Friedrich Wilhelm I. (Preußen)


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Friedrich Wilhelm I. in Preußen im Harnisch mit Hermelinmantel, Marschallstab sowie Bruststern und Schulterband des Schwarzen Adlerordens (Gemälde von Antoine Pesne, um 1733)

Friedrich Wilhelm I. aus dem Haus Hohenzollern (* 14. August 1688 in Berlin; † 31. Mai 1740 in Potsdam) war von 1713 bis zu seinem Tod König in Preußen und Markgraf von Brandenburg und damit Erzkämmerer und Kurfürst des Heiligen Römischen Reiches. Er trägt den Beinamen „Soldatenkönig“.

Friedrich Wilhelm richtete sein Augenmerk auf den Aufbau Brandenburg-Preußens als unabhängige Militärmacht und starken Merkantilstaat, schuf ein umfassendes Staatsfinanzwesen und führte straffe Sparmaßnahmen am preußischen Hofe ein. Aufgrund seiner umfangreichen Reformen wurde er als „Preußens größter innerer König“ bezeichnet.

Kur- und Kronprinz Friedrich Wilhelm (1688–1713)

Am Hannoverschen Hof

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Friedrich Wilhelm als Kronprinz mit dem 1701 gestifteten Schwarzen Adlerorden (Porträt von Samuel Theodor Gericke)

Friedrich Wilhelm wurde als Sohn des brandenburgischen Kurfürsten Friedrich III. und der hannoverschen Prinzessin von Braunschweig-Lüneburg Sophie Charlotte geboren. Friedrich Wilhelm war der ersehnte Thronfolger, da sein älterer Bruder Kurprinz Friedrich August bereits 1686 verstorben war. Das Kind besaß, ganz im Gegensatz zu seinem Vater, eine kräftige Konstitution. In seinen ersten Lebensjahren von 1689 bis 1692 wurde Friedrich Wilhelm am hannoverschen Hof seiner Großmutter, der späteren Kurfürstin Sophie von Braunschweig-Lüneburg, erzogen. Schon als Kind fiel er durch seine eigenwillige impulsive Natur auf. So vertrug er sich nur schlecht mit seinem fünf Jahre älteren Cousin und Spielgefährten, Georg August, dem späteren König von Großbritannien und Kurfürsten von Hannover, den er des Öfteren verprügelte. Die beiden entwickelten aufgrund dessen eine lebenslange persönliche Feindschaft.

Schule und Ausbildung

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Kronprinz Friedrich Wilhelm im Harnisch mit Bruststern und Schulterband des Schwarzen Adlerordens

Nach seiner Rückkehr aus Hannover wurde Friedrich Wilhelm von der Hugenottin Marthe de Montbail, der späteren Madame de Roucoulle, als Gouvernante betreut, die später auch dessen Sohn Friedrich erzog und zeit ihres Lebens kein Deutsch lernte. Wie die meisten seiner Standesgenossen sprach Friedrich Wilhelm daher ein eher schlechtes, einfaches Deutsch, durchsetzt mit vielen französischen Wörtern.<ref>Heinz Kathe, S. 2.</ref>

Die Mutter verwöhnte ihr Kind.<ref>S. Fischer-Fabian: Preußens Gloria: Der Aufstieg eines Staates, S. ?</ref> Es entwickelte sich im völligen Gegensatz zu den höfisch-repräsentativen Auffassungen seines Vaters wie auch der künstlerisch-philosophischen Lebensweise seiner Mutter. Beide Lebensweisen seiner Eltern lehnte er frühzeitig ab. 1694 erhielt er das Kommando über ein Kavallerie- und ein Infanterieregiment, was ihn von Kind an mit der militärischen Welt vertraut werden ließ.

