Panzernashorn


aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Wechseln zu: Navigation, Suche
Panzernashorn
Panzernashorn im Kaziranga-Nationalpark

Panzernashorn im Kaziranga-Nationalpark

Systematik
Überordnung: Laurasiatheria
Ordnung: Unpaarhufer (Perissodactyla)
Tapiromorpha
Familie: Nashörner (Rhinocerotidae)
Gattung: Rhinoceros
Art: Panzernashorn
Wissenschaftlicher Name
Rhinoceros unicornis
Linnaeus, 1758

Das Panzernashorn (Rhinoceros unicornis, wörtlich einhörniges Nashorn), auch Indisches Panzernashorn und Indisches Nashorn genannt, gehört zur Familie der Rhinocerotidae. Das einhörnige Nashorn ist auf dem Indischen Subkontinent beheimatet und heute nur noch im Nordosten Indiens und in geschützten Gebieten im Terai Nepals zu finden. Im Jahre 2008 hat die IUCN Panzernashörner als gefährdet eingestuft, wobei die Population zunimmt.<ref name="iucn">Bibhab Kumar Talukdar, R. Emslie, S. S. Bist, A. Choudhury, S. Ellis, B. S. Bonal, M. C. Malakar, B. N. Talukdar und M. Barua: Rhinoceros unicornis in: IUCN Red List of Threatened Species. Version 2012.2</ref>

Merkmale

Allgemein

Mit einer Kopfrumpflänge von 370 bis 380 cm bei Bullen (Kühe 310 bis 340 cm), einer Schulterhöhe von 170 bis 190 cm (Kühe 150 bis 170 cm) und einem Gewicht von 2,2 t (Kühe 1,6 t) ist das Panzernashorn die größte der drei Nashornarten Asiens und die zweitgrößte rezente nach dem Breitmaulnashorn (Ceratotherium simum). Große Bullen können auch ein Gewicht von bis zu 2,8 t erreichen.<ref name="Sarma 2008">Kamal Sarma und Jonali Devi: The Indian one horned rhinoceros: an overview. The North East Veterinarian 8 (3), 2008, S. 16–17</ref> <ref name="Houwald 2005">Friederike von Houwald: Greater on-horned rhino. In: R. Fulconis: Save the rhinos: EAZA Rhino Campaign 2005/6. Info Pack, London, 2005, S. 66–69</ref> Der Körper ist sehr kräftig gebaut, wobei die Gliedmaßen relativ kurz und breit sind.<ref name="Laurie 1983">W. A. Laurie, E. M. Lang und Colin P. Groves: Rhinoceros unicornis. Mammalian Species 211, 1983, S. 1–6</ref>

Die im Maximum bis zu 4 cm dicke Haut ist grau-braun gefärbt und fest, nur im Bereich der Falten, der Bauchgegend und am Kopf ist sie weicher und dünner. Markant sind die zahlreichen Falten der Haut, die dem Tier den Anschein einer schweren Panzerung geben, was auch den deutschen Namen erklärt. Zwei große Hautfalten hinter den Vorderbeinen und vor den Hinterbeinen umkreisen den Körper dabei vertikal, horizontale Falten befinden sich an den oberen Enden der Gliedmaßen und im Gesäßbereich, hier wird auch der Schwanz von zwei zusätzlichen vertikalen Falten eingerahmt. Auch am Nacken sind deutliche Falten ausgebildet, welche bei ausgewachsenen Bullen große Kehllappen („Latz“) bilden. Die Falten sind wesentlich stärker ausgeprägt als bei seinem nächsten Verwandten, dem Java-Nashorn (Rhinoceros sondaicus). In den Falten weist die Haut teilweise pinkfarbene Pigmente auf.<ref name="Laurie 1983"/> Die starke Faltung geht höchstwahrscheinlich auf eine Thermoregulation zurück, um den Körper vor Überhitzung zu schützen.<ref>Hideki Endo, Hiroshi Kobayashi, Daisuke Koyabu, Akiko Hayashida, Takamichi Jogahara, Hajime Taru, Motoharu Oishi, Takuya Itou, Hiroshi Koie und Takeo Sakai: The morphological basis of the armor-like folded skin of the greater Indian rhinoceros as a thermoregulator. Mammal Study 34, 2009, S. 195–200</ref> Weiterhin ist die Haut durch zahlreiche warzenartige Knubben charakterisiert. Unter der Haut befindet sich eine 2 bis 5 cm dicke Fettschicht.<ref name="Houwald 2005"/>

