Erdbeeren


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Erdbeeren
Moschuserdbeerpflanze (Fragaria moschata)

Moschuserdbeerpflanze (Fragaria moschata)

Systematik
Rosiden
Eurosiden I
Ordnung: Rosenartige (Rosales)
Familie: Rosengewächse (Rosaceae)
Unterfamilie: Rosoideae
Gattung: Erdbeeren
Wissenschaftlicher Name
Fragaria
L.

Die Erdbeeren (Fragaria) sind eine Gattung in der Unterfamilie der Rosoideae innerhalb der Familie der Rosengewächse (Rosaceae). Sie spielen schon seit der Steinzeit eine Rolle in der menschlichen Ernährung, erst mit der Einführung amerikanischer Arten im 18. Jahrhundert entwickelte sich jedoch die Gartenerdbeere. Entgegen ihrem Namen zählt die Erdbeere aus botanischer Sicht nicht zu den Beeren, sondern zu den Sammelnussfrüchten.<ref name="urania"> Peter Hanelt, Johannes Helm, Joachim Kruse: Urania Pflanzenreich. Blütenpflanzen 1. Urania-Verlag, Leipzig/Jena/Berlin 1993, S. 18, 19.</ref> Es gibt ungefähr zwanzig Arten, die meisten in den gemäßigten Zonen der Nordhalbkugel sowie eine Art in Chile (Fragaria chiloensis).

Beschreibung

Erdbeeren sind mehrjährige krautige Pflanzen. Meist sind sie weich oder seidig behaart, mit dickem, schwach holzigem, fadenförmige Ausläufer treibendem „Wurzelstock“. Die Ausläufer bewurzeln sich und bilden neue Rosetten aus (sogenannte Blastochorie). Die wechselständigen, grundständigen, langgestielten Laubblätter sind meist dreiteilig, seltener fünfteilig gefingert. Die Nebenblätter sind an der Basis des Blattstiels angewachsen.

Erdbeeren tragen weiße, selten gelbliche Blüten, die nach dem Ende der Kälteperiode erscheinen. Sie stehen meist zu mehreren in Trugdolden an der Spitze des aufrechten, armblätterigen Schaftes. Der Blütenbecher trägt fünf grüne Kelchblätter und fünf rundliche Kronblätter. Zwischen den eigentlichen Kelchblättern stehen fünf weitere, kleinere Nebenkelchblätter (Epicalyx). Es sind viele Staubblätter vorhanden. Auf dem aufgewölbten Blütenboden sitzen zahlreiche freie Fruchtblätter. Bei der Reife bildet der Blütenboden eine saftig fleischige Scheinbeere.

Die eigentlichen Früchte der Erdbeere sind die kleinen gelben Nüsschen an der Oberfläche. Der Fruchtknoten der Erdbeerpflanze bildet ein Nüsschen aus, dessen Teile durch das Wachstum der später markant roten Blütenachse während der Reifezeit auseinandergerückt werden.<ref name="urania"/> Tiere, die die auffällige Erdbeerfrucht essen, scheiden die kleinen hartschaligen Nüsschen, die sich auf dem Fruchtfleisch befinden, wieder aus, so dass die Nüsschen – soweit sie geeignete Standortbedingungen vorfinden – keimen können (sogenannte Endochorie). In Europa sind es Säugetiere wie Rotfuchs, Dachs, Igel, Rötelmaus und Siebenschläfer; Vögel wie Amsel, Hausrotschwanz, Rotkehlchen, Mönchsgrasmücke und Wirbellose wie Weinbergschnecke, einige Käferarten und Tausendfüßer, die von den Früchten angelockt werden. Sie sind damit an ihrer Verbreitung beteiligt. Ameisen schleppen die Früchte sogar in ihre Baue, verfüttern das Fruchtfleisch an ihre Larven und tragen anschließend die verbliebenen Nüsschen wieder weg. Die Erdbeere benutzt allerdings nicht nur die Endochorie als Ausbreitungsmechanismus. Früchte, die an den Stängeln verbleiben, vertrocknen nach einiger Zeit, wobei die Nüsschen herabfallen. Diesen Mechanismus bezeichnet man als Barochorie.

Arten

Datei:Erste-Erdbeere.jpg
Die Scheinbeere („Erdbeere“) mit gut sichtbaren Nüsschen

Die Gattung Fragaria besteht aus den folgenden Arten und Hybriden. Der einfache Chromosomensatz besteht bei allen Erdbeerarten aus sieben Chromosomen. Es kommen Arten und Hybriden mit doppeltem (diploid), vierfachem (tetraploid), sechsfachem (hexaploid), achtfachem (oktoploid) und zehnfachem (dekaploid) Chromosomensatz vor.