Anfang 1695 wurde die Erziehung dem Generalleutnant Alexander von Dohna anvertraut, der damit als Gouverneur die Verantwortung über seine Erziehung übernahm. Weil der Kurprinz aber mit neun Jahren weder lesen noch schreiben konnte, setzte seine Mutter 1697 durch, dass der bisherige, von Danckelmann bestellte Lehrer Cremer durch den Hugenotten Jean Philippe Rebeur ersetzt wurde. Beide sorgten für eine streng calvinistische Erziehung des Kurprinzen. Im Unterricht wurden Latein, Französisch, Geschichte, Geographie, Genealogie, Mathematik, Kriegswissenschaften und Rhetorik behandelt. Der Kurprinz entwickelte allerdings eine große Abneigung gegen weite Teile der Wissenschaften, die er unter anderen in Tätlichkeiten gegenüber dem Lehrer äußerte,<ref>Heinz Kathe, S. 3.</ref> andererseits aber ein Verständnis für Staatsangelegenheiten. Angesichts der nahezu unkontrollierten Verschwendung am Hof legte er sich mit zehn Jahren ein eigenes Ausgabenbuch über seine Ausgaben an. Neben dem Sinn für Sparsamkeit entwickelte sich immer mehr der Sinn fürs Militärische. Statt im Schlosspark zu spielen, kontrollierte er Bekleidung und Bewaffnung der Schildwachen.<ref>Heinz Kathe, S. 4.</ref>

Weihnachten 1698 schenkte der Vater ihm zum zehnten Geburtstag das Gut Wusterhausen zur selbstständigen Bewirtschaftung als Gutsherr. Hier lernte er die ökonomischen Grundzüge einer erfolgreichen Bewirtschaftung kennen, die er später erfolgreich auf den preußischen Staat übertrug. Das Jagdschloss bildete fortan den Lebensmittelpunkt des Kur- und späteren Kronprinzen und Königs, das ihm als Rückzugsort vom prunkvollen Berliner Hof diente. In Wusterhausen hielt Friedrich Wilhelm eine kleine Privatgarde, bestehend aus den gepressten Söhnen der Gutsuntertanen. Diese Einheit bildete die Keimzelle für die späteren (1710) Langen Kerls. Das Wusterhausener Grenadierbataillon zählte bald mehr als 600 Mann.

Friedrich Wilhelm, der das Streben seines Vaters als Geldverschwendung konsequent ablehnte, erhielt 1701 bei dessen Krönung zum König in Preußen als neuer Kronprinz in Preußen zusätzlich den Titel eines Prinzen von Oranien, auf den er durch seine Großmutter Luise Henriette von Oranien Ansprüche stellen konnte, und ein von 26.000 Taler auf 36.000 Taler aufgestocktes persönliches Budget. Ende 1702 übernahm die Erziehung Friedrich Wilhelms der Oberhofmeister Albert Konrad von Finckenstein.

1702 wurde der vierzehnjährige Kronprinz Mitglied des Geheimen Staatsrats, ein Jahr darauf Mitglied des Kriegsrates. Bis zu seinem Regierungsantritt nahm der Kronprinz an vielen Sitzungen teil, womit er sich ein großes Detailwissen in inneren Regierungsfragen und dem Heerwesen erwarb. So blieb ihm nicht die Misswirtschaft des Drei-Grafen-Kabinetts unter Führung von Johann Kasimir Kolbe von Wartenberg verborgen. Auch wenn sich bei Friedrich Wilhelm eine zunehmend kritische Beurteilung der Regierung seines Vaters einstellte, blieb ein Vater-Sohn Konflikt dennoch aus, da sich vom Selbstanspruch des Kronprinzen her ein offener Widerstand gegen den Monarchen verbot.<ref>Heinz Kathe, S. 18.</ref>

Volljährigkeit

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Friedrich Wilhelm auf einem Schlobittener Pferd, 1706
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Friedrich Wilhelm als Kronprinz, 1705

1704 wurde der sechzehnjährige Kronprinz für volljährig erklärt. Im selben Jahr ließ er für 23.000 Taler sein Schloss Wusterhausen ausbauen und bezog es jährlich von Ende August bis Anfang November als Hofresidenz. Das verwahrloste Gut Wusterhausen machte er innerhalb von zehn Jahren zu einem sich selbst tragenden Musterbetrieb. Das Städtchen Wusterhausen galt ihm als Staat en miniature. Hier probierte er im Kleinen, was er später im Großen tat. Seine Art zu regieren, zu verwalten und zu kommandieren wurde hier geprägt.<ref>S.Fischer -Fabian, S. 85</ref>