Das Panzernashorn weist kaum Behaarung auf. Haare finden sich nur an den Ohren, der Schwanzspitze und als Augenwimpern. Ein weiteres wichtiges Kennzeichen ist die fingerförmige und teils sehr bewegliche Oberlippe, die allen asiatischen Nashörnern zu eigen ist. Sie ist aber nicht ganz so deutlich ausgeprägt wie beim Java-Nashorn. Verwendet wird die Lippe zum Abrupfen der Nahrung. Namensgebend ist das einzelne Horn, welches auf der Nase sitzt und eine dunkelgraue bis schwarze Färbung aufweist.<ref name="Houwald 2005"/><ref name="Laurie 1983"/>

Schädel und Gebissmerkmale

Datei:Panzernashorn2a.jpg
Nahaufnahme des Kopfes

Der Schädel des Panzernashorns, der zwischen 60 und 65 cm lang wird,<ref>A. Kalita, M. Talukdar, M. Sarma, S. N. Kalita und Monalisa Saikia: Craniometrical study in Indian one-horned rhinoceros (Rhinoceros unicornis). Cheiron 32 (1/2), 2003, S. 33–35</ref> ist kurz und breit und besitzt ein deutlich gerundetes Nasenbein, wo auch das Horn ansetzt. Zwischen Nasenbein und Hinterhauptsbein befindet sich ein tiefer Sattel.<ref name="Groves 1997">Colin P. Groves: Die Nashörner - Stammesgeschichte und Verwandtschaft. In: Anonymous (Hrsg.): Die Nashörner: Begegnung mit urzeitliche Kolossen. Fürth, 1997, S. 14–32</ref> Das Hinterhauptsbein selbst ist breit und rechtwinklig geformt, besitzt teilweise auch einen leichten stumpfen Winkel. Die sich daraus ergebende hohe Kopfhaltung ist die höchste bei allen rezenten Nashörnern.<ref>Friedrich E. Zeuner: Die Beziehungen zwischen Schädelform und Lebensweise bei den rezenten und fossilen Nashörnern. Berichte der Naturforschenden Gesellschaft in Freiburg 34, 1934, S. 21–80</ref> Die Augenhöhle, die sich oberhalb des vierten Prämolaren befindet, ist weiter als hoch und sehr geräumig.<ref>Kamal Sarma und S. N. Kalita: Morphological and biometrical observations on the orbits of Indian one-horned rhinoceros. Indian Veterinary Journal 81, 2004, S. 558–560</ref>

Das Panzernashorn besitzt im Gebiss eine reduzierte Zahnfolge, da ein Teil der Schneidezähne und der Eckzahn je Kieferbogen fehlen. Dadurch lautet die Zahnformel für ein erwachsenes Tier folgendermaßen: <math>\frac{1.0.3.3.}{1.0.3.3.}</math> Manchmal können weitere Schneidezähne, vor allem im Unterkiefer, rudimentär ausgebildet sein und formen dann kleine zapfenförmige Zähne, im Milchgebiss ist auch noch der erste Prämolar vorhanden. Wie beim Java-Nashorn stehen die oberen Schneidezähne senkrecht im Kiefer und sind eher klein und blockartig flach. Die unteren dagegen ragen schräg nach vorn, weisen eine dolchartige Form auf und können bis zu 8 cm lang werden. Die Anordnung der Schneidezähne wird als „Meißel-Stoßzahnanordnung“ bezeichnet.<ref name="Houwald 2005"/><ref name="Groves 1997"/> Die Prämolaren und Molaren besitzen einen stark gefalteten Zahnschmelz und sind deutlich hochkroniger als beim Java-Nashorn.<ref name="Laurie 1983"/>

