Kleinplanet
Kleinplaneten (engl. minor planets) oder Planetoiden sind astronomische Objekte, die sich auf einer direkten Umlaufbahn um die Sonne bewegen, aber die Kriterien zur Einstufung als Planet nicht erfüllen – weil sie ihre Umlaufbahn nicht entsprechend freigeräumt haben – und darüber hinaus auch nicht als Komet oder Meteoroid eingeordnet werden können. Kleinplaneten, deren Masse und Gravitation zumindest ausreicht, um Kugelgestalt erlangt zu haben, werden als Zwergplaneten bezeichnet. Kleinplaneten können Asteroiden wie Zentauren und Trojaner sein, oder auch transneptunische Objekte wie Kuipergürtelobjekte. Bis 2013 wurden die Umlaufbahnen von 620.000 Kleinplaneten bestimmt.<ref name="statistics">Minor Planet Statistics. Minor Planet Center. Abgerufen am 5. September 2015.</ref> Der zuerst entdeckte Kleinplanet war im Jahr 1801 Ceres.
Inhaltsverzeichnis
Begriffsabgrenzung
Historisch gesehen sind die Begriffe Asteroid, Kleinplanet und Planetoid mehr oder weniger synonym.<ref name="a">David W. Hughes, Brian G. Marsden: Planet, asteroid, minor planet: A case study in astronomical nomenclature. In: Journal of Astronomical History and Heritage. 10, März 2007, S. 21–30.</ref><ref name="encarta">Asteroid. In: MSN Encarta. Archiviert vom Original am 1. November 2009, abgerufen am 5. Mai 2008. </ref> Das Problem ist aber komplizierter geworden, indem zahlreiche Kleinplaneten außerhalb der Jupiterbahn, insbesondere aber der Neptunbahn, entdeckt wurden, für welche der Begriff Asteroiden nicht gebräuchlich ist. Zudem gibt es Kleinplaneten, die „ausgasen“ und zugleich auch als Komet klassifiziert werden.
Vor 2006 verwendete die IAU offiziell den Begriff minor planet. Während der Tagung 2006 wurde eine Unterteilung der minor planets in Zwergplaneten und Small Solar System bodies (SSSB) eingeführt.<ref name="res">IAU 2006 General Assembly: Result of the IAU Resolution votes. International Astronomical Union, 24. August 2006, abgerufen am 5. Mai 2008 (Pressemeldung).</ref> Objekte werden Zwergplaneten genannt, wenn ihre Masse ausreicht, um ein hydrostatisches Gleichgewicht zu erreichen, was sich oft darin ausdrückt, dass sie eine annähernd kugelförmige Gestalt aufweisen.<ref name="res" /> Die IAU legte fest, dass der Begriff 'minor planet' weiterhin verwendet werden darf, dass aber der Begriff „small solar system body“ vorgezogen werden solle, was jedoch im Sprachgebrauch bisher keine Resonanz erfahren hat.<ref>Q:Is the term minor planet still to be used? In: Pluto and the Developing Landscape of Our Solar System. The discovery of Pluto. International Astronomical Union, 24. August 2006. 8. Mai 2008.</ref> Es wird auch weiterhin zur Nummerierung und Benennung die traditionelle Unterscheidung zwischen Kleinplaneten und Kometen verwendet.
Klassifikation
Kleinplaneten können hauptsächlich nach den Bereichen ihres Vorkommens in verschiedene Kategorien eingeteilt werden:<ref>Unusual Minor Planets. Minor Planet Center. Abgerufen am 23. Dezember 2011.</ref>
- Asteroiden
- Erdnahe Asteroiden sind diejenigen Asteroiden, deren Umlaufbahn sie innerhalb der Marsumlaufbahn bringt. Weitere Unterteilungen dieser wird gemäß ihren Bahndistanzen wird verwendet:
- Aten-Asteroiden haben eine Halbachse, die weniger als eine Erdumlaufbahn und dessen Aphel (weiteste Entfernung von der Sonne) größer als 0,983 AE ist.