Ein Jahr später wurde Friedrich Wilhelm 1705 zum Bürgermeister von Charlottenburg ernannt. Zwei Bildungsreisen nach Holland im Herbst 1700 und im Winter 1704/1705 erweiterten seinen Horizont. So verstärkten die Reisen seine puritanisch-bürgerlich geprägte Sichtweise und prägten seinen architektonischen Geschmack nachhaltig. Spätere Bauten des Königs, wie das Holländische Viertel in Potsdam, sind von seiner Zeit in Holland geprägt. Auf der zweiten Reise überraschte ihn die Nachricht vom Tod seiner Mutter. Am 14. Juni 1706 erfolgte die Verlobung mit Sophie Dorothea, die er am 14. November 1706 in Cölln an der Spree heiratete. Der Kronprinz, der vielfach seinen Vater um Fronturlaub, um Beurlaubung zur Front bat, durfte im Juli 1706 erstmals bei dem Feldzug in Flandern im Spanischen Erbfolgekrieg teilnehmen. Hier erprobte er in der Praxis, was er daheim auf seinem Gut mit seinem Privatregiment geprobt hatte. Während seiner Feldbesuche verbrachte Friedrich Wilhelm nach seinen eigenen Worten die glücklichsten Tage seiner Kronprinzenzeit.<ref>S. Fischer-Fabian, S. 99</ref> Vom Mai bis Juli 1708, als sein Vater, König Friedrich I., zur Kur in Karlsbad weilte, übernahm Friedrich Wilhelm die erste Statthalterschaft. Die Vollmachten beschränkten sich nur auf laufende Justiz- und Landesangelegenheiten.

Ende April 1709 brach der Kronprinz zu einem neuerlichen Feldzug auf, diesmal für mehrere Monate. In dieser Zeit sorgte er für intensive Exerzierübungen der preußischen Regimenter, die die anwesenden alliierten Truppenführer mit verständnisloser Verwunderung und Spott zur Kenntnis nahmen. Friedrich Wilhelms Teilnahme an der Schlacht bei Malplaquet, der blutigsten Schlacht des Spanischen Erbfolgekrieges am 11. September 1709, stellte für ihn die glücklichste Fügung seines Lebens dar, die er fortan jedes Jahr zum Gedenken feierte.<ref>Heinz Kathe, S. 23</ref> Die Feldzüge begründeten die lebenslange Freundschaft mit Leopold I. von Anhalt, dem Alten Dessauer, der seitdem zu Friedrich Wilhelms Beraterkreis gehörte.

Als 1710 Preußens Not durch die Große Pest in Ostpreußen und die Misswirtschaft des Drei-Grafen-Kabinetts untragbar wurde, bewegte der 22-jährige Friedrich Wilhelm seinen Vater dazu, eine Untersuchungskommission einzusetzen, die schließlich die ganze Korruption aufdeckte. Dies war das erste Mal, dass Friedrich Wilhelm aktiv in die hohe Politik eingriff.

Ein Jahr später, im Sommer 1711 reiste der König zu diplomatischen Verhandlungen nach Holland. Friedrich Wilhelm trat seine zweite Statthalterschaft an. Hier erlebte er die militärische Hilflosigkeit Preußens, als russische Truppen im Kampf gegen Schweden im Großen Nordischen Krieg ungefragt durch preußisches Territorium zogen. Die Neutralität Preußens wurde dadurch verletzt, ohne dass Preußen sich dessen hätte erwehren können, da seine Truppen im Spanischen Erbfolgekrieg, weitab der Heimat, gebunden waren. Dieser Vorfall bestärkte die Überzeugung des Kronprinzen, er müsse nach eigener Stärke streben, unabhängig von fremden Subsidien.