Andere Arten

Ähnlich aussehend und nahe mit den Erdbeeren verwandt sind die Scheinerdbeere (Duchesnea indica oder Potentilla indica) und das Erdbeer-Fingerkraut (Potentilla sterilis). Die wegen ihrer Früchte so genannten Erdbeerbäume gehören zu den Heidekrautgewächsen.

Kulturgeschichte

Aus archäologischen Funden kann man schließen, dass die Erdbeere schon in der Steinzeit bekannt war. Auf lateinisch wurde sie „fragum“ genannt. Aus dem Mittelalter sind große Flächen, auf denen kleine Walderdbeeren (Fragaria vesca) kultiviert wurden, erwiesen. Auch Methoden, Erdbeeren früher oder später heranreifen zu lassen, waren schon entwickelt. Lediglich die Größe der Frucht konnte man nicht beeinflussen. Erst in der Neuen Welt fanden französische Siedler entlang des Sankt-Lorenz-Stroms eine größerfruchtige wilde Art. Diese wurde im 18. Jahrhundert nach Europa als amerikanische Scharlach-Erdbeere eingeführt und zunächst vor allem in Botanischen Gärten kultiviert. 1714 entdeckte der Botaniker Amédée-François Frézier die Chile-Erdbeere, die ledrig-starre und blaugrüne Blätter hatte und die vor allem sehr große Früchte aufwies. Chile-Erdbeeren weisen dabei die Besonderheit auf, dass sie zweihäusig sind, das heißt, es gibt rein männlich blühende Pflanzen und rein weiblich blühende.

Um 1750 entstand in Holland die bis heute in Deutschland handelsübliche, großfruchtige Gartenerdbeere (Fragaria ×ananassa) - infolge wiederholter, zufälliger Kreuzungen der kleinen Scharlacherdbeere aus Nordamerika (Fragaria virginiana) mit der großfruchtigen Chileerdbeere (Fragaria chiloensis). In Österreich und in Teilen des süddeutschen Raumes werden bzw. wurden die besonders großfruchtigen Zuchtformen der Erdbeere auch als „Ananas“ bezeichnet<ref>http://www.oesterreichisch.net/index.html?limit=57</ref>, um sie von der Walderdbeere zu unterscheiden, während die richtige Ananas im Zuge dessen als Hawaii-Ananas bezeichnet wird. So wird auch im Burgenländischen Wiesen, wo die Hauptanbaugebiete für Ostösterreich liegen, die Erdbeere als Wiesener Ananas Erdbeere unter den traditionellen Lebensmitteln geführt.<ref>Wiesener Ananas Erdbeere. Eintrag Nr. 136 im Register der Traditionellen Lebensmittel des österreichischen Lebensministeriums. abgerufen am 15. Februar 2013</ref>

Erdbeeren gelten aufgrund ihrer Inhaltsstoffe als besonders während der Schwangerschaft geeignetes Nahrungsmittel. Verspürt eine Frau einen Heißhunger auf Erdbeeren, wird dies daher in Frankreich als Indiz für eine mögliche Schwangerschaft verstanden. In Deutschland wird dagegen eine Schwangerschaft vermutet, wenn eine Frau besondere Gelüste nach Gewürzgurken verspürt.<ref>Der Alltag: Erdbeeren und saure Gurken, Karambolage 281</ref>

Kunstgeschichte

Erdbeeren sind ein häufiges Motiv in der Bildenden Kunst. Sie sind durch ihre niedrige Wuchsform ein Symbol für Demut und Bescheidenheit, insbesondere als Attribut Jesu und, da sie zu den Rosengewächsen gehören, der Jungfrau Maria. Wegen der dreiteiligen Blätter galten sie als Symbol der Dreieinigkeit, die fünf Blütenblätter standen bereits im Mittelalter für die fünf Kreuzigungswunden Christi. Der nach unten hängende, rote Fruchtkörper wurde symbolisch als das vergossene Blut Christi und anderer Märtyrer gedeutet.<ref> Udo Becker: Lexikon der Symbole. Nikol Verlag (genehmigte Lizenz des Verlags Herder), Hamburg 2012, ISBN 978-3-86820-139-0, S. 73.</ref> Des Weiteren sind Erdbeeren die Paradiespflanze in der christlichen Kunst. Schon bei Ovid erscheinen sie als Speise des Goldenen Zeitalters.