Horn

Das einzelne Horn des Panzernashorns sitzt auf der Nase und besteht aus Keratin, welches aus tausenden verdichteten, langgezogenen Fäden (sog. Filamente) geformt ist und in der Struktur den Haaren oder Hufen ähnelt. Es wächst während des gesamten Lebens des Tieres, auch wenn Teile des Horns durch traumatische Ereignisse verloren gehen. Überwiegend ist es kegelartig geformt und kann Längen bis zu 60 cm erreichen, wobei in der Regel 20 bis 30 cm lange Hörner überwiegen.<ref name="Groves 1971">Colin P. Groves: Species characters in rhinoceros horns. Zeitschrift für Säugetierkunde 36 (4), 1971, S. 238–252 (241f)</ref> An der Basis weist es eine ovale Form mit einer Ausdehnung von ungefähr 19 mal 12 cm auf. Das Gewicht liegt durchschnittlich bei gut 3 kg.<ref name="Laurie 1983"/><ref name="Houwald 2005"/>

Häufig wird das Horn am Untergrund, an Bäumen oder Steinen gerieben und hierbei stark abgerieben, was vor allem bei Tieren in Gefangenschaft gut studiert werden konnte. Dadurch variiert auch die Form der Hörner zwischen einzelnen Tieren, und an der vorderen Kante über der Schnauze bilden sich charakteristische Abriebspuren. Tiere in freier Wildbahn benutzen ihr Horn mit Ausnahme ritualisierter Fechtkämpfe nicht oder nur selten in aggressiven Handlungen untereinander, sondern setzen es überwiegend bei der Nahrungssuche ein.<ref name="Groves 1971"/>

Manchmal kommt es zur Ausbildung eines zweiten, allerdings sehr kleinen, Horns auf der Stirn.<ref>Bernhard Blaszkiewitz: Erneut: Stirnhorntragendes Nashorn. Der Zoologische Garten 64 (2), 1994, S. 111</ref> Bemerkenswert ist das sogenannte "Dürerhörnlein" , benannt nach dem markanten Nackenhorn auf dem Holzschnitt Rhinocerus von Albrecht Dürer. Eine solche Hornbildung wurde schon mehrfach beobachtet und wird vermutlich durch die deutlichen Hautfalten im Nacken begünstigt. Es tritt aber auch bei anderen Nashornarten auf.<ref> Bernhard Blaszkiewitz : Diceros 'tricornis' - ein 3-hörniges Spitzmaulnashorn im Berliner Zoo. Bongo 11, 1986, S. 123–124</ref>

Sinnesleistungen und Lautäußerungen

Das Panzernashorn hat wie alle rezenten Nashörner ein schlechtes Sehvermögen. Die eingeschränkte Sehleistung führt dabei manchmal zu spontanen Angriffen auf Eindringlinge oder bewegliche Objekte. Dafür besitzt das Panzernashorn wie auch andere Nashornarten einen ausgezeichneten Geruchs- und Hörsinn. Die Hauptkommunikation untereinander findet dabei olfaktorisch über die Sekrete statt, die intensiv beschnüffelt werden. Des Weiteren sind mindestens ein Dutzend Lautäußerungen bekannt, die in unterschiedlichen Situationen ausgestoßen werden. Am häufigsten ist ein Schnauben zu vernehmen, es stellt den ersten Kontaktruf zu Artgenossen dar, während ein Blöken oder Röhren bei aggressiven Handlungen verwendet wird. Bullen geben ein Quietschen von sich, wenn sie Interesse an Kühen haben, und einen dem Muh-Laut der Rinder ähnlichen Laut benutzen Kälber gegenüber den Muttertieren, um auf sich aufmerksam zu machen.<ref name="Houwald 2005"/><ref name="Laurie 1983"/>

Verbreitung und Lebensraum

Datei:Rhinoceros-unicornis-map.jpg
Historisches (rosa) und heutiges (rot) Verbreitungsgebiet des Panzernashorns

Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet umfasste den gesamten Norden des Indischen Subkontinents, entlang des Indus in Pakistan über die Flussebenen von Ganges und Brahmaputra in Indien und Bangladesch bis hin zur Grenze zwischen Indien und Burma, einschließlich der südlichen Landesteile von Nepal und Bhutan. Im Norden erreichte es Peschawar an der Grenze von Pakistan zu Afghanistan.<ref name="Sarma 2008"/> Das Panzernashorn bevorzugt offenes Grasland und Sumpflandschaften entlang von Flüssen, die vor allem mit dem 2 bis 5 m hohen Ravennagras durchsetzt sind, in dem sich die Tiere unbemerkt bewegen, aber auch Deckung suchen können. Weiterhin sucht das Panzernashorn auch offene Weideplätze mit niedrigerem Grasbewuchs und ebenfalls kleinere Wälder auf, so dass sein eigentlicher Lebensraum eine eher mosaikartig gestaltete Landschaft verschiedenster Vegetationstypen darstellt. Sein heutiger Lebensraum ist überwiegend von dicht besiedelten Gebieten umgeben und entspricht nur noch in wenigen Fällen dem natürlichen Habitat, so dass es auch in Grünland, Feldern und sekundärem Waldbestand anzutreffen ist.<ref name="Schenkel 1969">Rudolf Schenkel und Ernst M. Lang: Das Verhalten der Nashörner. Handbuch für Zoologie 8 (46), 1969, S. 1–56</ref><ref name="Houwald 2005"/> Gegenwärtig kommt es nur noch im östlichen Indien in den Bundesstaaten Assam, Westbengalen und Uttar Pradesh und im Tieflandsgebiet Nepals vor. Diese beiden mehr oder weniger getrennten Populationen unterscheiden sich aber genetisch sehr deutlich.<ref name="Zschokke et al. 2011">Samuel Zschokke, Georg F. J. Armbruster, Sylvain Ursenbacher und Bruno Baur: Genetic differences between the two remaining wild populations of the endangered Indian rhinoceros (Rhinoceros unicornis). Biological Conservation 144 (1), 2011, S. 2702–2709</ref>

Nach Zählungen im Frühjahr 2011 lebten 2.048 Tiere und damit mehr als 70 % der heutigen Gesamtpopulation im indischen Kaziranga-Nationalpark,<ref name="Talukdar 2011">Bibhab Kumar Talukdar: Asian Rhino Specialist Group report. Pachyderm 49, 2011, S. 16–19 (online)</ref> womit sich die dortige Population fast verdoppelt hat verglichen zum gleichen Zeitraum 2007.<ref name="iucn" /> Die zweitgrößte indische Population findet sich im Jaldapara Wildlife Sanctuary mit 108 Nashörnern. Darüber hinaus gibt es noch fünf weitere Nationalparks, in denen das Panzernashorn natürlich vorkommt, zusätzlich wurden seit 2008 im Rahmen des Sicherungsprojektes Indian Rhino Vision elf Tiere im Manas-Nationalpark eingeführt, wo das letzte freilebende Panzernashorn 1996 gesichtet wurde.<ref name="Talukdar 2011"/><ref>International Rhino Foundation: Indian Rhino Vision 2020. 2011 (</ref>

  • Rhinoceros unicornis Linnaeus, 1758
  • Rhinoceros rugosus Blumenbach, 1779
  • Rhinoceros asiaticus Blumenbach, 1797
  • Rhinoceros indicus Cuvier, 1816
  • Rhinoceros stenocephalus Gray, 1868
  • Rhinoceros jamrachi Jamrach, 1875
  • Rhinoceros unicornis var. sinensis Laufer, 1914
  • Rhinoceros unicornis bengalensis Kourist, 1970

Stammesgeschichte

Die Gattung Rhinoceros ist seit dem oberen Pliozän vor rund 3,3 Millionen Jahren nachgewiesen und ging vermutlich aus dem im Miozän lebenden Gaindatherium oder dem Punjabitherium hervor. Ein wahrscheinlicher Vorgänger des Panzernashorns war Rhinoceros sivalensis aus dem Übergang vom Pliozän zum Pleistozän.<ref>Donald R. Prothero, Claude Guérin und Earl Manning: The history of Rhinocerotoidea. In Donald R. Prothero und R. M. Schoch (Hrsg.): The evolution of the Perissodactyls. New-York, 1989, S. 321–340</ref><ref>Esperanza Cerdeño: Diversity and evolutionary trends of the the family Rhinocerotidae (Perissodactyla). Palaeo 141, 1998, S. 13–34</ref> Das Panzernashorn selbst tritt erstmals im Mittelpleistozän in Erscheinung und wird in seiner frühen Form als Rhinoceros unicornis fossilis bezeichnet. Es ist an zahlreichen Fundstellen des Indischen Subkontinentes nachgewiesen, so u. a. aus den Ablagerungen des Flusses Narmada, wo auch bedeutende frühmenschliche Fossilien entdeckt wurden.<ref name="Laurie 1983"/>

Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet muss dabei wesentlich größer gewesen sein. So ist es als Unterart Rhinoceros unicornis kendengindicus im frühen Mittelpleistozän in der Kedung Brubus-Fauna auf Java (Indonesien) zusammen mit dem Java-Nashorn (Rhinoceros sondaicus) überliefert, tritt hier später aber nicht mehr auf.<ref>Gert D. van den Bergh, John de Vos, Paul Y. Sondaar und Fachroel Aziz: Pleistocene zoogeographic evolution of Java (Indonesia)and glacio-eustatic sea level fluctuations: A background for the presence of Homo. Indo-Pacific Prehistory Association Bulletin 14 (Chiang Mai Papers, Volume 1), 1996, S. 7–21</ref> Dagegen ist es in Südostasien u. a. mit Funden aus der Ma U'Oi- und der Duoi U'Oi-Höhle (beide Vietnam) sowohl im Mittel- als auch im Spätpleistozän belegt, ebenfalls im gemeinsamen Auftreten mit dem Java-Nashorn.<ref>Anne-Marie Bacon, Fabrice Demeter, Mathieu Schuster, Vu The Long, Nguyen Kim Thuy, Pierre-Olivier Antoine, Sevket Sen, Ha Huu Nga und Nguyen Mai Huong: The Pleistocene Ma U’Oi cave, northernVietnam: palaeontology, sedimentology and palaeoenvironments. Geobios 37, 2004, S. 305–314</ref><ref>Anne-Marie Bacon a, F. Demeter, P. Duringer, C. Helm, M. Bano, Vu The Long, Nguyen Thi Kim Thuy, P.-O. Antoine, Bui Thi Mai, Nguyen Thi Mai Huong, Y. Dodo, F. Chabaux, S. Rihs: The Late Pleistocene Duoi U’Oi cave in northern Vietnam: palaeontology, sedimentology, taphonomy and palaeoenvironments. Quaternary Science Reviews 27, 2008, S. 1627–1654</ref>

Noch im mittleren Holozän war die Art weit über den Indischen Subkontinent bis nach Pakistan verbreitet. Funde von verschiedenen Fundstellen aus der Zeit der Indus-Kultur (ca. 2500 bis 2000 v. Chr.) zeigen, dass die Tiere damals durchschnittlich größer waren als heutige Vertreter.<ref>S. Banerjee und S. Chakraborty: Remains of the great one-horned Rhinoceros, Rhinoceros unicornis Linneus, from Rajasthan. Science and Culture 39 (10), 1973, S. 430–431</ref> Erst die massenhafte Tötung der Tiere hauptsächlich in der europäischen Kolonialzeit drängte das Panzernashorn auf die heutigen Restgebiete zurück.

Bedrohung und Schutz

Bis ins 17. Jahrhundert war das Panzernashorn in den Regionen, die heute zu Pakistan und Indien gehören, noch allgegenwärtig. Anschließend wurde es vor allem durch die Trockenlegung von Sümpfen zur Gewinnung landwirtschaftlich nutzbarer Flächen immer weiter nach Osten zurückgedrängt, bis sich die Nashörner an die Südhänge des Himalaya und entlegene Nebenarme des Ganges zurückgezogen hatten.

Im 19. Jahrhundert wurde Jagdtourismus nicht nur bei Europäern sehr populär. Panzernashörner wurden schonungslos und anhaltend gejagt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es weniger als 200 Panzernashörner, so dass sie kurz vor der Ausrottung standen.<ref name="iucn" /> Zudem setzte die indische Kolonialregierung eine Abschussprämie für jedes getötete Panzernashorn aus, da die Tiere angeblich die Tee-Plantagen zerstörten. Erst 1910 wurde die Jagd auf das Panzernashorn verboten und die Art unter Schutz gestellt.<ref name="Laurie 1983"/> Gebiete zum Schutz der Nashornart wurden wesentlich später eingerichtet wie 1926 der Kaziranga-Nationalpark in Indien und 1973 der Chitwan-Nationalpark in Nepal.

Bis heute ist Wilderei ein großes Problem, da das Horn des Panzernashorns in Ostasien in der Traditionellen Chinesischen Medizin verwendet wird. Ein nach China eingeschmuggeltes Horn kann Wilderern bis zu hunderttausend Dollar einbringen. Mit der Aufstockung der Parkranger haben Indien und Nepal in jüngerer Zeit versucht, dieses Problem in den Griff zu bekommen.

Es gibt heute zwar wieder mehr als 2.800 Panzernashörner,<ref name="Talukdar 2011"/> aber nach wie vor wird die Art von der IUCN als gefährdet geführt.<ref name="iucn" /> Zur Erhaltung der Art wurde 2005 in Indien das Projekt Indian Rhino Vision 2020 (IRV2020) unter der Schirmherrschaft des WWF und der International Rhino Foundation (IRF) gestartet, welches vorsieht, neue Populationen in Gebieten zu etablieren, um so das Verbreitungsgebiet des Panzernashorns sukzessive zu erweitern und die Gesamtpopulation weiter zu festigen. Dafür werden jährlich Tiere aus stabilen Beständen eingefangen und in anderen Schutzgebieten angesiedelt.<ref>Dev Mangal Singh, Amit Sharma und Bibhab Kumar Talukdar: Translocation of Rhinos within Assam: A successful first round of the second phase of translocations under Indian Rhino Vision (IRV) 2020. Report of IRV2020, S. 1–6 (PDF)</ref>

Darüber hinaus bemühen sich weltweit wissenschaftlich geleitete Zoologische Gärten um den Fortbestand durch Erhaltungszucht. Im Rahmen des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms (EEP) des Europäischen Zooverbands EAZA werden das Internationale Zuchtbuch und das EEP-Zuchtbuch seit 1967 im Zoologischen Garten Basel geführt. Dort brachten der Bulle Gadadhar (importiert 1951) und das Weibchen Joymothi (importiert 1952) 1956 das weltweit erste in einem Zoo geborene Panzernashornkalb Rudra zur Welt. Bis heute wurden in Basel 28 Panzernashörner geboren. Ende Dezember 2010 lebten weltweit 188 Panzernashörner in 69 Institutionen in Nordamerika, Europa, Asien und Australien.<ref name="Zschokke et al. 2011"/>

Das Panzernashorn in Kultur und Kunst

Asien

Auf dem Indischen Subkontinent gehörte das Panzernashorn seit langem zur kulturellen Tradition und war ein begehrtes Jagdtier. Möglicherweise zu den ältesten Abbildungen dieser Tierart gehören Felszeichnungen am Marodeo-Felsen nahe Pachmarhi im indischen Bundesstaat Madhya Pradesh, die dem dortigen Mesolithikum zuzuordnen sind.<ref>Meenakshi Dubey: Rock paintings of Pachmarhi Hills. In: Michel Lorblanchet (Hrsg.): Rock art in the old world. New Delhi, Indira Gandhi National Centre for the Arts, 2001, S. 131–145</ref> Vor allem in der kupfer- bis bronzezeitlichen Indus-Kultur wurde das Panzernashorn häufig dargestellt. Es ist hauptsächlich von Siegeln aus Harappa und Mohenjo Daro (beide Pakistan) bekannt, die aber infolge von Handel bis nach Mesopotamien (z. B. Tell Asmar, Irak) verbreitet wurden.<ref name="Geer">A. van der Geer: Rhinoceros unicornis: The Indian Rhinoceros. In: A. van der Geer: Animals in stone: Indian mammals sculptured through time. Handbook of Oriental Studies, section 2: India 21, Leiden, Boston, 2008, S. 380–386</ref> Ab der vedischen Zeit wird das Panzernashorn dann nur noch selten dargestellt, findet aber als ŗśya im Mahabharata-Epos Eingang und ist Teil der mythischen Figur Ŗṣyaśŗṅga, dessen Attribut ein einzelnes Horn ist. Diese Figur wird auch in späteren buddhistischen Texten als Ekaśŗṅga erwähnt. Des Weiteren stammen aus dieser Zeit symbolische Zangen, die aus Hörnern des Panzernashorns hergestellt wurden und als symbolische Zeichen auch Einzug in die Tempelarchitektur fanden, während abstrahierte, meist S-förmig gekrümmte Hornzeichen als Siegelstempel dienten.<ref>Gautama V. Vajracharya: Unicorns in Ancient India and Vedic ritual.. Journal of Vedic Studies 17 (2), 2010, S. 135–147</ref> Erst später finden sich wieder mehr oder weniger vollständige Abbildungen des Tieres, so als Felsrelief am Rag-i-Bibi bei Shamarq (Provinz Baglan, Afghanistan) aus der Zeit der Sassaniden.<ref>Brendan J. Cassar: The rock relief discovered in the Village of Shamarq, Baghlan Province. Report to SPACH (Society for the Preservation of Afghanistan's Cultural Heritage), 2004, S. 2–7</ref> Auch in späteren buddhistischen Tempelanlagen finden Nashornfiguren als Zierelement gelegentlich Verwendung.<ref name="Geer"/>

