Vitus Auslasser


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Vitus Auslasser war ein Benediktinermönch im St. Sebastianskloster in Ebersberg bei München. Ursprünglich stammte er aus Vomp im heutigen Tirol. Er starb im 15. Jahrhundert.

1479 vollendete er ein Herbarium mit 198 Pflanzendarstellungen, das zusammen mit den Aquarellen von Erhard Reewiijk den Beginn einer Reihe von ähnlichen Werken bildet, die in die Darstellungen von Georg Öllinger (1487–1557) und Samuel Quicchelberg Mitte des 16. Jahrhunderts mündet.<ref name="Mayer09">Mayer et al. 2009, S. 66ff.</ref>

Leben

Über Vitus Auslasser ist nicht viel mehr bekannt, als das, was im Kodex Clm 5905 auf Blatt 94v über ihn geschrieben steht:

„Herbarius iste depictus est per fratrem Vitum Auslasser. De fumpp prope swacz monachum. Professum prespiterum monasterii Sancti Sebastiani in Ebersperg. Anno domini 1479.“

Gerhard Eis erwähnt im Artikel für die Neue Deutsche Biographie einen Aufenthalt in Passau und wissenschaftliche Studien in seiner Tiroler Heimat. Er wurde als erster deutscher Florist und als erster Botaniker Bayerns bezeichnet.<ref>Gerhard Eis: Auslasser, Vitus. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 1, Duncker & Humblot, Berlin 1953, ISBN 3-428-00182-6, S. 458 (Digitalisat).</ref>

Seine Bilder dokumentieren eine Übergangsphase zwischen dem Mittelalter und der Spätrenaissance, von statischen und symmetrischen hin zu dynamischen und naturnahen Pflanzenabbildungen. Ein Beleg für die Qualität seiner Arbeit ist, dass sich fast alle Pflanzen anhand der Abbildung bestimmen lassen, was beim Gart der Gesundheit (1485) noch nicht der Fall ist.<ref name="Mayer09" />

Bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass dem Herbarium ein botanisches Interesse zugrunde lag, denn nicht alle aufgeführten Pflanzen wurden als Heilpflanzen verwendet.<ref name="Mayer09" />

Das Herbarium

Dem Herbarium, das im Kodex Clm 5905 der Bayerischen Staatsbibliothek die Blätter 95r bis 293r einnimmt, steht eine Sammlung pharmazeutisch-medizinischer Texte voran. Nach dem Lehrgedicht De viribus herbarum, dem wichtigsten Kräuterbuch der Klostermedizin (Bl. 1r-40v), folgen Traktate über die Eiche und zur Pest, verschiedene Rezepte in deutscher und lateinischer Sprache sowie die Abhandlung über destillierte Wässer des Gabriel von Lebenstein (Bl. 52r-56r). Direkt vor dem Herbarium stehen zwei halbalphabetische Pflanzenregister (Bl. 83r-87r und 88r-92r).<ref name="Mayer09" /><ref>Clm 5905 Vitus Auslasser Digitalisat</ref>

2009 wurden 77 ausgewählte Abbildungen aus dem Herbarium erstmals digitalisiert und mit Begleittexten aus dem Circa instans und dem Gart der Gesundheit editiert. Thematisch unterteilt wurden sie in aktuelle Heilpflanzen (17), historisch bedeutsame Heilpflanzen (10), Heilpflanzen nach der Signaturenlehre (5), Pflanzen aus Handwerk und Haushalt (9), Gartenblumen (10) sowie weitere nach ihren Pflanzenfamilien (26).<ref name="Mayer09" />

So zeigt bspw. die 22. Pflanzendarstellung (Bl. 116) das Echte Johanniskraut (Hypericum perforatum). Auslasser gibt als lateinische Namen und deutsche Übersetzungen Corona regia (Chünigs chron), Fuga demonum (Teufels flucht), Perforata (Durchlöchert) und Yppericon, herba S<ancti> (Johannis - Sand Johanns chrawt) an. Mit Bleistift wurde noch Hypericum vulgare hinzugefügt.<ref name="Mayer09" />

Darstellung 33 (Bl. 127) zeigt die Herbstzeitlose (Colchicum autumnale) in den beiden wichtigen Stadien des Jahreszyklus, beim Frühlingsbild gelingt ihm die Wiedergabe des Raumes (Dreidimensionalität). Auslasser nennt die Pflanze Hermodoctilus und deutsch Zeittlozz, Laus pluem, moß dokch. Mit Bleistift wurde Colchicum aut. ergänzt.<ref name="Mayer09" />

Weitere bemerkenswerte Abbildungen sind die zum Mauerpfeffer (Sedum acre, Nr. 112) und zur Pfingstrose (Paeonia officinalis, Nr. 115), bei denen ebenfalls die Dreidimensionalität gelingt. Nur einmal findet sich eine Bemerkung zur Wirksamkeit, nämlich beim Flohknöterich (Polygonum persicaria, Nr. 70). Auslasser schreibt, er sei gut bei Zahnschmerzen.<ref name="Mayer09" />

Faksimiles der Abbildungen wurden seit 2009 im Rahmen der Wanderausstellung Die Pflanzen der Klostermedizin in Darstellung und Anwendung u. a. auf der Landesgartenschau Bamberg 2012 am Stand des Bayerischen Umweltministeriums<ref>Aus dem Herbarium des Vitus Auslasser. In: Hohenloher Tagblatt, 9. Juni 2012</ref><ref>Veranstaltungen zur Gartenschau Bamberg 2012. (archivierte Version)</ref>, im Botanischen Garten der Universität Würzburg<ref>Heilpflanzen – wunderbar gemalt. Biozentrum der Universität Würzburg, 4. Mai 2010.</ref> und am Weltkulturerbe Kloster Lorsch gezeigt.<ref>Pflanzen der Klostermedizin. Auf: Echo Online, 19. Juni 2010.</ref>

Literatur

  • Hermann Fischer: Vitus Auslasser, der erste bayrische Botaniker und die Beziehungen seines Herbarius von 1479 zu den Anfängen der bayrischen Botanik. In: Berichte der Bayrischen Botanischen Gesellschaft zur Erforschung der heimischen Flora. Bd. 18, München 1923, H. 1, S. 1–31.
  • Gerhard Eis: Auslasser, Vitus. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 1, Duncker & Humblot, Berlin 1953, ISBN 3-428-00182-6, S. 458 (Digitalisat).
  • Lottlisa Behling: Die Pflanze in der mittelalterlichen Tafelmalerei. Böhlaus Nachfolger, Weimar 1957, S. 85–100.
  • Johannes Gottfried Mayer, Konrad Goehl und Katharina Englert: Die Pflanzen der Klostermedizin in Darstellung und Anwendung. Mit Pflanzenbildern des Benediktiners Vitus Auslasser (15. Jh.) aus dem Clm 5905 der Bayerischen Staatsbibliothek München (= DWV-Schriften zur Medizingeschichte. Bd. 5). Deutscher Wissenschafts-Verlag, Baden-Baden, 2009. ISBN 978-3-86888-007-6.

Einzelnachweise

<references />