Tagebau
Tagebau (in Österreich auch Tagbau) ist ein Oberbegriff aus dem Bergbau. Es ist ein Ort, an dem oberflächennah Bodenschätze gewonnen werden, ohne dass wie im Untertagebau Schächte und/oder Stollen angelegt werden. Spezielle Bezeichnungen für Tagebau lauten z. B. „Sandgrube“, „Kiesgrube“ oder „Steinbruch“ (bei Festgesteinen). Grundsätzlich ist ein Tagebau ohne Wasserhaltung lediglich bis zum Grundwasserspiegel möglich. Die Gewinnung von Werksteinen im Tagebau lässt sich bis in die Steinzeit zurückverfolgen (Menhire). Eine Sonderform des Tagebaus ist das in den amerikanischen Appalachen praktizierte Mountaintop removal mining, bei dem zunächst Bergkuppen gesprengt und abgetragen werden und anschließend die Rohstoffe im Tagebau abgebaut werden. Der größte Tagebau der Welt ist die chilenische Kupfergrube Chuquicamata.
Inhaltsverzeichnis
Technik
Als Tagebautechnik werden alle technischen Maßnahmen und Mittel zur Gewinnung von z. B. Braunkohle, Kiesen, Sanden und Festgesteinen verstanden.
Braunkohle, Kiese und Sande werden trocken oder nass durch Ausbaggerung gewonnen, Festgesteine aus der Lagerstätte herausgesprengt oder herausgesägt. Die Gewinnung erfolgt durch die Kombination verschiedener Tagebaugeräte. Sie wird in kontinuierliche und diskontinuierliche Gewinnung unterteilt.
Für die kontinuierliche Gewinnung werden Mehrgefäßbagger eingesetzt. Zu diesen zählen Eimerketten- und Schaufelradbagger. In Deutschland haben sich zwei Gerätekombinationen durchgesetzt. Die Schaufelradbagger/Absetzer-Kombination und der Abraumförderbrückenverband. Im internationalen Bergbau finden sich auch Geräte, die durch Fräsen (Continuous Surface Miner) und Großbohrlöcher (Auger miner) das Wertmineral gewinnen. Die kontinuierliche Gewinnung erfordert eine ebenso kontinuierliche Förderung. Diese erfolgt heute hauptsächlich mit an die Förderkapazität der Gewinnungsgeräte angepassten Bandanlagen. Ein Transport per Strossengleis, wie er bis zum Ende des 20. Jahrhunderts noch teilweise üblich war, ist heute nur noch selten anzutreffen. In Deutschland wird nur noch der Braunkohletagebau Cottbus-Nord mit diesem System betrieben.
Bei der diskontinuierlichen Gewinnung werden Eingefäßbagger, Radlader und Flachbagger eingesetzt. Zu den Eingefäßbaggern zählen Hydraulikbagger, Seilbagger und Schürfkübelbagger (englisch Dragline). Unter Flachbaggern werden Planierraupen (Dozer), Scraper und Schürfkübelraupen verstanden. International werden groß dimensionierte Geräte mit hoher Förderleistung eingesetzt. In Deutschland rangieren diese Geräte eher im mittleren bis unteren Größenbereich. Als Transportgerät haben sich Schwerkraftwagen (SKW) und Dumper etabliert. Diese Fahrzeuge werden nach ihrem Gewicht unterschieden. Bis etwa 60 t Gesamtgewicht spricht man von Dumpern, darüber von SKW. Der größte SKW der Welt ist mit einem Gesamtgewicht von 810 t und einer Nutzlast von 450 t ist der BelAZ 75710.
Der Transportweg endet immer an einem Vorbrecher. Dieser zerkleinert das gewonnene Material auf eine für die folgenden Prozesse nutzbare Korngröße. Die Größe der SKW und Dumper wird an die Ladegeräte Hydraulikbagger, Seilbagger und Radlader angepasst.
Umweltauswirkungen
Mit einem Tagebau, vor allem bei großflächigem und langjährigem Betrieb, geht zunächst eine einschneidende Landschaftsveränderung einher, da auch die Erdschichten oberhalb des zu fördernden Rohstoffes, das Deckgebirge, abgetragen werden. Das bedingt oft eine massive Absenkung des Grundwassers, welche sich auch auf die umliegenden Landschaften auswirkt. Durch die Absenkung des Grundwasserspiegels kann es in angrenzenden Regionen zu Absackungen des Erdreichs kommen, die Schäden an Gebäuden ("Bergschaden") verursachen können. Das abgepumpte Grundwasser wird meist in umliegende Flüsse eingeleitet oder zur Erhaltung von Feuchtgebieten in Tagebaunähe versickert. Ein nicht unerheblicher Teil des gehobenen Grundwassers wird im Tagebau zu Immissionsschutzzwecken und als Lösch- und Brauchwasser verwendet.
Während des laufenden Tagebaubetriebes dient der anfallende Abraum in der Regel auf der Kippenseite des entstandenen Loches zur Wiederverfüllung. Danach erfolgt meist eine sogenannte Rekultivierung der Landschaft: Es werden land- und forstwirtschaftliche Flächen und/oder Naherholungsgebiete geschaffen. Wegen des Flächenbedarfs und der Einflüsse auf Landschaft und Grundwasser war und ist das Einrichten von Tagebauen oft umstritten. Zum Betrieb eines Tagebaus werden manchmal ganze Ortschaften umgesiedelt – siehe hierzu auch: Liste abgebaggerter Ortschaften.
Aus rekultivierten Tagebauen entstehen häufig „Biotope aus zweiter Hand“, neue Seenlandschaften und Erholungsgebiete. Beispiele dafür sind der Geiseltalsee bei Merseburg, der Senftenberger See, das Leipziger Neuseenland, der Blausteinsee bei Eschweiler und die Sophienhöhe bei Jülich sowie das Oberpfälzer Seenland.
Siehe auch
- Liste deutscher Braunkohletagebaue
- Liste abgebaggerter Ortschaften
- Bergwerk
- Rheinbraun
- Acid Mine Drainage
- Rheinisches Braunkohlerevier, Bitterfelder Bergbaurevier
- Auswirkungen von Bergwerken auf die Umwelt
Literatur
- Wolfram Pflug (Hrsg.): Braunkohlentagebau und Rekultivierung. Landschaftsökologie – Folgenutzung – Naturschutz. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, Barcelona, Budapest, Hongkong, London, Mailand, Paris, Santa Clara, Singapur und Japan 1998, ISBN 3-540-60092-2
- Markus Schwarzer: Von Mondlandschaften zur Vision eines neuen Seenlandes: Der Diskurs über die Gestaltung von Tagebaubrachen in Ostdeutschland. Springer VS, Wiesbaden 2014. ISBN 978-3-658-05639-1 (Print); ISBN 978-3-658-05640-7 (eBook)
Weblinks
- Bergbaugeschichte des Lausitzer Braunkohlenreviers
- Einwirkungen auf die Tagesoberfläche durch die
- Tagebau Welzow-Süd (Informationen und Bilder)
- Tagebau Cottbus-Nord (Informationen und Bilder)
- Tagebau Garzweiler II (kritischer Bericht und viele Bilder)