- Amor-Asteroiden sind diejenigen erdnahen Asteroiden, die von außerhalb kommend sich der Erdumlaufbahn nähern, aber sie nicht kreuzen. Diese Asteroiden werden gemäß der Lage ihrer Hauptachse zwischen Erde und dem Asteroidengürtel;
- Apollo-Asteroiden sind diejenigen Asteroiden, deren Hauptachse größer ist als die der Erde, während ihre Periheldistanz zur Erde nicht mehr als 1,017 AE sind. So wie die Aten-Asteroiden kreuzen sie die Erdumlaufbahn.
- Apohele-Asteroiden bewegen sich innerhalb der Periheldistanz der Erde und befinden sich somit zur Gänze innerhalb der Erdumlaufbahn.
- Asteroiden des Asteroidengürtels: die ursprüngliche und am besten bekannte Gruppe von Asteroiden bzw. Kleinplaneten.
- Planeten-Trojaner
- Die Mars-Trojaner
- Die Jupiter-Trojaner sind Asteroiden, die die Umlaufbahn Jupiters teilen.
- Neptun-Trojaner sind Himmelskörper, die Neptuns Umlaufbahn mit ihm teilen und gravitativ an ihn gebunden sind. Obwohl nur einige wenige bekannt sind, gibt es Hinweise, dass sie sowohl zahlreicher sind als die Asteroiden im Asteroidengürtel als auch die Jupiter-Trojaner.<ref>Neptune trojans, Jupiter trojans</ref>
- Zentauren sind Himmelskörper, die sich im äußeren Sonnensystem zwischen den Umlaufbahnen von Jupiter und Neptun befinden. Durch den gravitativen Einfluss der Gasriesen haben sie instabile Umlaufbahnen. Deshalb müssen sie von woanders gekommen sein, möglicherweise von außerhalb Neptun.<ref>J. Horner, N.W. Evans, M. E. Bailey: Simulations of the Population of Centaurs I: Der Bulk Statistics. In: Monthly Notices of the Royal Astronomical Society. 354, Nr. 3, 2004, S. 798–810. arXiv:astro-ph/0407400. Bibcode: 2004MNRAS.354..798H. doi:10.1111/j.1365-2966.2004.08240.x.</ref>
- Erdnahe Asteroiden sind diejenigen Asteroiden, deren Umlaufbahn sie innerhalb der Marsumlaufbahn bringt. Weitere Unterteilungen dieser wird gemäß ihren Bahndistanzen wird verwendet:
- Transneptunische Objekte sind Himmelskörper, deren Umlaufbahn sich bei oder außerhalb der neptunischen Umlaufbahn befindet.
- Kuipergürtel-Objekte:
- Klassische Kuipergürtelobjekte
- Plutinos sind Himmelskörper wie Pluto, die sich in einer 2:3-Resonanz mit Neptun und anderen resonanten transneptunischen Objekten befinden.
- Die Scattered disk-Objekte wie Eris sind Objekte mit einem Aphel außerhalb des Kuipergürtel. Von diesen wird angenommen, dass sie von Neptun verstreut wurden.
- Detached Objects wie Sedna, bei denen sowohl der Aphel als auch der Perihel außerhalb des Edgeworth-Kuipergürtels liegen.
- Kuipergürtel-Objekte:
Benennung
Das Minor Planet Center registrierte bis zum Jahr 2014 über 102.000.000 Beobachtungen, von denen über 600.000 als Kleinplaneten eingeordnet wurden, von denen wiederum im März 2015 über 430.000 genügend genaue Bahnbestimmungen aufwiesen, so dass ihnen permanente offizielle Nummern vergeben werden konnten.<ref name="statistics" /><ref>JPL: How Many Solar System Bodies. In: JPL Solar System Dynamics. NASA. Abgerufen am 11. Juni 2014.</ref> Von diesen Kleinplaneten hatten zum gleichen Zeitpunkt über 19.000 offizielle Namen erhalten.<ref name="statistics" />
Nummerierung
Einem neuentdeckten Kleinplanet wird eine vorläufige Bezeichnung vergeben (wie z. B. 2002 AT4), die aus dem Entdeckungsjahr und einem alphanumerischen Code besteht, wobei der alphanumerische Code den Halbmonat der Entdeckung und die Sequenzierung innerhalb dieses Halbmonats wiedergibt. Sobald die Asteroidenumlaufbahn bekannt ist, bekommt er als Bezeichnung eine Nummer und kann später auch mit einem Namen (wie z. B. (433) Eros) versehen werden. Mit der steigenden Schnelligkeit der Neuentdeckungen sind es sechsstellige Nummerierungen geworden. Das Wechseln von fünf- auf sechsstellig geschah mit dem Rundschreiben Minor Planet Circular (MPC) vom 19. Oktober 2005, als die Zahl der nummerierten Kleinplaneten von 99.947 auf 118.161 anwuchs. Die formale Nomenklatur verwendet Klammern um die Nummern, aber diese auszulassen ist gängig. Informell wird häufig die Nummer komplett weggelassen oder steht nach der ersten Erwähnung nicht mehr in einem Text, wenn der Name dort wiederholt wird.