Ebenfalls 1711 kam es zum ersten Kontakt Friedrich Wilhelms zum Hallischen Pietismus von August Hermann Francke, vermittelt über den General von Natzmer. Der Pietismus wurde für den späteren König eine feste religiöse Basis für sein politisches Handeln. Ein offizieller Besuch Friedrich Wilhelms in Halle erfolgte bereits am 12. April 1713 nach dem Regierungswechsel. Die dort vorgefundenen christlichen Zucht- und Wohlfahrtsbestrebungen mit der bürgerlichen Arbeits- und Wirtschaftsauffassung übertrug Friedrich Wilhelm auf seine Politik.

Bedingt durch seine sehr praxisorientierte Ausbildung hatte der Kronprinz zum Zeitpunkt kurz vor der Regierungsübernahme bereits feste Vorstellungen von seinem späteren Staats-, Wirtschafts- und Militärverständnis.

Friedrich Wilhelm I. als König (1713–1740)

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Friedrich Wilhelm I. (Porträt von Samuel Theodor Gericke, 1713)

Absoluter Herrscher

Mit dem Tod seines Vaters am 25. Februar 1713 wurde Friedrich Wilhelm König. Er verstand sich als absolutistisch regierender Herrscher und übernahm die Leitung der Staatsgeschäfte selbst. Schon bei seinem Regierungsantritt beschied er einigen Ministern, er verlange „weder Rat noch Räsonnement, sondern Gehorsam“.<ref>Zitiert nach: Ilja Mieck: Europäische Geschichte der Frühen Neuzeit. Stuttgart 1981, S. 184.</ref> Er bezeichnete es als Grundsatz für jeden Herrscher, dass er „seine Affären alle selber tun müsse“<ref name="hk29" /> und mahnte seinen Nachfolger: „Der liebe Gott hat euch auf den trohn gesetzet nicht zu faullentzen sondern zu arbeiten“.<ref>Zitiert nach: Mieck, S. 184.</ref> Der König führte die Regierung von seinen Privatgemächern aus, dem Kabinett. Friedrich Wilhelm gehört zu den fleißigsten Monarchen der Weltgeschichte; in täglicher stunden-, oft nächtelanger Schreibtischarbeit prüfte er die von den Ministern einlaufenden Berichte und traf meist alleine die Entscheidungen. Diese bestanden entweder aus den sogenannten von ihm eingeführten Marginalien oder aus Kabinettsordern, die seine Sekretäre nach seinen Angaben formulierten und dem Generaldirektorium überbrachten.

Friedrich Wilhelm I. war ein Mann der Arbeit. Während sein Großvater mühevoll Hinterpommern erworben und die magdeburgischen und clevischen Lande in das brandenburg-preußische Staatsgebilde eingegliedert hatte, sah er seine Hauptaufgabe in der Kleinarbeit, in der Festigung dieses Staates durch Ergänzung und Ausbau der Armee sowie durch die Schaffung eines tüchtigen und zuverlässigen Berufsbeamtentums. Friedrich Wilhelm I. war ein Arbeiter von unglaublichem Fleiß und er verlangte auch von seinen Beamten das Menschenmögliche mit den Worten: „Arbeiten müßt Ihr, so wie ich dies beständig getan habe. Ein Regent, der in der Welt mit Ehren regieren will, muss seine Sachen alle selber machen, denn die Regenten sind zum Arbeiten geboren, nicht zum faulen Leben.“<ref name="rethwisch">zitiert aus: Theodor Rethwisch: König Friedrich der Große, Ein Gedenkbuch zu seinem 200jährigen Geburtstage am 24. Januar 1912. Verlag Georg Wigand</ref> Dadurch wurden Sparsamkeit und unermüdliche Arbeit die unabänderlichen Grundsätze dieses Königs; das Pflichtgefühl war sein höchstes Gebot. An seinen Berater und engen Vertrauten Fürst Leopold von Anhalt-Dessau schrieb er: „Parole auf dieser Welt, ist nichts als Unruhe und Arbeit und wo man selbst nicht die Nase in jeden Dreck steckt, so geht die Sache nicht, wie sie gehen soll“.<ref name="rethwisch" /> Und so wie dieser König für sich keine Schonung kannte, gab es auch für seine Untergebenen keine. Allseits gefürchtet war sein eigenhändiger Aktenvermerk „cito citissimo“ (deutsch: „schnell, schnellstens“).

Die Stützen seines Staates waren ein schlagfertiges Heer und geordnete Finanzen, Ersteres umso bedeutender, da das damalige Preußen sich vom Rhein bis zum Kurischen Haff mit unsicheren Grenzen erstreckte.

Wirtschafts- und Finanzpolitik

Preußen war um 1700 ein vorwiegend landwirtschaftlich geprägter und geografisch weit auseinander liegender zersplitterter Staat, dessen einzelne Landesteile kaum miteinander in wirtschaftlichen Beziehungen standen. Handwerk, Manufakturwesen und Handel waren nur in Ansätzen entwickelt. Teure Fertigprodukte kamen ins Land zum Nachteil der heimischen Produzenten, Geld floss wiederum aus dem Land. Um den Abfluss finanzieller Mittel ins Ausland zu stoppen, die Entwicklung der einheimischen Wirtschaft zu fördern und sie zu schützen, führte der König den Merkantilismus in Preußen ein. Die Grenzen wurden für den äußeren Handelsverkehr weitgehend geschlossen, soweit dies im zersplitterten Territorium durchzuhalten war. Von der königlichen Förderung profitierte das Bank- und Handelshaus Splitgerber & Daum, während die Krefelder Firma Von der Leyen im isolierten Westen Preußens zwar nicht das Interesse und die Hilfe des Königs genoss, aber dafür freier von Reglementierungen sich erfolgreich entwickeln konnte.<ref>Heinz Kathe, S. 83–85.</ref>

Der Merkantilismus in Preußen diente dem Aufbau eines leistungsfähigeren Gewerbes. „Holle der Deuffel lieber meine zeitliche wohlfardt als daß so viell leutte Betler werden und ich reich.“ Er begriff das Königtum aus protestantischer Amtsauffassung. Der Beruf des Königs ist, seinen Untertanen ein fürsorglicher Landesvater zu sein. Der König in Preußen galt nicht primär als Monarch von Gottes Gnaden, sondern gewissermaßen Inhaber eines „Amtes“, einer von Gott gegebenen „Funktion“.

Ein weiterer Schlüssel zur Wirtschaftsförderung lag für ihn in der Stärkung der Landwirtschaft. Daher ließ er die Anbaufläche durch Urbarmachung und Meliorationsmaßnahmen erweitern, so dass am Ende seiner Regierungszeit ein Drittel der land- und forstwirtschaftlich nutzbaren Bodenfläche Preußens königliche Domänen waren, deren Organisation er außerdem straffte.<ref>Wilhelm Treue: Wirtschafts- und Technikgeschichte Preussens, S. 29</ref> Die Einnahmen aus den Domänen beliefen sich 1740 auf 2,6 Millionen Taler bei Staatseinnahmen von insgesamt 7,4 Millionen Talern.<ref>Wilhelm Treue: Wirtschafts- und Technikgeschichte Preussens, S. 49</ref> Der König gestattete aber auch dem Adel die Vergrößerung seiner Güter auf 40–60 Prozent der Landesfläche und dehnte dessen rechtliche Vollmachten aus. Der preußische Junker beherrschte paternalistisch in „Ostelbien“ seine Bauern als Gutsherr, Richter, Kirchenherr und Offizier. Doch musste er Grundsteuern zahlen, wurde durch kein höfisches Leben entschädigt und hatte im absolutistischen Staat keinen Einfluss in einer Ständevertretung mehr.

Bei Friedrich Wilhelm I. wird eine calvinistisch-kapitalistische Idee sichtbar.<ref>Otto Hintze: Kalvinismus und Staatsraison in Brandenburg zu Beginn des 17. Jahrhunderts. In: Gesammelte Abhandlungen, 3, 1967, S. 255–312</ref> Er verordnete allen, den Adel einbegriffen, Arbeitseifer, Sparsamkeit, Fleiß und Pflichttreue. Zum Ausbau von Berlin und der Förderung der Wirtschaft befahl er den Reichen, Häuser zu bauen. Das erst 1709 zusammengeschlossene Berlin wurde wesentlich vergrößert durch neue Vorstädte wie Berlin-Friedrichstadt, und die Luisenstadt und wuchs bis 1740 von 55.000 auf 79.000 Einwohner an.

Bei seinem Tode 1740 hinterließ Friedrich Wilhelm I. einen schuldenfreien Haushalt und einen Staatsschatz von 2 Mio. Talern,<ref>Wilhelm Treue: Wirtschafts- und Technikgeschichte Preussens, S. 49</ref> die in Fässern im Keller des Berliner Schlosses lagerten. Seine Staatsausgaben, die 1740 7 Millionen Taler betrugen, wurden zu 85 % für das Militär verwendet, während die Ausgaben des Hofes nur ein Prozent des Staatsbudgets betrugen.

Etatkürzungen

Anfang 1713 verschlechterte sich der Gesundheitszustand Friedrichs I. zusehends. Der Berliner Hof geriet in Sorge, weil sich abschätzen ließ, dass der Thronwechsel den Hof radikal umgestalten würde und mit ihm viele adlige Nutznießer ihr Auskommen verlieren würden. Am 25. Februar 1713 starb der König. Friedrich Wilhelm, der bis zuletzt bei seinem sterbenden Vater gewesen war, ließ sich, nachdem er das Totenzimmer verlassen hatte, als erste Amtshandlung den Etat bringen, um ihn kurzerhand durchzustreichen und für nichtig zu erklären.

Dem Vater erwies er noch ein pompöses Begräbnis, wie es sich der Verstorbene gewünscht hatte. Dabei zeigte er sich mit der Krone, womit jedem die neuen Machtverhältnisse deutlich gemacht wurden. Auf eine kostspielige Krönungszeremonie, wie die seines Vaters, verzichtete er.

Kurz nach der Beendigung der Trauerzeremonien für seinen verstorbenen Vater änderte er dessen aufwendige Regierungsweise radikal. Zuerst konzentrierte er sich auf die Neuordnung der Finanzen und den Abbau der Verschuldung. Grundmotiv der Regierungspolitik Friedrich Wilhelms war es, nicht wie sein Vorgänger von den Subsidien fremder Mächte abhängig zu sein, um ein großes stehendes Heer halten zu können. Daher bedurfte es neuer finanzieller Quellen für die Staatskasse.

Der neue König war sich seiner Unterschiedlichkeit dem Vater gegenüber bewusst.

„Mein Vater fand Freude an prächtigen Gebäuden, großen Mengen Juwelen, Silber, Gold und äußerlicher Magnifizienz – erlauben Sie, dass ich auch mein Vergnügen habe, das hauptsächlich in einer Menge guter Truppen besteht“

Friedrich Wilhelm I.: bei der Ansprache an seine Minister; berichtet vom holländischen Gesandten Lintelo<ref name="hk29">Heinz Kathe, S. 29</ref>

Am 27. Februar fuhr der designierte König nach Wusterhausen und begann mit der Ausarbeitung des Regierungsprogramms. Dafür genügten ihm nur vier Tage. Um von den 20 Millionen Talern Staatsschulden seines Vaters herunterzukommen, waren Massenentlassungen und radikale Gehaltskürzungen im eigenen Hause die Folge. So gelang es ihm, die Hofkosten von 276.000 auf 55.000 Taler zu reduzieren, die Ränge bei Hofe von 142 auf 46 zu kürzen.<ref>S. Fischer-Fabian, S. 85</ref>

Von den 24 Schlössern seines Vaters behielt Friedrich Wilhelm I. nur sechs, die anderen wurden verpachtet oder veräußert. Der Lustgarten wurde in einen Exerzierplatz umgewandelt, steinerne Säulen dienten als Baumaterial, bronzene Statuen wurden zu Kanonen gegossen. Die Hofkapelle wurde aufgelöst, die kostbaren Weine, der Krönungsmantel, Karossen, Pferde, Sänften, Tafelsilber und Möbel wurden verkauft oder versteigert. Die Einsparungen bei den Hofhaltungskosten ließen den Hofstaat schrumpfen und brachten einigen Hoflieferanten Einbußen oder sogar den Konkurs. Die Irritationen auch wegen der gesunkenen Verbrauchssteuer (Akzise) waren nach einem Jahr überwunden.

Akademien erhielten keine Förderung mehr, die Oper wurde geschlossen. Mit dem kulturellen Kahlschlag setzte ein plötzlicher Exodus der Künstler aus Berlin ein. Friedrich Wilhelm verbot die üppigen Allongeperücken, stattdessen wurde der Soldatenzopf verordnet. Statt prunkvoller Gewänder herrschte nun der schlichte Soldatenrock vor. Mit diesem Radikalprogramm beendete der König in kürzester Zeit den bis dato vorherrschenden Prunk und Luxus. Offen gegen den Sparkurs zu demonstrieren, wagte aus Angst vor dem König niemand. Die Sparmaßnahmen waren nur bei denen unpopulär, die davon betroffen waren.<ref>S. Fischer-Fabian, S. 86</ref> Bei den Sparmaßnahmen machte er auch vor sich nicht halt. Von den 700 Zimmern des Berliner Schlosses bewohnte er nur fünf. Zwei Pagen genügten ihm zu seiner persönlichen Bedienung.<ref>S. Fischer-Fabian, S. 88</ref>

Zentralisierung der Finanzverwaltung

Um ein großes stehendes Heer unterhalten zu können, benötigte man mehr Finanzmittel. Eine Neuordnung des bis dato zersplitterten und uneffektiven Finanzwesens war dabei eine Voraussetzung. Bei Regierungsantritt war der Finanzhaushalt in einen zivilen und militärischen Teil getrennt. Der zivile Teil des Haushalts erstreckte sich auf zwei große Bereiche, die General-Domänenkasse – für die allgemeine Verwaltung – und die Schatulle, die der Hofhaltung diente.<ref>Werner Schmidt, S. 208</ref> Die Schatulle setzte sich aus den Einnahmen der dem König persönlich gehörenden Güter, den Erträgen des Münzregals, sowie den Einkünften des Postwesens zusammen. Die Domänenkasse bezog ihre Einkünfte aus den Domänen und Forsten, die nicht der Schatulle angehörten. Die General-Kriegskasse bezog ihre Einnahmen aus dem allgemeinen Steueraufkommen (vorwiegend Akzise und Kontribution). Die Mittel dienten zu einem großen Teil der Armee und zu einem kleinen Teil der Staatsverwaltung.

Eine erste Vereinheitlichung der Finanzverwaltung folgte am 13. August 1713 als die bis dato privaten königlichen Schatullgüter zu Domänengütern gemacht und der gesamte königliche Länderbesitz für unteilbar und unveräußerlich erklärt wurde. Um feste planbare Einnahmen des Staates zu garantieren, verpachtete Friedrich Wilhelm diese an Bürger zur Bewirtschaftung. Im August 1713 schuf der König ein zentrales Generalfinanzdirektorium für alle Domäneneinahmen. Dieses geriet aufgrund der Verpflichtung zu steigenden Einnahmen in Konkurrenz zur Generalkriegskasse.

Zur Überwindung der Rivalität der Fiskal- und Militärbehörde vereinigte Friedrich Wilhelm Ende 1722 diese unter dem „General-Ober-Finanz-Kriegs- und Domänen-Directorium“ (kurz: Generaldirektorium). Mit der Behördenzusammenlegung erreichte der König eine äußerst schlanke Verwaltung. Kollegialprinzip und Ressortkompetenz blieben erhalten und feste Dienstzeiten wurden eingeführt. Damit begründete der König das preußische Beamtenwesen, dessen Funktionsmerkmale sich aus den Tugenden pietistischer Frömmigkeit ableiteten und einen Bruch mit dem traditionellen feudalistischen Standesdünkel bedeuteten.

Peuplierung und Wiederaufbau Preußens

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Empfang der Salzburger Protestanten in Berlin am 30. April 1732

Große Anstrengungen unternahm König Friedrich Wilhelm beim Wiederaufbau des durch die Pest von 1709 entvölkerten und daher wüst gewordenen Ostpreußens. Als der Salzburger Erzbischof Leopold Anton von Firmian im Winter 1731 die in seinem Gebiet lebenden Protestanten auswies, nutzte Friedrich Wilhelm dies für die „Re-Peuplierung“. Friedrich Wilhelm I. erließ am 2. Februar 1732 sein Einladungspatent, ein Edikt, in dem er den Exulanten versprach, sie „aus christ-königlichem Erbarmen und herzlichem Mitleid“ in Preußen aufzunehmen. Zuerst wollte er nur 10.000 Flüchtlinge aufnehmen. Dann schließlich ließ er sie zahlenmäßig unbeschränkt ins Land. Unter großer Aufmerksamkeit und Anteilnahme der deutschen Öffentlichkeit bewegte sich ein endloser Zug Vertriebener quer durch Deutschland über Berlin nach Ostpreußen. Friedrich Wilhelm I. siedelte die Salzburger Exulanten im Rahmen seines großen Peuplierungsvorhabens an. „Menschen achte ich vor dem größten Reichtum“, äußerte er. Preußen galt nun als Schutzmacht aller Protestanten.

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Gedenktafel in Böhmisch Rixdorf, Berlin

Eine weitere Maßnahme zum Wiederaufbau Ostpreußens stellte die Gründung des Gestüts Trakehnen 1732 dar.

Weitere Peuplierungsmaßnahmen gab es 1732, als viele Protestanten, Nachfahren der Brüder-Unität, ihre böhmische Heimat verlassen mussten. Friedrich Wilhelm I. gewährte ihnen Asyl und siedelte sie in Böhmisch Rixdorf bei Berlin, außerhalb der Stadtmauern Berlins, an. In Rixdorf errichteten sie Friedrich Wilhelm I. aus Dankbarkeit die Statue, die auf dieser Seite den König zeigt. Am Sockel brachten sie eine Gedenktafel an, auf der zu lesen ist: „Die dankbaren Nachkommen der hier aufgenommenen Böhmen.“

Förderung der Textil- und Wollwirtschaft

Um die für die heimische Wirtschaft wichtige Wollproduktion zu fördern, errichtete der neue König 1713 mit dem Berliner Lagerhaus einen Textilverlag und -manufaktur mit Hilfe des Unternehmers Johann Andreas Kraut.

Die Ausfuhr von Wolle wurde 1718/19 (bei Todesstrafe 1723) verboten. Die Begründung: „

  • Heinz Kathe: Der Soldatenkönig. Friedrich Wilhelm I. 1688–1740. König in Preußen. Köln 1981, ISBN 3-7609-0626-5.
  • Christian Graf von Krockow: Porträts berühmter deutscher Männer – Von Martin Luther bis zur Gegenwart. List, München 2001, ISBN 3-548-60447-1, S. 57–100.
  • Heinz Ohff: Preußens Könige. Piper Verlag, München 2001, ISBN 3-492-23359-7.
  • Wolfgang Venohr: Friedrich Wilhelm I. Preußens Soldatenkönig. Erg. 2. Aufl., Ullstein, Berlin 2001, ISBN 3-7766-2223-7.
  • Christopher Clark: Preußen. Aufstieg und Niedergang 1600–1947. Bonn 2007, ISBN 978-3-89331-786-8.
  • Wilhelm Treue: Wirtschafts- und Technikgeschichte Preussens. de Gruyter, Berlin / New York 1984, ISBN 3-11-009598-X.
  • Weblinks

    Commons Commons: Friedrich Wilhelm I. – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

    Einzelnachweise

    <references />

    VorgängerAmtNachfolger
    Friedrich I.König in Preußen und
    Kurfürst von Brandenburg

    1713–1740
    Friedrich II.