Georg van Eyck schuf nach 1902 das sehr frühe deutsche Markenzeichen für Einmachgläser, die Erdbeere mit dem Firmennamen WECK.<ref>http://www.weck.de/docs/Geschichte_WECK.pdf Die Geschichte der Firma WECK, S. 6, abgerufen am 18. Dezember 2014</ref>

Verwendung

Nahrungsmittel

Datei:Strawberrycake.jpg
Gefüllter Erdbeerkuchen

Der fleischige Blütenboden wird als Obst genutzt. Kommerziell angebaut werden verschiedene Sorten der Gartenerdbeere. Erdbeeren zählen zu den nichtklimakterischen Früchten: Wenn sie unreif gepflückt werden, reifen sie nicht nach.

Die Früchte können als Rohkost verzehrt werden, auch als Obstsalat, ggf. gezuckert und mit einer Portion Schlagsahne, oder sie können als Tortenbelag dienen. Üblich sind auch die Herstellung von Erdbeerkonfitüre oder die Zugabe zu Eiscreme oder Fruchtjoghurt. Bekannt sind unter anderem auch die Verwendung für Bowle oder Rumtopf. Als Konserve oder Tiefkühlkost sind die Früchte wegen ihrer weichen Konsistenz eher nicht geeignet.

Zierpflanze

Die Ziererdbeeren mit rosa Blüten sind Gattungshybriden aus einer Erdbeere und dem Sumpf-Blutauge (Potentilla palustris). Diese Hybriden sind dekaploid (acht Chromosomensätze von der Erdbeere und zwei vom Sumpf-Blutauge).

Wirtschaftliche Bedeutung

Marktversorgung mit Erdbeeren in Deutschland 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2010 2011 2012
Ernte in Tonnen 104.000 110.000 105.000 95.000 119.000 146.000 169.000 154.000 157.000 154.000 155.828
Importe in Tonnen 136.000 149.000 118.000 118.000 118.000 104.000 97.000 81.000 103.373 116.533 110.787

Quelle: Statistisches Bundesamt

Trivialnamen

Für die Erdbeeren bestehen bzw. bestanden auch die weiteren deutschsprachigen Trivialnamen: Aardbeeren (Unterweser), Aelberte, Albeere, Arbern (Fallersleben, Göttingen), Arpel (bezogen auf die Frucht Göttingen), Baschierper (Siebenbürgen), rote Besinge (Mark Brandenburg), Büschierpern (Siebenbürgen), Ebbeere (St. Gallen) Eberi (Schweiz), Ebern (Schweiz), Erbeern (Holstein), Eerbier (Mecklenburg), Elberken, Erbel (Schwaben, Darmst. a. Eifel), Erbeer (mittelhochdeutsch), Erber (Augsburg, mittelhochdeutsch), Erbere (mittelhochdeutsch), Erbern (mittelhochdeutsch), Erbir (mittelhochdeutsch), Erbirbaum (mittelhochdeutsch), Erdbeeri (Bern), Erdberenboem (bereits 1507 erwähnt), Erdbese (mittelniederdeutsch), Erdbiere (mittelhochdeutsch), Erdebeeren (Elsass), Erpber (mittelhochdeutsch), Erpeln (Waldeck), Erper (mittelhochdeutsch), Erpern (mittelhochdeutsch), Erperstaud (mittelhochdeutsch), Erpher (mittelhochdeutsch), Erpir (mittelhochdeutsch), Erpern, Errberkraut, Erthebere (mittelhochdeutsch), Grasbiel (Iglau), Haarbeere, Ihrbär (Mecklenburg), Knickbeeren (Erzgebirge), Lastbeere, Majuse (Hessen am Vogelsberg), Roaper (Kärnten), Ropperen, Rotber (althochdeutsch) Rotbere (althochdeutsch), Rotpir (althochdeutsch) und Rothbeere (Österreich, Bayern, Tirol, Krain).<ref>Georg August Pritzel, Carl Jessen: Die deutschen Volksnamen der Pflanzen. Neuer Beitrag zum deutschen Sprachschatze. Philipp Cohen, Hannover 1882, Seite 153. (online).</ref>

Quellen

  • Leo Fox, John Langley, Torkild Hinrichsen: Die Erdbeere, Verführung in Rot. Kulturgeschichte einer Frucht aus den Vierlanden. Husum Druck, Husum 2001, ISBN 3-89876-002-2
  • Li Chaoluan, Hiroshi Ikeda, Hideaki Ohba: Fragaria. In: Wu Zhengyi, Peter H. Raven (Hrsg.): Flora of China. Missouri Botanical Garden, St. Louis 1994+. Bd. 9, S. 335. Online, abgerufen am 20. Februar 2008

Weblinks

Commons Commons: Fragaria – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary Wiktionary: Erdbeere – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Nachweise und Anmerkungen

<references/>