Kleinplaneten, die mit einer Nummer statt einem Namen versehen wurden, behalten ihre vorläufige Bezeichnung, wie z. B. (29075) 1950 DA. Da moderne Entdeckungsmethoden eine große Anzahl von neuen Asteroiden finden, werden immer mehr nicht benannt. Die älteste Entdeckungen, die lange ohne Namen geblieben war, ist (3360) 1981 VA, der jetzt (3360) Syrinx heißt; seit September 2008 ist der Älteste dieser Art (3708) 1974 FV1. Selten wird die vorläufige Bezeichnung eines kleinen Objekts selbst als Name verwendet: der immer noch keinen Namen bekommen habende (15760) 1992 QB1 gab seinen „Namen“ einer Gruppe der Kuipergürtelobjekten, die als klassische Kuipergürtelobjekte oder „cubewanos“ bekannt sind.<ref>Dr. David Jewitt: Classical Kuiper Belt Objekte. David Jewitt/UCLA. Abgerufen am 1. Juli 2013.</ref>
Einige wenige Objekte werden sowohl als Asteroiden als auch als Kometen geführt, wie z. B. (4015) Wilson-Harrington, der auch als 107P/Wilson–Harrington aufgelistet wird.
Namensquellen
Die ersten Asteroiden wurden nach Gestalten der griechischen und römischen Mythologie benannt, aber als diese Namen ausgingen, wurden Namen von bekannten Menschen, literarische Figuren, Ehegattinen und Kindern der Entdecker sowie Namen aus Film und Fernsehen verwendet.
Der erste Asteroid, der einen nichtmythologischen Namen bekam war (20) Massalia, der nach dem griechischen Namen der Stadt Marseille benannt wurde.<ref>Lutz Schmadel: <cite>Dictionary of Minor Planet Names.</cite>, 6, Springer, .</ref> Derjenige, der als erster einen ganz und gar nicht klassischen Namen bekam war (45) Eugenia, der nach der nach der Frau von Napoleon III., Kaiserin Eugénie de Montijo, benannt wurde. Einige Zeit wurden nur weibliche (oder verweiblichte) Namen verwendet; Alexander von Humboldt war der erste Mann, nach dem ein Asteroid benannt wurde, aber sein Name wurde zu (54) Alexandra verweiblicht. Diese unausgesprochene Tradition blieb bis (334) Chicago benannt wurde; selbst dann erschienen verweiblichte Namen noch jahrelang.
Als die Anzahl der Asteroiden in die Hunderte und schließlich in die Tausende ging, haben Entdecker damit begonnen, ihnen immer willkürlichere Namen zuzuweisen. Die ersten Vorboten dessen waren (482) Petrina und (483) Seppina, die nach den Haushunden der Entdecker benannt wurden. Diesbezüglich gab es jedoch kaum Kontroversen, bis 1971 als (2309) Mr. Spock (der Name der Katze des Entdeckers) vergeben wurde. Obwohl der IAU anschließend die Vergabe von Haustiernamen verbat,<ref>Naming Astronomical Objekte. International Astronomical Union. Abgerufen am 1. Juli 2013.</ref> werden ungewöhnliche Asteroidennamen wie z. B. (4321) Zero, (6042) Cheshirecat, (9007) James Bond, (13579) Allodd und (24680) Alleven und (26858) Misterrogers immer noch vorgeschlagen und akzeptiert.
Eine etablierte Regel ist, das im Unterschied zu Kometen Kleinplaneten nicht nach ihrem/ihren Entdecker/n benannt werden dürfen. Eine Art, diese Regel zu umgehen ist, den Asteroiden Namen anderer Kleinplanetentdecker zu geben. Eine Ausnahme zu dieser Regel ist (96747) Crespodasilva, der nach seiner Entdeckerin Lucy d’Escoffier Crespo da Silva benannt wurde, weil sie kurz nach der Entdeckung mit 22 sich das Leben nahm.<ref>NASA JPL Small-Body Database Browser on 96747 Crespodasilva</ref><ref>Staff: Lucy Crespo da Silva, 22, a senior, dies in fall, Hubble News Desk. 28. November 2000. Abgerufen am 15. April 2008. </ref>
Von Anfang an wurden Namen an verschiedene Sprachen angepasst. (1) Ceres, wobei Ceres der anglo-lateinische Name war, wurde eigentlich Cerere benannt, was der italienischen Form des Namens entspricht. Arabisch, Deutsch, Französisch und Hindi verwenden ähnliche Formen wie im Englischen, wohingegen Russisch Tserera verwendet, das dem Italienischen ähnlich ist. In Griechisch wurde der Name in Δήμητρα (Demeter) übersetzt, der griechischen Entsprechung der römischen Göttin Ceres. Während der Anfangszeit als Asteroiden nach römischen Gestalten benannt wurden, wurden sie im Allgemeinen ins Griechische übersetzt; andere Beispiele sind Ἥρα (Hera) für Juno, Ἑστία (Hestia) für Vesta, Χλωρίς (Chloris) für Flora und Πίστη (Pistis) für Fides. Im Chinesischen werden sie nicht nach den Namen der chinesischen Formen der Gottheiten benannt, sondern haben typischerweise ein oder zwei Silben für die Gestalt der Gottheit oder Person, gefolgt von 神 ‚Gott/Göttin‘ oder 女 ‚Frau‘, wenn nur eine Silbe, plus 星 ‚Stern/Planet‘, sodass die meisten Asteroidennamen mit drei chinesischen Schriftzeichen geschrieben werden. Folglich wird Ceres 谷神星 ‚Korn-Göttin-Planet‘,<ref>wobei hier 谷 ‚Tal‘ als gängige Vereinfachung (Kurzzeichen) von 穀 ‚Korn‘ verwendet wird.</ref> Pallas ist 智神星 ‚Weisheit-Göttin-Planet‘ usw.
Besondere Regeln
Es gibt Populationen von Kleinplaneten, für die bzgl. der Namensquellen Regeln entwickelt wurden, z. B. Zentauren (die zwischen Saturn und Neptun umlaufen) werden alle nach mythologischen Zentauren benannt; Jupiter-Trojaner nach Helden des Trojanischen Krieges; resonante transneptunische Objekte nach Unterweltwesen und nichtresonante TNO nach Schöpfungsgottheiten.
Erfassung der physischen Eigenschaften
Die Kommission 15<ref name="Commission15">Division III Commission 15 Physical Study of Comets & Minor Planets. International Astronomical Union (IAU). 29. September 2005. Abgerufen am 22. März 2010.</ref> der Internationalen Astronomischen Union übernimmt die physikalische Erforschung von Kometen und Kleinplaneten. Die Daten zu Kleinplaneten und Kometen sind im PDS Asteroid/Dust Archive zu finden<ref name="PDS Asteroid/Dust Archive">Physical Properties of Asteroids. Abgerufen am 24. November 2014.</ref> - die Eigenschaften von Binärsystemen, Okkultationszeiten und Durchmesser, Masse, Dichte, Rotationsperiode, Oberflächentemperatur, Albedo, Spin-Vektor, Taxonomie und absolute Größe sowie Steigung. Zusätzlich dazu verwaltet die Europäische Asteroid Research Node (E.A.R.N.), eine Assoziation der Asteroidenforschungsgruppen, eine Datenbank der physikalischen und dynamischen Eigenschaften von erdnahen Asteroiden.<ref name="EARN">The Near-Earth Asteroids Data Base. Abgerufen am 24. November 2014.</ref>
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
<references />