Europa

Datei:Villa Del Casale Grande Chasse-2.jpg
Römisches Mosaik aus der Villa del Casale, Sizilien mit Darstellung eines Panzernashorns, um 210 n. Chr.

Möglicherweise war das Panzernashorn schon im alten Griechenland bekannt. Der erste Vertreter dieser Art, der nachweislich europäischen Boden betrat, war ein Tier, welches eine indische Gesandtschaft aus Gujarat um 20 oder 19 v. Chr. nach Antiochia am Orontes in der heutigen Türkei neben zahlreichen anderen Tierarten mitbrachte und worüber Strabon in mehreren Briefen berichtete. Das Panzernashorn, das den Berichten zufolge damals noch sehr jung war und wohl vor Reisebeginn frisch eingefangen worden war, wurde von der Gesandtschaft Kaiser Augustus geschenkt, der es laut Sueton im Jahr 11. v. Chr. der Öffentlichkeit vorstellte, bei der ebenfalls Strabon zugegen war. Das gleiche Tier bestritt im Jahr 8 n. Chr einen Kampf gegen einen Elefanten. Darstellungen des Nashorns finden sich auf dem Artemidor-Papyrus, welches zur Sammlung des antiken Geographen Artemidor von Ephesos gehörte. Die Zeichnungen wurden allerdings erst nach seinem Tod im ersten Jahrhundert unserer Zeit angefertigt. Weitere Abbildungen und Darstellungen aus späterer Zeit im Römischen Reich gehen möglicherweise auch auf dieses Tier zurück, da es dann nur noch wenige Importe exotischer Tiere aus Südasien gab. Bedeutend ist in dem Zusammenhang die Darstellung eines jungen Panzernashorns im Beisein von Wärtern im großen Jagdmosaik der Villa Romana del Casale in Piazza Armerina auf Sizilien aus dem Jahr 210 n. Chr.<ref>Ragnar K. Kinzelbach: Der Artemidor-Papyrus: Tierbilder aus dem ersten Jahrhundert. Zoologie (Mitteilungen der Deutschen Zoologischen Gesellschaft) 2011, S. 13–26</ref>

Ein weiteres Panzernashorn ist eventuell im Jahre 80 n. Chr. in Rom gezeigt worden.<ref>Werner Stein: Der große Kulturfahrplan. München: Herbig, 1981, S. 267</ref> Das Wissen um diese Nashornart ging dann im 3. Jahrhundert weitgehend verloren. Erst 1.500 Jahre später, zu Beginn des 16. Jahrhunderts, wurde im Europa der frühen Neuzeit das Panzernashorn wieder bekannt. Zu den bedeutendsten und damals auch Aufmerksamkeit erregenden Vertretern, die europäischen Boden betraten, gehören folgende:

  • Bei Albrecht Dürers 1515 entstandenem Holzschnitt Rhinocerus handelt es sich um eine Abbildung des Panzernashorns, welches die Expedition von Afonso de Albuquerque 1515 von einer Indienfahrt nach Lissabon mitbrachte. Mutmaßungen zufolge hat Albrecht Dürer das Tier zwar nicht selbst gesehen, doch fertigte er neben dem Holzschnitt im selben Jahr auch eine fast identische Zeichnung an. Beide Kunstwerke zeichnen sich durch eine starke, teils martialisch wirkende Übertreibung aus. Sie wurden vielfach kopiert und abgedruckt, selbst Porzellanfiguren wie jene zwischen 1731 und 1734 gefertigten aus der Porzellanmanufaktur Meißen entstanden nach den Vorbildern. Einen weiteren Holzschnitt des gleichen Tieres fertigte im selben Jahr Hans Burgkmair an. Dieses unterscheidet sich aber deutlich von Dürers Werk durch das Fehlen des Nackenhorns und einer stärkeren Behaarung. Das Panzernashorn selbst verblieb nur wenige Zeit in Lissabon, wo es unter anderem in einer Arena gegen einen Asiatischen Elefanten kämpfen musste, und wurde Anfang 1516 als Geschenk an Papst Leo X. nach Rom verschifft. Das Schiff allerdings sank während eines Sturms vor der Küste Italiens nahe Porto Venere. Der Kadaver des Nashorns konnte später geborgen werden.<ref name="Rookmaaker 1973">L. C. Rookmaaker : Captive rhinoceroses in Europe from 1500 until 1810. Bijdragen tot de Dierkunde 43, 1973, S. 39–63</ref><ref>L. C. Rookmaaker: Albrecht Dürer's rhinoceros. The Rhino and Elephant Journal 12, 1998, S. 8–11</ref>
Datei:Clara 1747.jpg
Mit Versen versehenes Souvenirbild Claras.
  • Clara war ein zahmes weibliches Indisches Nashorn, das Mitte des 18. Jahrhunderts in Europa sehr berühmt wurde. 1738 wurde das etwa einen Monat alte mutterlose Tier von Jan Albert Sichterman, dem Direktor der Niederländischen Ostindien-Kompanie in Bengalen, adoptiert und etwa zweijährig an Douwe Mout van der Meer abgegeben. Dieser ging mit Clara auf eine siebzehnjährige Ausstellungstour durch Europa. Clara wurde von verschiedenen Künstlern gemalt, stand für den Meißener Porzellanmodelleur Johann Joachim Kändler Modell und wurde von dem französischen Naturforscher Georges-Louis Leclerc de Buffon untersucht; auch Briefe, Gedichte und Lieder wurden über sie geschrieben. Ein lebensgroßes Porträt (3,06 m × 4,53 m) von ihr wurde von dem französischen Hofmaler Jean-Baptiste Oudry 1749 angefertigt. Dieses gelangte zusammen mit einer Serie von Menageriegemälden an den mecklenburgischen Hof in Schwerin.<ref name="Rookmaaker 1973"/>

Einzelnachweise

<references/>

Literatur

  • Friederike von Houwald: Greater on-horned rhino. In: R. Fulconis: Save the rhinos: EAZA Rhino Campaign 2005/6. Info Pack, London, 2005, S. 66–69 (PDF)
  • W. A. Laurie, E. M. Lang und Colin P. Groves: Rhinoceros unicornis. Mammalian Species 211, 1983, S. 1–6
  • W. A. Laurie: Das Indische Panzernashorn. In: Anonymous (Hrsg.): Die Nashörner: Begegnung mit urzeitlichen Kolossen. Fürth, Filander Verlag, 1997, S. 94–113, ISBN 3-930831-06-6
  • Rudolf Schenkel und Ernst M. Lang: Das Verhalten der Nashörner. Handbuch für Zoologie 8 (46), 1969, S. 1–56
  • Andrew Laurie (Bericht und Fotos): Panzernashörner: Hoffnung für die Dicken?. In: Geo-Magazin. Hamburg 1978,6, S.88-102. ("Von den restlichen 1200 Panzernashörnern leben etwa 250 in Nepal. Um diesen Tieren das Leben zu sichern, hat die Regierung ganze Dörfer evakuieren lassen). ISSN 0342-8311

Weblinks

Commons Commons: Panzernashorn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien