische) und zweihäusige (diözische) Palmen-Arten. Die Blüten sind immer dreizählig und sind meistens radiärsymmetrisch, selten ist der Blütenaufbau schraubig. Es sind meist drei Kelch- und Kronblätter vorhanden; sie sind frei oder verwachsen. Es sind meist sechs, selten weniger Staubblätter vorhanden; davon sind oft einige zu Staminodien reduziert. Die drei Fruchtblätter können vollkommen frei oder an ihrer Basis verwachsen sein. Jedes Fruchtblatt enthält ein bis zwei Samenanlagen. Selten kann man einen Griffel erkennen und so sind die drei Narben je Blüte meist sitzend. Die Bestäubung erfolgt durch Insekten (Entomophilie) oder durch den Wind (Anemophilie).

Palmen bilden Schließfrüchte, meistens harte Beeren oder Steinfrüchte. Das Perikarp ist glatt, behaart, mit Stacheln oder Schuppen besetzt. Die Früchte enthalten meist einen oder zwei bis drei oder selten bis zu zehn Samen.

Verbreitung

Palmen sind weltweit in tropischen und subtropischen Gebieten verbreitet. Die größte Artenvielfalt findet sich in tropischen Regenwäldern, Palmen wachsen aber auch in einigen saisonalen oder semiariden Gebieten. Ein Beispiel für letzteres ist etwa der recht palmenreiche Cerrado in Zentral-Brasilien.<ref name="Biogeography">John Dransfield, Natalie W. Uhl, Conny B. Asmussen, William J. Baker, Madeline M. Harley, Carl E. Lewis: Genera Palmarum. The Evolution and Classification of Palms. Zweite Auflage, Royal Botanic Gardens, Kew 2008, ISBN 978-1-84246-182-2, S. 105.</ref>

Im Norden reicht das Areal der Palmen bis etwa 44° nördlicher Breite in Südfrankreich (Chamaerops humilis), im Süden etwas über 44° auf den Chatham Islands nahe Neuseeland (Rhopalostylis sapida). In Nordamerika reicht Sabal minor bis fast 36° nördlicher Breite in North Carolina, Washingtonia filifera in Kalifornien bis 37°. In Südamerika reicht Jubaea chilensis bis 35° in Chile. Am asiatischen Festland reicht Nannorrhops ritchiana bis etwa 34° nördliche Breite in Afghanistan und Pakistan. In Australien reicht Livistona australis über 37°, in Afrika Jubaeopsis caffra bis etwa 31°.<ref name="Biogeography"/>

Systematik

Datei:XP Nepf D4090.JPG
Unterfamilie Nypoideae: Nypa fruticans
Datei:Chamaerops humilis (Zingaro)016.jpg
Unterfamilie Coryphoideae: Zwergpalme
(Chamaerops humilis)
Datei:Brahea armata BW.JPG
Unterfamilie Coryphoideae: Brahea armata
Datei:Ravenea rivularis-IMG 0468.jpg
Unterfamilie Ceroxyloideae: Ravenea rivularis
Datei:Royal palm tree in Boca Raton.jpg
Unterfamilie Arecoideae: Kubanische Königspalme (Roystonea regia)

Der Familienname Arecaceae wurde 1820 durch Friedrich von Berchtold und Jan Svatopluk Presl in O Prirozenosti Rostlin, S. 266, gültig veröffentlicht. Der Familienname Palmae wurde 1789 durch Antoine Laurent de Jussieu in Genera Plantarum, S. 37, erstveröffentlicht.<ref name="Tropicos" /><ref name="ICBN" />

Die Systematik der Arecaceae erfuhr in den letzten Jahren durch molekulargenetische Studien einige Änderungen, während etliche lange bestehende Gruppen bestätigt wurden. 2005 wurde eine die verschiedenen Teilarbeiten zusammenfassende Klassifikation der Familie publiziert.<ref name="Dransfield2005">John Dransfield, Natalie W. Uhl, Conny B. Asmussen, William J. Baker, Madeline M. Harley, Carl E. Lewis: A New Phylogenetic Classification of the Palm Family, Arecaceae. Kew Bulletin, Band 60, 2005, S. 559–569. (JSTOR)</ref> Die hier verwendete Systematik ist die leicht veränderte Version, wie sie in Genera Palmarum 2008 dargestellt wird:<ref name="Dransfield2008">John Dransfield, Natalie W. Uhl, Conny B. Asmussen, William J. Baker, Madeline M. Harley, Carl E. Lewis: Genera Palmarum. The Evolution and Classification of Palms. Zweite Auflage. Royal Botanic Gardens, Kew 2008, ISBN 978-1-84246-182-2, S. 138 f.</ref>

Die Verwandtschaftsverhältnisse der fünf Unterfamilien werden durch folgendes Kladogramm dargestellt:<ref>Conny B. Asmussen, John Dransfield, Vinnie Deickmann, Anders S. Barfod, Jean-Christophe Pintaud, William J. Baker: A new subfamily classification of the palm family (Arecaceae): evidence from plastid DNA phylogeny. Botanical Journal of the Linnean Society. Band 151, 2006, S. 15–38. doi:10.1111/j.1095-8339.2006.00521.x</ref>





Arecoideae


     

Ceroxyloideae



     

Coryphoideae



     

Nypoideae



     

Calamoideae


Nutzung

Nahrungsmittel

Von rund 100 Palmenarten sind die Früchte essbar (Dattelpalme, Palmyrapalme), von anderen die Samen (Kokosnuss, Betelnuss, Palmyrapalme). Den essbaren Vegetationskegel bezeichnet man als Palmherz, aus dem Mark des Stammes einiger Arten lässt sich Sago gewinnen. Im indomalayischen Raum hat die Sagopalme eine große Bedeutung als Stärkelieferant. Der Saft von Palmen wird zur Herstellung von Getränken benutzt, aus ihm kann auch Zucker gewonnen werden. Durch Gärung entsteht Palmwein. Auch durch die Vergärung von Fruchtfleisch lassen sich Getränke herstellen. Wenige Palmenblüten locken Bienen an, Palmhonig wird nicht von Bienen gewonnen, sondern entsteht durch Einkochen des Palmensaftes etwa wie Ahornsirup.

Baumaterialien

In vielen Ländern sind Palmenarten das Grundmaterial für den Hausbau, wobei die Stämme als Holz und die wasserabweisenden Blätter für die Dacheindeckung genutzt werden. Aus Rotangpalmen (Calamus) werden Rattan-Möbel hergestellt.

Zierpflanzen und Erosionsschutz

Palmenarten werden sowohl als Stilelement zur Vermittlung eines südländischen Eindrucks in öffentlichen Grünanlagen und Gärten genutzt als auch als Zimmerpflanzen.

In regenarmen Gebieten werden sie zur Stabilisierung des Bodens an Böschungen und (evtl. bewässerten) Grünanlagen verwendet. Sie sind auch wesentlich unempfindlicher gegen Windbruch als Laubbäume, sodass sie gut an windexponierten Stellen gedeihen können.

Quellen

Literatur

  • David L. Jones: Palmen. Könemann in der Tandem Verlags-GmbH, 2002, ISBN 3-8290-4889-0.
  • Frank O. Steeb: Palmen. Portraits der bekanntesten Arten aus aller Welt. Mosaik Verlag GmbH, München 1993, Buch-Nr. 03668.
  • Natalie W. Uhl, John Dransfield: Genera Palmarum: A Classification of Palms Based on the Work of Harold E. Moore, Jr. Genera Palmarum, 1987, ISBN 0-935868-30-5.

Einzelnachweise

<references> <ref name="Tropicos"> Arecaceae bei Tropicos.org. Missouri Botanical Garden, St. Louis. Abgerufen am 6. November 2014. </ref> <ref name="ICBN"> International Code of Botanical Nomenclature(Saint Louis Code), Electronic version: Chapter III. Nomenclature of taxa according to their rankSection 2. Names of families and subfamilies, tribes and subtribes – Article 18. Volltext-online oder online. </ref> <ref name="ICBN18.5"> Artikel 18.5 Internationaler Code der Botanischen Nomenklatur 2006, abgerufen 5. August 2009.</ref> <ref name="APWeb"> P. Stevens: APWebsite, abgerufen 29. November 2009.</ref> </references>

Weblinks

Commons Commons: Palmengewächse – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien